Massive Korrosionsschäden an Abwasserrohr

Bei einer Bausanierung eines gewerblichen Objektes ( Gastronomie, Arztpraxis Nuklearmedizin, Pächterwohneinheimt), wurden massive Korrosionsschäden an etwa 30 Jahre alten Gussrohren festgestellt. Die Schäden im Fallrohr ( 5 Geschosse ) sind um so größer, je weniger die Rohre mit Abwasser in Berührung kamen, also im Bereich der Dachentlüftung wesentlich stärker als im Kellerbereich vor dem Kanalanschluss.
Die betroffenen waagerechten Leitungen und den einzelnen Etagen sind vor allem auch auf der Oberseite stark angegriffen, teilweise meterweise längs aufgerissen und schilferig aufgeplattet.
Können Gase dafür verantwortlich sein?

Wäre super schön, ich könnte dazu etwas erfahren.

Beste Grüße. Mika 1852

Hallo Mika,

ich bin kein Experte für Abwasserrohre, aber ich versuche mal aus der Sicht eines Menschen zu antworten, der sich mit Korrosion doch schon eine Weile beruflich herumschlägt.

Gußeisen ist ein sehr stark korrodierendes Material - da genügt schon eine hohe Luftfeuchtigkeit und z.B. Bedingungen, die dazu führen, dass lokal Kondenswasser entstehen kann, z.B. salzhaltige Ablagerungen.
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die von Dir erwähnten 30 Jahre so ziemlich die maximale Lebensdauer solcher Rohre darstellen.

Gerade bei Korrosionsvorgängen sind „Wechselbedingungen“ zwischen Nass und Trocken sehr ungünstig. In geschlossenenen Leitungssystemen stehendes Wasser verarmt sehr schnell an gelösten Gasen, z.B. Sauerstoff, und verliert dann einen Großteil seiner korrosiven Wirkung. Das ist in immer wieder nur kurz durchgespülten Abwasserrohren sicher nicht der Fall. Tatsächlich ist es hier eher so, dass während des Trocknens durch das Verdunsten des Wassers zeitweise hochkonzentrierte Salzlösungen an der Oberfläche der Rohre entstehen. Da es sich nur um dünne, an der Wand noch eine Weile anhaftende Wasserfilme handelt, hat auch der Sauerstoff aus der Luft praktisch freien Zutritt zum Metall - IDEALE Bedingungen für massive Korrosion.
Die horizontal verlaufenden Rohre trocknen oben schneller ab als unten UND es bleiben auch keine mehr oder weniger schützenden Reste des Spülguts oben kleben - die Rohre können also durchaus oben schneller korrodieren als unten.

Das von Dir beschriebene Korrosionsbild ist typisch für praktisch alle Gußeisen und niedrig legierten Stähle (Bau-, Maschinenstähle).

Bestimmte Gase können so etwas verstärken, aber bei einem Alter von 30 Jahren glaube ich nicht, dass dieser Effekt eine große Rolle gespielt hat…
Beispiel: SO2 löst sich in Wasser zu H2SO4 - Schwefelsäure - Stichwort: Saurer Regen.
CO2 wird zu Kohlensäure.
Beide Gase verstärken die Säurekorrosion der Eisen-Basislegierungen einfach dadurch, dass der pH-Wert des Wasserfilms zeitweise gesenkt wird.
Aber: Bei weitem nicht jedes Gas hat diese Wirkung - es kommt also auch auf die Art der evtl. eingeleiteten Gase an!
Ich hoffe, das reicht! :smile:

Hallo,
da kann ich Dir nicht weiterhelfen.
30 Jahre alte Rohre sollten aber eh´ ausgetauscht werden, in der Regel sind die auf … und achte auf die Muffen, die in der Regel auch gebrochen sind.

Hallo

Ich denke dass der Korrosionsschaden in Ihrem Fall in seinem örtlichen Verlauf ganz einfach von der lokalen Verügbarkeit von Sauerstoff dominiert wird. Andere Gase werden nur eine untergeordnete Rolle spielen.
In einem Fallrohr muss man davon ausgehen, dass die Rohre eigentlich nie trocken werden, auch nicht in den obersten Etagen. Auch hier wird die Oberfläche fast immer von einem dünnen Wasserfilm bedeckt sein. Das trifft auch für die Oberseite der Querrohre zu.
Um die Korrosion „am Laufen zu halten“, braucht es dann noch Sauerstoff. Dieser ist im Bereich der Entlüftung bevorzugt vorhanden. Deshalb kommt es hier zu den schwersten Schäden. Nach unten wird die Konzentration durch die laufende Korrosion, aber auch durch Faulprozesse abnehmen , da diese ja auch Sauerstoff verbrauchen.
Die Korrosionsgeschwindigkeit ist bei einem nassen Metallteil dann am höchsten, wenn das Teil fast völlig abgetrocknet ist. Dann ist der Wasserfilm am dünnsten und umgekehrt kann der Sauerstoff am besten an die Metalloberfläche kommen. Genau diese Bedingungen finden sie an der Oberseite der Querrohre und auch in den oberen Etagen.
Als Lösung hilft nur ein korrosionsbeständiger Werkstoff, am besten Kunststoff.

Ich hoffe, dass die Info ausreicht.

Heinrich

Hallo Mika 1852,

Gase entstehen im Abwasser zum größten Teil nur, wenn das Wasser steht und Zeit hat zu faulen. Diese Gase können in einer Fallleitung nicht entstehen.

Ich nehme daher an, dass die Leitungen nicht mit einer korrosionshämmenden Beschichtung versehen wurden. Evtl. ist die Entlüftung mangelhaft ausgeführt und es konnte sich Schwitzwasser bilden, dass für die Korrosion verantwortlich ist.

Mit freundlichen Grüßen

Frank

Hallo und vielen Dank für die Antwort!
Ist hilfreich weil es meine Vermutungen eineseits stützt, andererseits aber mich ins Grübeln bringt, warum dies dann bei anderen, genau zeitlich baugleichen Gebäude in Köln eben nicht dr Fall ist.

In jedem Fall vielen Dank für Ihre Mühe und ich kann wohl ausschließen, dass Bierhefe, oder Fettgase dafür alleine verantwortlich sind…

Danke für die Unterstütung, mit lieben grüßen Michael Wihr

Hallo und danke für die Antwort!!!
Liebe Grüße,
Mika

Hallo,
da kann ich Dir nicht weiterhelfen.
30 Jahre alte Rohre sollten aber eh´ ausgetauscht werden, in
der Regel sind die auf … und achte auf die Muffen, die in
der Regel auch gebrochen sind.

Hallo und recht herzlichen Dank für die Unterstützung!!
Jetzt weiß ich doch ein gut Stück mehr über die Zusammenhänge und kann mir weitere Gedanken machen.
Ähnlich hatte ich auch gedacht, aber ich bin froh ein paar chemische und physikalische Erkenntnisse an Hand zu haben, die diesen eklatanten Schaden erklären können.

Dennoch hadere ich mit einer vergleichbaren Baustelle, gleicher Bauherr, gleiches Baujahr,ebenfalls Gastronomie und Wohnungen, allerdings keine Ärtzte!
Gleiches Material, aber keinerlei Schäden daran!
Dort sind im Gegenteil ausschließlich die Zuwasserleitungen betroffen, aber das ist eine andere Sache.

Vielen Dank für die große Mühe,

mit lieben Grüßen
Michael Wihr ( Mika )

ich bin kein Experte für Abwasserrohre, aber ich versuche mal
aus der Sicht eines Menschen zu antworten, der sich mit
Korrosion doch schon eine Weile beruflich herumschlägt.

Gußeisen ist ein sehr stark korrodierendes Material - da
genügt schon eine hohe Luftfeuchtigkeit und z.B. Bedingungen,
die dazu führen, dass lokal Kondenswasser entstehen kann, z.B.
salzhaltige Ablagerungen.
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die von Dir erwähnten
30 Jahre so ziemlich die maximale Lebensdauer solcher Rohre
darstellen.

Gerade bei Korrosionsvorgängen sind „Wechselbedingungen“
zwischen Nass und Trocken sehr ungünstig. In geschlossenenen
Leitungssystemen stehendes Wasser verarmt sehr schnell an
gelösten Gasen, z.B. Sauerstoff, und verliert dann einen
Großteil seiner korrosiven Wirkung. Das ist in immer wieder
nur kurz durchgespülten Abwasserrohren sicher nicht der Fall.
Tatsächlich ist es hier eher so, dass während des Trocknens
durch das Verdunsten des Wassers zeitweise hochkonzentrierte
Salzlösungen an der Oberfläche der Rohre entstehen. Da es sich
nur um dünne, an der Wand noch eine Weile anhaftende
Wasserfilme handelt, hat auch der Sauerstoff aus der Luft
praktisch freien Zutritt zum Metall - IDEALE Bedingungen für
massive Korrosion.
Die horizontal verlaufenden Rohre trocknen oben schneller ab
als unten UND es bleiben auch keine mehr oder weniger
schützenden Reste des Spülguts oben kleben - die Rohre können
also durchaus oben schneller korrodieren als unten.

Das von Dir beschriebene Korrosionsbild ist typisch für
praktisch alle Gußeisen und niedrig legierten Stähle (Bau-,
Maschinenstähle).

Bestimmte Gase können so etwas verstärken, aber bei einem
Alter von 30 Jahren glaube ich nicht, dass dieser Effekt eine
große Rolle gespielt hat…
Beispiel: SO2 löst sich in Wasser zu H2SO4 - Schwefelsäure -
Stichwort: Saurer Regen.
CO2 wird zu Kohlensäure.
Beide Gase verstärken die Säurekorrosion der
Eisen-Basislegierungen einfach dadurch, dass der pH-Wert des
Wasserfilms zeitweise gesenkt wird.
Aber: Bei weitem nicht jedes Gas hat diese Wirkung - es kommt
also auch auf die Art der evtl. eingeleiteten Gase an!
Ich hoffe, das reicht! :smile:

Bei Korrosion ist eigendlich immer Sauerstoff beteiligt (wenn er verfügbar ist). Der ist aber auch in ausreichender Menge im Wasser gelöst. Stutzig macht mich etwas die Beschreibung mit Rissen und Schieferplattartigen Belägen. Sind die Rohre aus Eisen (Grauguss ?) oder sind das eventuell noch Bleirohre ?
Gibt es Anhaltspunkte über die Zusammensetzung des Wassers ? Schwefelgehalt ?
Wegen den Rissen und diesem Abblättern ist es auch wichtig was über Strömungsgeschwindigkeit, Häufigkeit der Nutzung, Temperaturbelastungen etc zu wissen.

Bei „ganz normalen Abwasserrohren aus Eisen“ hätt ich jetzt eher dicke, rostrote oder schwärzlich oder gelbliche Beläge erwartet. …

An Deiner Stelle würde ich je nach geplanter Nutzung und Rohrwerkstoff einen Fachmann dazuziehen. Der braucht aber dann die o.g. Infos und Bilder und möglichst ein Stück von dem Rohr.

Hallo und vielen Dank für die Antwort!

Klar: Sauerstoff ist beteiligt!
Das ist er aber genauso auch bei vergleichbaren Objekten, die aber dennoch auch nach 30 Jahren keine Schäden aufweisen. Habe eben zufällig ein paralleles Projekt, in dem dieser Schaden eben überhaupt keine Rolle spielt.
Wahrscheinlich wäre es sinnvoll, die Problemsituation auf die chemische Ebene zu stellen!?

Über diese Dinge ist natürlich derzeit nichts bekannt! Und es gibt natürlich auch keinerlei Werte dazu…

Ich hab den Schaden ja letztlich auch baumäßig nur zu beheben, dennoch frage ich natürlich immer nach den Ursachen! Dümmer wird man davon sicher nicht und ich finde es toll, dass es hier ein solches Forum dazu gibt!

Vielen Dank zunächst, wenn ichs weiter präzisieren kann, werde ich nochmals einen Frageversuch starten.

Mit Grüßen,
Mika

Dieses Problem ist in der öffentlichen Kanalisation bekannt. Die Korrisionen entstehen dort durch Schwefelsäure als Folge einer Schwefelwasserstoffbildung im Abwasser. Der biologisch gebildete Schwefelwasserstoff (gasförmig) wird oberhalb der Wasserphase durch Schwefelbakterien an den Rohrwänden (Biofilme) zu Schwefelsäure umgesetzt. Diesen Bakterien reicht die hohe Luftfeuchtigkeit zum Überleben aus.

Hallo und vielen Dank für die Antwort!

Wahrscheinlich wäre es sinnvoll, die Problemsituation auf die chemische Ebene zu stellen!?

Nein, sinnvoll wäre eine Schadensanalyse ( die Methoden sind z.B. Anfertigen von metallographischen Schnitten, Rasterelektronenaufnahmen, Auflichtmikroskopaufnahmen, etc)
Das Problem ist weniger die „Reaktionsgleichung“ sondern vielmehr die „technischen Umstände“ also eher die materialwissenschaftliche Seite.

Da tauchen solche Fragen nach dem Aufbau der Oxidschicht auf, nach der Oberflächenbeschaffenheit, der mechanischen und thermischen Belastung etc.

Begriffe, die mir spontan einfallen sind Erosionskorrosion und Spannungsrisskorrossion.

Ich hoffe, das hilft Ihnen etwas weiter. Aber von Ferne kann ich da wenig beurteilen.

Hallo nochmal und wieder vielen Dank!

Ich werde meinem Bauherren die materialmäßige Prüfung vorschlagen…

Liebe Grüße Michael Wihr

Ich werde meinem Bauherren die materialmäßige Prüfung
vorschlagen…

Hallo Herr Wihr,
eine Materialprüfung ist leider wieder etwas anderes. Dabei wird die chemische Zusammensetzung, die Festigkeitskennwerte, Korngrößen, Homogenität der Werkstoffes etc untersucht …
Sollte ihr Bauherr den Schaden untersuchen lassen wollen, muss er eine Schadensfallanalyse beauftragen.
Gruss
Monika

Hallo Mika,

was bei Dir vorliegt, ist die an Grauguss zu erwartende Korrosion. Der Korrosionsangriff ist dort am stärksten, wo in feuchter Atmosphäre der meiste Sauerstoff hingelangt. Dies erfolgt dort, wo die Rohre befeuchtet sind, aber das Wasser nicht steht. Bei dem Korrosionsangriff, den Du beschreibst handelt es sich sehr wahrscheinlich um selektive Korrosion des Graugusses. Dabei löst sich im Laufe der Zeit das Eisen heraus und übrig bleibt der Graphit (Grauguss besteht aus Eisen und dazwischen aus Graphitlamellen). Der übriggebliebene Graphit hat eine sehr geringe Festigkeit und reist dann auf.
Ich hoffe das war nicht zu kompliziert.

Gruß
Geliang

Hallo Mika 1852,

leider habe ich die Anfrage im allgemeinen Trubel etwas aus den Augen verloren. Auch weil es sich dabei nicht direkt um mein Themengebiet handelt.

Grundsätzlich sind Aussagen zu Schäden ohne Inaugenscheinnahme und gfls. Untersuchung von entsprechenden Asservaten immer mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Dagegen können auch aufwendige und teure Untersuchungen nicht immer zweifelsfreie Ergebnisse liefern.

Ich vermute, dass du richtig liegst, wenn als Ursache Gase angesehen werden. Ich denke auch, dass mit der angegriffenen Oberseite im waagrechten Rohr die Innenseite in 12-Uhr-Lage gemeint ist. Das wäre typisch für eine Teilbefüllung mit Gasphase (Dreiphasengrenze). Bei den Gasen kann man nur spekulieren, es müssten beispielsweise solche wie CO2 oder SO2 sein, aus denen sich im feuchten Milieu starke Säuren bilden und den Werkstoff zerstören. Inwieweit hier die eigenen Abwässer zur Gasbildung mit beitragen können, kann ich nicht beurteilen. Aber die unterschiedlichsten Abwässer neigen ja gelegentlich zur Geruchsbildung und die Gerüche sind nicht unbedingt lieblich (schwefelhaltig z.B) und die o.g. sind nicht aussergewöhnlich bei den Bedingungen sondern eher normal.
Bei Gusseisen könnte ich mir die Bildung sulfidischer Korrosionsprodukte gut vorstellen, aber auch Angriff durch CO2. Spongiose ist ein typisches Schadensbild bei Gussrohren. Dabei bleibt im wesentlichen das mechanisch nicht mehr stabile Grafitgerüst zurück und das Eisen wird aus dem Werkstoff gelöst.

Andererseits würde ich nach 30 Jahren Betrieb eine Sanierung durch Ersatz der Abwasserleitungen nicht unbedingt als Luxus ansehen wollen, sondern eher für nicht ungewöhnlich halten.

Soviel meinerseits dazu aus der „Ferne“.

Freundliche Grüße
Michael

Bausanierung eines gewerblichen Objektes, massive Korrosionsschäden an etwa 30 Jahre alten
Gussrohren; je weniger die Rohre mit
Abwasser in Berührung kamen, also im Bereich der
Dachentlüftung wesentlich stärker als im Kellerbereich vor dem Kanalanschluss.
betroffene waagerechten Leitungen sind vor allem auch auf der Oberseite stark angegriffen,
Können Gase dafür verantwortlich sein?

Hallo Mika,

dafür fehlt mir leider das Experten-Wissen!

Beste Grüße
Viva con Agua

Hallo ika,

jetzt bin ich zwar sehr spät dran und die Rohre müssten sich langsam aufgelöst haben, trotzdem Folgendes dazu:

Es ist der Sauerstoff aus der Luft. Abwasserrohre sind ja zum Druckausgleich oben entlüftet. Aggressiv gegenüber Grauguss ist das Milieu sowieso (permanente Feuchtigkeit, ungünstiger pH-Wert, Schwefelverbind-
ungen aller Art, usw.). Wenn dann noch Luftsauerstoff dazu kommt, entsteht die bekannt Eisenoxidation und es bildet sich Rost.

Wahrscheinlich war das nix Neues, aber ich musste das loswerden …

Viele Grüße,
Diethelm Weltin