Hallo Mike.
Papageien sind Individualisten. Deshalb lässt es sich sehr schwer, wenn nicht gar nicht, voraussagen, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten werden. Jahrelang in Einzelhaltung gefangene Tiere haben meistens einen psychischen Knacks, der nur sehr schwer bis gar nicht mehr weg zu kriegen ist.
Die Prägung auf ein Geschlecht beim Menschen, meist ist es das gegenläufige, ist übrigens keine Seltenheit. Das muss kein Zeichen für schlechte Behandlung sein.
Mir ist ein Fall bekannt, in dem ein wütender Amazonenmann, jeden Menschenmann, den sein Frauchen mitbrachte, auf Leben und Tod bekämpft hat. Und eine wütende Amazone ist nicht zu verachten. In einem Fall ging die Verfolgung die Treppe hinauf bis in’s Badezimmer in der ersten Etage, wo sich der Verfolgte gerade noch einschließen konnte. Nachdem der Papagei endlich von Frauchen beruhigt und weg gesperrt war, verließ der verhinderte Liebhaber wortlos die Wohnung und ward nie mehr gesehen.
Ein einzeln gehaltener, handzahmer Mohrenkopf, vereitelte jeden Versuch, ihn mit seines gleichen zusammen zu führen, indem er die Neuen rüchsichtslos umbrachte. Das war in einer großen Flugvoliere, die er mit mehreren Amazonen teilte. Den Amazonen tat er nichts, solange sie ihm nicht im Weg saßen, sie interessierten ihn einfach nicht die Bohne. Dieser Papagei war nur an Menschen interessiert, er ließ sich hingebungsvoll kraulen. Frauen allerdings biss er dabei manchmal kräftig in den Finger.
Berta sei noch erwähnt, ein Felsensittich, den wir aus Privathaltung bekamen und der seinen Namen lauthals herausschrie. Sie war definitiv ein Weibchen, weil sie schon mal ein Ei gelegt hatte. Berta war auf mich geprägt, sobald ich die Voliere betrat machte sie mir sehr deutlich unsittliche Angebote. Die waren auch für den Laien leicht erkennbar und wirkten irgendwie besonders makaber, weil Berta, infolge Federrupfens fast nackt war. Per Zufall bekamen wir einen männlichen Felsensittich. Der war 2 Jahre lang für Berta weniger als Luft, er unternahm aber auch seinerseits kaum Annäherungsversuche. Berta indessen hielt, wenn kein Mensch in der Nähe war, lieber mit einer ebenfalls einsamen Amazone zusammen. Voriges Frühjahr nun, als ich nach längerer Abwesenheit wieder kam, war Berta plötzlich doch mit ihrem männlichen Artgenossen zusammen. Die beiden tauschten noch lange keine Intimitäten aus, waren sich aber doch so nahe gekommen, dass sie die meiste Zeit beieinander saßen.
Ja und ich war vollkommen abgemeldet, Berta tat so, als hätte sie mich im ganzen Leben noch nie gesehen. Und ihre Federn sprießten wieder, sie hatte besseres zu tun, als sie sich systematisch auszurupfen.
Was ich eigentlich sagen wollte, Papageien binden sich auf Lebenszeit und es kann sehr schwierig sein, sie mit Artgenossen zu vergesellschaften. Am besten geht es noch in einer großen Voliere, wo sie sich aus dem Weg gehen können. Ansonsten, etwa im Zimmer, brauchen sie ständige Aufsicht, manchmal über Monate hinweg, wenn es kein Unglück geben soll. Der „Aufsichtführende“ sollte dabei stets Kescher und dicke Lederhandschuhe bereit halten. Wer einmal von einem wütenden Wellensittichweibchen gebissen wurde, kann sich in etwa vorstellen, was ein größerer Papagei mit seinem Schnabel anrichten kann. Das geht durch bis auf den Knochen.
Die erste Zeit hindurch sollten sich die Vögel nur aus den Käfigen heraus kennen lernen, danach, wenn keine sichtbaren Aggressionen auftauchen, kann man mal den einen, mal den anderen ab und zu frei lassen. Ständig beobachten!
Nichtartgenossen sind den Vögeln, sofern sie sie nicht „aus Versehen“ umbringen, meistens vollkommen egal.
Es gibt einige Leute in Deutschland, die sich das Zusammenführen von Papageien aus Einzelhaltung zur Aufgabe gemacht haben, im Zweifelsfall ist es besser, wenn man derart „verkorkste“ Vögel in kundige Hände abgibt.
http://papageienhilfe-deutschland.de/wbb/ ist ein erster Anlaufpunkt.
Gruß, Nemo.