Lineares Gleichungssystem lösen

Moin,

wieder habe ich eine Einsendeaufgabe vor mir, wo ich nicht weiterkomme.
Ich füge zwei dokumente hinzu, auf denen man mein rechenweg (ich hoffe^^) erkennen kann und die Aufgabe auf dem Blatt der Einsendeaufgabe( Fern"hoch"schule).
Die Lösung zeigt bereits meinen zweiten anlauf…

danke und lg,

eugen.


Hallo, Eugen,

da es sich um eine Einsendeaufgabe Deiner Hochschule (welche ist es eigentlich?) handelt, kann ich Dir die Lösung leider nicht verraten. Nur so viel: Deine Lösung ist leider nicht richtig.

Tipp: Wende den Gauß-Algorithmus zur Berechnung der Lösung an. Mir ist es damit in 3-4 Schritten gelungen, das Gleichungssystem zu lösen.

Beste Grüße

Oliver

Hallo Oliver,

ich habe eine Nullzeile rausbekommen, habe ich etwas falsch gemacht? Siehe foto bitte.

Hallo,

ich habe eine Nullzeile rausbekommen, habe ich etwas falsch gemacht?

ja – wenn Du alles richtig machst, bekommst Du zwei Nullzeilen heraus. Check mal die letzte Zeile und korrigier sie (nämlich zu „0 0 0 0 0 | 0“). Ansonsten stimmt Deine Lösung soweit. Was es bedeutet, wenn man beim Lösen von LGSen per Gaußelimination eine oder mehrere Nullzeilen erhält, solltest Du wissen.

Gruß
Martin

ich habe jetzt aus der 00123|4 zeile eine nullzeile hinbekommen…ist das nun richtig? jetzt kommt r,s,t dran oder ?

unendlich viele lösungen richtig? muss ich z.b mit „t“ rechnen, und alles in abhängigkeit damit verrechnen?

Hallo,

jetzt kommt r,s,t dran oder ?

ich sag mal so: Du könntest das grundsätzlich so machen, aber es wäre eher ungünstig. Die weitere Rechnung würde Dir dann nämlich an irgendeinem Punkt offenbaren, dass die ersten drei Zeilen nicht linear unabhängig voneinander sind (beachte: Wegen x1 = 0, was Du ja schon herausbekommen hast, darfst Du der ersten Spalte dabei keine Beachtung mehr schenken!). Besser wäre es, wenn Du diesen Umstand schon jetzt erkennen würdest – was dummerweise nicht so direkt ins Auge fällt (Du müsstest sehen, dass das Doppelte der dritten Gleichung plus das Dreifache der zweiten Gleichung genau die erste Gleichung ergibt – dabei wie gesagt die erste Spalte ignorieren). Dann wüsstest Du nämlich schon an diesem Punkt, dass Du nicht drei, sondern nur zwei Variablen frei wählen darfst, also z. B. r, s (dass die ersten beiden Gleichungen voneinander linear unabhängig sind, ist offensichtlich).

Der optimale Weg wäre, gleich am Anfang zu erkennen, dass und wie man diese Nuss clever knacken kann. Zuallererst ist festzustellen, dass das System die Dimension 5 hat. Das überrascht, denn für eine Lösung per Stift und Papier ist ein 5×5-System schon ein echt großer Brocken (was jeder erahnen kann, der schon mal ein 3×3-System von Hand gelöst hat). Was also ist hier los? Weist dieses System vielleicht irgendeine Besonderheit auf, die eine Lösung deutlich beschleunigt? Und worum könnte es sich dabei handeln? Weil wir es mit einem linearen Gleichungssystem zu tun haben, liegt es nahe, nach irgendeiner Art von Ordnung oder Regelmäßigkeit oder Muster in den Koeffizienten (sonst ist ja auch nichts da) zu suchen. Also schau mal ganz genau hin: Fällt Dir etwas auf? Bestimmt siehst Du, dass es in jeder Zeile eine lange Abfolge von Koeffizienten (die Konstanten auf der rechten Seite sogar eingeschlossen!) gibt, in denen diese von links nach rechts jeweils um den Wert 2 ansteigen (1). In den Zeilen I und III ist die Sequenz sogar durchgehend, und in den übrigen drei Zeilen tanzt nur die erste Spalte aus der Reihe (woraus man man sogar schon mutmaßen kann, dass sich für x1 wahrscheinlich der Wert Null ergeben wird).
———
1 Ich empfehle, alles nur in der Kurznotation ohne die Variablen x1, x2 etc. darzustellen.
Das ist schneller geschrieben und übersichtlicher.

Die spannende und entscheidende Frage ist jetzt natürlich, wie sich aus dem entdeckten Muster ein möglichst großer Nutzen ziehen lässt. Nun, es ermöglicht uns offensichtlich, Zeilen zu erzeugen, in denen nicht mehr lange Ketten von „Treppen“, sondern lange Ketten von identischen Koeffizienten stehen – dazu müssen wir nur die Differenzen zwischen verschiedenen Zeilen bilden! Die identischen Koeffizienten in den neuen Zeilen sind dann gerade die „relativen Verschiebungen“ der „Treppen“ gegeneinander. Es ist wichtig, das gut verstanden zu haben. Danach wird es immer einfacher: Wenn wir imstande sind, Zeilen mit langen Ketten identischer Koeffizienten zu erzeugen, dann können wir auch Zeilen mit langen Ketten von Einsen erzeugen, denn dazu müssen wir die Zeilen ja nur durch den jeweils passenden Wert dividieren. Aus Zeilen mit langen Ketten von Einsen können wir aber sofort auch Zeilen mit langen Ketten von Nullen erzeugen, nämlich wieder durch Differenzbildung – logisch. Damit haben wir dann die maximale Vereinfachung erreicht. Wir sind also in der Lage, das bestehende System aus fünf „Treppenzeilen“ ohne viel Mühe in ein dazu äquivalentes System aus einer Treppenzeile (die Information der Treppenstruktur darf nicht verlorengehen, aber es reicht, wenn sie in einer Zeile gespeichert bleibt), einer Zeile mit einer langen Kette aus Einsen (auch darin bleibt wesentliche Information erhalten) sowie drei Zeilen mit Ketten aus Nullen (die sehr wenig Information enthalten: Jede besagt nur x1 = 0 und nichts weiter) zu überführen, und damit in ein System, in dem letztlich ein recht großer Block von Nullen stehen wird. Etwas Schöneres kann jemandem, der ein LGS von Hand löst, nicht passieren.

Lust bekommen? Dann probier es aus. Kurzanleitung (eine von unendlich vielen Möglichkeiten): Bilde zuerst I–II, I–III, I–IV und I–V und lass das die „neuen“ Zeilen II bis V sein; sodann dividiere diese Zeilen durch 2, –2, 3 bzw. –1. Bilde anschließend II–III und II–IV und II–V; das sind die neuen Zeilen III, IV, V (Zeile I bleibt unangetastet). Das resultierende System wird rechts unten einen 15 Nullen großen Block enthalten. Folgere x1 = 0. Das Restsystem besteht aus – wievielen Gleichungen? – für welche Variablen? Wähle die passende Anzahl (wieviele?) an Variablen als freie Parameter und löse das dadurch entstehende 2×2-System z. B. per Gaußelimination (das lässt sich leider nicht mehr umgehen). Alles passt auf zwei DINA4-Seiten.

So würde ich es machen, anstatt nach Schema F draufloszurechnen und alle naselang in der Rechnung zu merken, „dass da was komisch ist“ (denn alle Besonderheiten dieses Systems treten innerhalb jedes Lösungswegs an irgendeiner Stelle in irgendeiner Form zutage). Zur richtigen Lösung kämst Du so selbstverständlich auch, aber abgesehen von viel oder sehr viel mehr Schreibaufwand bliebe auch der Spaßfaktor, den diese tolle Aufgabe mit ihrer Treppenstruktur als Sollbruchstelle bietet, völlig auf der Strecke und das wäre doch schade.

In diesem Sinne: Have a lot of fun… :–)

Gruß
Martin

Ich würde hier konsequent beim Gauß-Algorithmus bleiben. Richtig angewendet liefert er das richtige Ergebnis in 3-4 Schritten. Das paßt auf eine halbe Seite.

Da es eine Einsendeaufgabe ist, kann ich es Dir aber leider nicht zeigen. Sorry.

Beste Grüße

Oliver

Danke für diese ausführliche Antwort.

Ich habe das Ergebnis von davor so gelassen und s und t für die unbekannten eingesetzt, also im verhältnis zu diesen das ergebnis aufgestellt.
Aber ob das so richtig ist, würde ich gerne von den profis wissen.


Hallo,

Achtung, die Zeile „0 0 0 1 2 | 3“, die Du hier als Grundlage für Deine weitere Rechnung nimmst, ist falsch! Das Blatt kannst Du deshalb leider in den Recyclingcontainer werfen.

Was stimmt, ist Dein Zwischenergebnis…

1 3 5 7 9 | 11
0 1 1 1 1 | 1
0 0 1 2 3 | 4

…und wenn man es geschickt anstellt, ist es von da zur Lösung gar nicht weit:

Subtrahiere von der ersten Zeile das 2-fache der dritten Zeile.
Danach subtrahiere von der ersten Zeile das 3-fache der zweiten Zeile.
Danach subtrahiere von der zweiten Zeile die dritte Zeile.

(Welcher Sinn hinter diesen Umformungen steckt, kannst Du DIr ja selbst überlegen.)

Danach steht da:

1 0 0 0 0 | 0
0 1 0 -1 -2 | 3
0 0 1 2 3 | 4

==> Lösung ablesen und hinschreiben ==> Fertig.

Gruß
Martin

man braucht also nicht die unbekannten durch s und t ersetzen und das ganze in verhältnis stellen ? das einzige was ich hier sehe dass x1 = 0 ist, alles andere ist nicht eindeutig oder wie sehe ich das?

das einzige was ich hier sehe dass x1 = 0 ist, alles andere ist nicht eindeutig

Du bist damit schon auf der richtigen Spur.

Das Schema…

1  0  0  0  0 |  0
0  1  0 –1 –2 |  –3
0  0  1  2  3 |  4

…ist ja nur eine Kurznotation für drei lineare Gleichungen. Schreib doch diese Gleichungen mal aus…

1x1 + 0x2 + 0x3 + 0x4 + 0x5 = 0
0x1 + 1x2 + 0x3 – 1x4 – 2x5 = –3
0x1 + 0x2 + 1x3 + 2x4 + 3x5 = 4

…und lass danach alles Überflüssige (herrührend von den Koeffizienten 0 und 1) weg:

x1 = 0
x2 – x4 – 2x5 = –3
x3 + 2x4 + 3x5 = 4

Das ist jetzt erstmal das „kleinste“ Gleichungssystem (genauer gesagt: Eines von vielen – ich komme darauf weiter unten zurück), das zu dem ursprünglichen äquivalent ist. Es kann nicht mehr weiter vereinfacht werden.

Weil nun in diesem System in den letzten beiden Gleichungen die Variablen x4 und x5 miteinander verkoppelt sind, aber nicht die Variablen x2 und x3, kann man eine Lösungsdarstellung (von vielen möglichen) direkt ableiten, nämlich diese:

x1 = 0
x2 = –3 + λ + 2σ
x3 = 4 – 2λ – 3σ
x4 = λ
x5 = σ

mit λ, σ ∈ IR oder was auch immer der zugrundeliegende Zahlkörper ist.

In dieser Darstellung habe ich x4 und x5 als sogenannte freie Parameter gewählt (und deshalb in λ und σ umbenannt).

Wenn Dir diese Lösungsdarstellung nun nicht gefällt, weil Du die Lösung lieber in der Form…

x1 = 0
x2 = α
x3 = β
x4 = [eine Funktion von α und β]
x5 = [eine Funktion von α und β]

…sehen möchtest (d. h. Du willst x2 und x3 als freie Parameter wählen), dann musst Du noch eine kleine Rechnung bewältigen, und rate mal, welche Aufgabe Dich da erwartet:

–3 + λ + 2σ = α
4 – 2λ – 3σ = β

Das ist was? Genau: Es ist ein lineares 2×2-Gleichungssystem für die Variablen λ und σ. Auch das kannst Du wieder in Kurzform schreiben…

 1  2 | α + 3
–2 –3 | β – 4

…und auflösen. Ergebnis: λ = –1 – 3α – 2β und σ = 2 + 2α + β.

Folglich lautet die „schönere“ Lösungsdarstellung:

x1 = 0
x2 = α
x3 = β
x4 = –1 – 3α – 2β
x5 = 2 + 2α + β

Damit weißt Du automatisch auch, wie ein anderes „kleinstes“ äquivalentes System aussieht, nämlich das, in dem die Variablen x2 und x3 miteinander verkoppelt sind, aber nicht mehr die Variablen x4 und x5:

x1 = 0
3x2 + 2x3 + x4 = –1
–2x2 – x3 + x5 = 2

Es ist keine leichte Aufgabe, weil dieses Gleichungssystem mit praktisch allen Eigenheiten versehen wurde, die ein LGS überhaupt haben kann (abgesehen von der Unlösbarkeit). Eine super Gelegenheit also, richtig viel zu diesem wichtigen Thema zu lernen.

Gruß
Martin

Hallo Martin, ja hast du wohl recht dass es für mich eine Gelegenheit ist einiges über LGS zu lernen :wink:
Danke für deine Geduld ^^ hast mir definitiv weiter geholfen.
LG,

Eugen.