Hi,
was mich bei der Sache erstaunte, als ich das heute morgen
las, war: Das ein Gouverneur im Alleingang solche
umfangreichen Entscheidungen treffen kann.
die Gouverneure haben in den USA regelmäßig eine weit größere (Allein)Entscheidungsfreiheit als daß in Deutschland mit den vermeintlich vergleichbaren Ministerpräsidenten der Fall ist.
Das gesamte politische System in den USA ist ja auch viel stärker auf Einzelpersonen (Präsidenten und eben Gouverneure) ausgerichtet, als z.B. das deutsche.
Ich kenn mich nicht aus (geb ich zu), ist ein Gouverneur so in
etwa gleich zusetzten mit einem Ministerpräsidenten? Musste er
sich nicht noch Zustimmung vom Senat o. ähnliches einholen?
Oder konnte er dieses wirklich allein verfügen?
Im Fall der Todesstrafe ist es so, daß der Gouverneur eines Bundesstaates allein das Recht hat, darüber zu entscheiden, ob eine Hinrichtung vollzogen wird oder nicht. Der Gouverneur hat das einerseits das Recht, eine Begnadigung auszusprechen und andererseits die Pflicht, die Hinrichtung höchstpersönlich und explizit anzuordnen (so er denn die Hinrichtung befürwortet).
Um allerdings eine Änderung der Verfassung des Staates Illinois zu bewirken, daß die Todesstrafe generell abgeschafft wird, müssen die „gewöhnlichen“ Gesetzgebungsorgange ran. Lediglich die Begnadigungen konnte er alleine beschließen.
Und das er gleich bei so vielen die Strafen umwandeln konnte.
Das wird sicherlich auch in anderen noch praktizierenden
Bundesstaaten auf offene Ohren stoßen.
Das ist mal die Frage. Die ganze Diskussion über die Todesstrafe wurde vor ein paar Jahren von einer Gruppe Studenten von einer Chicagoer Uni angestoßen. Diese untersuchten im Rahmen einer Projektarbeit alte Gerichtsverfahren und stießen auf erhebliche Mängel und Ungereimtheiten, so z.B. daß die Verteidiger teilweise gar nicht anwesend waren, betrunken oder sonstwie geistig abwesend. Oder daß Aussagen von Leuten geglaubt wurde, die nachweislich von der Polizei bezahlt worden waren usw. Obwohl diese Umstände bekannt waren, wurden Urteile gesprochen und zwar vor allem und verschärft gegen Schwarze und Latinos (was allerdings in den USA ohnehin praktisch überall der Fall ist).
Bei dieser Projektarbeit kam eben auch heraus, daß unter die diesen mangelhaften Prozessen auch einige waren, die mit Todesstrafe ausgingen, wobei einige der Urteile bereits vollstreckt waren. Ryan hat seinerzeit (muß so um die 3-5 Jahre her sein) den sofortigen Stop des Vollzuges von Hinrichtungen beschlossen.
Der Beschluß, gleich alle Todeskandidaten zu begnadigen, erging wenige Tage vor Ende seiner dritten Amtszeit. Eine Wiederwahl war aufgrund der - nach etlichen Skandalen - katastrophalen Umfrageergebnisse sowieso eher unwahrscheinlich.
Also hat er sich noch mit einem großen - aus humanistischer Sicht begrüßenswerten - Knall verabschiedet.
Soviel dazu.
Gruß
Christian
Bei uns würde das von einer Instanz zur Nächsten gereicht.
G