Hallo Conny,
Als Sozial- oder Geschichtswissenschaftler muss man die Frage in dieser Form ablehnen: Sie funktioniert nicht.
Sie gehört in die Kategorie „Zirkelschlüsse“ oder „Mu-Frage“ wie diese Fragebeispiele:
- Wenn Schweine fliegen könnten, wie hoch könnten sie fliegen?
- Flöhe reagieren auf ein akustisches Signal dadurch, dass sie aufspringen. Reißt man ihnen die Beine aus, springen sie nicht mehr. Also verlieren Flöhe durch das Ausreißen der Beine ihr Gehör?
- Sind Elektronen schuld, wenn die Batterie leer ist?
- Gibt ein umstürzender Baum ein Geräusch von sich, wenn niemand da ist, um es zu hören?
- …
Du merkst: Diese Fragen sind so verschwurbelt gestellt, dass es keine gültige Antwort darauf geben kann. Es macht einfach keinen Sinn, so zu fragen. Das trifft auch auf diese Frage zu:
weil ich im Gegensatz zu anderen Kriegen beim 1. und 2. Weltkrieg keine Frau als Auslöser kenne
Mit dieser Frage versuchst Du, einen extrem komplexen Vorgang, an dem zig Millionen Menschen beteiligt waren, auf eine einzige Ursache zurück zu führen. Schlimmer noch: Deine Frage „forscht“ ja nicht nur nach einer einzigen Person als „Auslöser“, sondern auch von dieser Person soll allein das Geschlecht - vielleicht sogar nur das Geschlechtschromosom oder ein Teil davon - am gesamten Weltkrieg „schuld“ sein.
Diesen Fehler machen allerdings viele, auch viele Wissenschaftler. Google mal nach „Die Gene sind schuld“, und du wirst Dich wundern, wieviele Deppen tatsächlich glauben, man könne ein derart vernetztes System wie die menschliche Existenz und ihre Entwicklung seit dem Urknall an etwas so Winziges wie ein bestimmtes Gen knoten. Eugeniker und Rassisten wie die Nazis sind Beispiele für solche Deppen. Es waren so beschränkte Vollpfosten wie Hitler, die mit ihrer „arischen Selektion“ eben diese Ideen vom „Gen als Auslöser“ das Wohl und Wehe unseres Sonnensystems zu lenken hofften.
Man nennt solche Annahmen übrigens „monokausal“. Monokausal heißt, dass man nur eine einzige Ursache für eine Ereignisskette zulassen will. Hier sind ein paar Beispiele für solch hirnrissige Monokausalitäten über den 2WK:
- Hitler war wahnsinnig.
- Die Deutschen sind böse.
- Es gab den 2WK, weil er statistisch besehen fällig war.
- Deutschland war es leid, über die Kriegsentschädigungen von Frankreich ausgenommen zu werden und wehrte sich halt.
- Die Deutschen sind arisch und verstanden, dass sie die Welt unterwerfen müssen und dürfen (-> das ist dieser Nazi-Schwachsinn … *brrrr*)
- Die Juden ließen den Deutschen keine andere Wahl (-> das ist genauso bekloppt und grausig … *brrr*)
- Eine Frau hat den 2WK verursacht.
- …
Zusammenfassung:
Eine Frage ist ein Werkzeug zur Erkenntnisgewinnung.
Wenn Deine Frage falsch gestellt ist, funktioniert sie nicht und bringt nur Widersprüche und Plattheiten hervor.
Verwende daher mind 50% Deiner Zeit damit, die Frage sorgfältig auszuformulieren und ihre Funktion sicherzustellen.
Eine besseres Fragenensemble könnte so aussehen:
Welche sozialen Sicherungsmittel verhindern normalerweise gewalttätige Konflikte zwischen Menschen, Gruppen oder sogar Gesellschaften? Wie und unter welchen Umständen wurden diese Sicherungen im Vorfeld des 2WK überbrückt, sodass es zum Kriegsausbruch kommen konnte? Welche Faktoren wirken sich wie auf die Gewaltbereitschaft von Menschen aus?
Wenn Du so fragst, wirst Du schnell auf neue Aspekte des Kriegs stoßen: Die Kriegspropaganda und ihre Methode, den Deutschen die Juden als Feindbild und Sündenbock zu präsentieren. Die schlechten Lebensbedingungen nach den 20ern. Die Jungschen Archetypen als Grundmuster menschlichen Fühlens und Handelns…
das Kind, der Krieger, der Wanderer, der Beschützer, der Heilsbringer, Jugend, Alter, Armut, Angst, Früchte, Hausbau, Feuer und Brand, ein Fluss, ein See.
Wenn es Dir nicht nur darum geht, Deinem Mann zu beweisen, dass Du Recht hast und er nicht, wirst Du Deine alte Frage streichen und durch eine neue, bessere Fragestellung formulieren.