Hallo.
Bei mir habe ich jemanden in meiner Wohnung ein Zimmer zur Verfügung gestellt.
Derjenige hat sich auch auf meine Adresse angemeldet.
Leider habe ich ihm Geld geliehen.
Inzwischen hat er sich abgesetzt.
Frage 1:
Wenn ich einen Mahnbescheid erlasse, kann ich dann meine eigene Adresse angeben, weil er ja hier gemeldet ist ?
Frage 2:
Muss die Person den Empfang des gerichtlichen Mahnbescheides PERSÖNLICH entgegennehmen (Empfangsbestätigung) oder wird der nur in den Briefkasten eingeworfen ? Ich habe schon einen Haufen Post für ihn hier liegen.
Frage 3:
Wenn er den nicht persönlich entgegen nehmen muss, ist diese Vorgehensweise richtig ?
LG.
Horst
Ich frage mich gerade was das bringt, wenn Du einen Mahnbescheid schickst, der dann entweder bei Dir ungeöffnet rumliegt, weil der Empfänger nicht mehr auftaucht, oder als unzustellbar an Dich zurück geht.
Einen Mahnbescheid kannst du nur beantragen, wenn du eine ladungsfähige Anschrift des Anspruchsgegners hast. Das ist nur eine Anschrift, unter welcher der Anspruchsgegner tatsächlich erreichbar ist.
Ich verstehe nicht ganz, warum du das mit dem Haufen Post erwähnst. Wenn ich mir diesen Satz wegdenke, lautet die Antwort: Ein Mahnbescheid wird förmlich zugestellt, wofür der Einwurf in den Briefkasten genügt.
Nein. Wenn du einen Vollstreckungstitel haben willst, musst du eine ladungsfähige Anschrift ermitteln. Gelingt dir das nicht, kommt zwar eine sogenannte öffentliche Zustellung in Betracht; du müsstest aber klagen, weil eine öffentliche Zustellung beim Mahnbescheid unzulässig ist (§ 688 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
Wie würde denn ein Verfahren ablaufen, wenn der Beklagte nicht erreichbar ist? Geht das überhaupt? Sitzt man dann alleine vor dem Richter und trägt seine Forderungen vor?
Durch Aushang wird auf die Klage hingewiesen. Da der Beklagte dem Gericht nicht fristgerecht anzeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen will, ergeht auf Antrag des Klägers ein sogenanntes Versäumnisurteil. Dieser Antrag wird praktisch immer schon in der Klageschrift gestellt, also nicht nur in den seltenen Fällen der öffentlichen Zustellung. Im Versäumnisurteil wird der klägerische Sachvortrag als wahr unterstellt. Ist er schlüssig, das heißt: ergibt sich aus ihm, dass der mit Klage verfolgte Anspruch besteht, wird der Beklagte verurteilt.
Dann ist für den Juristen die Geschichte zu Ende, während es für die Beteiligten erst richtig spannend wird:
Da der Beklagte nicht erreichbar ist, wie geht es dann weiter?
Man lässt sich das Urteil einrahmen und hängt es sich an die Wand.
Aber mal im Ernst weitergedacht:
Wenn der Beklagte jemals wieder auftaucht und man ihm dann das Urteil unter die Nase reibt - ist es dann unanfechtbar oder kann der Beklagte dann wie auch immer dagegen vorgehen?
(
Zunächst einmal gewinnt man durch das Urteil Zeit. Denn die Verjährungsfrist für titulierte Ansprüche beträgt 30 Jahre.
Für Vollstreckungsmaßnahmen muss der Beklagte nicht unbedingt auffindbar sein. Eine Kontoverbindung zu kennen oder ein Grundstück, das ihm gehört, könnte nützlich sein. Außerdem kann man mit einem Vollstreckungstitel diverse Auskünfte einholen. So heißt es etwa auf der Website der Deutschen Rentenversicherung Bund:
„Gerichtsvollzieher dürfen die Anschrift, den Aufenthaltsort und den aktuellen Arbeitgeber mitgeteilt bekommen. Aber sie müssen vorher selbst versucht haben, Anschrift oder Aufenthaltsort bei der Meldebehörde herauszufinden. Außerdem müssen sie vom Schuldner eine Vermögensauskunft anfordern. Nur wenn diese nicht zurückgeschickt wird oder der Inhalt darauf schließen lässt, dass der Schuldner die Forderung nicht vollständig zahlen kann, ist die Anfrage zugelassen.“
Er kann einwenden, die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung hätten nicht vorgelegen. Die Anforderungen sind hoch, vgl. etwa BGH, Urteil vom 31.10.2018, Az. I ZR 20/18:
Bitte entschuldigt das Fragen - es passt ja nicht mehr zur Ursprungsfrage - aber jetzt bin ich neugierig.
Heißt das, dass jemand, der sich einfach „aus dem Staub macht“ und nichts von der öffentlichen Zustellung mitbekommt, am Ende relativ schutzlos gegenüber (auch unberechtigten) Klagen ist?
Du hast ja geschrieben, der Sachvortrag müsse „schlüssig“ sein - was hieße das genau?
Sind da „harte“ Beweise gefordert oder reicht ein Kreditvertrag mit einer krakeligen Unterschrift?
(Ja, ich glaube feste an das Böse im Menschen.)
Wenn sich jetzt schon Leute dafür entschuldigen, dass sie hier aus echtem Interesse Fragen stellen … Quo vadis?
Nein. Denn die hohen Anforderungen, von denen ich sprach, beziehen sich auf die Zulässigkeit der öffentlichen Zustellung.
Bei einer „unberechtigten Klage“ könnte man sich fragen, ob die Rechtskraft des Urteils irgendwie durchbrochen werden kann. Es gilt ja § 826 BGB:
„Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.“
Im Jurastudium hält man die Vorschrift für einigermaßen bedeutungslos. In den letzten Jahren begründete sie im Rahmen der Abgas-Fälle Ansprüche der Autokäufer direkt gegen die Hersteller, obwohl sie mit denen kein Vertragsverhältnis hatten. Und bei falschen Vollstreckungsbescheiden kann § 826 BGB in Sachen Rechtskraft weiterhelfen, sagt der BGH zum Beipsiel mit Urteil vom 30.06.1998, Az. VI ZR 160/97. Ich weiß nicht, ob das auch bei Urteilen denkbar wäre.
Jede Klage muss einen konkreten Antrag haben. Das Gericht soll den Beklagten zum Beispiel verurteilen, 1.000,00 Euro an den Kläger zu zahlen. Wenn der Kläger diesen Anspruch auf einen Sachverhalt stützt, aus dem sich ergibt, dass der Kläger Recht auf das Geld hat, dann ist die Klage schlüssig. Dabei kommt es auf Beweismittel nicht an; der von ihm vorgetragene Sachverhalt wird ja als wahr behandelt. Das ist im Zivilprozess sowieso immer der Fall, wenn eine Tatsachenbehauptung von der Gegenseite unbestritten bleibt, aber für das Versäumnisurteil steht es noch einmal extra im Gesetz.
In der Praxis bleiben die Schlüssigkeitsprüfungen bei Versäumnisurteilen vielleicht gern auch mal ein bisschen oberflächlich. Wenn Gerichte die Schlüssigkeit in einem Fall prüfen, der nicht durch Versäumnisurteil entschieden wird, ist die Schlüssigkeitsprüfung nur der Anfang. Denn wann immer eine Tatsachenbehauptung strittig ist, muss ein Beweis geführt werden, soweit es für die Entscheidung des Gerichts darauf ankommt. Außerdem kann der Beklagte nun einwenden, dass er das Geld schon gezahlt hat. Dann ist die Klage immer noch schlüssig, weil die Behauptung, dass der Anspruch durch Zahlung erloschen ist, nicht in der Klageschrift steht. Aber die Schlüssigkeit führt nicht unbedingt zum Obsiegen des Klägers. Außer eben beim Versäumnisurteil.
Hier bin ich noch mal.
Meine Idee war eigentlich, das ich den Mahnbescheid erlasse, er diesen jedoch mangels Anwesenheit ( hat sich ja abgesetzt ), nicht anfechten kann.
So hätte ich dann einen Titel für 30 Jahre.
Das er noch unter meiner Adresse gemeldet ist, dafür kann ich ja nichts, oder ?
Ich habe ihm Geld geliehen, was ich nur zu einem kleinen Teil zu beweisen könnte.
Alles Mist.
Inzwischen ist für ihn ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft Schwerin und ein Schreiben vom Gerichtsvollzieher aus der Nähe gekommen…