Macht Wissen um Herkunft stark?

Hallo

Ich wollte dich wirklich nicht kränken - eine Diskussion anregen aber sicher.

nirgendwo hängt die
schulische Laufbahn so sehr vom Elternhaus ab wie bei uns!

Wie kommst du drauf?

Man, hast Du schon mal was von der Pisa-Studie gehört? Das
o.g. kann man doch wirklich überall nachlesen - z.B. in
Tageszeitungen!

Bitte nimm’s mir nicht übel. Tageszeitungen lese ich keine, wo dieses Thema wäre, über die PISA-Studie bin ich also schlecht informiert. Die Frage ist eher allgemein: Ist es nicht so, daß es in jedem Land auf das Elternhaus ankommt? In Deutschland hat wohl kaum jemand schlechtere Chancen, weil die Eltern das Schulgeld nicht bezahlen können.

Nein, wenn man weiß, woher sie ursprünglich kamen. Außerdem
geht es mir allgemein um die Menschen. Ich habe keine Lust auf
kleinkarierte Diskussionen, das bringt nichts.

Das ist nicht kleinkariert.

In kaum einer Familie gibt es nur Helden und in kaum einer nur Mörder und Diebe. Offenbar gehst du davon aus, daß ein Deutscher gar nicht stark sein KANN, wenn er auf seine Herkunft verweist. Ein Türke dagegen soll das völlig anders sehen. Es geht eben nicht um den Menschen, sondern um Unterschiede zwischen Nationen, die du gemacht hast. Daher habe ich auf die Vergangenheit der Türkei verwiesen: Im Gegensatz zu Deutschland gibt es überhaupt kein Unrechtsbewußtsein noch irgendeine Auseinandersetzung mit den negativen Dingen der Vergangenheit. Wenn man sich die gesetzliche Lage ansieht (Deutschland: Verbot der Auschwitzlüge, Türkei: Verbot der Behauptung eines Völkermords), würde ich mich als Türke mehr schämen als als Deutscher.

Gruß
d.

Troll-Alarm & Plonk
P L O N K !

Hallo nochmal,

ich glaube, die Situation von Jugendlichen mit ausländischen
Wurzeln ist eine andere, wie wenn Deutsche mit hauptsächlich
deutschen Wurzeln ihre Vergangenheit erforschen.

Na da muss ich jetzt doch noch mal die Ahnentafel rausholen. Denn 1. was ist schon deutsch, wenn man sich mal in Erinnerung ruft, dass die Grenzen der heutigen Bundesrepublik noch nicht so lange so sind, und 2. hätte ich da für meinen eigenen Fall durchaus insoweit französische, niederländische und luxembourgische Anteile vorzuweisen. Damit dürfte ich es mit jedem Russlanddeutschen und Ex-Türken ja wohl locker aufnehmen :wink:

Für die Identitätsfindung ist es durchaus wichtig, zu wissen,
wo man herkommt.

Also allein schon mit dem Begriff „Identitätsfindung“ habe ich so meine Probleme. Das klingt so, als ob man sich irgendwann mal hinsetzen würde und sich dafür in den Terminkalender schreibt „Identitätsfindung“. Dann brütet man mal etwas über seiner Familiengeschichte, und hoppla, jetzt habe ich eine Identität gefunden. Die male ich dann in Form eines Bildes an die Wand, oder schreibe ich als Buch auf, und lege eine Kurzfassung davon in meinen Personalausweis, damit ich jedem zeigen kann, wer ich bin und wie man mich deshalb zu verstehen hat, und damit ich mich in Zukunft auch immer daran erinnere und mich entsprechend verhalte. Ehrlich gesagt ist mir das alles zu banal.

Identität ist für mich etwas, dass man nicht greifen und nicht anhand von Ankreuzkästchen vergleichend beschreiben kann, sondern etwas, dass einfach einerseits immer da ist, sich andererseits aber auch ständig aufgrund des täglichen Erlebens ändert. Und da spielen natürlich Dinge mit hinein, die man von seinen Eltern mitgegeben bekommt, die ggf. noch aus einem anderen Kulturkreis stammen, und natürlich auch alles, was im Umfeld so passiert (und wenn dieses eher einem anderen Kulturkreis zugeordnet ist, als der in dem man eigentlich lebt, wirkt sich dies natürlich aus), aber all dies führt eben nicht zu dem „hellen“ Moment plötzlicher Erkenntnis einer bestimmten Identität. Und noch weniger würde sich eine so gefundene Identität irgendwie als Werkzeug oder Instrument im täglichen Leben einsetzen lassen.

Natürlich kenne ich auch diese ständig sich selbst bewusste Soziologen-Kaste. Aber die zeigt ja gerade, wohin dieser Selbstfindungsprozess dann führt :wink:

Ob man sich diese Identität dann 100%ig
anzieht, sie 100% ablehnt oder einen Kompromis findet, hat
dann mit der persönlichen Identität zu tun.

Tja, und soweit es für mich nicht die eine Identität x nach Muster y gibt, tue ich mich natürlich auch damit schwer, eine bestimmte Identität anzunehmen oder abzulehnen. Ein Migrant hat meiner Meinung nach keine zwei Identitäten, von denen er sich für die ein oder andere entscheiden kann, sondern nur die eine, die eben von Anteilen beider Kulturen geprägt ist, von denen er sich nicht freimachen kann, die aber eben auch im ständigen Wandel ist.

Gruß vom Wiz, der unbedingt beim Termin nächste Woche in NL der Gegenpartei zuerst mal mitteilen muss, dass er selbst auch ein x%iger Kaaskopp ist

Hallo datafox,
zu Deinem Absatz:

Daher habe ich auf die Vergangenheit der Türkei verwiesen: Im
Gegensatz zu Deutschland gibt es überhaupt kein
Unrechtsbewußtsein noch irgendeine Auseinandersetzung mit den
negativen Dingen der Vergangenheit. Wenn man sich die
gesetzliche Lage ansieht (Deutschland: Verbot der
Auschwitzlüge, Türkei: Verbot der Behauptung eines
Völkermords), würde ich mich als Türke mehr schämen als als
Deutscher.

Da Du ja, wie Du selbst sagst, keine Zeitungen liest, gehe ich mal davon aus, dass Du o.g. übers Fernsehen mitbekommen hast. Bist Du sicher, dass dies die pauschale Meinung der Bevölkerung ist? Glaubst Du, dass diejenigen, die anders denken (wie der ermordete Hrant Dink und der Nobelpreisträger Orhan Pamuk, der es aktuell aus Sicherheitsgründen vorgezogen hat, keine Deutschlandtournee zu starten, sondern in die USA zu gehen?), keine Angst haben, dass ihnen etwas passiert, dass die Faschisten sie von Minderjährigen, denen sie „ins Hirn geschissen“ haben, umbringen lassen?
Um es mit Deinen mir gegenüber formulierten Worten zu sagen: Kannst du das belegen, was Du da oben gesagt hast??
Es gibt stundenlange nächtliche Diskussionen im türk. TV über relevante gesellschaftliche Fragen, bis drei Uhr morgens. Es gibt viele vernünftige Menschen i.d.Türkei, die das Herz und den Verstand auf dem rechten Fleck haben - wenn man sie nur lassen würde…
Gruß, Susanne

Hallo

Da Du ja, wie Du selbst sagst, keine Zeitungen liest

Keine aus Papier, und hauptsächlich keine aus Deutschland :wink:

gehe ich
mal davon aus, dass Du o.g. übers Fernsehen mitbekommen hast.

Nö.

Bist Du sicher, dass dies die pauschale Meinung der
Bevölkerung ist? Glaubst Du, dass diejenigen, die anders
denken (wie der ermordete Hrant Dink und der Nobelpreisträger
Orhan Pamuk, der es aktuell aus Sicherheitsgründen vorgezogen
hat, keine Deutschlandtournee zu starten, sondern in die USA
zu gehen?), keine Angst haben, dass ihnen etwas passiert, dass
die Faschisten sie von Minderjährigen, denen sie „ins Hirn
geschissen“ haben, umbringen lassen?

Was sagt das eigentlich über Deutschland aus, daß der eine Reise absagen muß? Werden Leute etwa ermordet? Ich habe das nur nebenbei mitbekommen, finde es aber erschreckend.

die das Herz und
den Verstand auf dem rechten Fleck haben - wenn man sie nur
lassen würde…

Offenbar läßt man sie nicht einmal in Deutschland.

Aber das ist derart offtopic, daß wir das besser in Inlandspolitik weiterdiskutieren.

Gruß
d.

Moin,

ich frage mich, ob es junge Leute stärkt, wenn sie genauer
wissen, woher sie kommen, wer ihre Vorfahren sind?

Das Wissen um die eigenen Herkunft ist immer auch Teil der eigenen Identität und das Gefühl von „Zugehörigkeit“ ist meiner Meinung nach eine wichtige Grundlage für die Entwicklung sozialer Fähigkeiten beim Menschen.

Jeder Mensch beschäftigt sich mehr oder weniger mit der Frage „Wer möchte ich sein?“. Um diese Frage zu beantworten, muss man jedoch erst einmal wissen, „Wer bin ich überhaupt“ und „Wie wurde ich zu dem, der ich bin“. Daran schließt sich ein ganzer Rattenschwanz von Fragen an, wie: welche körperlichen Merkmale hab ich von welchem Elternteil geerbt, welche Verhaltensweisen hab ich übernommen, welche Wertvorstellungen, welche Eigenarten, Gewohnheiten etc. Erst wenn diese Fragen zufriedenstellend beantwortet wurden, kann sich ein Mensch daran machen, auszusortieren, was er „behalten“ möchte, und was nicht.

Bei Menschen mit Immigrationshintergrund läuft dies zunächst einmal nicht grundsätzlich anders ab, als bei anderen Leuten. Ob nun das Lesen von Literatur in der Muttersprache hier eine wesentliche Rolle spielt kann damit zusammenhängen, welchen Stellenwert das Lesen in der speziellen Familie einnimmt. Ich spreche zum Beispiel ziemlich gut Pattdeutsch und kann auch alles verstehen, kann mich aber nicht daran erinnern, jemals plattdeutsche Bücher gelesen zu haben. Dennoch würde ich deshalb mein Verhältnis zu meiner Herkunft nicht als gestört bezeichnen.

Bei Menschen mit Immigrationshintergrund ist wohl eher das Problem, dass sie weder ihre Mutterspache, noch die Sprache des Landes, in dem sie leben, gut beherrschen und somit erhebliche grundsätzliche Sprach- und Verständnisprobleme haben.

Ansonsten halte ich die Diskussion über Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Kultur“ in Verbindung mit nationaler Zugehörigkeit für eine Scheindiskussion. Ich habe lange genug in den USA gelebt, um die kulturelle Vielfalt dieses Landes schätzen gelernt zu haben. Zwischen einer Mormonenfamilie im Mittleren Westen und einem „Proud to be Gay“ Transvestiten in California liegen kulturelle Welten. An welche dieser Welten soll sich ein Einwanderer nun anpassen, um „amerikanisch“ zu sein? Als Antwort auf diese Frage behielten viele Einwanderer ihre Sprache und ihre Bräuche eben bei. Ich habe in den USA Deutschstämmige kennengelernt, die völlig „mittelalterliches“ Deutsch sprachen und Bräuche pflegten, die hierzulande schon seit Jahrzehnten ziemlich ausgestorben sind. So abstrus dieses gepflegete „Deutschtum“ aus deutscher Sicht auch wirken mag, es gibt diesen Menschen ein starkes Gefühl der Identität. Die ganze kulturelle Vielfalt in den USA wird zusammengehalten durch die Idee der „Nation“ als abstraktes geistiges Gebilde, dass letztendlich zu einem Zugehörigkeitsgefühl des Transvestiten, wie des Mormonen und Detuschstämmigen zu etwas Gemeinsamem" führt. Kaum einer der kulturell so unterschiedlichen Menschen, die ich in den USA kennengelernt habe, hätte sich nicht für einen „echten Amerikaner“ gehalten, selbst wenn er kaum der Landessprache mächtig war.

Diese kulturelle Vielfalt sehe ich übigens auch bei uns in Deutschland. Es gibt nunmal eklatante kulturelle Unterschiede zwischen einem norddeutschen Großstadtbewohner und einem Alpenhofbesitzer, angefangen von der Sprache, bis hin zu Gewohnheiten, Bräuchen, religiöser Einstellung etc. Aber dennoch kommen alle halbwegs miteinander klar, weil ihre „Aufgehoben sein“ in ihrer jeweiligen kulturellen Identität sie meiner Meinung nach zu Menschen macht, die zu sozialem Verhalten fähig sind. Somit halte ich auch das Stärken der Identität von Immigranten in ihrem unmittelbaren persönlichen Umfeld für einen wichtigen Schritt, sie überhaupt in unsere Gesellschaft einzugliedern und betrachte dies durchaus als Bereicherung unserer Gesellschaft, und das nicht nur, was die Ausweitung des Restaurantangebots angeht :smile:

Gruß
Marion

Hallo,

ich glaube, die Situation von Jugendlichen mit ausländischen
Wurzeln ist eine andere, wie wenn Deutsche mit hauptsächlich
deutschen Wurzeln ihre Vergangenheit erforschen.

Aber du musst doch zugeben, dass die Situation eine andere ist, wenn man z.B. griechische Eltern hat, zuhause teilweise griechisch redet, in den Ferien „in die Heimat“ (nach Griechenland) fährt, wo man sich nicht mit den Großeltern richtig unterhalten kann, und dort (indirekt) gesagt bekommt: du gehörst hier nicht hierher. Und in Deutschland immer gesagt bekommt: Ah, du bist Grieche.
Die Voraussetzungen sind doch ganz anders ,wie wenn jemand, der in Deutschland groß geworden ist, seine Deutschstämmigkeit nie in Frage stellen musste, nie auf die Idee kam, sich darüber bevor er selbst Interesse an diesen Fragen entwickelt, diese Zugehörigkeit zu hinterfragen.
Was du über Identitätsfindung beschreibst ist schon recht polemisch. Natürlich suchen Jugendliche nach ihrer Identität. Die meisten Jugendlichen, die eben nicht über Abstammung nachdenken müssen, versuchen sich über Äußeres, Interessen, Musik usw. zu definieren. Das heißt, ausprobieren, wer bin ich , was kann ich werden, gibt es Alternativen, wo gehöre ich hin, wie sieht meine Zukunft aus? Für einen Jugendlichen, der z.B. durch von anderen immer als „anders“, als nicht zur Mehrheit gehörend, gesehen wird, drängt sich immer diese Frage nach nationaler Gruppenzugehörigkeit in den Fordergrund. Ich gebe zu, das habe ich gleich gesagt, dass für mich diese Fragen in erster Linie mit dem Problemkreis Adoption verbunden sind. Aber an Adoptierten kann man vieles wesentlich deutlicher sehen, weil es ein extremer Fall ist (sofern es sich um aus dem Ausland Adoptierte handelt). Ein Jugendlicher fragt doch nach der Zukunft - und gerade, wenn es einen Bruch in der Geschichte gibt, ist das immer wieder mit der Vergangenheit verbunden. Eine aus z.B. Korea stammende Adoptierte muss sich doch zwangsläufig die Frage stellen: was wäre, wenn ich bei meinen Herkunftseltern geblieben wäre? Ich würde nicht deutsch, nicht englisch sprechen, ich würde in einem kleinen Dorf leben, wäre vielleicht mit 14 schon verheiratet, usw. Unsere Kinder, das habe ich schon öfter geschrieben, sind in Südafrika adoptiert (wir lebten damals in Südafrika und planten auch nicht, dort wegzugehen). Wir hatten eine Gruppe von +/- 10 Adoptiveltern, die alle Kinder in etwa dem gleichen Alter adoptiert hatten. Als wir vor zwei Jahren dort waren und viele dieser Familien besucht haben, kam bei unseren Jungs ganz zwangsläufig die Frage auf: wie würde mein Leben aussehen, wenn ich von der alleinerziehenden Jennifer adoptiert worden wäre. Wieviel von dem, was ich heute bin, bin wirklich ich, wieviel davon ist durch meine Zeit mit meinen Adoptiveltern geprägt? Das reicht von ganz konkret: würde ich jetzt Rugbyspielen, weil ich in einem englischsprachigen Internat wäre, und nicht Handball, weil ich in einem Odenwälder Dorf lebe? bis zu schwammigen Ideen über Südafrikas Politik und Kultur reichen.

Natürlich kenne ich auch diese ständig sich selbst bewusste
Soziologen-Kaste. Aber die zeigt ja gerade, wohin dieser
Selbstfindungsprozess dann führt :wink:

Mehr Polemik. Aber ich glaube, du verstehst Selbstfindung gar nicht so wie ich das jetzt beschrieben habe, sondern machst dich über 30jährige lustig, die glauben, sie brauchten tägliches OM-Singen, um mit dem Weltgeist zu kommunizieren. Die Art „Selbstfindung“ von der ich beschrieben habe, macht jeder durch, nur nicht immer unbedingt bewusst und sicher nicht permanent.

Ob man sich diese Identität dann 100%ig
anzieht, sie 100% ablehnt oder einen Kompromis findet, hat
dann mit der persönlichen Identität zu tun.

Darum geht es ja. Und wenn ich die Optionen nicht kenne, weil mir als z.B. dunkelhäutiger Afrikaner niemand etwas Positives über Afrika erzählt, dann kann ich auch nicht wählen.

Tja, und soweit es für mich nicht die eine Identität x nach
Muster y gibt, tue ich mich natürlich auch damit schwer, eine
bestimmte Identität anzunehmen oder abzulehnen. Ein Migrant
hat meiner Meinung nach keine zwei Identitäten, von denen er
sich für die ein oder andere entscheiden kann, sondern nur die
eine, die eben von Anteilen beider Kulturen geprägt ist, von
denen er sich nicht freimachen kann, die aber eben auch im
ständigen Wandel ist.

Aber dazu muss er sie kennen! Und einem Jugendlichen muss Positives vermittelt werden, nicht nur Negatives und von Vorurteilen Belastetes von Menschen, die seine Herkunftskultur gar nicht kennen. Natürlich sollte es vornehmlich die Aufgabe der Eltern sein, dies zu vermitteln. Aber gerade im Teenageralter suchen die Jugendlichen doch gerade nach Informationen und Erlebnissen von außen. Wenn sie da auf eine gute Vorarbeit durch die Eltern bauen können, um so besser.

Gruß vom Wiz, der unbedingt beim Termin nächste Woche in NL
der Gegenpartei zuerst mal mitteilen muss, dass er selbst auch
ein x%iger Kaaskopp ist

Das soll vielleicht scherzhaft sein, aber vielleicht stört gerade das viele, die wirklich mit dem Problem umzugehen haben, weil sie sich nicht ernstgenommen fühlen.

Gruß
Elke

1 Like

Hallo Susanne,
nein, ich wollte nicht unverschämt sein sondern lediglich meine Meinung mit möglichst wenigen Worten sagen; dabei ist die Netiquette offensichtlich abhanden gekommen, und deshalb etwas ausführlicher:

  • das Wissen um die Herkunft kann Jugendliche stärken, es kann aber auch das Gegenteil bewirken

Ich meine, dass das Verfolgen der eigenen Geschichte, drogenpräventiv wirken kann.

  • vielleicht in Einzelfällen

(Hintergrund: ich mache grade :eine zweisprachige, deutsch-türkische Homepage:
www.cepni-sesi.de

  • Glaub mir bitte, dass ich dein Engagement für das interkulturelle Verständnis schätze. Aber wäre es nicht besser, Du würdest dein Engagement an deinem Wohnort als „lebende Person“ einsetzen, statt eine anonyme Homepage zu machen?

Ich hoffe, dass meine Meinung zu deiner Frage jetzt besser „rübergekommen“ ist.

Grüße
gargas

1 Like

Hallo,

ich glaube, die Situation von Jugendlichen mit ausländischen
Wurzeln ist eine andere, wie wenn Deutsche mit hauptsächlich
deutschen Wurzeln ihre Vergangenheit erforschen.

Aber du musst doch zugeben, dass die Situation eine andere
ist, wenn man z.B. griechische Eltern hat, zuhause teilweise
griechisch redet, in den Ferien „in die Heimat“ (nach
Griechenland) fährt, wo man sich nicht mit den Großeltern
richtig unterhalten kann, und dort (indirekt) gesagt bekommt:
du gehörst hier nicht hierher. Und in Deutschland immer
gesagt bekommt: Ah, du bist Grieche.
Die Voraussetzungen sind doch ganz anders ,wie wenn jemand,
der in Deutschland groß geworden ist, seine Deutschstämmigkeit
nie in Frage stellen musste, nie auf die Idee kam, sich
darüber bevor er selbst Interesse an diesen Fragen entwickelt,
diese Zugehörigkeit zu hinterfragen.

Nein, so „anders“ sehe ich die Situation nicht. Sie ist vielleicht deutlicher, aber für jeden von uns stellen sich immer wieder Weichen, und später wird man sich natürlich immer mal wieder fragen, wie das Leben heute so aussehen würde, wenn der Zug damals in die andere Richtung gegangen wäre.

Ich habe auch so einige Umzüge mit vollkommenem Verlust des Bezugsfeldes in Kinder- und Jugendtagen gehabt, und kenne diese Geschichte daher nur zu gut. Meinen Geburtsort liebe ich durchaus, und besuche ich bis heute alle paar Jahre/Monate, wie es sich eben so ergibt, obwohl ich da niemanden außer über meine Elterngeneration kenne. Und natürlich stellt sich die Frage, wie es wohl heute für mich aussehen würde, wenn wir dort damals nicht schon vor dem Kindergartenalter weggezogen wären.

Die einzige lebende engere Verwandschaft wohnt am Geburtsort meiner Eltern, da bin ich wenigstens einmal im Jahr, kenne einige Leute (üblicherweise > 80, richtige Ruhrgebietsklientel).

Den Ort meiner Kindergartenzeit habe ich in den letzten 30 Jahren nur dreimal gesehen. Die ganzen Kindergartenfreunschaften brachen ab, als ich pünktlich zur Einschulung mal wieder einige hundert Kilometer weiter wegzog. Die sehr bewusst erlebte Grundschulzeit mit vielen richtig guten Freundschaften habe ich in einer Stadt verbracht, die ich immer noch sehr liebe, und in der mich immer noch sentimentale Gefühle überkommen, wenn ich mal (vielleicht einmal in zehn Jahren) da vorbei komme. Von den alten Freundschaften existiert natürlich nichts mehr.

Und um die Sache voll zu machen: Auch nach dem Gymnasium gab es wieder einen Umzug, diesmal alleine. Auch da haben keine Freundschaften überdauert, obwohl es dieses Mal nur 45 Km sind, und meine Eltern noch dort wohnen, und ich alle paar Wochen mal dort bin (zumal meine Frau die Stadt liebt).

Da stellt man sich eigentlich ständig die Frage: „Was wäre wenn“. Aber solange wir noch keine Zeitreisen unternehmen können, kann ich mich nicht dafür entscheiden, jetzt plötzlich die Identität eines Kohlenpötters anzunehmen, als der ich mal geboren wurde. Und ein echter Rheinländer bin ich auch nie gewesen. Und hier im sturen Niedersachsen, werde ich auch immer als Zugereister gelten, obwohl ich hier inzwischen ein Umfeld habe, dass einfach traumhaft ist, und mich hier vor Ort grundsätzlich als gut angenommen fühle. Erzähl mir also bitte nichts von armen entwurzelten Geschöpfen und Identitätswahlmöglichkeiten. Man hat nun mal seine Biographie, und die schreibt sich täglich fort, und jeder Einfluss geht darin ein, ob man dies will oder nicht. Mal zum Positiven, mal zum Negativen. Da kann man nichts plötzlich finden. Es ist einfach da.

Gruß vom Wiz

Aber wäre es nicht besser, Du würdest dein Engagement an deinem Wohnort als :„lebende Person“ einsetzen, statt eine anonyme Homepage zu
machen?

Ganz einfach: Das Volk der Cepni, worum es in meiner Homepage geht, lebt überall verstreut: i.d. Türkei an der Schwarzmeerküste, an der Westküste, in Deutschland etc. - In der Türkei ist die erste Frage, wenn man jem. kennen lernt: Nerelisin? - Wo kommst du her, aus welcher Gegend? Die Identifizierung läuft da wesentlich stärker als bei uns über die Herkunft. Und ich mache das auch deshalb, weil meine Söhne halbe Cepni sind und wir ihnen, ihren Cousins und Cousinen nicht alles mündlich erzählen können, wie ihre Ahnen gelebt haben!
Gruß, Susanne

Hallo Wiz,
ich bin genauso umhergewandert wie Du, noch habe ich dazu sehr oft die Schule gewechselt - auch gar nicht gut!
drei Jahre Grundschule in Hamburg, 4. Jahr in Niedersachsen, 5. Jahr Hauptschule in Niedersachsen (weil meine Eltern leider nicht in der Lage waren, sich vorher zu informieren, dass in Niedersachsen der Wechsel in die höheren Schulen nach dem 4. Jahr stattfindet - sie habens verpennt, toll, nicht?
4 Jahre Hauptschule Hamburg (war eine schlechte Schule), 1 Jahr Realschule, Lehre, nach Köln abgehauen, geheiratet, 2 J. später zurück nach HH, 8 J. später nach Bayern - aber ich werde mich nie bayerisch fühlen! Könnte hier sofort wieder weg, ich finde die Leute ziemlich zugeknöpft…
Und in dem Dorf in Niedersachen, wo ich vom 11. bis 19. Lebensjahr war, kenne ich niemanden, komme da eher selten hin. Ich beneide Leute, die ihre Kindheit am gleichen Ort verbrachten, dort blieben, heirateten etc.
Gruß, Susanne

Nerelisin? - Wo kommst du her, aus welcher Gegend? Die
Identifizierung läuft da wesentlich stärker als bei uns über
die Herkunft.

Bei „euch“ wo? Also in Wien fragt man sogar nach dem Bezirk! :wink:

Und ich mache das auch deshalb, weil meine Söhne
halbe Cepni sind und wir ihnen, ihren Cousins und Cousinen
nicht alles mündlich erzählen können, wie ihre Ahnen gelebt
haben!

Oh das ist sicher wahnsinnig spannend! Eine zweite Hälfte haben sie ja noch zusätzlich. Da kommt sicher auch noch was zusammen! Aber da wirds einfacher sein, oder?

Gruß
d.

Hi

Nochmal zu dem angeblichen Unterschied zwischen Deutschen und Türken:

Aber du musst doch zugeben, dass die Situation eine andere
ist, wenn man z.B. griechische Eltern hat, zuhause teilweise
griechisch redet, in den Ferien „in die Heimat“ (nach
Griechenland) fährt, wo man sich nicht mit den Großeltern
richtig unterhalten kann, und dort (indirekt) gesagt bekommt:
du gehörst hier nicht hierher. Und in Deutschland immer
gesagt bekommt: Ah, du bist Grieche.

Solche Fälle kenne ich zuhauf. Ist wirklich schwierig. Nicht nur Griechen, aber zufällig auch Griechen.

Die Voraussetzungen sind doch ganz anders ,wie wenn jemand,
der in Deutschland groß geworden ist, seine Deutschstämmigkeit
nie in Frage stellen musste, nie auf die Idee kam, sich
darüber bevor er selbst Interesse an diesen Fragen entwickelt,
diese Zugehörigkeit zu hinterfragen.

Und was ist mit Kindern von Deutschen, die irgendwohin zu ihrem Partner gezogen sind? Die wachsen dann dort auf, können kaum Deutsch, und wenn sie dann die Großeltern besuchen, sagt man ihnen sie gehören nicht dazu? Das war doch gemeint, und das ist doch wohl die exakt selbe Situation. Wenn ich mal Kinder habe, werden sie das so oder so ähnlich erleben. Da macht man sich schon Gedanken. Und das ist genau gleich wie Türken in Deutschland. Wieso haben sie andere Rechte? Warum sollen sie nicht über das Land lernen, aus dem die Mutter kommt? Was soll da bitte anders sein als wenn einer einen türkischen Vater in Deutschland hat? Dieses hat Susanne aber abgestritten und kam mir mit Sachen von Rasse etc.

Gruß
d.

hallo datafox,

Also in Wien fragt man sogar nach dem Bezirk!

Wien ist aber schon seit einiger Zeit kein Dorf mehr, oder? :wink:)

Und ich mache das auch deshalb, weil meine Söhne
halbe Cepni sind und wir ihnen, ihren Cousins und Cousinen
nicht alles mündlich erzählen können, wie ihre Ahnen gelebt
haben!

Oh das ist sicher wahnsinnig spannend! Eine zweite Hälfte
haben sie ja noch zusätzlich. Da kommt sicher auch noch was
zusammen! Aber da wirds einfacher sein, oder?

Vielleicht einfacher, aber nicht weniger spannend! Meine Vorfahren väterlicherseits sind Stedinger - Sumpfbewohner zwischen Hamburg und Bremen, die vor 1000 Jahren zwecks Landurbarmachung aus Holland geholt worden waren, und weil sie zu eigensinnig und aufsässig waren, um brav ihre Steuern zu zahlen und auf die Obrigkeit zu hören, 1234 vom Bischof von Hamburg/Bremen für vogelfrei erklärt wurden. Im Internet steht viel darüber (und ich glaube manchmal, dass mir der Widerwille gegen die Kirche wegen dieser Vorfahren in die Gene übergegangen ist… :wink: ). Ich habe eine spanische Urgroßmutter, und mütterlicherseits brave schwäbische Bauern und Kaufleute. Echt klasse gemischt halt!
Gruß, Susanne

Und was ist mit Kindern von Deutschen, die irgendwohin zu
ihrem Partner gezogen sind? Die wachsen dann dort auf, können
kaum Deutsch, und wenn sie dann die Großeltern besuchen, sagt
man ihnen sie gehören nicht dazu? Das war doch gemeint, und
das ist doch wohl die exakt selbe Situation. Wenn ich mal
Kinder habe, werden sie das so oder so ähnlich erleben. Da
macht man sich schon Gedanken. Und das ist genau gleich wie
Türken in Deutschland. Wieso haben sie andere Rechte? Warum
sollen sie nicht über das Land lernen, aus dem die Mutter
kommt? Was soll da bitte anders sein als wenn einer einen
türkischen Vater in Deutschland hat? Dieses hat Susanne aber
abgestritten und kam mir mit Sachen von Rasse etc.

Was hab ich abgestritten? Vergiss das mit der „Rasse“ - das ist anscheinend missverstanden worden. Hab ich das nicht eh von Anfang an in Anführungszeichen geschrieben?