Hallo!
Es waren diese Begriffe, die
überdeutlich nach Technik rochen, ganz
besonders nach Luftfahrt und Automobilbau,
und wenn man von einer Apotheose
der Spoiler sprechen kann, dann bei jenen
üppigen Aufbauten, die der Manta-Fahrer
von Geblüt seinem Wagen an Front und
Heck einst gönnte.
Den ganzen Text, den ich nicht ganz verstehe, habe ich hier kopiert
Danke sehr
(SZ) In einer von Friedrich Torbergs wunderbaren
Parodien findet sich dieser Dialog:
„Was lesen Sie jetzt, Herr Kohn?“ –
„Den ,Krieg‘ vom Feuchtwanger, kennen
Sie’s, also kolossal!“ – „Natürlich kenn
ich’s, ein gediegenes Buch, wo halten Sie
jetzt?“ – „Bei der Belagerung von Jerusalem
– aber bitte nicht sagen Sie mir, wie’s
ausfällt!“ Auf Spiegel Online war jetzt eine
Geschichte über die Hochzeit von Finanzminister
Christian Lindnerundder Journalistin
Franca Lehfeldt zu lesen, also kolossal,
mit allen Einzelheiten: dass der Bürgermeister
von Sylt das Paar traut, dass man
danach in die „Vogelkoje“ geht und dass
ein Punk namens „Socke“ sich zumGratulieren
angesagt hat. Dann, in Form eines
Zwischentitels, die Frage: „Was kostet der
Spaß?“ Da werden viele Leser aufgestöhnt
haben: „Bitte, Spiegel, bitte nicht sag uns,
was der Spaß kostet!“ Aber eswar schon zu
spät, und so mussten sie lesen: „Spoiler:
Die Kosten sind nicht bekannt.“
Noch gibt es Leute, die sich an Zeiten erinnern
können, daman das englischeWort
spoiler im Deutschen mit Spaltabdeckung,
Störklappe, Luftabweiser oder Frontschürze
wiedergab. Es waren diese Begriffe, die
überdeutlich nach Technik rochen, ganz
besonders nach Luftfahrt und Automobilbau,
und wenn man von einer Apotheose
der Spoiler sprechen kann, dann bei jenen
üppigen Aufbauten, die der Manta-Fahrer
von Geblüt seinem Wagen an Front und
Heck einst gönnte. Der Manta-Fahrer ist
verschwunden, möglicherweise sogar ausgestorben,
doch täuscht das, denn er hat
nur das Revier gewechselt. Seit ein paar
Jahren tritt er im Journalismus auf, wo er
mit Texten herumknattert, die anmindestens
einer Stelle, in aller Regel am Heck,
den Ausruf „Spoiler!“ tragen, weil im Anschluss
an sie etwas verheimlicht wird,
was eh alle ahnen, oder weil, konträr zum
Sinn des Ausrufs, etwas verraten wird,was
ohne Schaden auch hätte geheim bleiben
können. Sowohl in der Technik als auch im
Journalismus steht hinter dem Spoiler das
Verbumspoil, zu Deutsch: verderben, doch
was man dem echten Spoiler zugutehält,
nämlich dass er die Luftströmung „verdirbt“
und dadurch dem Auto eine bessere
Straßenlageverschafft, kanndemmarottenhaft
aufgesetzten Spoiler der schreibendenZunftkeineswegs
attestiertwerden: Er
steht quer zum erzählerischen Fahrtwind,
ist in seiner Affektiertheit mittlerweile nur
noch peinlich und sollte in der nächsten
Haltebucht abmontiert werden.
Bei Hochzeiten Prominenter pflegt unter
derDecke zubleiben,wasdie Sausekostet.
Insofern geht der Spiegel-Spoiler über
das landläufige Gespoiler weit hinaus, indem
er in der Sache nichts verrät, aber unter
verschwörerischem Augenzwinkern so
tut, als verriete er etwas. Der angedeutete
Spoiler-Alarm hat sich selbst ad absurdum
geführt,undwir LeserinnenundLeserkönnen
sagen, wir seien Zeugen eines beinahe
metaphysischen Spuks geworden.