Leistung, Erziehung und die Pisa-Studie

Huhu alle,

Weil ich diesen Artikel so gut finde poste ich ihn einfach mal. Er spiegelt sehr stark meine Meinung wieder.

Rolf

(Memminger Zeitung, 02.02.02h):

Der Bonifaz meint…

"Es ist zwar schon eine Weile her, wie der Bonifaz noch die Schulbank hat drücken müssen. Aber er kann sich noch ganz gut erinnern. Eine Pisa-Studie hat es seinerzeit noch nicht gegeben. Und die Klassen sind viel größer gewesen wie heutzutage. Die Buben und Mädchen haben beim Zusammenzählen noch sagen müssen, „eins an, zwei gemerkt“ und „drei herunter, zwei hinüber“. Das hört sich heut saudumm an, aber stimmen müssen hat es schon auch, was unten herausgekommen ist.

Beim Lesenlernen hat man noch mit dem Zeigefinger auf jeden Buchstaben deuten dürfen, später dann ziemlich viel auswendig lernen müssen. Das hat manchmal lang gebraucht, bis es im Kopf drinnen war. Dafür wissen die Schüler von damals aber immer noch, wer der Schiller, der Goethe, der Uhland oder der Eichendorff gewesen sind. Und manche können bis heute noch die „Glocke“, die „Kraniche des Ibikus“ oder die „Schwäbische Kunde“ und andere schöne Gedichte aufsagen. Grad so, als ob sie es gestern erst gelernt hätten.

In der „modernen Schule“ hat man nix mehr auswendig lernen müssen, weil man gemeint hat, daß es autoritär und ein Drill ist. Der Unterricht hat müssen locker-flockig sein, und der Herr Leherer hat um Himmels Willen keine Respektsperson sein dürfen, sondern ein Kumpel sein müssen. Bloß kein Streß in der Schule, kein Leistungsdruck, keine Hausaufgaben, keine Noten und erst recht keine Strafen.

Die ganze Schul-Nation hat bloß noch gejammert, daß die Buben und Mädchen überfordert sind und daß man sie nicht so mit Wissen vollstopfen soll, was sie doch sowieso nie brauchen im richtigen Leben. Bloß nicht auf den Hosenboden hocken und das Hirnkästle anstrengen. Vom Lernen hat man nicht mehr viel gehört. Dafür hat man Raucherzimmer eingerichtet im Schulhaus.

Den Streß haben ihren Sprößlingen aber schon die Eltern selber gemacht. Nachmittags zum Tennisspielen, zum Reiten, ins Ballett, in die Musikstunde auch noch. Die Kids brauchen doch einen Ausgleich, hat man gesagt. Ein bißchen einen Spaß am Leben sollen sie ja schließlich auch haben, wenn sie schon den halben Tag die Schulbank drücken müssen. Am Wochenende ist die Familie schnell an den Gardasee oder ein Stück weiter gefahren. Dafür hat man den Buben am Montag vom Unterricht befreit. Wegen Unpäßlichkeit. Oder auch ohne Entschuldigung. Die Schule wird´s schon richten.

Jetzt gehört man auf einmal weltweit zu den Dummen. Das Gezeter ist groß ringsum. Was man doch bloß falsch gemacht hat, wo man doch alles für die Bildung getan hat? Papa und Mama fallen aus allen Wolken. Aufgeregt zeigen sie mit dem Finger auf die Schule, die doch schuld sein muß, wenn der hoffnungsvolle Nachwuchs nicht mehr richtig lesen und schon gar nicht mehr logisch denken kann.

Am scheinheiligsten stehlen sich die sogenannten Bildungspolitiker aus der Verantwortung, die immer verkündet haben, daß die Schule Spaß machen muß und bloß ja keine Anforderungen stellen darf. Daß es auch Spaß machen kann, wenn man gefordert wird, davon haben sie schienbar noch nix gehört. Da kann der Bonifaz bloß sagen: Setzen, sechs, gell!"

Also so langsam krieg ich…
…hier einen zuviel, wenn ich pausenlos lesen muß wie schlecht ja unser Bildungssystem ist, wie unfähig unsere Lehrer sein sollen, das man unseren armen Schülern bloß nicht zuviel zumuten darf, das füher alles besser war usw…

Warum wird in diesen ganzen Diskussionen die Erziehungsarbeit immer auf die Schule abgewälzt?
Ich sehe in der Stadt bis spät am Abend noch vierzehnjährige, teilweise nach elf Uhr unter der Woche, wie sie mit ihrer Kippe im Gesicht durch die Gegend rennen, deren Vokabular sich auf hundert Wörter beschränkt und die keine Skrupel haben, sich über wildfremde Menschen lauthals lächerlich zu machen. Das sind nicht etwa irgendwelche herungergekommenen Gestalten, sondern Kinder, wie sie auch eure sein könnten.
Was sind das für Eltern, die ihren Kindern solche Freiheiten geben, ihnen nicht beibringen vor alten Leuten Respekt zu zeigen, und sich scheinbar überhaupt nicht dafür interessieren, wann sie mit wem zusammen sind? Möglicherweise genau die, die die Klappe aufreißen und über das Bildungssystem herziehen, nur weil ihre Kleinen in der Schule versagt haben.
Es ist ja auch schon immer einfacher gewesen, die Schuld bei anderen zu suchen, als zuzugeben mit der Erziehung seiner Kinder überfordert zu sein und ihnen in jungen Jahren nicht die wichtigsten Dinge mit auf den Weg gegeben zu haben. Das geht bei ganz simplen Dingen los. Heute sind die Kiddies nicht mal mehr in der Lage ihren Müll in den Mülleinmer zu bringen, sondern lassen alles fallen wo sie auch gerade stehen, jeder stellt seine Schmutzfüße auf die Sitze in der Straßenbahn, einer alten Frau mal den Platz anbieten (???) ach iwo! Selbständig arbeiten, Verantwortung übernehmen, respektvoll mit anderen umgehen…
Wenn ihnen das von zu hause aus nicht beigebracht wurde, wie sollen sie denn dann in der Schule zurechtkommen? Aber die Schule wird´s ja schon richten.

Ach wäre das schön, wenn es wirklich so einfach wäre :smile:

mfG

Michael *derfrohistbeiderheutigenjugendkeinlehrerzusein*

Hi Michael,

hast Du den Artikel ausführlich gelesen? Nein, oder?
Es wird sehr wohl auch den Eltern eins auf die Mütze gegeben. Ansonsten stimme ich auch Deinen Ausführungen zu.

bye

Rolf

Hallo Michael!

…hier einen zuviel, wenn ich pausenlos lesen muß wie
schlecht ja unser Bildungssystem ist, wie unfähig unsere
Lehrer sein sollen, das man unseren armen Schülern bloß nicht
zuviel zumuten darf, das füher alles besser war usw…

Vielleicht nicht besser, aber strenger allemal!

Warum wird in diesen ganzen Diskussionen die Erziehungsarbeit
immer auf die Schule abgewälzt?

Keiner versucht, die Erziehungsarbeit auf die Schule abzuwälzen. ABER die Schule versucht sehr wohl, die Erziehungsarbeit zu 100% allein auf die Eltern abzuwälzen!
Es ist richtig, dass Eltern für die Erziehung Ihrer Kinder zuständig sind! Es ist aber auch eine Tatsache, dass die Schule einen Erziehungsauftrag hat!

Ich sehe in der Stadt bis spät am Abend noch vierzehnjährige,
teilweise nach elf Uhr unter der Woche, wie sie mit ihrer
Kippe im Gesicht durch die Gegend rennen, deren Vokabular sich
auf hundert Wörter beschränkt und die keine Skrupel haben,
sich über wildfremde Menschen lauthals lächerlich zu machen.

Ich sehe Schüler, die den Lehrern auf der Nase herum trampeln und ich sehe Lehrer, die sich nicht trauen, dagegen anzugehen!
Ich sehe aber auch Eltern, die beinahe verzweifelt versuchen, bei bestimmten Schwächen ihrer Kinder eine - für beide Seiten - annehmbare Lösung in die Wege zu leiten und diese treffen zeitweise auf Lehrer, die schon das Führen eines Hausaufgebenheftes als Unzumutbar bezeichnen.
Ich sehe Lehrer, die in Pausen Schüler pöbeln lassen und Lehrer, die auch mal wegschauen, wenn ein unbeliebter Schüler eins in die Rippen bekommt.

Das sind nicht etwa irgendwelche herungergekommenen Gestalten,
sondern Kinder, wie sie auch eure sein könnten.

Das sind ebenfalls keine heruntergekommenen Lehrer, sondern solche, wie man sie überall an Schulen antreffen kann.

Was sind das für Eltern, die ihren Kindern solche Freiheiten
geben, ihnen nicht beibringen vor alten Leuten Respekt zu
zeigen, und sich scheinbar überhaupt nicht dafür
interessieren, wann sie mit wem zusammen sind?

Was sind das für Lehrer, die wegschauen? Was sind das für Lehrer, die stets überfordert sind?

Möglicherweise
genau die, die die Klappe aufreißen und über das
Bildungssystem herziehen, nur weil ihre Kleinen in der Schule
versagt haben.

Das mag auf manche vielleicht sogar zutreffen, doch es ist eine traurige Tatsache, dass auch viele Lehrer versagen.

Es ist ja auch schon immer einfacher gewesen, die Schuld bei
anderen zu suchen, als zuzugeben mit der Erziehung seiner
Kinder überfordert zu sein und ihnen in jungen Jahren nicht
die wichtigsten Dinge mit auf den Weg gegeben zu haben. Das
geht bei ganz simplen Dingen los. Heute sind die Kiddies nicht
mal mehr in der Lage ihren Müll in den Mülleinmer zu bringen,
sondern lassen alles fallen wo sie auch gerade stehen, jeder
stellt seine Schmutzfüße auf die Sitze in der Straßenbahn,
einer alten Frau mal den Platz anbieten (???) ach iwo!
Selbständig arbeiten, Verantwortung übernehmen, respektvoll
mit anderen umgehen…
Wenn ihnen das von zu hause aus nicht beigebracht wurde, wie
sollen sie denn dann in der Schule zurechtkommen? Aber die
Schule wird´s ja schon richten.

Wäre es nicht so traurig, dann könnte ich darüber sogar lachen!
Die Schule wirds schon richten! Ach Herrje!
Jetzt möchte ich Dir mal ein paar Fakten nennen, die man an vielen Schulen gerne unter den Tisch kehrt!
Schüler werden verprügelt und Lehrer schauen schnell in eine andere Richtung! Lehrer die zuschauen, wenn Schüler (z.B. bei einem Ausflug) ältere Mitbürger anpöbeln und dann den älteren Herrschaften auch noch erklären, dass sie das nichts anginge! Lehrer die Eltern auflaufen lassen, die versuchen, etwas an der untragbaren Schulsituation zu ändern. Lehrer die vorsätzlich lügen um ihre eigene Haut zu retten. Lehrer die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen. Lehrer, die ihren Frust an Schülern auslassen und sie manchmal derb beschimpfen. Lehrer, die häufig die Schüler strafen, die eh schon die Schwächeren sind, denn an die Stärkeren trauen sie sich nicht ran. Lehrer, die sich untereinander spinnefeind sind und ihre Antipathie noch nicht mal vor den Schülern verbergen!
Nee,nee, die Schule wird bestimmt nichts richten!
Ich möchte nicht behaupten, dass in allen Elternhäusern friedliche Harmonie herrscht, aber alles auf Eltern abzuwälzen, das wäre falsch!

Ach wäre das schön, wenn es wirklich so einfach wäre :smile:
mfG
Michael *derfrohistbeiderheutigenjugendkeinlehrerzusein*

MfG Userine

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Ich möchte nicht abstreiten, dass es genug Lehrer gibt, die ihren Aufgaben nicht nachkommen können, sei es aus Faulheit, Hilflosigkeit, Desinteresse oder sonst irgend etwas. Allerdings sollte man auch mal bedenken, was kann ein Lehrer denn wirklich machen?

Ein Lehrer kann Strafarbeiten verteilen, er kann Kinder in den Arrest schicken, er kann den Schulleiter informieren, es kann zeitweisen oder vollständigen Schulausschluss geben… Hab’ ich was vergessen?

Was macht ein Lehrer aber, wenn die Strafarbeiten nicht gemacht werden? Was, wenn das Kind einfach nicht zum Arrest kommt? Was, wenn es sich vom Besuch beim Schulleiter nicht beeindrucken lässt? Schulausschlüsse sind gerade bei Hauptschulen übrigens gar nicht so einfach zu machen, denn das Kind hat ja trotzdem das Recht auf die Möglichkeit zum Schulbesuch.

Bei mir war das früher so, dass ich immer alles gemacht habe, damit meine Eltern Strafarbeiten nicht mitgekriegt haben, weil diese sich eigentlich dann immer auf die Seite des Lehrers gestellt hätten, der hatte normalerweise ja auch Recht. Heute ist es teilweise so, dass die Eltern in die Schule kommen und erklären, mein Kind macht so etwas nicht, mein Kind macht diese Strafarbeit nicht! Gibt es etwas besseres, um die Autorität eines Lehrers zu untergraben?
Auch Eltern, die sich überhaupt nicht um ihre Kinder kümmern, sind für Lehrer ein Grauss. Wenn nicht ein gewisser Druck von daheim kommt, werden, wie oben beschrieben, die Strafen überhaupt nicht beachtet.

Ja, selbst wenn es zum Diebstahl von Seiten der Schüler kommt, kann oft nicht viel gemacht werden, diese sind ja nicht oder nur eingeschränkt straffähig. Die Polizei wird dann zwar informiert, aber außer mal bei den Eltern vorbeischauen, kann diese auch nichts machen.

Außerdem ist es halt doch noch so, dass kein Lehrer ständig da sein kann. Während der Stunde hat der Lehrer die Aufsichtspflicht und während der großen Pause auch, aber wie groß ist ein Schulhof? Kann ein Lehrer das eigentlich alles überblicken? Die meisten Schüler sind dann ja doch so intelligent, dass sie einfach warten, bis der Lehrer sich wieder weit genug weg befindet, bevor irgendwelche Prügeleien, Erpressungen, etc. durchgeführt werden.

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Hab ich mir schon gedacht…
…das das wieder auf diese Art und Weise aufgegriffen wird, daß man wieder mit etlichen Gegenbeispielen bombadiert wird. Aber deine Beispiele hinken an einigen Ecken. Was meinst du, warum einige Lehrer wegschauen, wenn es auf dem Schulhof zu auseinandersetzungen kommt? Weißt du wieviele Schüler ein Messer mit sich herumschleppen, wie aggressiv einige werden, wenn du sie bloß einmal zu lange angeschaut hast? Wie wenig Respekt sie gegenüber Lehrern haben? Haben sie dieses Verhalten in der Schule gelernt? Wenn ich Lehrer wäre, würde ich genauso wenig dazwischengehen, wenn absehbar ist, daß sie mich in irgendeiner Weise nach Schulschluß bedrohen könnten. Vieles was auf den Schulen abläuft ist keine kleine Rauferei mehr, wie das bei uns früher vielleicht mal war, sondern es ist teilweise kriminell. Das ein Lehrer dabei Angst um seine eigene Haut hat ist nur verständlich.
Natürlich kannst du zu jedem Einwand ein Gegenbeispiel finden. Das trifft für Lehrer und Eltern zu. Ich wollte die Schule auch nicht von ihrem Erziehungsauftrag freisprechen, sondern ich habe für mich lediglich festgestellt, daß der Tenor meistens auf den Unzulänglichkeiten des Bildungssystems fällt. Auch Eltern sehen immer nur, wenn ihnen der Lehrer nicht helfen kann, aus welchen Gründen auch immer. Es sollte lediglich eine Anmerkung sein, da das Thema mal wieder angeschnitten wurde.

mfG

Michael

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Hi :smile:

…hier einen zuviel, wenn ich pausenlos lesen muß wie
schlecht ja unser Bildungssystem ist, wie unfähig unsere
Lehrer sein sollen, das man unseren armen Schülern bloß nicht
zuviel zumuten darf, das füher alles besser war usw…

Welchen Artikel hast du denn eigentlich gelesen? Sicher nicht den, auf den du geantwortet hast :smile:

cu Stefan.

Hallo,
seit Jahren sehe ich zu, wie Schule, Schüler, Eltern und Lehrer in eine Schieflage geraten. Ich muss beobachten, wie das Ansehen von Lehrern in unserer Gesellschaft systematisch demontiert wird. Nur die Äußerungen „so schön möcht ich es auch mal haben“ verstummen allmählich. Vor allem die Eltern scheinen nicht mehr so scharf darauf zu sein ihre Kinder zu unterrichten.
Welche Einstellung werden denn nun unsere Schüler mit in die Schule bringen, wenn sie die Werthaltungen ihrer Eltern und unserer Gesellschaft kennen gelernt haben.
Man bürdet leicht der Schule und den Lehrern immer mehr Erziehungsarbeit auf ohne die Möglichkeit zur Durchsetzung zu geben. Im Zweifelsfalle haben doch immer die Eltern recht.
Überhaupt scheinen unsere Eltern nur noch den Gedanken der Erziehungsberechtigung im Kopf zu haben. Wie wäre es denn, wenn sie einmal über ihre gesetzlich verankerte Pflicht zur Erziehung nachdenken würden.
Helferlein

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ich hörte das es eine Studie gab, die da PISA heißt. Zuerst viel mir - bin absoluter laie - ein: eh das geht doch garnicht, der unfug; jedes land hat seine kultur, jedes ist landesspezifisch - ein vergleich ist also ausgeschlossen.

was soll der unfug?

wenn ich lehrinhalte vergleiche, dann muss ich immer (!!) das Umfeld beachten, aber das weiss doch jedes kind.

Kulturfrage bei…
Mathematik und Naturwissenschaften, Textverständnis und Lesefähigkeit? Klar kann man da Vergleiche ziehen.

Aber dein Beitrag zielt ja nicht gerade auf eine detaillierte Diskussion, sondern beruft sich auf reine Unkenntnis der Studie.

was soll der unfug?

Unfug ist dein Beitrag…

wenn ich lehrinhalte vergleiche, dann muss ich immer (!!) das
Umfeld beachten, aber das weiss doch jedes kind.

Meine Kinder (2. Klasse, ca. 50% Ausländeranteil, alle lernen das Gleiche…) wissen das nicht :smile:))

Grüsse

Matthias