Leiharbeitsfirma, Zeitarbeitsfirma, Zeitkonto und Urlaubsansprüche

Liebe Community
Vielleicht könnt ihr mir helfen :slight_smile:
Ich habe nachfolgend ein paar Fragen zum Thema Leiharbeitsfirma:
Ich bin seit 1. April 2017 bei einer Leiharbeitsfirma angestellt, habe dort einen Jahresvertrag unterschrieben, der am 31.03.2018 ausläuft.
Gemäß Vertrag habe ich 20 Arbeitstage Urlaub.
Die ersten sechs Monate hatte ich natürlich Urlaubssperre. Inzwischen weiß ich, dass nicht so ganz korrekt ist.
Nun habe ich beim Entleiher acht Tage im November und Dezember Urlaub beantragt und auch gerade so genehmigt bekommen.

  1. Frage: Was passiert mit den restlichen zwölf Tagen? Kann ich die ohne weiteres mit ins neue Jahr nehmen oder muss ich diese bis zum 31.12.2017 komplett verbrauchen bzw. anteilig verbrauchen (da mir sicher von Januar bis März anteilig ein paar Tage zustehen oder?)

  2. Frage: Da ich nicht vorhabe den Vertrag nach Ablauf des Jahres zu verlängern/zu erneuern, würde ich gern wissen, was mit dem Zeitkonto geschehen darf? Kann ich verlangen, die restliche Zeit inklusive Resturlaub von der Arbeit freigestellt zu werden oder kann sich die Zeitarbeitsfirma diesbezüglich quer stellen und eventuell auf eine Auszahlung bestehen? Sind immerhin 150 Stunden.

  3. Frage: Werden die Stunden vom Zeitkonto mit 7 oder mit 8 Stunden pro Tag verrechnet? Oder anders formuliert: wenn ich eine Woche frei machen möchte, werden dann dafür 35 oder 40 Stunden vom Zeitkonto abgezogen?
    Ich habe vertraglich eine 35 Stundenwoche, 7 Stunden pro Tag, 5 Tage die Woche, die mir von der Leiharbeitsfirma bezahlt werden. Beim Entleiher arbeite ich allerdings 40 bzw 48 Stunden pro Woche (Nacht- und Sonderschichtzuschläge werden für die komplett ausgeliehene Zeit zusätzlich bezahlt und nicht nur auf die 35 Stunden berechnet)

  4. Bis wann muss ich der Zeitarbeitsfirma mitteilen, dass ich keine Verlängerung/Erneuerung des Vertrages wünsche. Die Firma selbst behält sich vor, einem am letzten Arbeitstag mitzuteilen, ob man weiter beschäftigt wird oder nicht.

Hallo!

  1. Pauschal darf Urlaub nicht einfach ins neue Jahr übertragen werden. Das geht nur dann, wenn dazu was im Arbeitsvertrag o.ä. steht.

  2. Urlaub kann nicht ausgezahlt werden, Überstunden schon, und zwar mindestens mit deinem Stundenlohn, meist mit etwas Aufschlag. Es kommt mal wieder drauf an, was in deinem Vertrag steht. Allerdings muß dein Arbeitgeber wissen/ anordnen, daß du länger arbeitest.

  3. Du hast also vertraglich 7 Stunden pro Tag in einer 5-Tage-Woche. Willst du ne Woche frei, kostet dich das also 7x5=35 Stunden. Die Mehrarbeit hat damit nix zu tun.

  4. Dein Arbeitsvertrag endet planmäßig im März. Du mußt nichts weiter tun, wenn du nicht länger dort arbeiten willst.
    Daß dein Arbeitgeber sich vorhält, dir bis zum letzten Tag ne Verlängerung anzubieten, ist ziemlich gemein, schließlich mußt du dich drei Monate vorher beim Amt melden, wenn du auf ne Verlängerung hoffst, und am Ende nicht ohne Geld da stehen willst. Allerdings ist dagegen nichts einzuwenden, und irgendwo ist das die Natur von Zeitarbeit, man bewirbt sich quasi in Arbeitskleidung, um direkt anzufangen.

Hallo,

vorab:

das hier

war rechtlich zulässig. Der AG durfte die Urlaubsgewährung während der Wartezeit des § 4 BUrlG verweigern.

Grundsätzlich muß Urlaub im laufenden Jahr genommen (d. h. verbraucht) werden. Ein AN sollte daher immer den gesamten Jahresurlaub im laufenden Jahr beantragen, sofern es keine besonderen (zulässigen) Regelungen zur Urlaubsübertragung gibt. Rührt sich der AN nicht, kann in der Tat unter bestimmten Umständen der Urlaubsanspruch verfallen. Es kann allerdings auch der AG einseitig Urlaub festsetzen, wenn sich der AN diesbezüglich nicht rührt.
Lehnt der AG aber einen Urlaubswunsch des AN ab und ermöglicht er das Nehmen des Urlaubs im laufenden Jahr nicht, bleibt der Urlaubsanspruch erst mal bestehen - ggfs. wandelt er sich in einen Schadensersatzanspruch gegen den AG um.
Soll der Urlaub ganz oder teilweise im Einvernehmen übertragen werden, sollte der AN dies schriftlich mit dem AG vereinbaren.
Im neuen Jahr fallen aufgrund der Befristung 3/12 Monate Urlaub an (5 Tage).

Wird dies rechtzeitig angemeldet, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Freistellung zumindest für die offenen Urlaubstage gem. § 7 Abs. 4 BUrlG
http://www.gesetze-im-internet.de/burlg/__7.html

Urlaub wird gem. § 3 BUrlG immer in Tagen gerechnet
http://www.gesetze-im-internet.de/burlg/__3.html
wie übrigens Arbeitsunfähigkeit auch.
Ein Urlaubstag hat automatisch mindestens die Wertigkeit eines durchschnittlichen Arbeitstages. Durch Urlaub darf grundsätzlich kein „Minus“ auf einem Zeitkonto entstehen.

Eine Verlängerung eines befristeten Vertrages ist immer eine zweiseitige (AN und AG) Willenserklärung. Wenn Du den Vertrag nicht verlängern willst, mußt Du gar nichts sagen - auch nicht dann, wenn du ein Verlängerungsangebot des AG bekommst.
Solange keine zweiseitige Willenserklärung zur Verlängerung vorliegt, endet der Vertrag mit dem vereinbarten Datum.

&Tschüß
Wolfgang

Hi!

Und deshalb hat der Gesetzgeber hier extra etwas geregelt, was da im Wortlaut heißt:
„Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.“?
Irgendwie steht da mal so gar nichts davon, dass es vertraglich geregelt sein muss.

Ah ja - und deshalb hat der Gesetzgeber hier (ja, den hatten wir schon) etwas geregelt, das im Wortlaut heißt:
„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“?

Und jetzt kombiniere das mal!
Der ins nächste Jahr übertragene Urlaub kann bis zum 31.03. nicht genommen werden - natürlich darf (muss!) er dann finanziell abgegolten werden.

Gruß
Guido

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Kannst du das bitte mal etwas näher erläutern. Ich versteh es so, dass für jeden vollen Monat ein Zwölftel Anspruch habe. Habe ich im Januar und Februar gearbeitet, muss mir doch der AG im März 2/12 gewähren, oder nicht?

Data

Hallo,

Du mußt unterscheiden zwischen Entstehung des Urlaubsanspruchs und der Gewährung von Erholungsurlaub.

Ein Urlaubsanspruch entsteht grundsätzlich bei einem neuen Arbeitsverhältnis mit dem ersten Tag des Beginns des Arbeitsvertrages. Ist der Beginn nicht der 01.01., sind dabei die gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen zum Teilurlaub zu berücksichtigen.

Der AG kann aber die Gewährung davon abhängig machen, daß der AN die Wartezeit des § 4 „überstanden“ hat. Dies hat zB den Sinn, daß der AG während dieser Wartezeit (die in den meisten Fällen mit der Probezeit identisch ist) abschätzen kann, ob das Vertragsverhältnis Bestand haben könnte und somit die „Gefahr“ für den AG reduziert wird, überzähligen Urlaub zu gewähren, wenn das Vertragsverhältnis doch vorzeitig beendet wird.

So zB der ErfK, Gallner, § 4 BUrlG Rn1:
„Vor beendeter Wartezeit kann der AN im Geltungsbereich des BUrlG keine Befreiung von der Arbeitspflicht verlangen, auch nicht für einen Teil des Jahresurlaubs.“

Auch wenn das rechtssystematisch nicht ganz logisch erscheint, gilt § 4 BUrlG ausnahmslos für alle Arbeitsverhältnisse, auch für befristete.

&Tschüß
Wolfgang

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Iss ja interessant. Gibt es den kompletten Kommentar auch irgendwo kostenlos, oder muss ich mir jetzt den ganzen Wälzer kaufen?
Danke dir für die weiterführenden Informationen. Hast mich wieder etwas schlauer gemacht.
Ist interessant. Das BUrlG ist so ein wunderbares Gesetz, kurz und knackig. Was man da alles rein- oder rauslesen kann, ist beeindruckend. Viele Gesetze sind ein Alptraum, wenn man sich durch die Paragraphen wühlen muss, am besten noch mit Verweisen auf andere Paragraphen, oder noch besser, Gesetze. Man sollte meinen, je kürzer, desto besser. Dem ist wohl nicht so.

Data

Hallo,

ernst zu nehmende juristische Fachliteratur gibt es zumindest in der aktuellen Ausgabe nicht online und erst recht nicht umsonst.
Der ErfK hat fast 3000 Seiten und behandelt ca. 50 arbeitsrechtlich relevante Gesetze zT komplett, zT in Auszügen.

&Tschüß
Wolfgang

Vielen lieben Dank für eure Antworten, die helfen mir sehr :+1:t2::grinning:
Jetzt hat sich bei mir aber noch eine weitere Frage aufgetan und zwar: Angenommen ich arbeite bis zum Schluss und nehme nur noch meinen Resturlaub.
Die Leiharbeitsfirma muss mir ja dann die angesammelten 150 Stunden vom Zeitkonto ausbezahlen.

Jetzt sagte mir eine ehemalige Mitarbeiterin aus der selben Leiharbeitsfirma, dass einem das Amt diese Auszahlung anrechnen würde und vom ALG 1 abziehen würde. Das kann ich so gar nicht glauben, da man ja die Stunden vom Zeitkonto erarbeitet hat.
Sie war auch ein ganzes Jahr dort angestellt, hat aber jetzt im neuen anschließend geschlossenen Zeitvertrag zum Jahresende die Kündigung erhalten und muss die restliche Zeit die Stunden abfeiern und ihren Urlaub aufbrauchen.

Ich würde mich diesbezüglich über eine Aufklärung freuen :grinning:

hallo,

das hier

ist bei ALG 1 schlicht und ergreifend Quatsch. Gezahlter Arbeitslohn wird bei ALG 1 in keinem Fall angerechnet.
Lediglich besondere zusätzliche Zahlungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie zB Abfindungen können evtl. zu einer Sperrzeit führen.

Frage doch mal diese Dame, woher sie ihre Weisheit hat ???

&Tschüß
Wolfgang

Bei einer seriösen Firma steht alles im Arbeitsvertrag.
Hab selbst in einer Leihfirma gearbeitet.
Schau Deinen Vertrag an
MfG

Das hilft ihm nicht weiter, da noch längst nicht alles, was dort steht, rechtlich auch einwandfrei sein muss - von Tarifverträgen und/oder Betriebsvereinbarungen fange ich besser mal nicht an.

Ja gut, bei DER Qualifikation sind natürlich alle bereits gegebenen Antworten Makulatur …

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Dankeschön nochmal :wink:
Die Kollegin hat das wirklich falsch aufgefasst. Sie ist da von den Berechnungen beim Hartz IV ausgegangen, bekommt aber nach dem einen Jahr erst einmal ALG 1.

Hallo Wolfgang, ich habe mal noch eine hypothetische Frage.
Angenommen ein befristeter Jahresvertrag beginnt am 1. Juni '17 dann hat man ja bis 30. November Urlaubssperre.
Bis zum Jahresende ist man dann in der Pflicht, den Jahresurlaub komplett zu nehmen, sodass man dann nach Jahreswechsel, bis zum auslaufen des Arbeitsvertrages zum 31. Mai '18, keinerlei Urlaub mehr hat. Eine Verlängerung des Vertrages ist nicht geplant.
Ist das zulässig oder hat man im neuen Jahr wieder anteiligen Anspruch auf neuen Jahresurlaub?

Hallo,

natürlich hast Du für jedes Jahr Anspruch auf anteiligen Urlaub (2017 = 7/12, 2018 = 5/12).

Der Urlaubsanspruch wird immer für Kalenderjahre berechnet und entsteht entweder mit Arbeitsaufnahme oder aber am jeweiligen 01.01.

In Deinem Fall darf auch nicht zusammengezählt werden, um evtl. Aufrundungen zu umgehen.

&Tschüß

Hallo nochmal
Ich habe gerade durch einen dummen Zufall mitbekommen, dass meine Leihbude dem Entleiher in den Spätschichten (von 14:00 bis 22:30 Uhr) für die letzte halbe Stunde von 22:00 bis 22:30 einen Nachtschichtzuschlag in Rechnung stellt. Ich selbst bekomme aber meinen Nachtschichtzuschlag erst ab 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr bezahlt (meine dienstliche Anwesenheit bei Nachtschicht ist von 22:00 bis 6:30 Uhr).
Ist das rechtens oder wird der Entleiher hier über den Tisch gezogen?