Literatur für Hausarbeit zu Bileam und der Bileamerzählung

Hi.

Kap. 25 gehört, wenn überhaupt, nur indirekt zur Bileam-Erzählung. Erstens wird er darin nicht erwähnt, zweitens wird ein Bezug dieses Kapitels zu Bileam erst später in Kap. 31,16 hergestellt, wo es heißt, dass Bileam die Midianiterinnen zur „Unzucht“ mit dem israelitischen Volk angestiftet habe, wofür er, ersichtlich aus 31,8, im Verlauf eines Rachefeldzugs gegen die Midianiter erschlagen wurde.

Textgeschichtlich ist Num 22-24 wohl als separate Erzählung zu betrachten, die nachträglich in einen größeren Kontext eingebettet wurde.

Wie schon in meinem vorigen Post muss ich auch jetzt auf merkwürdige Ungereimtheiten im Numeri-Text hinweisen, die auf eine nichtlineare Entstehungsgeschichte von Numeri schließen lassen, in welcher verschiedene Textschichten unlogisch verknüpft wurden. Zu Anfang von Kap. 25 ist von „Moabiterinnen“ die Rede, die, angestiftet von Bileam, das Volk Israel zur Unzucht und zum ´Götzendienst´ an Baal verleiten. Später in 31,16 werden diese Vergehen - explizit der Götzendienst, implizit sicher auf die ´Unzucht´ - aber den Midianiterinnen angelastet, wie schon oben erwähnt. Dass in Kap. 25 später auch von einer Midianiterin die Rede ist (ab 25,6), mit der ein Israelit in illegaler Beziehung steht, hebt diesen Widerspruch nicht auf.

Es stellt sich also so dar, dass in 25,1-3 die Moabiterinnen Israel zum Götzendienst an Baal verführen und genau dies in 31,16 den Midianiterinnen vorgeworfen wird. Die einzelne Midianiterin (namens Kosbi, ab 25,6) zählt dabei nicht, da in 31,16 definitiv von Frauen im Plural die Rede ist.

Das ist denn doch ziemlich chaotisch, ganz in der Art jener Widersprüche, die ich im vorigen Post schon nannte.

Eine bemerkenswerte Ungereimtheit ist auch die Esel-Episode (ab 22,22). Einerseits verstellt der Engel Jahwes dem Esel absichtlich den Weg - ohne den darauf reitenden Bileam darüber in Kenntnis zu setzen -, andererseits steht Bileam in der Geschichte als ein Schurke da, der seinen Esel anscheinend ungerechtfertigt schlägt. Ich bin nun der Letzte, der für das Schlagen von Tieren eintritt, aber man kann Bileam hier gewiss nicht vorwerfen, übertrieben bösartig gegen das Tier vorzugehen, das in seinen Augen völlig grundlos seinen Dienst verweigert. Als ihn der Engel schließlich vorwurfsvoll auf die Zusammenhänge aufmerksam macht, sagt Bileam in 22,24:

Ich habe gesündigt, aber nur weil ich nicht wusste, dass du mir im Weg standest. Jetzt aber will ich umkehren, wenn dir mein Vorhaben nicht recht ist.

Logisch betrachtet haben aber Jahwe und sein Engel Schuld an den Schlägen, die der Esel erhält, welche sie billigend in Kauf nehmen, indem sie den Esel zu einem Verhalten veranlassen, auf das Bileam, ohne Kenntnis der Zusammenhänge, in konventioneller Weise reagiert.

Inwiefern Offb 2,14 die von mir im vorigen Post genannten Widersprüche aufzulösen vermag, wirst du schon erklären müssen.

Chan

Nachtrag und Korrektur:

Im Satz:

Zu Anfang von Kap. 25 ist von „Moabiterinnen“ die Rede, die, angestiftet von Bileam, das Volk Israel zur Unzucht und zum ´Götzendienst´ an Baal verleiten.

ist der hier fettmarkierte Teil obsolet; diese (textinterne) Interpretation ergibt sich, wie ich weiter unten ausführe, aus Num 31,16. Ich bitte also den fettmarkierten Teil einfach zu ignorieren, der Rest der Argumentation ist ungebrochen gültig.

Leider ist die Zeitspanne, innerhalb derer man einen geposteten Text noch nachbessern kann (ca. eine Minute), viel zu kurz bemessen, ich hätte sonst die Stelle im Post noch korrigiert.

Chan

Die Einheitsübersetzung kommentiert Num 31,16 in ihren Anmerkungen so:

Die Nachricht über Bileam steht im Gegensatz zu Kap. 22 - 24. Ihr liegt entweder eine andere Tradition zugrunde, oder es handelt sich um eine spätere Kombination aus Kap. 22 - 24 und 25,1-18.

Beste Grüße

Oliver

Ja, ich kenne diese Argumentation, aber das sind unbeweisbare Interpretationen, die im Text selbst keinen Anhalt haben. Eine andere Interpretation von 22,20, die den Widerspruch aufheben will, besagt, dass Bileam die Aufforderung Jahwes zum Mitgehen „nur geträumt“ habe, dass sie also irreal sei, weswegen Jahwes Zorn, als Bileam dann mitgeht, kein Widerspruch sei. Diese Interpreation ist, textintern betrachtet, natürlich falsch, denn in Num 12,6 heißt es klipp und klar:

6 Und er (= Jahwe, Anm. Chan) sprach: Hört meine Worte: Ist jemand unter euch ein Prophet des HERRN, dem will ich mich kundmachen in Gesichten oder will mit ihm reden in Träumen.

Und wo du schon von „Gottes Allmacht“ sprichst: Wie vereinbart sich diese mit folgender ultrabrutalen Stelle in Num 25,4:

und der Herr sprach zu Mose: Nimm alle Anführer des Volkes und spieße sie für den Herrn im Angesicht der Sonne auf Pfähle, damit sich der glühende Zorn des Herrn von Israel abwendet.

Bekanntlich war das Pfählen im Alten Orient eine weit verbreitete Hinrichtungsart schon seit sumerischen Zeiten. In puncto Grausamkeit kann man sie neben das Häuten und das Kreuzigen stellen, der Todeskampf dauerte bis zu 3 Tagen. Ich zitiere eine Beschreibung:

Dem Opfer, männlich, wurde der zwar spitze aber oben abgerundete
Pfahl in den Anus, der Frau, dasselbe entweder in den Anus oder die
Vagina, bis in eine Tiefe von ca. 30 cm getrieben, so das er hielt.
Darauf wurde dann der Pfahl mitsamt dem Opfer aufgestellt und in einem vorher gegrabenen Loch fixiert. Das Opfer wand sich nun in den fürchterlichsten Qualen, denn der Pfahl fand seinen Weg durch den Körper des Opfers, schob meisten die Organe
unverletzt zur Seite und trat dann beim Hals an der Schulter wieder aus
dem Leib raus, getrieben nur durch das Körpergewicht des Opfers, was
meisten lange Zeit, z.T. durchaus einige Tage dauerte!

Das ist also die Art, wie der mythische, d.h. unhistorische Moses - ganz im Stile der brutalen Warlords des Alten Orients - mit seinen Widersachern umspringt.

Dass du Jahwe als „Gott“ bezeichnest, ist übrigens eine christliche Usurpation des judäischen Jahwe, an deren Berechtigung man Zweifel haben darf. Der jüdische Gott ist nicht der christliche Gott, d.h. der Gott des Tanach ist nicht der Gott des NT, das wird von Christen (und auch da nicht von allen) nur behauptet.

Chan

Ach, tatsächlich? Interessant. Ich hatte mir das heute in aller Früh selbst überlegt … :wink:

Beste Grüße

Oliver

Bei Deiner Interpretation hast Du Num 22, 28-30 nicht berücksichtigt:

Da öffnete der Herr dem Esel den Mund und der Esel sagte zu Bileam: Was habe ich dir getan, dass du mich jetzt schon zum dritten Mal schlägst? Bileam erwiderte dem Esel: Weil du mich zum Narren hältst. Hätte ich ein Schwert dabei, dann hätte ich dich schon umgebracht. Der Esel antwortete Bileam: Bin ich nicht dein Esel, auf dem du seit eh und je bis heute geritten bist? War es etwa je meine Gewohnheit, mich so gegen dich zu benehmen? Da musste Bileam zugeben: Nein.

Es hätte Bileam also auffallen müssen, daß sich sein Esel gegen alle bisherige Gewohnheit so störrisch benimmt, und er hätte den Grund ahnen können.

Beste Grüße

Oliver

… und hier endet (bei mir bzw. bei meinem Chromium-Browser) die „Baumstruktur“ vom neuen w-w-w …

Für den Sinn und Zweck dieses Brettes - „DARUM GEHT’S HIER: Über Verhaltensregeln, Rituale und Feste im Christentum kannst du hier mit unseren Experten diskutieren.“ - wäre sie völlig ausreichend bemessen, nicht aber für OT-Debatten!


Worauf @Jule

und @Martinus

bereits aufmerksam gemacht haben, hatte der Fragesteller leider keine näheren Einzelheiten bezüglich seiner „Map als Semesterleistung / Hausarbeit in der AT-Exegese“ gemacht.

Es wäre ein Riesenunterschied, ob nun beispielsweise eine evangelisch orientierte Exegese - z.B. aus den modernen deutschsprachigen Druckwerken Einheitsübersetzung, der Zürcher-Bibel (rev.) und der Lutherübersetzung (rev.) - verlangt wurde, oder eine katholisch orientierte Exegese, sofern die in der römisch-katholischen Kirche aktuelle Einheitsübersetzung noch nicht dem Wortlaut der Nova-Vulgata angepasst wurde (was sich meiner Kenntnis entzöge), aus der für exegetische Vorhaben empfohlenen Nova-Vulgata.

Der Umstand, dass die Frage im Brett „Christentum“ gestellt wurde, sowie die vom Fragesteller angedeutete, von ihm beabsichtigte Thematik der AT-Exegese, wie auch die ihm fehlende Literatur (dazu?), macht die Sache noch schwieriger bzw. tatsächlich unbeantwortbar.

Das von Dir unter Benutzung von zweifelhaften und einseitigen Behauptungen aus der Sekundärliteratur angefangene Thema beträfe die Textkritik (an den hebräischen Überlieferungen?), hätte mit der Arbeit (?) des Fragestellers höchstwahrscheinlich nichts, und wenn doch, dann nur sehr wenig zu tun!

Bileam wurde von den Israeliten erschlagen (Num 31,8) und erst danach (Num 31,16) wurde die Frage (!) gestellt, ob er vielleicht der Rädelsführer an der Verschwörung gegen Israel gewesen sein könnte, denn nur vage Indizien, in der Thora deutlich zum Ausdruck gebracht, sprächen dafür …

Das Fehlen einer anstiftenden Person in Kapitel 25 und dessen Trennung vom vorangegangen Abschnitt (hier der Text von Num 24/25 in Rollen aus dem 13. und 14. Jh.)
Ms. or. fol. 1215 und Ms. or. fol. 1216
wären nur sehr schwer auf einen bloßen „Einschub“ zurückführbar, zudem der Übergang von Kapitel 21 zu Kapitel 22 fließend wäre (hier der Text von Num 21/22 in den v.g. Rollen)
Ms. or. fol. 1215 und Ms. or. fol 1216
es dürfte sich hierbei eher um eine literarische Ausdrucksform handeln (s.o.)

An der Fakultät des Fragestellers dürften Deine Bibelvorstellungen kaum zugelassen sein.

Semsi

Hallo Zusammen! Ich danke euch für eure Zahlreichen Kommentare und muss mich zugleich entschuldigen, dass ich nicht mehr geschrieben habe. Zur Zeit habe ich zwei Hausarbeiten in Arbeit (eine in Pädagogik) und die musste ich dann doch erst vollenden, bevor ich mich mit Reli beschäftige.
Gestern habe ich mal meine Gliederung etc. mit meiner Dozentin aus dem AT abgesprochen und absegnen lassen.
Die Hausarbeit wird wie folgt aussehen:

Titel : Bileam ein besonderer Prophet, oder doch nur einer von vielen? (Titel fand sie ansprechend, auch wenn er nur mit Jesaja verglichen wird) Bileam im biblischen Vergleich zu Jesaja

  1. Einleitung
    2.Bilder zweier Propheten Jesaja-Bileam
    2.1 Das Prophetenbild Jesajas
    2.1.1 Abgrenzung und Kontext
    2.1.2 Gliederung und Inhalt
    -Figuren
    .
    .
    .
    und dann noch der restliche Teil zu Bileam, der Vergleich und ein Fazit.

Als Literatur habe ich mich nun für

  • Drei Dinge sind es, die mir zu wunderbar sind, und vier die ich nicht Begreife von Benedict Schöning
  • Band 1-5 Jesaja von Wilhelm Beuken
  • Von Bileam bis Jesaja von Gerhard Wallis
  • Einführung ins At von Zenger
  • Jesaja 1-39 Teil 1 von Hans Wildberger
    und noch zwei weitere Texte u.a. von Anette Sals entschied.
    Achja und nicht zu vergessen : Die Bibel, ohne die geht’s schließlich nichts :smiley:

So, nun hoffe ich mal, dass ich das ganze auch irgendwie zu Papier bekomme!

Ich danke euch !