Hallo zusammen,
ich arbeite in einem Betrieb, der Automatisierungsanlagen (Sondermaschinen) herstellt. Dafür kaufen wir natürlich Material ein und montieren dies zu einer fertigen Anlage. Diese Montage kann bis zu drei Monaten dauern, je nach Umfang der Maschine. Es kann auch sein, dass bis zu einer halben Million Euro beschafft werden muss. Dieses Material wird aber im gesamten Umfang zu einem Termin beschafft. Soll heißen, es gibt einen Termin für den Montagebeginn. Bis da hin wird das gesamte Material für die kommenden 3 Monate besorgt.
Es kann also sein, dass ein Anlagenteil (sagen wir mal 30.000€) im Januar bereits geliefert und bezahlt wird, es aber erst Mitte Februar (oder auch erst im März) montiert wird. Es liegt also 6 oder auch 10 Wochen "rum".
Meine Frage ist nun, mit welchen Kosten (Miete für Lagerfläche, Zinsausfall etc.) muss man rechnen, wenn man diese Teile so früh besorgt und es liegen lässt?
Gruß Björn
Hallo!
Meine Frage ist nun, mit welchen Kosten (Miete für
Lagerfläche, Zinsausfall etc.) muss man rechnen, wenn man
diese Teile so früh besorgt und es liegen lässt?
Die Frage zu Zinskosten läßt sich nur beantworten, wenn man weiß, wie sich das Unternehmen finanziert. Dabei sind auch Montagezeiten, die dabei entstehenden Kosten und mit dem Kunden vereinbarte Zahlungsziele zu berücksichtigen. Bei Kenntnis dieser Sachverhalte wirst du die Frage nach Kapitalkosten selbst beantworten können. Auch zu den Lagerkosten läßt sich ohne Detailkenntnis nichts sagen. Ist es die Freifläche hinter dem Firmengebäude? Muß für einen einzelnen Auftrag extra ein beheiztes Lager angemietet werden oder kann man die Kosten eines ohnehin dauernd benötigten Lagers auf alle Aufträge als Teil der Gemeinkosten verteilen?
Konnte es sein, daß jemand einen Geschäftsplan erstellen will/muß, aber nicht so richtig weiß, wie er die Sache angehen soll?
Gruß
Wolfgang
Hallo Wolfgang,
meiner Meinung nach SOLLTE man einen Geschäftsplan erstellen (ich bin es nicht). Nur leider sieht keiner die Notwendigkeit, dies zu tun. Ich würde das Thema nun mal gern in Zahlen fassen. Nur bin ich kein Experte. Es könnte auch gut sein, dass die Ersparnis durch besser terminierten Einkauf in Grenzen hält und es sich nicht lohnen würde.
Die Zahlungsziele mit dem Kunden bekomme ich heraus. Aber was meinst du mit „wie sich das Unternehmen finanziert“?
Die Lagerfläche ist vorhanden. Ein weiteres Lager (unbeheizt) wurde jetzt neulich angemietet, aber nur deswegen, weil wir überdurchschnittlich viel Aufträge derzeit haben.
Gruß Björn
Hallo Björn!
Aber was meinst du mit „wie sich das Unternehmen finanziert“?
Im Idealfall finanzieller Unabhängigkeit verfügt das Unternehmen über ausreichend eigene liquide Mittel, um Aufträge von der Akquisition, über die Materialbestellung bis zum Zahlungseingang vorzufinanzieren. Die kurzfristige Anlage entbehrlicher liquider Mittel bringt wenig bis nichts, so daß es keine Rolle spielt, ob Liquidität in bereits bezahltem Lagerbestand gebunden wird. Genug Geld ist ja da. Zusätzliche Zinslasten entstehen keine.
Die beschriebene komfortable Situation entspricht aber nicht dem Regelfall. In aller Regel gibt es eine Kreditlinie, die begrenzt ist und deren Inanspruchnahme Geld kostet, Von daher wird man sich das Lager nicht mit Sachen vollpacken, die man noch gar nicht braucht, für deren Bezahlung aber Kredit in Anspruch genommen wird. Andererseits ist es nicht unbedingt klug, für die Auftragsbearbeitung benötigte Waren erst auf den letzten Drücker ankommen zu lassen. Eine Lieferung verzögert sich schon mal oder man stellt bei der Wareneingangsprüfung Unerwünschtes fest. Wenn deshalb die Produktion ins Stocken gerät und eigene Liefertermine ins Rutschen kommen, kann es teuer werden (und am guten Namen kratzen). Was sinnvoll ist, muß man im Einzelfall prüfen. Bei Sonderanfertigungen von Zulieferern sollte man mehr zeitliche Luft als bei Normteilen einplanen, die nötigenfalls von x-beliebigen Lieferanten kurzfristig zu bekommen sind.
10.000 Schrauben DIN sowieso bekommt man jederzeit von Dutzenden Lieferanten von jetzt auf gleich. Geht aber der Guss des Schiffspropellers schief, dessen Herstellung Wochen braucht, war’s das mit dem Termin für den Stapellauf, mit hunderten Terminen mit Unternehmen am Ausrüstungskai und womöglich mit der längst ausgebuchten Jungfernfahrt. Ausgerechnet die Bank, deren Kreditlinie man nicht bis zum Anschlag oder womöglich darüber hinaus in Anspruch nehmen wollte, wird dann maulen und Rechtfertigungen verlangen, warum der angekündigte und schon längst abgetretene Geldeingang immer noch nicht da ist.
Gruß
Wolfgang