Das Thema ist so komplex, dass ich gerade gestern mal wieder von einem Top-10 DAX-Unternehmen eine über 50-seitige Präsentation in die Hände bekam, in denen den Mitarbeitern erklärt wurde, was sie alles bei Beauftragungen von Leistungen an Externe beachten müssen, um nicht Probleme mit Scheinselbständigkeit/zweifelhaften Werkverträgen/unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung zu kommen.
Auch ich verwende einen Gutteil meiner Zeit darauf, genau diesem und anderen Kunden ständig zu erklären, warum wir bestimmte Angebots- und Vertragsklauseln verwenden, und hiervon auch nicht abweichen. Die Kolleginnen ärgern sich dauernd mit so genannten Freelancern rum, die wir nur noch nach Statusfeststellungsverfahren zum Einsatz bringen (welches dann oft genug negativ ausgeht)…
Und daher kann ich jedem Auftraggeber nur raten, peinlich genau auf die korrekte Ausgestaltung der Verträge und Leistungserbringung zu achten, und ebenfalls auf einem Statusfeststellungsverfahren zu bestehen.
Sieh auf jeden Fall zu, dass Du Dir tatsächlich einen Kundenkreis schaffst, und nicht nur bei Bedarf bei dem einen Unternehmen einspringst, bei dem Du so gerne arbeiten willst. Begrenzte die einzelnen Tätigkeiten zeitlich und auch inhaltlich von vorne herein so, dass Du für Dich selbst und in eigener Hoheit entscheiden kannst wann Du was für wen an Leistungen erbringst. Der zunächst dankbare „open end“ Auftrag des Lieblingskunden ist ein klassisches K.O. Kriterium. Die von Dir angesprochene parallele Tätigkeit für mehrere Kunden (hierbei bloß nicht von „freien Tagen“ beim Standard-Auftraggeber sprechen), ist ein klares Indiz für eine selbständige Tätigkeit.
Es spricht nichts gegen die Anwesenheit beim Auftraggeber, soweit diese in konkreten Situationen zwingend erforderlich ist, also z.B. zu Besprechungen, oder um zu bestimmten Zeiten vor Ort ansprechbar zu sein. Der klassische nine-to-five Arbeitstag am festen Schreibtisch des Auftraggebers ist hingegen ebenfalls ein K.O. Kriterium.
Nur mit der klaren Abgrenzung von Einzelbeauftragungen kann man einer organisatorischen Einordnung in das Auftraggeber-Unternehmen entgehen. Bloß nicht „Mädchen-für-alles“ zum Pauschalpreis spielen! Darauf achten, dass man immer als externer Dienstleister auftritt (z.B. am Telefon und mit einer klar unterscheidbaren Mail-Adresse und Signatur, z.B. "extern.Anton.Mü[email protected], Anton Müller, externer Dienstleister für … im Auftrag der firma GmbH) und nur über einen klar definierten Ansprechpartner Vereinbarungen treffen, die über die rein fachliche Zusammenarbeit mit Festangestellten hinausgeht, und diese Kommunikation auch dokumentieren. Heute per Mail wunderbar einfach machbar. D.h. nicht mit irgendeinem Kollegen auf Augenhöhe mal eben mündlich vereinbaren, wann man das nächste Mal kommt, sondern dem definierten Ansprechpartner per Mail mitteilen, dass man am … um … zur nächsten Besprechung kommen wird.
Ebenfalls aufpassen bei den genutzten Arbeitsmitteln: Jemand der ausschließlich mit Arbeitsmitteln des Kunden in dessen Räumen gemeinsam mit Internen arbeitet (wenn wir jetzt nicht gerade von zentralen Systemen sprechen, an denen temporär bestimmte Aufgaben zu erfüllen sind), setzt damit klare Zeichen in die falsche Richtung. Nach Möglichkeit vom Home-Office aus mit dem eigenen PC, mit eigenen Software-Lizenzen, eigenen Handy (passende Mailbox-Ansage beachten), … arbeiten. Keine Dienstkleidung des Auftraggebers mit dessen Logo tragen, … Ggf. Büroraum beim Auftraggeber mieten (wird dann wieder auf den Preis aufgeschlagen), und auch entsprechend per Türschild bezeichnen, wenn überwiegende Anwesenheit vor Ort erforderlich ist.
Die Abrechnung sollte nicht auf Stunden-, sondern auf Meilenstein- oder Stückzahl-Basis erfolgen. Auch dies macht deutlich, dass man ein eigenes unternehmerisches Risiko trägt. D.h. nicht acht Stunden für die Lohnabrechnung in Rechnung stellen, sondern einen Betrag x für die Lohnabrechnung eines MA pro Monat fordern.
Pseudo-Werkverträge sind ein beliebtes, aber auch nicht unproblematisches Mittel zur Vermeidung von Scheinselbständigkeit. Das zu erbringende Gewerk muss schon als in sich abgeschlossenes Gewerk definiert werden, und sollte auch kein wiederkehrendes, triviales „Massen-Gewerk“ sein, welches nicht individualisierbar ist. Die „Werkverträge“ in den Schlachtereien, wo es um x Gewerke von 500 zu zerlegenden Schweinen geht, die die immer wieder selben osteuropäischen „Selbständigen“ abschließen, sind vollkommen zu Recht in der Kritik.
Zudem sollte man sich als Selbständiger (nicht nur weil es steuerlich vorteilhaft ist) eine gewisse eigene Infrastruktur schaffen, die zum Ausdruck bringt, dass man selbständig tätig ist. D.h. Homeoffice im getrennten Arbeitszimmer mit echten Büromöbeln, … Künftig sauber trennen, was man an Material für die selbständige Tätigkeit kauft, und was privat. Fahrtenbuch führen, um Fahrtkosten abrechnen zu können, … Überlegen, welche Aufträge man selbst als Unternehmer raus geben kann. Ggf. sich mit mehreren Leuten in ähnlicher Situation zusammentun, und gemeinsam auftreten (bzgl. Rechtsform anständig juristisch beraten lassen). Dabei dann nicht Herrn X und Frau Y den Kunden anbieten, sondern „einen MA mit den Qualifikationen 1, 2 und 3“, oder eben die Erledigung der Tätigkeit X „durch qualifizierte MA (die nicht konkret nach Zahl und Name benannt werden)“