Medizinertarife

Hallo Steffen!

Ich habe mir meinen Arm verletzt,habe
ein Rotatorenmanschettensyndrom,welches sehr schmerzhaft
ist.Überweisung zum Orthopäden…

Und was soll/kann der Orthopäde machen? Vermutlich nicht viel und deshalb wird er eine mehr oder weniger sinnfreie Salbe verordnen und dazu raten, den Arm/die Schulter zu schonen. Die Beschwerden werden von alleine verschwinden. Das sagt der Doc natürlich nicht und Du sprichst die Linderung der Beschwerden der genialen Diagnose und der tollen Salbentherapie zu.

Augenarzt: Wartezeit ca. ein HALBES Jahr !!

Dann suche einen anderen Augenarzt. Augenärzte rangieren auf der Verdienstskala niedergelassener Mediziner am unteren Ende kurz vor den Tierärzten und sind i. a. froh über jeden Patienten, der sich in ihre Praxis verirrt.

Ost und West-gleiche Löhne für alle Ärzte: Schließlich sind
sir für das höchste Gut des Menschen da: Die Gesundheit !!

Nun mal Spaß beiseite: Über Praxisgebühren wird geschimpft. Über steigende Kassenbeiträge ebenfalls. Eine echte Selbstbeteiligung und ein System mit einer Art „Schadenfreiheitsrabatt“ wie bei den privaten Versicherungen wird als Teufelszeug abgelehnt. Mehr zahlen will offenkundig niemand. Krankenhausärzte wollen mehr Geld. Schlappe 120.000 Mitarbeiter der Krankenkassen und nochmal ein Haufen Leute bei den kassenärztlichen Vereinigungen wollen ihre (zum erheblichen Teil überflüssigen) Jobs behalten. Die Menschen werden immer älter und die machbaren medizinischen Eingriffe immer aufwendiger und teurer. Vielleicht merkst Du, daß die verschiedenen Interessen untereinander inkompatibel sind.

Wenn wir bereit sind, die Zeche zu bezahlen, können wir alles haben.

Gruß
Wolfgang

Hallo Ivo,

Was mich an dieser ganzen Ärtze-Diskussion immer wirklich
ankotzt snd andere Punkte.

  1. Da wird über die ewig langen Schichten gesprochen - die
    anschliessenden freien Tage werden nur seltenst am Rand
    erwähnt

Du irrst. Ich habe nie jemals irgendeinen Freizeitausgleich für irgendeinen 32-36-Stundendienst bekommen, noch jemals einer/eine meiner Kollegen/Kolleginnen an den verschiedenen Kliniken, an denen ich im Lauf meines Lebens tätig war. Du gehst einfach so von etwas aus und stellst es als Tatsache in den Raum, und das ist in einer solchen Situation einfach nur - ärgerlich. Und das ist es, was einen innerlich beidrehen läßt, auf weitere Debatten verzichten, und dann wird Arroganz unterstellt. Das, was ich je an Freizeitausgleich erlebt habe, war: in Ausnahmefällen , wenn es dem, der Dienst hatte, schlecht ging, völlig erschöpft oder Kopfschmerzen oder was, konnte der Chefarzt speziell erlauben, daß derjenige „schon“ mittags nach Nachtdienst nachhause ging (was dann ja immer noch einen 30-Stundendienst bedeutete).

  1. Schlechte Bezahlung? Was sollen erst die Schwestern sagen?
    Aber die haben ja keine Lobby weil kein Ansehen.

Die Schwestern verdienen so schlecht nicht. Eine erfahrene Schwester verdient … mehr als ein junger Assistenzarzt. Ein 32-jähriger Assistenzarzt - also etwa 5 Jahre nach Studienabschluß, schon ein erfahrener Assistent wahrscheinlich kurz vor der Facharztanerkennung, d.h. kurz vor der Möglichkeit, Oberarzt zu werden, verdient netto 1651,-Euro. Und nicht einmal an irgendeiner kleinen Kreisklinik: an einer Universitätsklinik (Freiburg), wo derselbe Arzt zugleich zu den täglichen Klinikpflichten mit der Unterrichtung von Studenten und Verpflichtungen zur Forschung belastet ist. Es gibt Grenzen. Ein solcher Lohn für solche Arbeit, stets am Rand der Erschöpfung geleistet, ist nicht nur lächerlich. Er ist auch demütigend.

Es wird immer der Vergleich einen Artzes mit dem Handwerker
angestellt. Egal in welcher Sendung die ich anschaue. Was aber
wirklich verglichen wird ist nicht der 10 Jahre im Dienst Arzt
mit dem angestellten Handwerker, sondern das Einstiegsgehalt
eines Arztes mit der Person der die Handwirkerfirma gehört.
Und die areitet in der Regel auch 60-70 Stunden die Woche UND
trägt noch das Unternehmensrisiko.

Ich finde den Vergleich zwischen angestelltem Arzt und selbständigem Handwerksmeister auch unglücklich. Zugleich möchte ich Dich darauf hinweisen, daß Ärzte an Kliniken durchschnittlich 46 Stunden arbeiten, an Unikliniken 56% über 55,3 Wochenstunden, 56% über 50 Wochenstunden und 23% über 60 Stunden pro Woche.Diese Zahlen beziehen sich auf junge Ärzte. - Ich halte solche Vergleiche aber dennoch für unglücklich, weil die Inhaber von Handwerksbetrieben meiner Beobachtung nach sehr unterschiedlich verdienen. Es gehen ja nicht wenige inzwischen in Konkurs (wie übrigens mehr und mehr auch Arztpraxen). Warum ein gewisser Ärger zwischen Ärzten und Handwerkern aufkommen könnte: für einen einzigen kurzen Klempnerbesuch zahlt z.B. der niedergelassene Arzt so viel, wie er selbst bei etwa 15 Hausbesuchen bekäme. Hier ist auch keine rechte Verhältnismäßigkeit zu erkennen.

… die Liste liesse sich fortsezen.

Ärztlicherseits auch.

Gruss Ivo

Gruß, I.

Hallo Irmtraut,

Du irrst. Ich habe nie jemals irgendeinen Freizeitausgleich
für irgendeinen 32-36-Stundendienst bekommen, noch jemals
einer/eine meiner Kollegen/Kolleginnen an den verschiedenen
Kliniken, an denen ich im Lauf meines Lebens tätig war. Du
gehst einfach so von etwas aus und stellst es als Tatsache in
den Raum, und das ist in einer solchen Situation einfach nur -
ärgerlich. Und das ist es, was einen innerlich
beidrehen läßt, auf weitere Debatten verzichten, und dann wird
Arroganz unterstellt. Das, was ich je an Freizeitausgleich
erlebt habe, war: in Ausnahmefällen , wenn es dem, der
Dienst hatte, schlecht ging, völlig erschöpft oder
Kopfschmerzen oder was, konnte der Chefarzt speziell
erlauben, daß derjenige „schon“ mittags nach Nachtdienst
nachhause ging (was dann ja immer noch einen 30-Stundendienst
bedeutete).

Seltsam… bei mir entsteht der Eindruck, dass Ärzte nie schlafen und nie Zeit haben… unten schreibst du aber was von 46 Stunden durchschnittlich.
Ausserdem ist für dieses perverse System die Ätzeschaft selbst grossteils verantwortlich.

  1. Schlechte Bezahlung? Was sollen erst die Schwestern sagen?
    Aber die haben ja keine Lobby weil kein Ansehen.

Die Schwestern verdienen so schlecht nicht. Eine erfahrene
Schwester verdient … mehr als ein junger Assistenzarzt. Ein
32-jähriger Assistenzarzt - also etwa 5 Jahre nach
Studienabschluß, schon ein erfahrener Assistent wahrscheinlich
kurz vor der Facharztanerkennung, d.h. kurz vor der
Möglichkeit, Oberarzt zu werden, verdient netto 1651,-Euro.
Und nicht einmal an irgendeiner kleinen Kreisklinik: an einer
Universitätsklinik (Freiburg), wo derselbe Arzt zugleich zu
den täglichen Klinikpflichten mit der Unterrichtung von
Studenten und Verpflichtungen zur Forschung belastet ist. Es
gibt Grenzen. Ein solcher Lohn für solche Arbeit, stets am
Rand der Erschöpfung geleistet, ist nicht nur lächerlich. Er
ist auch demütigend.

Mein Mitleid hält sich in Grenzen.
Immerhin ists ein Gehalt von dem man Leben kann.
Und mehr wie viele andere verdienen dich ich so kenne.
Du machst hier übrigens das selbe wie du unten kritisierst.
Vergleichst einen Berufeinsteiger mit einer langjährigen Schwester.

Wenn das ganze wirklich so ein Trauerspiel ohne jegliche Perspektiven ist… wie kommt es dass ich erst kürzlich in einer Umfrage unter Medizinstudenten nach deren Motivation Medizin zu studieren, folgendes Ergebnis vermittelt bekommen habe:

  1. Geld
  2. Status
  3. Den Wunsch Menschen zu helfen

Ich finde den Vergleich zwischen angestelltem Arzt und
selbständigem Handwerksmeister auch unglücklich. Zugleich
möchte ich Dich darauf hinweisen, daß Ärzte an Kliniken
durchschnittlich 46 Stunden arbeiten, an Unikliniken 56% über
55,3 Wochenstunden, 56% über 50 Wochenstunden und 23% über 60
Stunden pro Woche.Diese Zahlen beziehen sich auf junge Ärzte.

Das heisst also ich arbeite so viel wie ein junger Arzt.

Na denn…

Gruss Ivo

Hallo Irmtraut,

Erstens halte ich das Ansinnen, Überstunden bezahlt zu
bekommen, für zumutbar.

In der Tat. Allerdings hielte ich im selben Zusammenhang
durchaus diskussionswürdig, ob a) die Ärzte effizient
eingesetzt sind („outsourcen“ von Verwaltungskram,

…ja. Ja. Ja. Uneingeschränkte Zustimmung.

Spritzen können auch Pfleger setzen etc.) …

… könnten. Aber es gibt unter Umständen erhebliche Komplikationsmöglichkeiten (Injektion versehentlich in Arterie … falsches Medikament …) - wer haftet für die Folgen? Zumindest müßten die Schwestern dann in eine ganz andere Versicherungssituation gehen, und ihre Ausbildung müßte erweitert werden. Aber ob Schwestern und Pfleger das auch wollten?

und b) die exorbitanten
Einkünfte der Chefärzte nicht durch sklavisches Ausnutzen der
Assistenzärzte entstehen, hier also durchaus noch
Umverteilungspotential besteht, ohne(!) das eh schon teure
System noch teurer zu machen (preiswert ist nämlich unser
Krankenhaus sicher nicht)

Die Einkünfte der Chefärzte entstehen nicht so ganz unmittelbar/ hauptsächlich durch die Ausbeutung der nachgeordneten Ärzte, sondern die Ausbeutung der nachgeordneten Ärzte wird oft durch Duldung der Chefärzte möglich. Die Ausbeutung selbst entsteht am ehesten durch die Klinikverwaltungen - eine Arztstelle mehr kostet halt, darum sind viele Abteilungen oft chronisch unterbesetzt (z.B. gemessen an den Richtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft). Dies dulden sehr viele Chefärzte. Andererseits können die Ärzte nicht entbunden werden von ihrer Verpflichtung zu einer möglichst optimalen Versorgung der Patienten, egal wie knapp ihre Besetzung ist. Das führt notgedrungen zu Überstunden, die viele Chefärzte sich weigern anzuordnen, nicht selten auch mit Bemerkungen wie: „wenn Sie effektiver arbeiten würden, kämen Sie auch mit ihrer Dienstzeit zurecht!!!“. Aber: nicht angeordnete Überstunden sind Privatvergnügen und werden nicht bezahlt - der Chefarzt müßte denn im Nachherein durch Unterschrift ihre Notwendigkeit bestätigen. - Eine ganz unmittelbare Bereicherung der Chefärzte durch Ausbeutung der nachgeordneten Ärzte liegt da nicht vor, außer es werden Überstunden gefordert, ohne sie als „angeordnet“ zu bestätigen. Die Regelung der Überstunden und das Einsparen von Arztstellen in der eigenen Abteilung allerdings gehören sicher zu dem, was viele Chefärzte nicht zu ihrem Nachteil begünstigen. Was die Versorgung der Privatpatienten angeht, könnten die nachgeordneten Ärzte dafür Ausgleich fordern (es gibt gesetzliche Vorschriften).

An beidem sollte (und wird zumindest in Privatkliniken) mit
Hochdruck gearbeitet werden.

Zwar - gut und recht. Aber der Chefarzt hat, wenn er ein guter ist, auch sehr viel Verantwortung, Ärger, Mühsal am Hals und mir scheint, man möchte auch gern den Ärger nachgeordneter Ärzte, der sich (sachlich-inhaltlich) eher auf Strategien von Krankenhausverwaltungen (gerade von Privatkliniken) und Krankenkassen bezieht, gern gegen „die Chefärzte“ wenden. Ich hatte selbst einige großartige Chefärzte, menschlich und fachlich hervorragend, denen gegenüber unsere Diskussion hier unter jedem Niveau wäre. Sogar solche, die ihre Stelle gekündigt haben angesicht nicht mehr vertretbarer Forderungen der Stadtpolitik an die Klinik, die zum größten Nachteil der Patienten geworden wären.

Zweitens glaub ich, daß die Ausbildung
zum Arzt teurer, fordernder und länger ist als die zum Bäcker,
der ja sogar noch als Lehrling bezahlt wird, während der
Medizinstudent nur draufzahlt. Und was die Ingenieure angeht,
dürften sie solche Probleme nicht haben, denn es herrscht ein
Mangel an Ingenieuren, so daß sie wahrscheinlich ganz ohne
Streik die Gehälter zufriedenstellend verhandeln können - mit
der Wirtschaft, nicht mit der „öffentlichen Hand“.

Na ja, wenn Du meinst. Aber ich erwähne nur am Rande, dass
auch ich schon unbezahlte Überstunden gemacht habe (ja, sowas
gibts auch bei Ingenieuren).

Verzeih, wenn ich da ein ganz kleines bißchen zynisch werde. Ich kann mich eigentlich an kaum einen Arbeitstag ohne Überstunden erinnern … mein ganzes Ärzteleben lang nicht … da Du auch ein paar davon gemacht hast, weißt Du ja, wie das ist, nicht? Ich habe erst seit Einführung längerer Öffnungszeiten im Supermarkt in der Woche einkaufen können, vorher fast nur Samstags.

Nebenbei: Wenn Du die
Tarifsysteme der IG Metall durchforstest, wirst Du bemerken,
dass es gravierende Unterschiede zwischen Ost und West, Nord
und Süd in der Bezahlunge gibt. Als ich in Niedersachsen
beschäftigt war, habe ich gut 500-1000 EUR pro Monat weniger
bekommen, als in BW oder BY. Das ist Realität, das ist normal
und das ist gut, weil es ansonsten in den niedrigpreisigen
Landstrichen keine Arbeit gäbe. Und noch kann sich jeder
aussuchen, welche Prioritäten er setzt.

Du sprichst über die Situation in der freien Wirtschaft. Aber in medizinischen und auch in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltungen kann es nicht um Angebot und Nachfrage gehen - nicht uneingeschränkt. Ein Herzinfarkt ist derselbe in Sachsen wie in Bayern. Eine Tierseuche hat überall die gleichen Folgen, Gesetze zur Baustatik müssen überall gleichermaßen gelten (und kontrolliert werden), Polizei und Feuerwehr müssen überall in gleicher Weise besetzt, ausgebildet und bereit sein usw. usw… Es gibt Bereiche öffentlichen Interesses, die alle angehen und deren Ordnung überall in gleicher Weise bewirkt werden muß - und bezahlt. Und zwar gleich bezahlt.

Nebenbei: Auch Ärzte sind weit weniger mobil, als sie tun. Ich
lache mich immer tot, wenn unsere Jungärzte „drohen“, ins
Ausland zu gehen.

Woher willst Du das wissen? Kennst Du Zahlen? Es sind bisher
12.500 in Deutschland ausgebildete Ärzte ins Ausland gegangen.
Norwegen, Schweden, England, Frankreich, USA, Neuseeland. Und
der Trend nimmt inzwischen noch zu. Denn die
Arbeitsbedingungen sind in Deutschland weitaus schlechter als
in unseren Nachbarländern. Siehe Umsetzung des EU-Urteils über
Bereitschaftsdienste/ Arbeitszeit.

Das íst doch auch soweit ok, oder?

Naja, wenn Du meinst … hier können inzwischen etliche Praxen nicht mehr nachbesetzt werden, wenn die bisherigen Praxisinhaber in Rente gehen … in den neuen Bundesländern ist das schon reichlich der Fall … aber wenn das für Dich in Ordnung geht, dann kann ich das natürlich auch wiederum verstehen. Man kann sich ja aussuchen, wo man lebt. Du zumindest.

Allerdings glaube ich kaum,
dass die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus in den USA deutlich
besser sind: Es wird nur mehr Schmerzensgeld bezahlt.

Falls Du das noch nicht bemerkt hast - es geht auch um Arbeitsbedingungen. Um Hierarchien, um Umgangsstil usw., die sind in den USA deutlich anders. Außerdem ist die Überforderung der jungen Ärzte dort begrenzt, nach zwei Jahren wird es deutlich besser.

Sie müssen menschlich sein -
obwohl ihnen Unmenschlichkeit begegnet.

Nun ja, das Ausbeutungssystem an den Krankenhäusern haben die
Ärzte ganz allein geschaffen, dazu hat sie niemand gezwungen.
Letztendlich ist es die Ärzteschaft, die aus einem geradezu
perversen Standesdünkel

Woher nimmst Du diese Unterstellung? Du verwechselst ein Schweigen an mancher Stelle mit Dünkelhaftigkeit. Aber wie oft schweigt man, weil man einen Patienten nicht zutiefst treffen will, aus Gründen der Schweigepflicht, aus Müdigkeit bis zur Erschöpfung, nicht alles, was als ärztliche Arroganz bezeichnet wird, ist auch welche. Manches aber schon. Und da finde ich, daß es notwendig ist, daß Ärzte nachlernen. Es gibt eine seit Jahrzehnten bewährte Einrichtung dafür - die Balint-Gruppen. Sie sind nur zu wenig bekannt. Und es fehlt meist die Zeit, sich daran zu beteiligen. Aber es ist klar, daß in kaum einem Beruf Arroganz weniger zu suchen hat als in diesem. Für die Fälle, wo das der Fall ist, gebe ich Dir umfassend recht.

Verwaltung und Pflegeschaft abzugeben.

Die Verwaltung möchte, daß Ärzte möglichst „alles“ machen - ihre eigenen Aufgaben erfüllen, die bürokratischen Vorgaben, die gerade jetzt durch die Gesundheitsreform in unerträglicher Menge gesteigert wurden, Schreibkram bei Mangel an Schreibkräften und am besten auch noch pflegerische Tätigkeiten hier oder da … und das Pflegepersonal? Lehnt mitunter sogar das Blutabnehmen ab mit der Begründung, das sei ärztliche Aufgabe. Nicht alle, aber viele Teams.

Und warum kocht das
ganze jetzt hoch: Weil die sicher in Deutschland in der
Vergangenheit sehr guten Verdienstmöglichkeiten nach Ende der
Sklavenzeit Krankenhaus wegbrechen.
Verständlich, allerdings ist mein Mitleid in der Tat begrenzt,
denn diese Probleme hätte man schon lange bearbeiten können,
wenn nicht der fatale Korpsgeist und die
Bereicherungsmentalität unserer gottgleichen Chefärzte
herrschen würde.

Ich denke, der Wurm sitzt tiefer im Stamm. Und das liegt eher an zu geringer Solidarität der Ärzte miteinander als an zuviel Korpsgeist.Du selbst schreibst, wie Chefärzte ihre nachgeordneten Mitarbeiter „ausbeuten“, ich vwürde sagen: wenig dagegen tun, daß sieausgebeutet werden (wahrscheinlich daraus auch ihren Vorteil ziehen). -Die heutigen Chefarztverträge sind aber immer weniger das, was sie mal waren … da wird es auf Dauer zu mehr (innerklinischer) Solidarität kommen (müssen), oder es kommt endgültig zum Knall. Im ambulanten Bereich - es ist einfach nicht in Ordnung, wenn Radiologen und Laborärzte an der Spitze, Psychiater und Kinderärzte am unteren Ende der Einkommenssituation angesiedelt werden. Aber es ist natürlich klar: Radiologen, Laborärzte, haben mit überschaubarer Technik, zähl-,meß-,wägbaren Vorgängen zu tun. Der Psychiater hingegen … - und was der Kinderarzt tut? Wenig, wenig (Kinder sind ja so klein …); und die dazugehörigen Mütter? Eventuell noch Väter? Drei Patienten statt einem … bei türkischen Familien noch mehr … aber, der eigentliche Patient ist so klein, daß er vermutlich nur halb zählt … und das, das ist ein wirklich hausgemachtes ärztliches Problem.
Aber Du kannst nicht sagen: an allem sind die Ärzte selbst schuld. Der junge Assistenzarzt ist an gar nichts schuld. Er kommt rein in diesen Betrieb, und ordnet er sich nicht unter, fliegt er. Das ist nichts Neues und nichts Seltenes gewesen. Daran etwas zu ändern müssen demokratisierende Kräfte von außn eingreifen - ähnlich wie das in anderen Gruppierungen sein müßte (bei den Juristen z.B.). Vieles in unseren diesbezüglichen Systemen ist ohne große Änderung aus der Nazizeit übernommen worden.

Grüße
Jürgen

Grüße, I.

Hallo,
ich weiß gar nicht, wieso hier alle so dagegen sind.
Ich stimme dir zu. Ich kenne selbst mehrere Leute aus dem midizinischen Bereich und sehe, wie dort die „Ausbeutung“ ist. Angesichts der Tatsache, dass es oft um Leben und Tod geht, unverantwortlich.

Bildung und Gesundheit dürften nicht wie Wirtschaftunternehmen betrachtet werden, aber solange es so ist, wird sich an den Zuständen (leider) nichts ändern.

Beatrix

Hallo Wolfgang,
wenn der ene Augenarzt 6 Monate und der andere 6 Tage Wartezeit haben, dann gibt es möglicherweise Qualitätsunterschiede, die unterschiedliche Wartelisten- Längen begründen? Augen hat man nur zwei …
Aber was ich bemerkenswert finde, ist Dein folgender Satz:

Wenn wir bereit sind, die Zeche zu bezahlen, können wir alles
haben.

Genauso ist es.
Und es wird endlich Zeit, daß sich die Gesellschaft darüber einig wird, was an medizinischem Fortschritt sie sich leisten kann und will und was nicht. Daß dies in Form eines demokratischen Prozesses diskutiert und festgelegt wird, indem uns die Politik die (ökonomischen) Rahmenbedingungen nennt und die jeweiligen medizinschen Fachleute die Sachthemen erläutern, so daß wir alle entscheiden können, wie weit in der Versorgung von Gesundheitsproblemen zu gehen ist.
Denn es ist nicht in Ordnung, der Berufsgruppe der Ärzte aufzuerlegen, allein diese Enscheidungen zu fällen, und es ist nicht richtig, deren Begrenzung durch Sachbearbeiter und Vorschriften der Krankenkassen aufrichten zu lassen. Je mehr möglich wird, umso teurer wird das Maximale. Und obwohl die Gesundheit zu den höchsten Gütern gehört, gibt es doch auch andere Anliegen einer Gesellschaft (die zum Beispiel auch eng mit Gesundheit verknüpft sind - öffentliche Hygiene … Produktion ordentlicher Nahrungsmittel … Erziehung der Kinder, Möglichkeiten für diese … Verkehrswege … innere Sicherheit …usw. usw.)
Gruß, I.

Hallo Irmtraut,
ich habe mich für die Ärzteschaft gefreut. Die Ost- und Westunterschiede empfinde ich als absoluten Witz, der besonders deutlich in Berlin wird. In einer Stadt - zwei Gehaltsklassen.

So wird für öffentliche Einrichtungen explizit ein Standort Ost gesucht, damit weniger Gehalt anfällt. Sicher nachvollziehbar angesichts leerer öffentlicher Kassen, aber trotzdem diskriminierend für die Arbeitnehmer.
PP

Diese Schilderung eines Einzelfalles überzeugt mich: Die
medizinische Versorgung in Ostdeutschland ist schlechter als
in Burkina Faso.

Davon war keine Rede. Du warst der Meinung, sie sei in Ostdeutschland vermutlich besser, als in irgend einem anderen Land der Erde.

Ich bin allerdings ebenfalls der Meinung, dass die ärztliche Versorgung in den Nachbarländern wie den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finland, der Schweiz und teilweise sogar in Polen besser ist, als in Ostdeutschland. Ich bin mir auch fast sicher, dass sie in den USA besser ist, sofern man das Glück hat, krankenversichert zu sein.

Gruß

Fritze

Diese Schilderung eines Einzelfalles überzeugt mich: Die
medizinische Versorgung in Ostdeutschland ist schlechter als
in Burkina Faso.

Davon war keine Rede. Du warst der Meinung, sie sei in
Ostdeutschland vermutlich besser, als in irgend einem anderen
Land der Erde.

Ist doch vollkommen egal, was ich gesagt habe. Wenn als Argument hier schon Wartezeiten beim Arzt aufgeführt werden, hat die Diskussion ein inakzeptables Niveau erreicht.

Ich bin allerdings ebenfalls der Meinung, dass die ärztliche
Versorgung in den Nachbarländern wie den Niederlanden,
Belgien, Luxemburg, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finland, der
Schweiz und teilweise sogar in Polen besser ist, als in
Ostdeutschland.

Man könnte bei solchen Dingen natürlich auch auf Untersuchungen internationaler Organisationen zurückgreifen. Aber da könnte möglicherweise rauskommen, daß man mal wieder nur auf höchsten Niveau jammert, und so bleibt man bei den Meinungen.

Gruß,
Christian

Hat jemand einen Klempner bestellt?
Hallöchen,

Arztpraxen). Warum ein gewisser Ärger zwischen Ärzten und
Handwerkern aufkommen könnte: für einen einzigen kurzen
Klempnerbesuch zahlt z.B. der niedergelassene Arzt so viel,
wie er selbst bei etwa 15 Hausbesuchen bekäme. Hier ist auch
keine rechte Verhältnismäßigkeit zu erkennen.

der Regelsatz lt. GOÄ für einen Hausbesuch beträgt 18,65. Bei Faktor 2,3 sind das 42,68 Euro. Für eine halbe Stunde des Verweilens beim Patienten ohne Erbringung weiterer ärztlicher Leistungen fallen 2,3 * 10,49 = 24,13 an.

Was kostet ein Klempner?

Gruß,
Christian

Hallo Nick

Die Gemeinschaft der Ärzte schafften wenigstens das, wovon
Arbeiter in Zukuft nur noch träumen können.

Das war wirklich ein gutes Zusammenspiel der Ärzte dieses Mal, da geb ich Dir sofort Recht.
Ich hab mich selber ein bißchen gewundert, weil wir sonst kaum eine Einheit zusammen gekriegt haben. Wahrscheinlich war die Not und der Unmut diesmal groß genug.
Sonst schlagen sich die verschiedenen Facharzt-Richtungen, insbesondere „Gerätemedizin“ und „Sprechende Medizin“ ja bei jeder Kleinigkeit die Köpfe ein. :wink:
Gruß,
Branden

hallo Mitdiskutierende,z.B. Obengenannte,
ich bedanke mich fürs Mitdiskutieren. Leider oder nicht leider ist die Diskussion umfassender geworden - mich hatte vor allem das Thema „Unterschiede Ost-West“ beschäftigt.

Dabei zeigten sich aber auch erneut diese stupenden Unkenntnisse, die mich schon immer wunderten. Leute z.B., die schon oft stationär Patienten waren, glauben an Freizeitausgleich für ärztliche Nachtdienste - obwohl sie ihren Stationsarzt schon viele Male tagsüber, nachts, und am nächsten Tage wieder bis 17-18-19.00 Uhr, auf der Station erlebten. Wenn man nicht wissen will …

Man könnte in dicken Büchern über die Geschichte der Medizin nachlesen. Da würde man Ahnungen von Möglichkeiten bekommen und auch - manche Parallelen erkennen zu heutigen Zeiten; und die Gefährlichkeit mancher Betrachtungsweise erkennen. Man könnte auch einfach nachdenken und sich einfühlen in die Situationen, in die davon Betroffene geraten können. Das eigene Kind bekommt einen schweren Asthmaanfall und der nächste Arzt, die nächste Ambulanz sind 30-40 km entfernt; der Mann ist mit dem Auto zur Arbeit, in der Nachbarschaft sieht es ähnlich aus …der Notarztwagen ist in anderen Fragen unterwegs, Rettungswagen haben weite Wege …Du beschriebst Situationen aus diesem unserem Land heutzutage, in denen so etwas möglich wäre, Lidscha.
Man kann, um etwas zum Spannungsverhältnis Wirtschaft - Gesundheit der Bevölkerung zu erfahren, nur so mal Cronins Roman „Die Zitadelle“ lesen. Auch wenn er unterhaltsam bis spannend ist - auch wenn er in vergangenen Zeiten handelt: die Grundthemen sind den heutigen Problemen nicht so fern, wie wirs gerne hätten. Ich denke an die Fleischskandale, an die Dioxinvergiftungen sogar im Öko-Getreide , an die skrupellose Werbung für ungesunde Nahrungmittel unter der Überschrift besonderer Gesundheit. Das, was in Cronins Roman beschrieben wird, findet auch heute noch statt, in zahllosen Varianten. Und die Tierärztin in SL-Holst., die seinerzeit ehrliche Worte zur BSE-Situation an einem nordeutschen Schlachthof sagte, wurde nicht nur fristlos entlassen; sie wurde auch telefonisch schwer bedroht. BSE? „Kein Gesundheitsproblem für uns Menschen“. Nur, Großbritannien verzeichnet inzwischen eine ungewöhnlich hohe Anzahl von „Creuzfeld-Jakob-Erkrankungen“; und ungewöhnlicherweise bei sehr jungen Menschen. Man kann ja mal nachlesen im Internet, wie sich solche Krankheit zeigt, um die Besorgnis jener Tierärztin nachvollziehen zu können. Wirtschaft bedarf der demokratischen Kontrolle, zum Beispiel auch im Bereich gesundheitliche Risiken, die von ihr ausgehen können.
Für eine bessere Gesundheitsfürsorge und entsprechende Ausstattung der medizinischen Alltagsversorgung der Bevölkerung werden fast alle schon immer gewesen sein, wenn das Kind erstmal im Brunnen liegt. Gerade ist es dabei zu fallen. Gerade sind die (bisher deutsche Lücken auffüllenden) polnischen Ärzte dabei, statt nach Deutschland - nach Irland auszuwandern. Wohlgemerkt, ich wünschte, polnische Ärzte könnten in Polen bleiben, dort braucht man sie auch. Aber deutsche sollten in Deutschland bleiben wollen. Das inzwischen auch für polnische Ärzte nicht mehr interessant ist.
Wer hierzu Zynismus bereit hält, dürfte zu den ersten gehören, vor Gericht zu ziehen, wenn ihn selbst einmal die Konsequenzen dieser Verhältnisse treffen.
Euch allen danke fürs Diskutieren und Gruß, I.

Werner und sein Chef
Hallo,

was kostet denn nun ein Klempner?

Weiterhin interessiert,

Christian

hallo Fritze,

Ich bin allerdings ebenfalls der Meinung, dass die ärztliche
Versorgung in den Nachbarländern wie den Niederlanden,
Belgien, Luxemburg, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finland, der
Schweiz und teilweise sogar in Polen besser ist, als in
Ostdeutschland. Ich bin mir auch fast sicher, dass sie in den
USA besser ist, sofern man das Glück hat, krankenversichert zu
sein.

Leider kann ich Dir da nicht ganz zustimmen, zumindest nicht, was Polen angeht - dort wandern nämlich die Ärzte reihenweise aus, bislang nach Deutschland, mittlerweile ist Deutschland aber zu unattraktiv geworden, jetzt nach Irland. So fehlen sie in Polen …
Und ich kann Dir auch nicht zustimmen in Bezug auf Norwegen, außer, der zunehmende Import deutscher Ärzte hätte in den letzten 3-4 Jahren dort etwas maßgeblich geändert.

Ich saß irgendwann mal wieder abends gegen 19.30 im Stationszimmer am Schreibtisch, um letzte Laborwerte durchzusehen, da sagte der mir gegenübersitzende junge Pfleger zu mir: „In Norwegen wären Sie schon längst zuhause.“ Ich fragte nach - er war drei Jahre in Norwegen gewesen und hatte dort im Krankenhaus gearbeitet. „Nach 16.00 Uhr trifft man da auf den Fluren keinen Arzt mehr außer dem Diensthabenden!“ sagte er mir. Es herrsche ein solcher Ärztemangel, daß man den Ärzten nicht solche Einsätze zumute wie hier in Deutschland, um sie nicht zu verlieren. Ich fragte nach weiteren Folgen solchen Ärztemangels . „Ja - ich traf dort eine Patientin nach Brustkrebs-OP, da war ein Knoten in der anderen Brust aufgetreten, sie hatte eine Wartezeit von sechs Monaten, bis ein Mammographietermin möglich war.“(die Mammographie erlaubt Aussagen dazu, ob ein Knoten bösartig ist oder nicht)
Ich denke, so gut könnte es zumindest damals in Norwegen nicht gewesen sein. So etwas ist hier (noch) undenkbar. Wie genau es in den anderen Ländern aussieht, weiß ich nicht. Immerhin aber streben nicht wenige deutsche Mediziner nach England und einige nach Frankreich. Als Ärzte haben sie es dort anscheinend besser.
Es muß uns nur klar sein: außer, daß es billiger werden müßte (Arzneimittelpreise? Medizingerätehersteller?) ist unser hiesiges Gesundheitssystem recht gut, droht aber sich entscheidend zu verschlechtern. Solche Fälle wie der dieser norwegischen Patientin erscheinen mir entsetzlich.
Es muß nur allen, die hier so heroisch herumspötteln, klar sein, was („Angebot und Nachfrage“) die Folge davon sein könnte, wenn man Ärzte auf Dauer in Deutschland sehr viel schlechter behandelt als anderswo. Zu wenige Ärzte können Bedingungen stellen … ob das besser wäre? Bei insgesamt abgesenktem Niveau der medizinischen Versorgung? Gruß,I.