Kennt ihr Ken Goldberg? Der ist ein Professor der Information-
und Ingenieurwissenschaften von der Berkeley Universität
(USA). Er wurde von den Kunstwerken John Baldessaris
inspiriert und schon in 2006 hat er mit seinem Projekt
„Respektvolle Kameras“ sich zu befassen angefangen, das die
Gesichter der Menschen mit Hilfe eines Codes in Farbe
beflecken kann und so auf diese Art ist man in der Lage eigene
Identität sich zu verstecken und wieder frei in der
Öffentlichkeit zu sein, ungestört von den Überwachungskameras.
http://mayomo.de/31002-respectful-cameras
Was haltet ihr davon?
Nichts, das kann keine „Lösung“ sein, sondern ist nur ein Fort-Schritt weiter hinein in die Vollüberwachung.
Die Idee dieser „respectful cameras“ ist m.W.:
Die Gesichter der Aufgenommenen bleiben erst mal unerkennbar für das Überwachungspersonal, erst wenn eine Straftat erkannt wurde, werden sie dekodiert und damit erkennbar gemacht.
Probleme (abgesehen davon, dass ihr Einsatz technisch bei weitem noch nicht möglich ist):
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Ab welcher „Höhe“ von Straftat?: wenn ich einfach nur so über einen zentralen Platz spaziere, dann kann es mir ziemlich egal sein, ob ich dabei von einer Kamera erfasst werde oder nicht. Wenn ich aber weiß, dass mich die Kamera überwacht, um jede Kleinigkeit abweichenden Verhaltens zu unterbinden, dann spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um respektvolle oder eine respektlose Kamera handelt, weil ich dann halt für jeden Scheißdreck „dekodiert“ werde. Die ‚Verhaltenssteuerung‘ funktioniert in beiden Fällen ganz gleich.
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Thema Missbrauch:
In Kaufhaus-Umkleidekabinen müsste ohnehin was anderes „unkenntlich“ gemacht werden als die Gesichter …
Ansonsten: ob jetzt illegal Bänder von Überwachungskameras weitergegeben werden, oder ob illegal Bänder von Überwachungskameras weitergegeben werden, für die halt dann noch irgendein Code geknackt/beigelegt werden muss … uninteressant, Codes sind auf die Dauer nun wirklich kleine Hürden für Spezialisten.
- Überhaupt nicht berücksichtigt bleiben die vielen Millionen Kameras, die wir ohnehin laufend bei uns tragen.
Beispiel: Fußballstadion, Fankurve, illegaler Einsatz pyrotechnischer Effekte, Fan A findet das kleine Feuerchen geil, filmt es mit seiner Handycam, stellt es in Youtube … Szenekundiger Beamte sieht sich solche Filmchen routinehaft an, entdeckt darauf Fan B als einen möglichen Urheber … die Maschinerie läuft.
Message: die Goldberg-Idee bezieht sich nur auf „offizielle“ Überwachungskameras, nicht auf die Millionen Kameras, die quasi sekundär für Überwachungszwecke verwendet werden (können). Dieses Problem der Vollüberwachung wird m.E. für die Zukunft aber das relevantere werden.
Allgemeine Message: Das Problem des Überwachungsstaats ist nur politisch zu lösen, nicht technisch … Jeder Fortschritt der Überwachungstechnik führt unweigerlich tiefer in die Vollüberwachung hinein, m.E. gerade dann, wenn man mit Neuheiten wie diesen „respektvollen Kameras“ ein Pseudo-Gefühl von ‚Freiheit vor Überwachung‘ erzeugen kann, das letztlich dann doch nur der Massenherstellung von größerer Akzeptanz von Kameras dient.
Man muss sich den Schritt in die Vollüberwachung dialektisch denken: mit Gegentendenzen, aber letztlich voll hinein.
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