Medizinischer Notfall , fahren ohne Führerschein

Ich habe folgenden Vorfall vor ein paar Tagen mitbekommen und frage mich wie sich das rechtlich verhält .
Eine Person musste dringenst zur medizinischen Notbehandlung am Wochenende , da wir sehr ländlich wohnen , dauert es sehr lange bis ein Taxi oder ein Krankenwagen hier ist .
Ich weiss das der Ehemann im moment wegen eines Verkehrsdelikt im moment keinen Führerschein hat , hat aber seine Ehefrau mit seinem Auto , das er ja in ein paar Monaten wieder fahren darf , ins Krankenhaus gefahren .

wird das geduldet ?
geht das unter Nothilfe ?

oder war es besser das er sich darüber wenig Gedanken gemacht hat und sich nicht erwischen lassen hat ?

es würde mich mal interessieren .

Moin,
Grundaussage in der Ersthelferausbildung:
Fahren sie NIEMALS einen Patienten selbst ins Krankenhaus. Es ist nicht absehbar welche Probleme der Patient (Schock, Kollaps,. Atem- Herzstillstand etc.) während der Fahrt erleidet, was letztendlich unbemerkt bleibt, da Sie mit Fahren beschäftigt sind.
Rufen Sie die Rettungsdienste und leisten Sie erste Hilfe, stabilisieren und überwachen Sie den Patienten.

Weitergehende Frage: Gab es keine Nachbarn?

Wenn man erwischt wird, verringert sich die Chance in absehbarer Zeit seinen Führerschein wiederzuerlangen recht drastisch.

vnA

Hallo,

das könnte als Notstandshandlung gewertet werden mit der Folge, dass das Fahren ohne Fahrerlaubnis (als Straftat) gerechtfertigt ist und daher nciht bestraft wird.
Allerdings erfordert die Notstandshandlung eine Güterabwägung, es kommt also darauf an, wie die Gefahrenlage für den Verletzten/Hilfesuchenden war und ob diese höherwertiger war als das FoFe. Pauschal kann man also weder „Ja“ noch „Nein“ sagen.
Lese doch mal dazu den § 34 StGB (rechtfertigender Notstand)

Gruss

Iru

Moin,

Fahren sie NIEMALS einen Patienten selbst ins Krankenhaus. Es

In dieser Absolutheit mag ich es nicht gelten lassen. Grundsätzlich ist es richtig, ABER.

In der Schneekatastrophe 1975/76 im Raum Kiel (?) war die Frau eines Freundes hochschwanger, die Geburt stand unmittelbar bevor. Was tun?

Rettungsfahrzeuge kamen nicht mehr durch, also Frau ins Auto und über die Stoppelfelder zur Klinik.

Ein Warten auf die RTW hätte eine - erstmalige, ungeübte - Hausgeburt bedeutet. Ob das nun besser wäre oder die eigenmächtige Handlung schlechter ist, kann und will ich nicht beurteilen.

Gruß Volker

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Moin,

Fahren sie NIEMALS einen Patienten selbst ins Krankenhaus. Es

In dieser Absolutheit mag ich es nicht gelten lassen.
Grundsätzlich ist es richtig, ABER…

… im UP wurde lediglich nach der rechtlichen nicht aber nach der ärztlichen Beurteilung gefragt.

Und um die Sicht des Sanitäters noch etwas auszuweiten: Ich wohne dicht an der tschechischen Grenze. Wenn sich in einem nahegelegenem tschechischen Ort ein medizinischer Notfall ereignet, brauchte der CZ-Krankenwagen im güstigstem Fall eine Stunde, packte man den Kranken aber in’s eigene Auto, brauchte man 5 Minuten bis zum deutschen Krankenhaus. Was ist da wohl besser? Warten oder selbst fahren?

Gruss

Iru

Moin,
Grundaussage in der Ersthelferausbildung:
Fahren sie NIEMALS einen Patienten selbst ins Krankenhaus. Es
ist nicht absehbar welche Probleme der Patient (Schock,
Kollaps,. Atem- Herzstillstand etc.) während der Fahrt
erleidet, was letztendlich unbemerkt bleibt, da Sie mit Fahren
beschäftigt sind.
Rufen Sie die Rettungsdienste und leisten Sie erste Hilfe,
stabilisieren und überwachen Sie den Patienten.

Weitergehende Frage: Gab es keine Nachbarn?

Hi
Die Information die ich habe , weshalb mich das einfach mal so interessierte :
Er hat seine Frau letzten Samstag nachts um halb 12 ins Krankenhaus gefahren .

ein paar Häuser weiter wohnt ein ausgebildeter Rettungsassistent , also von Beruf zweiter Mann im Krankenwagen , sowie das ich Sporttrainer mit Ersthelferausbildung und auch Betrieblicher Ersthelfer bin .
Ich war wohl auch um die Uhrzeit zu hause , aber es war für mich eher von interesse ob er das darf oder nicht , weniger warum er Nachts nicht die Nachbarn rausgeklingelt hat .

Hallo,

hochschwanger, die Geburt stand unmittelbar…

Schwangerschaft ist doch keine Krankheit, daher habt ihr beide Recht :wink: Ob es das war, was man heute als Risikoschwangerschaft bezeichnet, werden wir nicht mehr rausfinden.
Damals gab es meines Wissens noch viel mehr Hebammen, die nicht nur im Krankenhaus tätig waren und auch noch mehr Frauen, die schon mal bei einer Hausgeburt dabei waren.

Cu Rene

Kleiner Kommentar aus medizinischer Sicht:
Natürlich kann man vom übergesetzlichen Notstand ausgehen, als Gutachter würde ich diesen jedoch in 99,9% der Fälle verneinen. Ich kann mir keine Behandlung vorstellen, die dies rechtfertigt und wo es vernünftig ist, den Patienten NICHT in einem RTW zu transportieren

Das unten angegebene Beispiel einer drohenden Hausgeburt kann hier ebenfalls nicht herangezogen werden. Wenn es sich um eine Erstgebärende handelt, dann dauern die reinen Eröffnungswehen schon eine ganze Reihe Stunden. Da kann man immer den RTW oder gar den SAR holen.

Kurzum: der illagale Fahrer dürfte schlechte Karten haben.

Natürlich kann man vom übergesetzlichen Notstand ausgehen, als
Gutachter würde ich diesen jedoch in 99,9% der Fälle
verneinen. Ich kann mir keine Behandlung vorstellen, die dies
rechtfertigt und wo es vernünftig ist, den Patienten NICHT in
einem RTW zu transportieren

Tja, nur dass es in dem vorgenannten Fall keine Rolle spielt, was der ärztliche Gutachter später sagen oder feststellen wird. Es ist ausschlaggebend, was den Notstandhandelnden antreibt und ob das als normale Reaktion eines medizinisch ungebildeten angesehen werden kann. Und wenn ein Notarztwagen nicht in angemessener Zeit zur Verfügung steht…

Das unten angegebene Beispiel einer drohenden Hausgeburt kann
hier ebenfalls nicht herangezogen werden. Wenn es sich um eine
Erstgebärende handelt, dann dauern die reinen Eröffnungswehen
schon eine ganze Reihe Stunden. Da kann man immer den RTW oder
gar den SAR holen.

Auch um das zu beurteilen müsste der Notstandhandelnde eine medizinische Ausbildung haben. Wenn er die nicht hat, so kann er es garnicht abschätzen und ist evtl. mit seiner Panik alleine.

Kurzum: der illagale Fahrer dürfte schlechte Karten haben.

Kurzum: der illegale Fahrer dürfte gute Karten haben.

Gruss

Iru

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Alle Jurastudenten kriegen erst so richtig Spaß am Studium, wenn sie entdecken, daß man juristisch einfach ALLES begründen kann.

Tja, nur dass es in dem vorgenannten Fall keine Rolle spielt,
was der ärztliche Gutachter später sagen oder feststellen
wird. Es ist ausschlaggebend, was den Notstandhandelnden
antreibt und ob das als normale Reaktion eines medizinisch
ungebildeten angesehen werden kann. Und wenn ein Notarztwagen
nicht in angemessener Zeit zur Verfügung steht…

Natürlich kann man so argumentieren (s.o.), mit Pech aber sagt der Richter, daß man die zuständige Rettungsstelle oder den diensthabenden Arzt hätte anrufen können.

Das unten angegebene Beispiel einer drohenden Hausgeburt kann
hier ebenfalls nicht herangezogen werden. Wenn :

Auch um das zu beurteilen müsste der Notstandhandelnde eine
medizinische Ausbildung haben. Wenn er die nicht hat, so kann
er es garnicht abschätzen und ist evtl. mit seiner Panik
alleine.

Da gilt das gleiche wie oben schon gesagt. Generell kann man mit dem übergesetzlichen Notstand gewaltig auf die Nase fallen. Praktisch läuft das doch auf eines hinaus: Wenn man Kind Zahnschmerzen hat, rase ich ohne Führerschein mit 100 durch die Gegend. Ungestraft, denn ich wußte ja nicht, daß das alles harmlos war.

Wo will man da Grenzen ziehen?

Kurzum: der illagale Fahrer dürfte schlechte Karten haben.

Kurzum: der illegale Fahrer dürfte gute Karten haben.

Ich hätte mich nicht darauf eingelassen! Denn das mit den guten Karten bezweifle ich immer noch gewaltig.

Allerdings erfordert die Notstandshandlung eine Güterabwägung

Genau da würde ich auch gute Chancen sehen, daß die Handlung ohne Folgen bleibt. Wenn jemand wegen Verkehrsvergehen seinen Führerschein abgeben mußte, bedeutet das ja nicht, daß er kein Auto fahren kann, er hat „nur“ eine Strafe abzusitzen/abzuradeln. Eine Gefährdung anderer durch seine Tat ist also weitgehend auszuschließen, auch handelte er nicht zu seinem Vorteil oder ähnlichem.
Wenn der Notfall für medizinische Laien „gravierend genug aussah“, sehe ich keine großen Probleme, aber das liegt halt auch im Ermessen des Richters.

Natürlich kann man so argumentieren (s.o.), mit Pech aber sagt
der Richter, daß man die zuständige Rettungsstelle oder den
diensthabenden Arzt hätte anrufen können.

Sicherlich, mit Pech rutscht man über einer Bananenschale aus, mit Pech stirbt man an einer Erkältung, mit Pech knallt der RTW mit einem anderen Blaulichtfahrzeug zusammen, mit „Pech“ ist alles möglich.

Da gilt das gleiche wie oben schon gesagt. Generell kann man
mit dem übergesetzlichen Notstand gewaltig auf die Nase
fallen.

Übergesetzlich ist da garnichts, sondern es befindet sich mitten im Rahmen des Gesetzes und es nennt sich „rechtfertigender Notstand“.

Praktisch läuft das doch auf eines hinaus: Wenn man
Kind Zahnschmerzen hat, rase ich ohne Führerschein mit 100
durch die Gegend. Ungestraft, denn ich wußte ja nicht, daß das
alles harmlos war.:Wo will man da Grenzen ziehen?

Immerhin gibst du zu, dass es grundsätzlich möglich ist, ein Recht zu verletzen um ein höherwertiges Rechtsgut zu schützen. Nun musst du nur noch die Grenze finden. Dass du es als Mediziner anderes siehst als ein medizinischer Laie ist es doch ok; aber nicht das medizinische Wissen entscheidet in der Fallkonstellation sondern der Handelnde selbst und dessen Sicht der Dinge - soweit sind sich im Rahmen des Normalmenschlichen bewegen. Der § 34 StGB ist beileibe kein Freibrief und erlaubt alles, er erwartet grundsätzlich aber kein Spezialwissen sondern normales menschliches Handeln. Ich würde sogar sagen, dass - wäre der Autofahrer ohne Fahrerlaubnis ein Mediziner - die Richter ganz andere Grenzen ziehen würden als bei einem medizinischen Laien.

Gruss

Iru

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Alle Jurastudenten kriegen erst so richtig Spaß am Studium,
wenn sie entdecken, daß man juristisch einfach ALLES begründen
kann.

Das ist nicht wahr, und Jurastudenten, die das glauben, werden ihr Studium auch kaum mit großem Erfolg abschließen. Abgesehen davon trifft es zu, was Irubis schreibt: Ein Arzt hat nicht zu beurteilen, ob ein „übergesetzlicher Notstand“ vorgelegen hat oder nicht. Das ist mit Verlaub ein klassischer Juristenjob. Abgesehen davon - auch da hat Irubis mal wieder Recht - geht es hier um gesetzliche, nicht um übergesetzliche Rechtfertigungs- (und ggf. Entschuldigungs-)Gründe.

Natürlich kann man so argumentieren (s.o.), mit Pech aber sagt
der Richter, daß man die zuständige Rettungsstelle oder den
diensthabenden Arzt hätte anrufen können.

Aber das hier ist doch ein Rechtsforum, da muss es doch erlaubt sein, rechtliche Ausführungen zu machen. Wenn wir immer nur schreiben würden: „Mit Pech würde ein Richter das anders sehen“, könnten wir das Brett auch dicht machen.

Da gilt das gleiche wie oben schon gesagt. Generell kann man
mit dem übergesetzlichen Notstand gewaltig auf die Nase
fallen.

Warum bringst du ihn dann ins Spiel?

Wo will man da Grenzen ziehen?

Eine gute Frage, aber für die Antwort sind eben Juristen und natürlich auch strafrechtlich gut ausgebildete Polizisten wie Irubis zuständig.

Levay

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Ein schöner Beitrag, ich bin sicher, juristisch völlig korrekt. Da gibt es aber ein paar Spielregeln, die man als normaler Mensch nie vergessen sollte;

  1. Vor Gericht ist man in Gottes Hand.

  2. Vor Gericht kriegt man kein Recht, sondern ein Urteil.

Und diese beiden Prinzipien machen, trotz aller schöner juristischer Reden, diese Autofahrt so gefährlich.

Mit anderen Worten:

Das Brett können wir schließen, weil ja die Juristerei sowieso so willkürlich ist, dass man zu keiner Rechtsfrage eine vernünftige Antwort geben kann …?

Levay

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Das Brett können wir schließen, weil ja die Juristerei sowieso
so willkürlich ist, dass man zu keiner Rechtsfrage eine
vernünftige Antwort geben kann …?

Wir geraten off topic, aber doch eine letzte Antwort: Es wird ein Gesetz erlassen, dann folgen Ausführungsbestimmungen, dann 2 bis x Bände Kommentare, und am Schluß entscheidet das Gericht, möglicherweise ganz anders.
Wenn ich in meinem Beruf so handeln würde…

Was genau müssten Juristen denn deiner Meinung nach anders machen? Hast du einen zur Rechtssicherheit führenden Vorschlag, der auch der Vielgestaltigkeit des Lebens gerecht wird?

Levay

Was genau müssten Juristen denn deiner Meinung nach anders
machen? Hast du einen zur Rechtssicherheit führenden
Vorschlag, der auch der Vielgestaltigkeit des Lebens gerecht
wird?

Au ja, jetzt wirds interessant! Endlich kommt die Lösung aller Auslegungsschwierigkeiten, die Abschaffung der der Methodenlehre und das Gesetzbuch, dass alles durch einen Blick beantwortet.

Juhuuu!!!

Im Gegenzug würde ich sogar helfen, alle Krankheiten zu heilen, die bislang unheilbar sind. Dürfte nicht mehr oder weniger schwierig sein.

Levay

Und ich finde die Weltformel, dann hat doch jeder was davon :smile: