Hi.
ich empfehle ganz allgemein, den altorientalischen Hintergrund des Propheten/Wahrsager/Orakel-Wesens zu recherchieren und der Darstellung des Bileam kurz voranzustellen.
Ein „besonderer“ Prophet ist Bileam insofern, als er kein Israelit ist, was wiederum seinen Prophetenstatus aber einschränken könnte, da laut Prophetengesetz Dtn 18,9-22 nur ein Israelit (einer, dessen Gott Jahwe ist und sonst keiner) ein wahrer Prophet sein kann.
Es gibt ein paar Ungereimheiten in der Bileam-Story, auf die ich kurz hinweisen will.
Zum einen zeigt Jahwe ein auffallend wankelmütiges Verhalten: In Num 22,12 untersagt er Bileam, mit Balak mitzugehen, Kurz darauf, in V. 20, erlaubt er es ihm dann doch. In V. 22 aber zürnt er dem Bileam, weil er mitgeht, und schickt einen Engel, um ihn aufzuhalten. Das ist gleich eine doppelte Kehrtwende, die einem allmächtigen Gott nicht gut zu Gesicht steht. Und dass es um seine Allwissenheit nicht gut bestellt, wenn er Bileam in 22,9 fragt, wer „diese Männer sind“, leuchtet wohl ein.
Weiter: In 24,7 wird auf einen König von Israel angespielt, der zum Zeitpunkt dieser Handlung noch gar nicht existiert. In 24,18 wird die Unterwerfung von Edom angekündigt, obwohl in Dtn 2,2-5 eine solche Unterwerfung (des Landes der Nachfahren des Esau = Edom) von Jahwe verboten wird.
Einen Bezug zu Deuterojesaja (Jesaja 40-49) herzustellen, macht durchaus Sinn. Eine Parallele ist z.B. der Gebrauch eines Nichtisraeliten durch Jahwe im Heilsplan für Israel (Bileam in Numeri - Kyros als „Messias“ bei Deuterojesaja). Man könnte auch die Löwen-Orakel 23,3 und 24,9 des Bileam mit der Messias=Kyros-Gleichsetzung des Deuterojesaja parallelisieren, insofern jene eventuell auf einen Messias anspielen.
Chan