Lohnt sich Gang zum Anwalt ohne Rechtsschutz? (Weihnachtsgeld erstreiten, Tarif)

Es geht um einen Freund, der seinen Job gekündigt hat (in 3 Monaten) wegen eines neuen Jobs. Jetzt hat ihm der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld verweigert, was r jahrelang gezahlt hat. AG zahlt laut A-Vertrag Tarif, gibt allerdings keine Einsicht in den T-Vertrag. Freund ist nicht Mitglied in der Gewerkschaft. Im A-Vertrag ist das Weihnachtsgeld nicht erwähnt.
Er weiß inzwischen dass es Orte gibt an denen er den T-Vertrag einsehen kann und würde das für die Formulierungen zum Weihnachtsgeld auch tun.

Aber… Lohnt es sich überhaupt, das Weihnachtsgeld (ca 700€ netto) zu erstreiten ohne Rechtsschutz? Oder würden die Anwaltkosten alles schlucken? Anspruch auf Beratungshilfeschein besteht wahrscheinlich nicht. Er fürchtet, dass der Anwalt bei ausgeschriebenem Stundenhonorar mehrere hundert Euro kostet, bis der Fall abgeschlossen ist. Vor allem weil der Arbeitgeber (Chef) besonders eigen ist. Ist das realistisch?

Achso… Kann man ohne Gewerkschaftsmitgliedschaft überhaupt klagen? Wie gesagt AG legt Tarifvertrag im Arbeitsvertrag zugrunde.

Hallo,

Dann wäre zuerst mal zu klären ob ihm das Weihnachtsgeld überhaupt zusteht, wenn er zum Tag X kündigt. Es soll Regelungen geben, die hier „arbeitgeberfreundlich“ sind.

Dann sollte er das als allererstes tun, noch bevor er weiter nachdenkt, denn möglicherweise hat es sich damit erledigt.

„Üblich“ ist, dass derjenige alles zahlt, der den Prozess verliert. Auch die Kosten desjenigen, der gewinnt. (Die Werbespots der Rechtsschutzversicherer erwecken da einen anderen Eindruck.) Vorsicht: beim sogenannten Vergleich gibt es andere Regelungen …

Warum denn nicht? Man muss dann - im Gegenzug zum „eingesparten“ Gewerkschaftsbeitrag - das Risiko selbst abdecken. Das kann was kosten …

Gruß
Jörg Zabel

Hallo,

für gewöhnlich steht in den Arbeitsverträgen größerer Firmen eine Klausel, die jeden Anspruch auf Sonderzahlungen explizit ausschließt. Ich habe auch noch von niemandem gehört, der dagegen erfolgreich geklagt hätte.

Wenn es um 700 Euro geht hat man wenig zu gewinnen, aber verhältnismäßig viel zu verlieren. Abhaken und beim nächsten Mal einen günstigeren Zeitpunkt zum AG-Wechsel wählen oder mit dem neuen AG einen vergleichbaren Bonus aushandeln.

Gruß,
Steve

Im Zweifel sollte man den Arbeitgeber auf § 8 TVG aufmerksam machen - er muss anwendbare Tarifverträge im Betrieb zur Einsicht bereitlegen.

Ein Anwalt rechnet ja nach vorgeschriebenen Sätzen ab.
Bei 700,-€ Streitwert wird sein Honorar die 700,-€ also nicht zur Gänze auffressen, zumindest nicht erstintanzlich.
Wenn allerdings der Anspruch klar ist - der Tarifvertrag also einen unzweifelhaften Anspruch auswirft - dann könnte man das Ganze auch ohne Anwalt durchziehen.

Alternative: Man nimmt ein erstes Beratungsgespräch in Anspruch, was bei einem Streitwert von 700,-€ nicht mehr als 150,-€ sein sollte und klagt dann auf eigene Faust (die Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht hilft bei der Formulierung der Klage) - oder halt nicht.

Dann findet der Tarifvertrag auch Anwendung.

In nicht wenigen Tarifverträgen ist die Sonderzahlung zum Jahresende an die Bedingung geknüpft, dass die Zahlung nur erfolgt, wenn das Arbeitsverhältnis zu einem Stichtag ungekündigt ist.
Das heißt nicht, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existiert, es heißt, dass zu diesem Zeitpunkt keine Kündigung (auch für die Zukunft) vorliegen darf!

Es kann ebensogut sein, dass eine Weihnachtsgeldzahlung vereinbart ist, die eine Beschäftigung bis Ende März des Folgejahres voraussetzt.

Deshalb ist es vermutlich zunächst das Wichtigste, Einsicht in den Tarifvertrag zu bekommen!
Solltest Du den Wortlaut im Detail dann parat haben, kann Dir hier vielleicht auch jemand mit einer Einschätzung helfen … (FAQ:1129 ist ja hier mittlerweile uninteressant)

VG
Guido

Hi!

Das ist sachlich falsch.
Bis zur ersten Instanz zahlt im Arbeitsrecht jeder seine Kosten selbst.

Gruß
Guido

1 Like

Hi!

Ähm - Zitat:

Gruß
Guido

Hallo,

der AN könnte sich ja auch mal überlegen, doch noch in die Gewerkschaft einzutreten.
Dann hat er zwar erst nach 3 Monaten Anspruch auf Rechtsschutz ( = Vertretung vor Gericht o.ä.), aber bei einer DGB-Gewerkschaft idR Anspruch auf Rechtsberatung ab dem ersten Tag.

&Tschüß
Wolfgang

Danke!
Da war ich falsch informiert.

Gruß
Jörg Zabel

Gerne.

Das gibt es meines Wissens auch NUR im Arbeitsrecht.

Der Hintergrund war wohl, dass man Arbeitnehnern die Angst vor dem hohen Risiko nehmen wollte …

Gruß
Guido