Hallo,
in einem anderen Brett hat man gestern einen dreisten Angriff gegen eine Diskussionsteilnehmerin gefahren. Dabei wurde so getan, als sei die Annahme, der Holocaust habe posttraumatische Folgen für die Juden, insbesondere in Israel, als grob antisemitisch zu bewerten.
Dumm nur, dass israelische Psychologen sich mit diesem Thema immer wieder befassen. Hier die Ergebnisse einer Studie von 2012:
Bei der Studie wurden Kinder von Überlebenden befragt und zum Vergleich Kinder von Juden, die keine Erfahrung mit dem Genozid gemacht haben. Die Kinder der Holocaust-Überlebenden seien deutlich stärker von dem „Feindselige Welt-Szenario“ erfasst und beschäftigten sich intensiver mit Überlebensängsten. Sogar bei den Enkeln, also in der dritten Generation, könnten Symptome eines „Post-Traumas“ ermittelt werden. 550 Israelis seien für die Studie befragt worden. Die Teilnehmer seien nicht nach ihrer heutigen politischen Ausrichtung befragt worden, berichtet die Tageszeitung „Ha‘aretz“.
Wer sich mit der literarischen Aufarbeitung der traumatischen Folgen des Holocaust befassen möchte, sollte die jüdische Autorin Lizzie Doron kennenlernen. Sie hat in mehreren Romanen die psychischen Auswirkungen des Holocaust auf die Israelis beschrieben. In ihrem Roman „Who the Fuck Is Kafka“ legt sie ihren Standpunkt klar da:
»Der Staat Israel hat alle Juden aufgenommen, die in der Dias-
pora vertrieben wurden«, fing ich stattdessen an. »In unser Land
kamen Überlebende des Holocaust. Es kamen auch diejenigen,
die vor der stalinistischen Bedrohung und vor den Pogromen in
den arabischen Ländern flohen. Der Staat Israel ist im Grunde
eine psychiatrische Anstalt für posttraumatisierte Juden.«
Die Bücher sind keine schwere Lektüre, aber sehr lohnend, wenn man etwas über den Konflikt zwischen Israelis und Palestinenser lernen möchte.
Gruß, Hans-Jürgen Schneider