Guten Abend!
… und gibt es noch andere Sachen, die ich wissen sollte?
Kümmere dich zunächst um dein Abitur, um sonst gar nichts.
Die Uni baut den kompletten benötigten Stoff neu auf. Dabei entsteht zunächst der (irrige!) Eindruck von lauter Wiederholungen bekannten Schulstoffs. Dies ist einer der gefährlichen Phasen der ersten Semester, weil etliche Studenten an dieser Stelle die Aufmerksamkeit abschalten und gar nicht merken, in welcher Beschleunigung ein Zug abfährt. Durchfallerquoten im hohen 2stelligen Prozentbereich insbesondere in technischer Mechanik und Mathematik sind deshalb kein Zufall. Da wird an einem ziemlich grobmaschigen Sieb gerüttelt und wer sich nicht (am Stoff) festhält, fällt durch.
Eine weitere gefährliche Phase besteht aus Enttäuschung. Mit Maschinenbau verbindet man landläufig irgendwelche Mechanik, eben was zum Anfassen. Solche Vorstellungen erweisen sich zumindest in den ersten Semestern als Irrtum. Es geht um Theorie, um Grundlagen. Anfassen kann man dabei herzlich wenig. Den meisten Studenten gelingt es zunächst nicht, das Gehörte irgendwo einordnen. Es geht abstrakt zu. Das Studium Maschinenbau hat beträchtliche Schnittmengen mit allg. Elektrotechnik, Regelungstechnik und Informatik - mathelastige Theorie, nichts zum Anfassen.
Ich schildere das alles, weil du etwas von räumlicher Vorstellung schreibst. Bis im Studium irgendwas räumlich vorstellbar, geschweige denn greifbar wird, dauert es. Man braucht jedenfalls für das Studium kein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen, sollte sich vielmehr hüten, so manchen Zusammenhang im dreidimensionalen Raum begreifen zu wollen. Spätestens bei der n-ten Dimension scheitert das Vorhaben.
Du wirst dir jetzt nicht vorstellen können, was man alles rund um ein Gewinde oder ein schlichtes Stück Blech rechnen kann und wenn du die Berechnungen siehst, wirst du sie mit allem, aber nicht mit Gewinden oder Blech in Verbindung bringen. Das Blech könnte sich in einem Magnetfeld bewegen, könnte zum Antrieb einer Armbanduhr oder einer Lokomotive gehören - kein nennenswerter Unterschied in Gedankengängen und Berechnung. Weil das so ist, hörst du allenfalls am Rande etwas von Anwendungen, statt dessen Grundlagen, die den Vorzug haben, im Unterschied zu Anwendungen nicht zu veralten. Soll heißen: Statt räumlichem Vorstellungsvermögen brauchst du den Willen, dich dem theoretischen Anspruch der Hochschule zu stellen und du brauchst Frustationstoleranz, um dich durch zunächst unbegreifbar Anmutendes durchzubeißen. Es ist mühsames Nagen an immer dicker werdenden Brettern und die Kunst besteht darin, mindestens so zügig zu nagen, wie die Dicke der Bretter zunimmt.
Einen Tipp habe ich doch noch: Hefte Scripte und Mitschriften sorgfältig ab. Versehe jedes Blatt mit Datum und Seitenzahl, lege ein Inhaltsverzeichnis an. Beim Literaturstudium ergänzt du deine Unterlagen um die Fundstellen. Man suchst sich sonst dumm und dämlich. Außerdem kann es passieren, daß du nach Jahren oder sogar Jahrzehnten wieder im theoretischen Urschlamm abtauchen mußt, weil du dich in ein neues Sachgebiet einarbeiten möchtest.
Den Abschluß gibt’s nicht hinterhergeworfen, aber die Mühe lohnt sich.
Gruß
Wolfgang