Materie / Antimaterie Reaktion, müssen Reaktionspartner identisch sein ?

Hallo zusammen,

eine Frage die mich brennend interessiert: Wenn man ein Proto (+)n mit einem Antipoton(-) zusammenbringt dann vernichten sich beide und es ensteht reine Energie z.B. in Form von Photonen. Müssen die Reaktionspartner allerdings freie ungebundene Protonen sein ? Nehmen wir mal an wir erzeugen ein Materie / Antimaterie Paar (Protonen) im Teilchenbeschleuniger. Dieses trifft irgendwann auf die Aussenwände der Beschleunigerwand die meinetwegen aus einer Eisen Legierung besteht. Kann dieses Proton mit einem gebundenen Proton im Eisenkern ebenfalls zu reiner Energie zerstrahlen und damit dem Eisen ein Proton „klauen“ ? Z.B. trifft ein Antiproton auf einen FE 56 Kern, zertrahlt mit einem Proton und übrig bleibt ein Mangan (MN 55) ? Ich würde jetzt mal behaupten dass die Reatkion möglich ist. Stimmt das auch ?
Wenn das möglich ist dann kann es ja auch zu sekundärer Radioaktivität kommen wenn das um ein Proton „bestohlene“ Element hinterher vielleicht instabil ist weil ein Neutronenüberschuss herrscht ?

Liebe Grüsse :smile:

Hallo,

die von dir angesprochene Reaktion p+ + p- → γ + γ , also die Annihilation in ein korreliertes Photonenpaar, ist nur die einfachste Reaktion der Proton-Antiproton-Kollision auf dem niedrigsten Energielevel. D.h. wenn die Nukleonen nicht zusätzliche kinetische Energie mitbringen und wenn sich beide im niedrigsten Energieniveau befinden. Bei höheren Energien gibt es derweil eine große Zahl komplexerer Reaktionen, die sich darin unterscheiden, welche Quark-Antiquark-Reaktionen in dem Stoßprozess involviert sind. Es entstehen so alle möglichen andere Teilchen, insbesondere W-Bosonen usw., denn bei höheren Energien begegnen sich die Nukleonenals hochkomplexe Systeme von Quarks und Gluonen.

Ansonsten, ja, wenn Antiprotonen niedriger Energie auf Atome treffen, gibt es vorrangig die erwähnte Photon-Annihilation. Man macht sich die zunutze u.a. in biologischen Reaktionen zur Zerstörung von Krebszellen (z.B. am ACE = Antiproton Cell Experiment am CERN). Das Antiproton annihiliert mit einem Proton eines Atoms und die dabei entstehende Strahlungsenergie schießt das Atom aus dem Molekülverband, und das Molekül ist dadurch für seine ursprüngliche biologische Funktion nicht mehr wirksam.

Im Prinzip vermutest du richtig, dass dabei u.a. auch hier und da ein instabiles Isotop (des jeweiligen, nun um eine Ordnungszahl tieferen Atoms) entstehen kann.

Gruß
Metapher

Hallo,

vielen herzlichen Dank für die sehr ausführliche Antwort :slight_smile:
Dann kann man hier auf der Erde Antiprotonen nur dann speichern wenn man sie im Hochvakuum mittels elektromagnetischer Felder in der „schwebe“ hält so dass sie keine Materie berühren.
Dann finde ich das noch viel faszinierender dass man in der Lage ist Antiprotonen ausreichend lange zu speichern um sie untersuchen zu können wenn die bei geringstem Kontakt schon zerstrahlen :smile:

Liebe Grüsse :smile:

Hallo!

Es stimmt, man muß sich überlegen, wie man die Anti-Protonen denn überhaupt „lagert“. Tatsächlich ist das aber gar nicht so viel anders wie bei Protonen. Auch die wären ziemlich schnell weg, wenn man sie nicht in einem Hochvakuum in Feldern einsperrt, wenngleich es dabei nicht so wummst.

Allerdings lagert man Anti-Protonen selten in Ruhe, da dies ein sehr schwieriges Unterfangen ist. Dennoch gibt es Experimente am CERN, die ruhende Anti-Wasserstoff-Atome basteln. Die Seite beschreibt auch, wie man überhaupt Anti-Protonen erzeugt: Man schießt Protonen mit einer Energie von 25GeV auf ein Stück Metall, und bekommt unter anderem Anti-Protonen mit einer Energie von mehr als 5,6GeV. Sie sind damit recht schnell, wenn man bedenkt, daß ihre Masse nach Einstein einer Energie von knapp 1GeV entspricht. (Und im LHC werden Protonen auf bis zu 7000GeV beschleunigt)
Jedenfalls, die Anti-Protonen werden erstmal in einem Speicherring gesammelt, und auf eine halbwegs gleiche Geschwindigkeit gebracht. Ein Speicherring ist nicht viel anders als ein Beschleunigerring, wird eben nur anders genutzt. Und natürlich kann man den auch verwenden, um die Teilchen darin langsam abzubremsen. Allerdings geht das nur bis zu einer gewissen Geschwindigkeit „einfach so“, will man sie auf etwas, das man ungefähr null nennen könnte abbremsen, ist der Aufwand immens groß. Für die meisten Experimente ist das aber auch gar nicht nötig, man braucht eine gewisse Geschwindigkeit.

Übrigens, bei der geringsten Berührung knallt es nicht gleich. Atome sind größtenteils leer, der Kern ist winzig, und nur schwer zu treffen. Ein sehr sehr langsames Anti-Proton wird von ihm zwar angezogen, aber ab ner gewissen Geschwindigkeit fliegt es durchaus ein ganzes Stück durch Materie hindurch, bis es knallt.

Die genannte Webseite beschreibt übrigens noch was erstaunliches: Es gibt radioakive Isotope wie Natrium-22, die Positronen (Anti-Elektronen) abstrahlen. In ihrem Kern wandelt sich ein Proton in ein Neutron um, und gibt ein Positron ab. Normalerweise wandeln sich Neutronen in Protonen um, und geben Elektronen ab. Das heißt also, daß selbst bei radioaktivem Zerfall Antiteilchen entstehen können.

Überhaupt denken die meisten Menschen, daß Antimaterie etwas unglaublich exotisches ist. Allerdings entstehen bei den Beschleunigerexperimenten und in der Höhenstrahlung im gleichen Maße Anti-Teilchen wie Teilchen. Für einen Teilchenphysiker wird es Exotisch, wenn man daraus komplexere Strukturen wie ganze „Anti-Atome“ baut.

Hallo,

Auch dir ein dickes Dankeschön für die ausführliche Antwort :smile:
Den Wiki Artikel zum Antiproton Declerator werde ich mir mal genauer durchlesen :slight_smile:
Es ist schon ein äusserst spannendes Thema wie ich finde. Dann ist ja Antimaterie eigentlich garnicht so exotisch wenn man bedenkt dass Positronen bei manchen Kernumwandlungen entstehen können und auch in Höhenstrahlung allgegenwärtig sind.

Liebe Grüsse

Hallo,

Noch faszinierender ist dann, dass eigentlich bei der Entstehung unseres Universums gleich viel Materie und Antimaterie vorhanden war. Die Materie und Antimaterie ist dann aber wieder zerstrahlt. Durch eine kleine Unsymmetrie ist dabei aber etwas Materie übrig geblieben.

MfG Peter(TOO)

Das verfolge ich ja auch schon eine Zeit lang sehr gespannt in der Hoffnung dass man die Ursache der Asymmetrie ausfindig machen kann.

Liebe Grüsse