Lost in Red Groosel Kapitel 4

Kapitel 3 gibts hier:

Örßjulah also! Das gab mir eine Menge Stoff zum Nachdenken.
Vorladen wollte ich sie auf jeden Fall, auch wenn ich mir sicher bin, dass aus
ihr nichts raus zu bekommen wäre. Ich hatte im Laufe der Zeit schon einige Male
mit Örßjulah zu tun gehabt. Immer freundlich, immer zuvorkommend und hilfsbereit
und immer nicht angreifbar. Der Begriff „aalglatt“ schien für sie erfunden
worden zu sein.

Zurück auf dem Revier marschierte ich als erstes in unser
Büro, wo Strongfellow immer noch mit Telefon und Tastatur jonglierte. Ich
wollte mich kurz informieren, bevor ich zu Captain Arrows ging, um ihn darüber
zu informieren, dass wir, ja was eigentlich? Wir hatten nichts. Als
Strongfellow mich sah, winkte er mich aufgeregt zu sich. „Nun, Strongfellow,
was gibt’s?“, fragte ich ihn. „Sir, gute und schlechte Nachrichten“, sagte er
hastig. Gute und schlechte Nachrichten also. Ich dachte kurz nach. Da mein
Bedarf an schlechten Nachrichten für heute eigentlich gedeckt war, zuerst die
guten? Als Strongfellow fertig mit Berichten war, war ich schwer enttäuscht.
Gute Nachrichten hießen bei Strongfellow, dass er die Angehörigen von Frau
Christa und Frau Data erreicht hatte. Beide Ehemänner waren auf dem Weg
hierher. Wenigstens musste ich ihnen nicht die Nachricht vom Tod ihrer Frauen
überbringen. Das hatte die örtliche Polizei übernommen.

Auf die schlechten Nachrichten hatte ich nun noch weniger
Lust, ungefähr so viel, wie eine Kuh zum Rückenschwimmen. „Äh, ja, der Herr
Aprilfisch also, der macht mir richtig Probleme. Ich habe einen Aprilfisch
gefunden. Der wurde allerdings am 04.04.2014 geboren. Er kann also nicht unser
unbekannter Toter sein. Ich habe die Unterlagen vom Standesamt angefordert.
Vielleicht lässt sich daraus etwas ableiten.“ Das waren nun wirklich schlechte
Nachrichten. „Graben Sie weiter“, befahl ich.

Auf dem Weg zu Captain Arrows überlegte ich, was ich hatte.
Im Prinzip ging ich mit einem ganzen Sack Fragezeichen in die Höhle des Löwen.
Arrows war ein übellauniger, selbstgerechter und unberechenbarer Chef. Also
genau das, was man sich von einem Vorgesetzten wünschte. Er gehörte definitiv
nicht auf diesen Posten und normalerweise erledigten sich solche Leute durch
ihre Inkompetenz selber. Bei Captain Arrows lag die Sache etwas anders. Die
Gattin von Arrows war eine Busenfreundin der Stadträtin. Von Korruption und
Vorteilsnahme konnte man natürlich nicht sprechen. Eher von guten Beziehungen,
oder so.

Jane, die Sekretärin des Captains, wedelte mich
regelrecht durch das Vorzimmer und ich machte mich auf in den Kampf. Arrows saß
hinter seinem sehr großen und sehr teuren Schreibtisch. Irgendwann sollte
irgendjemand ihm mal sagen, dass er nicht die Größe, im wahrsten Wortsinn,
hatte, um diesem Monstrum gerecht zu werden. Als ich sein Gesicht sah,
beschloss ich, dass heute weder der Tag noch ich die richtige Person sei, um
ihm dies mitzuteilen. Ich breitete meinen Sack mit Fragezeichen und es kam, wie
es kommen musste. Es fielen eine Menge hässlicher Sätze mit Wörtern wie
unfähig, langsam, Schnauze, Beeilung, Stadträtin und einer stattlichen Anzahl
Schimpfwörtern. Als der Captain mit seiner Tirade fertig war, sah er
richtiggehend erschöpft aus. Das freute mich und ich fragte mich zum
wiederholten Mal, ob er diese Tobsuchtsanfälle zu Hause vor dem Spiegel übte.

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