Hallo lila Blaubeere,
jede einzelne Deiner Fragen böte Raum für eine Doktorarbeit Ich will es trotzdem versuchen, mich möglichste kurze und dennoch befriedigende Antworte zu geben.
ZU 1)
Paradoxerweise gibt es keinen Schuldigen. Die volkswirtschaftliche Theorie besagt sehr deutlich, dass eine gemeinsame Währung souveräner Nationalstaaten ohne politischen Überbau nicht funktionieren kann. Es ist ein ökonomisches Gesetz, dass eine gemeinsame Währung die Starken stärker und die Schwachen schwächer macht. DAs führt zur Zerreißprobe, die wir aktuell erleben. Problematisch war, dass man den Euro eingeführt hat, ohne den politischen Rahmen entsprechend zu verändern.
Zu1)
M.E. werden die Banken (mit individuellen Ausnahmen) in Bezug auf die Euro-Krise zu hart kritisiert (allerdings arbeite ich bei einer Bank, vielleicht bin ich nicht neutral…). Im Gegensatz zur US Finanzkrise haben die Banken keine unmittelbare Verantwortung an der aktuellen Situation. Im Gegenteil. Da eine Währungsunion ohne politische Union nicht funktionieren kann, bekommen die Banken enorme Schwierigkeiten, da ja immer der Fortbestand der Währung in Frage gestellt ist. Banken sind definitionsgemäß aber auf eine stabile Währung als Arbeitsgrundlage ebenso angewiesen wie beispielsweise ein Rennfahrer auf die Rennstrecke. Weißt die Fahrbahn Schlaglöcher auf, dann passieren logischerweise Unfälle. Ob man für diese Unfälle nun den Fahrer verantwortlich machen kann, halte ich fraglich. Vielmehr scheint, als ob sich die Öffentlichkeit (Politik, Meiden, …) nicht die Verantwortung eingestehen möchten, dass mit der zu frühen Einführung des Euros ein ökonomischer Kapitalfehler begangen wurde. Da hilft es, die Banken als Sündenböcke hinzustellen.
Zu 3) Ich habe auch hier meine persönliche Meinung, die sicher subjektiv ist, aber ich denke, wir sollten zunächst an einem politischen Überbau mit demokratischer Legitimierung der Eurozone arbeiten.
D.h. wir brauchen eine europäische Verfassung und direkt gewählte europäische Vertreter, die eine europäischen Regierung bilden. Diese sollte eine umfassende europäische Wirtschaftspolitik organisieren. D.h. u.a. auch gemeinsame Steuern erheben und soziale Transfers organisieren und gleichzeitig sicher stellen, dass die Transfers nicht zu Reformmüdigkeit führen. (man denke an die deutsche Einheit - eine funktionierende Währungsunion)!
In diesem Umfeld könnte man auch Staaten bankrott gehen lassen, ohne das man Angst haben müsste, dass der Euro auseinander bricht. So wie man in USA auch Kalifornien bankrott gehen lassen kann. Aktuell ist die systemische Gefahr viel zu hoch, weshalb man die Staaten retten muss, nicht der Staaten willen, sondern des Euros und damit auch der Banken willen.
Bankrotte/Euroaustritte in der Peripherie im jetzigen Umfeld wird m.E. zu einem nicht kontrollierbarem Prozess mit unvorhersehbaren Folgen für alle Staaten führen. Ich bin davon überzeugt, dass ein Kollaps des Euros nicht vermeidbar wäre und dieser Kollaps zumindest auf eine Sicht von fünf Jahren verheerende Auswirkungen auch für Deutschland (einschließlich Staatsbankrott) hätte. Die politischen Folgen für die Einheit Europas und dessen Wahrnehmung in der Welt halte ich auch langfristig für dramatisch.
Meine Vorschlag für die Eurozone erfordert aber Plebiszite und eine Eibindung der europäischen Bevölkerung. Das ist für mich die entscheidende Maßnahme…Leider in weiter Ferne…
Ich hoffe, dass hilft ein wenig, auch wenn es wirklich sehr unvollständig ist.
Beste Grüße
MAuricio Vargas