Lektüre Oberstufe NRW

Hallo

angeregt durch die Frage nach der Lektüre 13. Klasse in Bayern fiel mir gerade ein, dass es mich interessieren würde, ob jemand weiß, wieso diese **** Kultusminister sich es haben einfallen lassen und für notwendig erachten, dass 17 - 19 -jährige Jugendliche aus dem Rheinland oder Ruhrgebiet sich für das (Ur-)Alterswerk eines Preussen aus dem ausklingenden 19. Jahrhunderts zu interessieren haben. Ich selber finde das Buch zwar sehr gut, aber nähere mich ja auch dem derzeitigen Alter des Autors. Das Buch geht extrem auf Details ein und hat sehr wenig Tempo. Also wirklich ein ausgesprochenes Alterswerk, das für die meisten Jugendlichen zum Gähnen ist.

Auch verstehe ich nicht, wieso man Don Carlos durchnimmt und nicht Die Räuber. Es handelt sich doch um Jugendliche, die sich damit beschäftigen sollen.

Andererseits muss m.W. der Törless durchgenommen werden, ein Buch, das wirklich schockierend ist.

Dass Woyzzeck durchgenommen wird, das finde ich immerhin gut.

Also meine eigentliche Frage: Wieso um alles in der Welt muss ausgerechnet die Effie Briest von allen Jugendlichen gelesen werden? Warum nicht lieber die Buddenbrooks?

Viele Grüße

Hallo,

also ich finde es so wie es ist gut.
Warum werden immer wieder Lehrpläne in Frage gestellt?

Es kommt doch nicht darauf an, dass es für Jugendliche interessant ist, sondern darauf, sich auch mal mit etwas langatmigem Lesestoff zu beschäftigen und diesen zu bewältigen.
Und das die Jugendlichen auch nicht so einfache, auf den ersten Blick langweilige Aufgaben zu bewältigen lernen.
Alles andere wäre wieder, das Niveau nach unten anzupassen, damit möglichst viele Schüler ohne viel Aufwand gute Leistungen erzielen.

Später im richtigen Leben wird auch kein Arbeitgeber sagen: „Och, das ist zwar unser Tagesgeschäft, aber für den jugendlichen Lehrling viiiel zu langweilig, also such ich ihm was anderes, was ihm besser gefällt.“

Gruß
Frank

Hallo

Warum werden immer wieder Lehrpläne in Frage gestellt?

Wieso nicht?

Es kommt doch nicht darauf an, dass es für Jugendliche interessant ist, sondern darauf, sich auch mal mit etwas langatmigem Lesestoff zu beschäftigen und diesen zu bewältigen.

Es gibt doch auch jede Menge anderen langatmigen Lesestoff. Wieso findest du es denn gut, dass es den Jugendlichen extra schwer gemacht wird?

Und das die Jugendlichen auch nicht so einfache, auf den ersten Blick langweilige Aufgaben zu bewältigen lernen.

Dem Vernehmen nach bleibt diese Lektüre für sehr viele Jugendliche bis zum Schluss langweilig, auch wenn sie sich noch so viel mit ihr beschäftigen.

Alles andere wäre wieder, das Niveau nach unten anzupassen, damit möglichst viele Schüler ohne viel Aufwand gute Leistungen erzielen.

Ich hatte als Alternative die Buddenbrooks vorgeschlagen, nicht Micky-Maus-Hefte. Es geht mir nicht darum, das Niveau nach unten anzupassen, sondern Jugendliche nicht zwangsweise mit Alterswerken zu beschäftigen. Die verstehen sie sowieso erst richtig, wenn sie älter sind. Es kann sich kein 17-jähriger in einen Greis hineinversetzen. Ich fände es eine völlig ausreichende Leistung, wenn sie sich in einen ca. 25-jährigen eines anderen Jahrhunderts hineinversetzen können.

Im übrigens lernt man sehr viel besser, wenn der Lernstoff Spaß macht.

Ich glaub, du hast mich falsch verstanden, oder kennst diese Lektüren nicht.

Viele Grüße

Moin,

Ich hatte als Alternative die Buddenbrooks vorgeschlagen,

da dauert die Langeweile für Schüler noch sehr viel länger :wink:

Grüße
Pit

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Hallo,

nochmal:
Meiner Meinung nach geht es nicht in erster Linie um den Spass beim lernen, sondern um die Vorbereitung auf das richtige Leben.
Deshalb sollte auch unangenehme Dinge im Unterricht durchgenommen werden.
Nur so lernen die Schüler, dass es im Leben nicht immer nur um den Spass sondern auch mal um die Notwendigkeit geht, sich mit langweiligen und schwierigen Dingen auseinanderzusetzen.
Deshalb finde ich es gar nicht so schlecht, dass mal langatmiger Stoff durchgezogen wird.
„Krieg und Frieden“ wäre noch ne Spur härter :wink:.
Ich „durfte“ in meiner Schulzeit „Die Mutter“ von Gorki lesen. Spass hat es keinen gemacht, umgebracht hat es mich auch nicht. Aber ich habe eben dabei gelernt, mich auch durch sowas durchzubeissen.

Gruß
Frank

Hallo,

das „Problem“ ist sicherlich vielschichtig. Nicht von ungefähr gibt es seit jeher - und es wird vermutlich immer so sein - Diskussionen um einen Literaturkanon. Nur einer der vielen Gründe ist der, dass es gerade in der Literaturwissenschaft eben keine „alleingültige Wahrheit“ oder auch nur eine Gesetzmäßigkeit gibt, die vielleicht mit den Naturwissenschaften vergleichbar wäre. In der Mathematik ist klar dass man um die Grundrechenarten nicht herum kommt - bezüglich der Literatur kann aber allenfalls ein Konsens erreicht werden, was eine Mehrheit der Entscheider als wichtig erachtet.

Warum sollte man nun also doch die „alten Werke“ im Unterricht lesen?
Einerseits denke ich, dass es schlicht darum geht, Kulturgüter zu bewahren. Auf Gedankenkonstrukten aus der Literatur läßt sich nämlich durchaus auch heute noch aufbauen und Neues konstruieren. Bruce Lee schreibt beispielsweise: „knowing is not enough, we must apply - willing is not enough, we must do“. Er zitiert ihn zwar nicht, doch diesen Spruch hat er vom alten Herrn Goethe.
Darüber hinaus baut eben auch alle Literatur immer auch auf ihren Vorgängern auf. So sollten diese eben auch zumindest gekannt werden.
Coppolla’s „Apocalypse Now“ macht nur halb so viel Spaß, wenn man „Heart of darkness“ von J. Conrad nicht kennt und „The comfort of strangers“ ist witzlos ohne Manns „Tod in Venedig“

Das Buch geht extrem auf Details ein und hat
sehr wenig Tempo. Also wirklich ein ausgesprochenes
Alterswerk, das für die meisten Jugendlichen zum Gähnen ist.

Ist aber dies nicht gerade einer der Hauptgründe, warum man derartigge Literatur im Unterrciht verwenden sollte? Sozusagen als bewußt angesetztes Gegenkonzept?
Es ist doch so, dass durch die derzeitige Medienkultur dem Fernsehzuschauer wirklich jeder einzelne Verständnisprozess schon vorgekaut wird. Figuren und Umgebung werden bildlich vorgegeben, Gedankenprozesse aus dem Off kommentiert. Gepaart mit schnellen Schnitten, die die Gefahr bergen, dass das Wesentliche aus dem Blick gerät. Individuelle Eigenleistung des Rezipienten ist damit gleich Null.

Auch verstehe ich nicht, wieso man Don Carlos durchnimmt und
nicht Die Räuber. Es handelt sich doch um Jugendliche, die
sich damit beschäftigen sollen.

Den Jugendlichen soll aber im Unterricht auch die Übernahme von Perspektiven anderer Menschen vermittelt werden. Und dies setzt nun einmal voraus, dass eine solche Perspektive ungleich der eigenen ist.
Ziel ist nämlich einerseits die Erreichung einer Sozialkompetenz und Empathiefähigkeit - das Nachvollziehen der Position anderer Personen, andererseits aber auch die Vermittlung einer gewissen Abstraktionsfähigkeit. Diese ist im Berufsleben gar nicht einmal so unwichtig.

Also meine eigentliche Frage: Wieso um alles in der Welt muss
ausgerechnet die Effie Briest von allen Jugendlichen gelesen
werden? Warum nicht lieber die Buddenbrooks?

Und hier sind wir erneut beim Aspekt der Subjektivität. Ich persönlich finde die Buddenbrooks beispielsweise fürchterlich.

MFG Cleaner

Hallo

Warum sollte man nun also doch die „alten Werke“ im Unterricht lesen?

Ich meinte nicht „alte Werke“, sondern wirklich das, was ich geschrieben habe: Alterswerke. Ich meine ein Buch, von einem 70-jährigen geschrieben, was man dem Buch auch anmerkt.

Das kann man sehr positiv sehen, aber als Jugendlicher sieht man es meistens anders.

Und hier sind wir erneut beim Aspekt der Subjektivität. Ich persönlich finde die Buddenbrooks beispielsweise fürchterlich.

Es ist aber von einem jungen Mann geschrieben worden, und das merkt man diesem Buch ebenfalls an.

Ich selber habe Buddenbrooks sehr gerne gelesen, als ich jung war. Dass ich begonnen habe, Fontane unterhaltsam zu findem, ist noch nicht so ewig her. Und das hat für mich sehr deutlich mit dem Alter der Verfasser (zu der Zeit, als sie ihre Bücher geschrieben haben natürlich) zu tun.

Viele Grüße

Hallo

Ich meinte nicht „alte Werke“, sondern wirklich das, was ich
geschrieben habe: Alterswerke. Ich meine ein Buch, von einem
70-jährigen geschrieben, was man dem Buch auch anmerkt.

Wenn wir uns gerade über „Der Untertan“ von Heinrich Mann unterhalten, dann stimmt das so allerdings nicht. H. Mann wurde 1871 geboren und fertigte das Manuskript bis 1914. Somit war er 43 Jahre alt.

Es ist aber von einem jungen Mann geschrieben worden, und das
merkt man diesem Buch ebenfalls an.

Gibt es denn nicht noch andere Gründe, als nur das Alter des Autors, um Literatur zu beurteilen? Dieser Argumentation zufolge dürfte man ja nur noch Tristan Egolf lesen, da der sich mit dreißig Jahren in den Kopf geschossen hat.
„Der Untertan“ zeigt beispielsweise die geschichtliche Epoche und die damit verbundenen gesellschaftlichen Verwicklungen wie kein anderes Werk. Darüber hinaus ist es ein Buch, anhand dessen man bis heute wesentliche Aspekte der Soziologie und teilweise auch der BWL in einer Weise verdeutlichen kann, die ihresgleichen sucht.

Ich selber habe Buddenbrooks sehr gerne gelesen, als ich jung
war. Dass ich begonnen habe, Fontane unterhaltsam zu findem,
ist noch nicht so ewig her. Und das hat für mich sehr deutlich
mit dem Alter der Verfasser (zu der Zeit, als sie ihre Bücher
geschrieben haben natürlich) zu tun.

Das mag vielleicht mit der Art und Weise deiner Perspektivübernahme im Leseprozeß zu tun haben und ist sicherlich ein Zeichen von Lesekompetenz.Deine Einschätzung von Literatur und dein Geschmack seien dir daher auch unbenommen. Ich wage lediglich, zu bezweifeln, dass es sich hierbei um eine Position handelt, die sich einfach verallgemeinern läßt und halte das Autorenalter als Entscheidungskriterium für schwach.

MFG Cleaner

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Hallo

Wenn wir uns gerade über „Der Untertan“ von Heinrich Mann unterhalten, dann stimmt das so allerdings nicht.

Wie kommst du auf den Untertan? Die Rede ist von Effie Briest.

Gibt es denn nicht noch andere Gründe, als nur das Alter des
Autors, um Literatur zu beurteilen? Dieser Argumentation
zufolge dürfte man ja nur noch Tristan Egolf lesen, da der
sich mit dreißig Jahren in den Kopf geschossen hat.

Wieso? Auch Goethe hat als junger Mann schon geschrieben.

Viele Grüße

Hallo,

Wie kommst du auf den Untertan? Die Rede ist von Effie Briest.

Im „untigen“ thread (Titel: 13. Klasse) geht es um „Der Untertan“ als Oberstufenlektüre.

Wieso? Auch Goethe hat als junger Mann schon geschrieben.

Egolf war ja nur ein Beispiel, mit dem ich kolportieren wollte, dass man deiner Argumentation zufolge nur die Werke von GoetheSchillerHölderlin lesen dürfte, die diese bis ihrem 27. Geburtstag geschrieben haben.

MFG Cleaner

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Hallo

Egolf war ja nur ein Beispiel, mit dem ich kolportieren
wollte, dass man deiner Argumentation zufolge nur die Werke
von GoetheSchillerHölderlin lesen dürfte, die diese bis ihrem
27. Geburtstag geschrieben haben.

Zwischen dem 27. und dem 70. Geburtstag ist die Spanne aber doch sehr groß.

Im übrigen würde ich das auch nicht so einschränken, aber gerade bei einer umfangreichen Pflichtlektüre, die nicht nur sehr lang ist, sondern auch jeder ohne Ausnahme lesen muss, würde ich unbedingt darauf achten, dass sie einigermaßen altersgemäß ist. Es ist ja schon eine andere Epoche, eine andere Kultur, ein anderer Mensch, wo sich der Schüler hineinversetzen muss. Dann muss es doch nicht zusätzlich noch ein dermaßen weit entferntes Lebensalter sein.

Viele Grüße

Hallo,

gerade bei einer umfangreichen Pflichtlektüre, die nicht nur
sehr lang ist, sondern auch jeder ohne Ausnahme lesen muss,
würde ich unbedingt darauf achten, dass sie einigermaßen
altersgemäß ist.

Altersgemäß sollte die Lektüre in der Tat sein, da stimme ich durchaus zu - die Kernproblematik der Lektüre sollte tatsächlich beispielsweise durch Lebenswelt-, Problembezug o.ä. Anknüpfungspunkte bieten, die das Verständnis erleichtern.

Es ist ja schon eine andere Epoche, eine
andere Kultur, ein anderer Mensch, wo sich der Schüler
hineinversetzen muss. Dann muss es doch nicht zusätzlich noch
ein dermaßen weit entferntes Lebensalter sein.

Ich wiederhole mich vielleicht, doch das Lebensalter des Autor spielt wirklich nur eine untergeordnete Rolle. Sicherlich mag es den ein oder anderen Autoren geben, der mit zunehmendem Alter abstrakter oder reflektierter schreibt. Dennoch kanne s kein Grund sein, ein Werk als solches abzulehnen.

Heinrich Böll war bespielsweise fast sechzig, als er „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ schrieb. Ein Buch mit dem man gerade heute arbeiten kann, um den Mechanismus der Medien zu erläutern und das gerade wegen des Kachelmann-Prozesses auch von Schülern gut verstanden wird.
Jan Gouillou war etwa fünfzig Jahre alt, als er „Evil - das Böse“ schrieb. Ein Buch das schulische Eigendynamik in einer Eindringlichkeit beschreibt, die ihresgleichen sucht.

MFG Cleaner

P.S.: Dürfte eigentlich Cornelia funke dann überhaupt Kinderbücher schreiben? schließlich ist sie altersmäßig doch um Längen von ihrem Publikum entfernt.

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Heinrich Böll war bespielsweise fast sechzig, als er „Die
verlorene Ehre der Katharina Blum“ schrieb. Ein Buch mit dem
man gerade heute arbeiten kann, um den Mechanismus der Medien
zu erläutern und das gerade wegen des Kachelmann-Prozesses
auch von Schülern gut verstanden wird.

Das Buch ist schon ideal für Schüler, um die Wirkung der Schmiermedien zu erkennen. Buddenbrooks war mal in der Schule Pflicht. Da geht es um den Wandel der Gesellschaft, was heute sicher auch aktuell sein dürfte.

Hallo,

Buddenbrooks war mal in der Schule Pflicht. Da geht es um den Wandel :der Gesellschaft, was heute sicher auch aktuell sein dürfte.

Das ist sicher so. Ich persönlich hatte/habe lediglich kein Vergnügen dabei, das Buch zu lesen.

MFG Cleaner