Lohnt es sich heutzutage noch in die Politik zu gehen und dort Karriere zu machen?

Mich interessiert Politik unheimlich und ich würde zu gerne dort auch was ,reißen" (Landtag, Bundestag usw. Soll ja nicht naive klingen, aber wenn ich schon Mühe dort rein stecke, soll was bei rum kommen). Nur leider hab ich Angst, dass ich dann tatsächlich noch kaum Zuhause bin, nichts mehr von meiner Familie habe und Leben habe. Ich bin gut ausgebildet, habe studiert und bin 28 Jahre.

Freue mich auf eure Antworten!

Hängt davon ab, bei welcher Partei du anfangen willst.

In den meisten Fällen muss man sehr früh anfangen um in einer Partei hoch aufsteigen zu können. Die meisten, die heute im Bundestag sitzen haben mal in der jeweiligen Parteijugend angefangen. Wenn du in einer „neuen“ Partei aufsteigen willst, stehen die Chancen sehr viel besser. Die meisten hochrangigen Mitglieder der AfD sind erst seit sehr kurzer Zeit in der Politik.

Was den zweiten Teil der Frage angeht, muss ich dir aber sagen: Ja, Politik ist ein Vollzeitjob. Er wird das Leben nahezu vollständig in Anspruch nehmen und erfordern, dass dir deine Familie erhebliche Freiräume gibt - und das beginnt schon recht früh. Meine Familie ist auch nicht immer glücklich, dass ich mich am Samstagvormittag in die Fußgängerzone stelle um Europawahlkampf zu machen. Wie sehr dich die Arbeit unter Beschlag nimmt hängt natürlich von der Position ab.

Moin,

entweder gehst du über die ganz „normalen“ Stationen, Gemeinderat, Stadtrat, Kreistag, Landtag, Bundestag. Das Problem hierbei ist, sich bestmöglich zu verkaufen und Strippen ziehen zu können. Dann fängst du ehrenamtlich an und ackerst dich hoch, bis du auf jemanden triffst, der dickere Eier hast oder andersrum.
Oder du gehst den Weg über den beruflichen Zweig, sprich Referendariat bei einem Abgeordneten, Sekretär oder Ähnliches. Das Problem hierbei ist, dass du auf Gedeih und Verderb dem Erfolg deines Dienstherren ausgeliefert bist. Geht er unter, bist du automatisch mit dabei.
Und, gib dich bitte keinen Illussionen hin. Politik ist ein verdammt hartes Geschäft. Wer mit Visionen antritt, wird ganz schnell auf dem Boden der Realität aufschlagen. Nichts ist so schwerfällig wie Politik. Wer schon einmal im Gemeinderat (die kleinste politische Instanz) gesessen hat, weiß, wovon ich rede. Selbst da geht es mitnichten darum, Politik im Interesse des Bürgers zu machen, sondern darum, am besten dazustehen. Selbst wenn von der Opposition vernünftige Ideen kommen, werden sie, allein aus purem Egoismus, abgewatscht. Ich habe diese Sch…10 Jahre mitgemacht und bin ziemlich ernüchtert (wie man vielleicht aus meinen Zeilen lesen kann). Mittlerweile besteht meine politische Arbeit darin, wählen zu gehen und als Wahlhelfer unterwegs zu sein.

Soon

Dazu fällt mir ein, dass Sigmar Gabriel vergangene Woche im TV war (mit Roland Koch, bei Sandra Maischberger). Unabhängig, was in der Sendung gesagt wurde (ich habe sie nicht gesehen, habe nur kurz meinem Mann über die Schulter geschaut) - ist noch jemand aufgefallen, wie gut Sigmar Gabriel aussah, im Sinne von gesund. Er sah einfach entspannt und erholt aus, kein Vergleich zu seiner Zeit als Kanzlerkandidat.

Jedenfalls war der Verlust des SPD-Vorstandes (und der damit verbundene Stress und die Arbeit) wohl durchaus zuträglich.

Grüße
Siboniwe

Hi,

Politik als Karriere ist relativ schwer planbar. Das sieht man schon z. B. am Anteil Wähler zu Abgeordnete. Ich glaube, es gibt wenig Beruf mit schlechterem Schnitt. Und vielleicht bist du echt gut, aber einer in deinem Wahlkreis ist ein kleines bisschen …. (besser, skrupelloser, besserer Netzwerker, passend katholisch/evangelisch/Mann/Frau/Jung/Alt ….), dann hast du fast keine Chance, an dem vorbei zu kommen.

Was momentan eher geht (und damit sind wir beim zweiten Satz) ist die Kommunalpolitik. Es gibt hier einige vakante Stellen. Und viele, die gefragt werden, winken ab, weil die Familie ihr Veto einlegt. Die wollen nicht so im Mittelpunkt stehen, Gerüchte über sich ertragen müssen, Entscheidungen böswillig im Internet kommentiert bekommen, mit „Ich bin ihr Arbeitgeber, jetzt hören sie mir mal zu …“ angesprochen werden, so gut wie jeden Abend allein daheim sein oder unerkannt nur im Urlaub sein.

Es ist auch immer nur eine befristete Stelle - die nächste Wahl (dessen Wahlkampf du zum Teil auch selbst finanzieren musst) kommt bestimmt. Über so einen „Kettenarbeitsvertrag“ würden sich die meisten Arbeitnehmer beschweren.

Aber wenn du dich berufen fühlst, probiere es :smile:

Viel Erfolg
Karin

dann bist Du sicherlich bereits Ratsmitglied deiner Gemeinde/Stadt ?
Wenn nicht, frage ich mich, warum nicht, wenn dein Interesse so groß ist.
Wo anders als auf der untersten Ebene (Gemeinden) kann man direkt was bewirken ? Da werden Dinge entschieden, deren Verwirklichung Du noch innerhalb deiner Wahlperiode in echt sehen und erleben kannst. Positiv wie negativ (wenn die Entscheidung mal so richtig daneben lag).

mfG
duck313

Aber sind diese Ebenen, Landes-/Bundespolitik und Kommunalpolitik nicht etwas sehr verschiedenes, so dass man sich da nicht zwingend für beide interessieren muss.

Z.B. ist die Parteimitgliedschaft/-karriere in der „großen Politik“ fast unabdingbar, auf kommunaler Ebene (z.B. als Bürgermeisterkandidat) dagegen oft sogar hinderlich.
Um nur mal einen Aspekt herauszugreifen.

Gruß
F.

auch @UP:

Richtig.
Da ist es stark Bundesland-abhängig, aber in einigen Bundesländern kann man recht zielgerichtet und aussichtsreich den Berufswunsch Bürgermeister ergreifen, wenn man die passende Ausbildung dafür absolviert.
M.W. ist Baden-Würtemberg so eins. Da sind fast alle Bürgermeister ausgebildete Verwaltungsexperten, und da die Wahlen dort nicht -wie z.B. hier in Bayern- alle zur gleichen Zeit sind, kann man da leicht mehrfach antreten.

Lesenswerte Informationsquelle: https://content.schweitzer-online.de/static/catalog_manager/live/media_files/representation/zd_std_orig__zd_schw_orig/036/274/219/9783415056954_content_pdf_1.pdf

Gruß
F.

Hallo,

aus eigener Erfahrung ann ich nur sagen: machen. Ist genauso wie bei Hobby oder Beruf. Je mehr Du investierst - je mehr bekommst Du zurück.
Man kann das sehr gut mit Familie und anderen Hobbys unter einen Hut bringen. Wieviel man da an Zeit reinsteckt bleibt jedem selbst überlassen und hängt natürlich auch viel vom Verein selbst ab. Im Grunde ist das nämlich nix anderes von den Strukturen her wie ein „e.V.“
Also in den „Verein“ eintreten, sich engagieren, sich auf Posten wählen lassen, sich weiter engagieren, sich entsprechende „Vereins Kumpels“ suchen, mit denen zusammen arbeiten, weiter nach oben kommen, etc.
Wie das im „Verein“ dann läuft hängt vom Verein selbst ab. Oft gibts auch entsprechene Posten, die besetzt werden wollen und einfach Leute fehlen oder Pöstchen, die man sich verdienen kann oder man sich einfach mal anbieten muß. Ist halt immer etwas unterschiedlich. Allerdings kann ein „sich zeigen und präsentieren“ nicht schaden und eher von Vorteil sein wenn man ein „People Person“ ist.
Den Rest lernt man mit der Zeit :wink:
Nur wer was macht kann auch was ändern.

In BaWü wird in diesem Jahr zeitgleich alles gewählt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist (LT und BT sind die einzigen schnellen Kletterer).

EU-Wahl, Kreistage, Gemeinderäte, Bezirksbeiräte, Ortschaftsräte, Regionalversammlung (Stuttgart)

Gefühlte 5kg Wahlzettel mit einer Gesamtzettellänge, die dreimal bis zum Mond reicht. :unamused:

Gruß
vdmaster

Laut UP will er nichts ändern, er will Karriere machen.

2 Like

Darf ich darüber mal müde lächeln. Innerhalb einer Wahlperiode von der Planung bis zur Ausführung ist Utopie.

Soon

Gemeint war, dass es u.a. in Bayern einen einheitlichen Termin für die Bürgermeisterwahlen gibt, der mit der allg. Kommunalwahl zusammenfällt.
U.a. in Baden-Württemberg meines Wissens nach nicht, da wird zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewählt, so dass im Land kontinuierlich Bürgermeisterwahlen stattfinden.

Gruß
F.

Wenn Du Dich bei einer Partei vollkommen wiedererkennst, dann kannst Du Dich da hocharbeiten. Dauert ein paar Jahre und kostet viel, viel Zeit, aber es kann funktionieren. Nur solltest Du dabei bedenken, daß über eine Wahl nicht nur der Wähler entscheidet, sondern vor allem die Position in der Landesliste und gerade der Bereich, bei dem auch nur eine minimale Chance besteht, in den Land- oder Bundestag einzuziehen, ist hart umkämpft. Sehr hart. Schließlich geht es da um die Fortsetzung der politischen Karriere und um ein regelmäßiges Einkommen. Da geht es dann nicht mehr um Qualifikation und Engagement, sondern darum, wer wie viele Delegierten auf seine Seite ziehen kann.

Sofern Du Dich bei einer Partei zwar wiedererkennst, aber da doch so einiges ändern willst, dann überlege es Dir gut. Wenn Du am Anfang alles erklärst, was sie falsch machen, bekommst Du nie einen Fuß in die Tür. Und wenn Du Dich 20 Jahre verstellst, um nach oben zu komme und am Ende im Vorstand bist, ist halt die Frage, was nach 20 Jahren der Anpassung noch an Querdenkertum vorhanden ist.