LTW in Bayern

Hallo,

in Bayern werden heute lt. Umfragen die Parteien der GroKo eine sehr üble (CSU) bis brutalstmögliche (SPD) Klatsche vom Wähler bekommen. Die Ränder rechts und links werden gestärkt.

Gestern hörte ich dazu den „langjährigen Politik-Experten“ Heiner Bremer auf n-tv. Man könnte auch sagen den alten Zausel, der wirr und lückenhaft seine langjährigen Äußerungen wiederholte. Vier Thesen stellte er auf.

(1) Der Erfolg der AfD in Bayern werde dadurch gebremst, dass konservative Wähler drei Alternativen hätten: AfD, Bayernpartei und FDP. Soweit stimme ich ihm durchaus zu, dass die Auswahl wg. der Bayernpartei breiter gefächert ist. Btw wirft die Bayernpartei der CSU vor, sich bei der Flüchtlingskrise Merkel unterworfen zu haben. In anderen Bundesländern gäbe es als Alternative nur die AfD.

Tritt jetzt die FDP etwa nicht mehr in allen anderen 15 Bundesländern an?
Wird die AfD bei knapp 12% landen (Mittelwert der letzten Umfragen) oder haben die Institute den Faktor der „sozial erwarteten (gefälligeren) Antwort“ immer noch nicht berücksichtigt? In 03/17 erklärten sie nämlich die krasse Diskrepanz zwischen Umfragewerten und Ergebnisse damit, dass Interviewte mit Wahlabsicht AfD ihre wahre Wahlabsicht verschwiegen, weil sie die „soziale Ächtung“ durch den Interviewer befürchteten.

(2) Die CSU solle besser mit den Grünen koalieren, weil dies „mutiger“ wäre. Ist da der Wunsch der Vater des Gedanken? Schwarz-Grün wäre doch nur möglich, wenn sich Schwarz in zentralen Punkten Grün unterwerfen würde. Mit einem dritten Nationalpark ließe man sich leicht versöhnen, nicht aber doch mit zentralen Forderungen bzgl. Grenzschutz, Staatsbürgerschaft und Migrationspolitik.

Würde die CSU bei einer CSU/Grüne-Koalition bei nachfolgenden Wahlen deutliche Verluste in Richtung AfD und Bayernpartei hinnehmen müssen?
Ist eine CSU/Bayernpartei/FDP-Koalition nicht deutlich realistischer, weil die pol. Forderungen in grösseren Teilen vereinbar sind?

(3) Die Wahl wäre eine Zäsur, da die CSU die Alleinherrschaft verliere.

Die CSU hatte bereits einmal die Alleinherrschaft verloren (2008, Koalition mit der FDP).

(4) Der Abgang Seehofers nach dem erwartbaren Wahldesaster sei durchaus wahrscheinlich, aber noch nicht ausgemacht. Sollte Seehofer gehen müssen, würde er Söder mitreißen und dies auch bei Merkel versuchen.

Dass Seehofer u.U. geschasst werden wird, halte ich durchaus ebenfalls für wahrscheinlich. Dass er sich das Debakel nicht allein auf die Fahne schreiben wird, ebenso. Naheliegend ist es, dass diejenigen in der CSU, die contra Söder sind, auch diesen gerne beseitigen würden. Nichts ist passender als eine sehr deutliche Niederlage. Aber wie soll Seehofer Merkel mitreißen? Dass er mit ihr abrechnet und auch den Hut als Innenminister nimmt, kann passieren. Aber wird der CDU-Vorsitz nicht noch allein von den Delegierten der CDU bestimmt? Oder verfügt Seehofer über Kräfte des Voodoo? Könnte er mehr machen als ein Statement „Mutti ist doof“ und „sie trägt die Schuld am Niedergang der Union“? Würde das die CDUler beeindrucken, falls der Stuhl von Merkel nicht ohnehin schon sehr wackelig wäre?

Gruß
vdmaster

P.S.: Ich begrüße übrigens den Zwang zur Koalition nach jahrzentelanger (Fast)Alleinherrschaft, weil sowas dem sich automatisch ergebenden Parteienfilz entgegenwirkt.

Hallo,
einen Zwang zur Koalition sehe ich nicht. Die Parlamentarier muessen sich nur einigen, wer die Regierung stellt und bei Abstimmungen ergeben sich Mehrheiten, jedesmal anders. Stichwort Minderheitsregierung. Das ist nicht schoen, sehr instabil, deshalb machen sie lieber Koalitionen.
Diese Merkel-weg-Ideen bedeuten, dass an Junckers Platz Frau Merkel sitzt?
Anderer Aspekt zur Regierungsbildung, die Parteien der neuen Regierung werden wie fast immer in der Regierungszeit an Waehlerstimmen verlieren. Die Gruenen muessen sich entscheiden, ob sie Stimmen verlieren wollen und dafuer eine Weile regieren. Das gilt unter der Annahme, dass weiterhin zu sehr gegen die Waehler regiert wird. So war es die letzten Jahrzehnte praktisch ueberall in jedem Bundesland. Sollte es mal anders werden?
Gruss Helmut

Die Umfragen sind ohnehin unzuverlässiger geworden. Also können wir gespannt sein, was herauskommt, das wird dann vielleicht spannender als der Tatort!

Alter! Jetzt mal hier bitte keine Dystopie! :fearful:

Die CSU hätte wohl bei 35% etwas mehr als 40% der Sitze. Aber die Problematik ist dann immer, dass die anderen ganz schnell Neuwahlen auslösen können. Bevorzugt, wenn die regierende(n) Partei(en) noch weiter in Umfragen abrutschen. Zuerst kämen wohl Neuwahlen nach vier Wochen. Falls bis dahin keine Regierung stünde, dann zwingt die Landesverfassung dazu. Und die CSU hätte ein schlagendes Argument in der Hand, um Nichtwähler zu mobilisieren.

Ausserdem würden sie sich jedesmal bundesweit extremste Dresche einfangen, wenn eine Abstimmung durch die Zustimmung einiger AfD-Parlamentarier gewonnen würde. Btw gibt es bei der Bayernpartei explizit keinen Fraktionszwang. Falls die FDP es nicht schaffen sollte, könnte es für eine Zweierkoaltion aus CSU und Bayernpartei möglicherweise etwas eng werden. Wobei auch hier stets der Grundsatz gilt, dass man immer einen einzigen Koalitionspartner zweien vorzieht, falls es rechnerisch (samt Puffer in der Sitzanzahl) reicht.

Gruß
vdmaster

Na geh, da stehen 10 Fragen und du konntest dich zu keiner einzigen Antwort durchringen. Ganz schwach, mein Lieber :stuck_out_tongue_winking_eye:

du hast fw als konservative alternative vergessen.

irgendwo habe ich eine auswertung der wahlomat-aussagen gelesen. bei den 27 fragen liegt die größte übereinstimmung bei rot- rot- grün (fast alle themen), csu-grüne hätten 4 oder 5 übereinstimmungen, csu-spd 7 oder so ähnlich.

wird sehr spannend hinsichtlich koalitionen und stabile regierung. ein hauch berlin weht bereits über bayern. die konservativen sind in sorge.

pasquino

Stichwort Minderheitsregierung.
Die CSU hätte wohl bei 35% etwas mehr als 40% der Sitze.

35%???

ich tippe auf vielleicht 32%, die wahlbeteiligung wird hoch sein, und das dürfte der csu nicht zuträglich sein.

pasquino

Ich wollte nicht tippen und habe einfach mal eine Zahl genommen.

Ich (leidlich) alter Zausel habe glatt von Bayernpartei statt Freien Wählern geschrieben! :joy:
Mein Dank für den nötigen Wink mit dem Dreschflegel geht an @pa_2015.

Die Bayernpartei ist nochmal eine ganz andere Sache auf dem Weg ins separatistische Paradies. Wahrscheinlich mit König und sonstigem Geschlumps. In etwa so sehr ernstzunehmend wie die Magdeburger Gartenpartei.

Gruß
vdmaster

P.S.: Auch Kurzurl… macht weich im Kopf.

Deine Quelle war „WELT online“.

Noch so eine Wunschvorstellung, diesmal von ZON. Erstellt am 10.10., aber nochmal fachgerecht aufgepeppt am Wahlsonntag selbst. Dafür nimmt man den Slogan, dass es der CSU viel besser ginge, wenn sie nur so wie die Grünen wären. Ausserdem bemächtige man sich einer einzelnen Umfrage, die das Narrativ vordergründig zu stützen scheint. Andere, mind. von gleicher Aktualität, die das genaue Gegenteil hergeben (bspw. angeblicher Gewinn statt angeblicher Verlust der AfD) werden geflissentlich ignoriert. Denn es geht ja um die zu verbreitende (Gesinnungs)Message und nicht die (ärgerlichen) Realitäten.

Dass dann bei der aufgewärmten Sonntagsmatinee solche Schnitzer wie sechs Parteien (statt der sieben) nicht behoben werden, zeugt von Qualtätsjournalismus. Es waren ja nur vier Tage Zeit, den Fehler zu finden.

Hey, ich werde für meinen Bockmist (Bayernpartei statt FW) immerhin nicht bezahlt und berichtige es auf Zuruf umgehend.

Und sogar den verschnarchnasten Link liefere ich binnen weniger Sekunden nach https://www.zeit.de/2018/42/bayern-landtagswahl-csu-cdu-afd-gruene-koalition?page=7#comments.

Ich bin (da gar nicht) einfach zu unterbezahlt für diesen Scheiß! :sob:

war ja die richtige.
große enttäuschung meinerseits.
auch

hinsichtlich grüne.
wähler aus den großstädten, die eigentich nicht wissen, was das grün da draußen überhaupt wert ist. die mit ihren kids in den zoo gehen und ansonsten wenig naturnähe haben.

hinsichtlich fdp und die linke.
nicht-populismus macht sich offenbar nicht bezahlt.
strategie wechseln!
da müssen aber die bundesweiten parteigrößen sich eher öffentlich beteiligen.
und die medien ein wenig mehr bearbeiten.

pasquino

Also die Linkspartei ist populistisch bis radikal mit einigen Sprenkeln in den verfassungsfeindlichen Extremismus hinein.

Ist zwar thematisch schon veraltet, dennoch ein paar Sätze …

Hat nicht wirklich so statt gefunden.

Der pa hat zurecht die FW noch genannt.
Aus meiner Sicht wurde die AfD nicht davon gebremst:

  • Bayernpartei blieb sehr schwach und hat deutlich eingebüßt gegenüber 2013
  • die bayerische FDP hat, anders als die Bundes-FDP manchmal, nicht sehr stark auf „AfD light“ gemacht, eigentlich gar nicht. Das war ein sehr liberaler Wahlkampf.
  • die FW haben von einer CSU-Genervtheit profitiert, die sind aber nicht wirklich „rechter“ als die CSU, und können als Regionalpartei die Zuwanderungskarte der AfD sowieso nicht gut ausspielen.

Es stimmt aber schon, dass die AfD v.a. dank der FW die Karte „bürgerliche Alternative zur CSU“ nicht so gut ausspielen konnte als wenn es die FW nicht gäbe. Ein paar Prozentpunkt mag das schon ausmachen.

Da ist Bremer einfach uninformiert.
Schwarz-Grün wäre eine durchaus mögliche „Notlösung“ gewesen, wenn eine echte Not entstanden wäre. Jetzt, da die Not nicht enstanden ist, wäre es CSU-innerparteilich einfach nicht vermittelbar, wenn man mit dem Grünen koalieren wollte.
Es ist für die CSU jetzt auch einfach nicht der Zeitpunkt „mutig“ zu sein.
Zudem gibts neben den bundespolitischen Unterschieden auch ein paar bayerische Themen, bei denen sich die CSU eben nur aus der Not heraus den Grünen untergeordnet hätte, aber nicht wenn auch anders geht. Z.B. der für Söders Glaubwürdigkeit wichtige Kreuz-Erlass, der reine Symbolpolitik ist, aber eben gerade darum nicht den Grünen geopfert werden soll bzw. bei dem die Grünen nicht verhandlungsbereit wären.
Auch so große Projekte wie Nationalpark, Dritte Startbahn, Verkehr, Windkraft usw., bei denen Grüne und CSU sich deutlich anders positionieren und die alle Kernthemen der Grünen sind, bei denen deshalb wenig Verhandlungsspielraum besteht.

In Richtung Bayernpartei überhaupt nicht (vergiss die einfach, solang die sich nicht von Grund auf erneuern, werden die nie wieder eine wichtige Rolle spielen).
Ansonsten steht und fällt der Wählerstrom zur AfD m.E. mit der bundespolitischen Entwicklung und hängt nicht allzu sehr mit CSU-Koalitionen zusammen. Das ist dann schwer vorhersagbar.
Ich würde auch nicht unterschätzen, dass Schwarz-Grün das Problem für die CSU beinhaltet, damit Grün stärker zu machen.

Das ist aus meiner Sicht eine offene Frage, ob 2018 ein Zäsur gewesen sein wird.
Ich glaube, der allgemeine Trend geht schon in Richtung „weg von der CSU-Alleinregierung“, aber das ist m.E. eher der Trend, der 2008 schon begonnen hat.

Gruß
F.