Hallo George,
das BAG findet das nicht unbillig, denn der Provisionsempfänger müsste seine Arbeitsleistung vor dem Feiertag intensivieren, wenn da quasi der Feiertag mit herausgeholt werden soll (Verkäufer verkauft sonst 10 Geschenke und vor dem Feiertag 20 Geschenke, Kosmetikerin schminkt 20 statt 10 Leute und Friseur frisiert 20 statt 10 Kunden). Darauf muss er sich aber nicht verweisen lassen.
Zum Nachlesen das einschlägige Urteil im Anhang.
Viele Grüße
EK
Ein Verkäufer im Innendienst, der neben seinem Festgehalt Provision bezieht, hat Anspruch auf pauschale Abgeltung des Provisionsausfalls an gesetzlichen Wochenfeiertagen. Dabei hat außer Betracht zu bleiben, inwieweit der Arbeitnehmer den feiertagsbedingten Provisionsausfall dadurch ausgleichen kann, daß er seine Verkaufstätigkeit innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit intensiviert.
BAG 3. Senat, Urteil vom 17.04.1975 - 3 AZR 289/74, 2. Instanz: LAG Düsseldorf
Die Bekl. betreibt in mehreren Städten NRW Möbel-Einzelhandelsgeschäfte. Der Kl. war bei ihr seit 1971 als Vorkäufer im Innendienst beschäftigt. Seine Vergütung bestand aus einem Fixum in Höhe von monatl. 1000 DM brutto und einer Provision, die sich nach der Art der von ihm verkauften Waren und der entspr. Umsätze richtete. Der durch gesetzl. Wochenfeiertage bedingte Arbeitsausfall wurde bei der Provisionsberechnung nicht gesondert abgegolten. Das hält der Kl. für unrichtig.
Der Kl. hat geltend gemacht, da die Geschäfte der Bekl. an Wochenfeiertagen geschlossen seien, habe sich ein Umsatzrückgang und damit eine Verdienstminderung ergeben. An den Feiertagen habe er nämlich keine Kunden in Verkaufsgespräche ziehen und zum Abschluß von Kaufverträgen bewegen können. Der Provisionsausfall sei ihm von der Bekl. als Feiertagsvergütung zu erstatten. Dabei sei von folgender hypothetischen Berechnung auszugehen: Verteile man die monatl. Durchschnittsprovisionen auf die einzelnen Arbeitstage, so ergebe sich im Jahre 1972 für jeden Arbeitstag im Mai 55,75 DM, im Juni 47 DM, im November 108,10 DM und im Dezember 88,60 DM. Auf die insgesamt 9 Wochenfeiertage dieses Zeitraumes entfielen somit 654,65 DM.
Der Kl. hat beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an den Kl. 654,65 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 14. 6. 1973 (Klagezustellung) zu zahlen.
Die Bekl. hat Klageabweisung beantragt. Sie hat bestritten, daß dem Kl. durch den Arbeitsausfall an Wochenfeiertagen Provisionen entgangen seien. Anders als bei einem Vertreter im Außendienst nehme er nicht selbst den Kontakt mit Kunden auf. Diese wendeten sich vielmehr ihrerseits an den Kl., nachdem sie sich schon vorher aufgrund anderer Werbemaßnahmen (z.B. Postwurfsendungen und Schaufenster-Werbung) zum Kauf entschlossen hätten. Durch Feiertage werde die Gesamtzahl der kaufwilligen Kunden nicht verringert. Der Kl. leiste auch keine Mehrarbeit. Vielmehr erfülle er ledigl. seine ohnehin bestehenden arbeitsvertragl. Pflichten innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Bei dieser Sachlage könne nach aller Wahrscheinlichkeit eine Provisionsminderung nicht eintreten.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl. hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Kl. hat Anspruch auf Feiertagsvergütung in der geltend gemachten Höhe. Der gegenteiligen Ansicht der beiden Vorinstanzen kann der Senat nicht folgen.
1.a) Der Anspruch des Kl. folgt aus § 1 Abs. 1 FeiertagslohnzahlungsG. Danach ist zweierlei erforderl. Wegen eines gesetzl. Feiertags muß an einem Werktag Arbeitszeit ausgefallen sein, und dieser Arbeitsausfall muß sich auf die Vergütung nachteilig ausgewirkt haben. Die erste der beiden Voraussetzungen ist unstreitig erfüllt. Der Kl. verlangt eine Provisionsabgeltung für neun Wochenfeiertage, an denen die Möbelgeschäfte der Bekl. geschlossen waren. Die Arbeit des Kl. fiel aus. Die Parteien streiten nur darüber, ob dadurch für den Kl. eine Provisionsminderung eingetreten ist, die im Wege der Feiertagsvergütung ausgeglichen werden muß.
b) Das LAG verneint das mit folgender Begründung: Die Innendiensttätigkeit des Kl. habe die Eigenart, daß sich ein Arbeitsausfall an Wochenfeiertagen nicht auf die Höhe der Umsatzprovision auswirken könne. Zwar hänge die Umsatzhöhe von der Zahl der Kunden ab, mit denen der Kl. ein Verkaufsgespräch führen könne, diese Zahl werde aber durch Wochenfeiertage nicht verringert; es komme ledigl. zu einer zeitl. Verschiebung, weil der entspr. Besuch eines Möbelgeschäfts an einem anderen Werktag nachgeholt werde. Im Unterschied zu einem Außendienstangest. müsse der Kl. die Interessenten auch nicht mit größerem Zeitaufwand „bearbeiten“; er habe es im allgemeinen mit kaufbereiten Kunden zu tun, die ihren Kaufentschluß auf Grund anderer, von der Dauer der Arbeitsleistung unabhängiger Werbemittel gefaßt hätten. Bei dieser Sachlage sei ein Verdienstausfall auszuschließen.
2. Die Argumentation des LAG wird der Lage des Kl. nicht einmal in tatsächl. Hinsicht gerecht. In Wahrheit besteht kein grundlegender Unterschied zwischen den für die Umsatzprovision maßgebenden Leistungen eines Innendienstangest. der Möbelbranche und den Abschlußbemühungen von Versicherungsvertretern oder Autoverkäufern, die der Senat bereits in früheren Entscheidungen zu beurteilen hatte (BAG 22, 45 ff. = AP Nr. 27 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG und BAG 23, 248 ff. = AP Nr. 9 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG Berlin).
Wer ein Möbelgeschäft betritt, ist zwar im allgemeinen an den dort vertriebenen Waren interessiert, er ist jedoch nicht immer schon fest zum Kauf eines bestimmten Möbelstücks in diesem Laden entschlossen. Für das Kaufinteresse sprechen häufig nicht mehr Anhaltspunkte als bei Kunden, die in die Interessentenkartei eines Versicherungsvertreters oder Autoverkäufers aufgenommen wurden. Es ist Sache des Kl., die potentiellen Kunden von den Vorzügen der von der Bekl. vertriebenen Möbel zu überzeugen und zu einem baldigen Kaufabschluß zu bewegen. Dazu genügt nicht eine reine Beratungstätigkeit, wie die Bekl. annimmt. Vielmehr bedarf es eines besonderen Einsatzes und einer gewissen Geschicklichkeit. Beides wird von der Bekl. mit einer Erfolgsvergütung in der Form der vereinbarten Umsatzprovision honoriert.
Natürl. gestaltet sich die Verkaufstätigkeit in den verschiedenen Bräuchen in vielen Einzelheiten unterschiedl., insbesondere hinsichtl. der Arbeitszeit, die für jeden Abschluß im Durchschnitt aufgewandt werden muß. Der Verkauf eines Möbelstücks mag in mancher Hinsicht leichter fallen als der Abschluß einer umfangreichen Industrie-Versicherung. Das wird jedoch in der Höhe und Berechnungsform der jeweiligen Provision berücksichtigt. Für die Feiertagsvergütung kommt es darauf nicht an. Ebenso ist unerhebl., daß der Kl. neben seiner Provision auch ein festes Gehalt bezog, das wegen der Feiertage nicht gekürzt werden durfte.
3. Durch den Arbeitsausfall an Wochenfeiertagen ist der Kl. daran gehindert, sich in der geschilderten Weise um Verkaufsabschlüsse zu bemühen und dadurch über sein Festgehalt hinaus Provisionseinkünfte zu erzielen. Eine Verdienstminderung kann er nur vermeiden, indem er seine Arbeitsleistung vor oder nach den Wochenfeiertagen erhebl. intensiviert, indem er also die ausgefallene Arbeit auf andere Tage verlegt. Auf eine solche Vor- oder Nacharbeit darf er jedoch nach der ständigen Rechtspr. des Senats bei der Anwendung des § 1 FeiertagslohnzahlungsG nicht verwiesen werden. Das liefe auf eine Umgehung des Ges. hinaus (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 4 FeiertagslohnzahlungsG [Bl. 2 R]; BAG 8, 76 [79] = AP Nr. 5 a.a.O. [Bl. 2R]; BAG 10, 29 [32] = AP Nr. 11 a.a.O. [zu I 1 der Gründe]; BAG 18, 213 [215 f.] = AP Nr. 20 a.a.O. [zu 1 der Gründe]; BAG 22, 45 [48, 50] = AP Nr. 27 a.a.O. [zu 2b und 3c der Gründe]; BAG 23, 248 [252 f.] = AP Nr. 9 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG Berlin [zu I 2b der Gründe]).
Das FeiertagslohnzahlungsG beruht auf dem Lohnausfallprinzip. Der Arbeitgeber soll für den ausgefallenen Arbeitstag ohne Gegenleistung des Arbeitnehmers die entgangene Vergütung zahlen. Für die Frage, ob ein Verdienstausfall überhaupt vorliegt, haben die Arbeitstage vor und nach dem Wochenfeiertag außer Betracht zu bleiben. Für Zeitlohnempfänger hat sich diese Erkenntnis inzwischen völlig durchgesetzt. Bei Provisionsempfängern kann aber insoweit nichts anderes gelten. Vor- und Nacharbeiten sind bei ihnen zwar ebenso möglich wie bei Gehaltsempfängern und Stundenlöhnern, aber sie dürfen auf diese Möglichkeit ebensowenig verwiesen werden. Auch eine Intensivierung ihrer Arbeitsleistung kann ihren Anspruch auf Feiertagsvergütung nicht schmälern (vgl. Gros-Brecht, AR-Blattei „Feiertage VI“ unter E I).
Erst wenn die Höhe des eingetretenen Lohnausfalls zu ermitteln ist, muß bei Provisionsempfängern ein Zeitraum vor und nach den Wochenfeiertagen in die Betrachtung einbezogen werden. Darin liegt jedoch keine Durchbrechung des Lohnausfallprinzips. In Wahrheit geht es hier nur darum, Erfahrungswerte für die Schätzung eines hypothetischen Geschehensablaufs zu gewinnen. Soll der Ausfall einer erfolgsabhängigen Vergütung beziffert werden, so kommt es darauf an, welchen Arbeitserfolg der Arbeitnehmer während der ausgefallenen Arbeitszeit wahrscheinl. erzielt hätte. Diese hypothetische Betrachtung läßt sich am zweckmäßigsten auf dem Hintergrund eines größeren Zeitraums vornehmen. Das gilt nicht nur für Provisionsansprüche, sondern ebenso z.B. auch bei Prämien, Akkordlöhnen, Bedienungsgeldern u.ä. Deshalb schreibt das LohnFG in § 2 Abs. 1 Satz 3 ausdrückl. vor, daß bei erfolgsabhängiger Vergütung vom Durchschnittsverdienst auszugehen sei. Dabei handelt es sich aber nur um eine Berechnungsmethode. Sie besagt nichts über die Ausgangsfrage, ob überhaupt ein Verdienstausfall als Folge eines Arbeitsausfalls eingetreten ist.
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