Hallo Bonaventura,
was heute oft unter der Bezeichnung „Recycling“ läuft, das hieß früher - so der offizielle Begriff - „Altstoffhandel“.
Ein längerer Artikel dazu steht hier:
Recycling - Stoffströme in der Geschichte
http://vgs.univie.ac.at/VGS_alt/qs8lp.html
Ich habe mal an einer Fachtagung teilgenommen, auf der eine Stude vorgestellt wurde über den Altstoffhandel mit Schwerpunkt in Berlin vor dem 2. Weltkrieg. Ich erinnere mich, daß der Altstoffhandel auf vier Ebenen ablief:
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der Händler / die Händlerin, welche/r sich in einem Kellerladen einen Handkarren holten um Werkstoffe zu sammeln, die sie dann am Abend den Betreibern dieser Altstoffhandlung ablieferten.
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die Altstoffhandlungen - meist in Kellerläden: Oft von Ehepaaren betrieben: Einer fuhr mit dem Handwagen zum Sammeln los, der andere blieb im Laden.
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Fabriketagen, in denen die Erstsortierung vorgenommen wurde
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größere Fabriken in Berlin als Drehkreuz des nationalen Altstoffhandels
Altstoffhandel war besonders beliebt bei Wirtschaftsmigranten, weil es nur einige Buchhaltungskenntnisse erforderte und man sich den Rest über „learning by doing“ aneignen konnte. Man mußte bei Stoffen (jetzt sind Möbel- und Kleiderstoffe gemeint) mit der Zeit sich über 250 Zusammensetzungen aneignen, weil man die schon vorsortieren mußte.
50 Prozent derer, die im Altstoffhandel tätig waren, waren Juden. Allerdings war Juden der Zugang zum Altmetallhandel verboten, weil der am Lukrativsten war.
Der Vortrag zeigte auch auf, wie Juden nach der Machtübernahme von Hitler aus dem Altstoffhandel rausgedrängt wurden. Auch wurde thematisiert, daß dies ein Grund war, warum die Hitlerjugend in den Altstoffhandel einstieg. Man brauchte die Materialien, konnte gleichyeitig den Kindern ein Programm bieten und sie indoktrinieren.
Viele Gruesse
Iris