Guten Tag,
Mich würde interessieren, ob in matriarchalich geprägten Gesellschaften auch die Vorstellung eines monotheistischen Gottes eher eine weibliche ist oder ob Gott auch dort weiblich ist.
Guten Tag,
Mich würde interessieren, ob in matriarchalich geprägten Gesellschaften auch die Vorstellung eines monotheistischen Gottes eher eine weibliche ist oder ob Gott auch dort weiblich ist.
Tut mir Leid, kann nicht helfen. Aber eins vorweg: Wusstest du, dass der JHWH ursprünglich eine Aschera, eine Frau Göttin, an seiner Seite hatte, bevor er DER monotheistische Gott der Bibel und des Volkes Israel wurde?
dass der JHWH ursprünglich eine Aschera, eine Frau Göttin,
an seiner Seite hatte, bevor er DER monotheistische Gott der
Bibel und des Volkes Israel wurde?
Hi
hast du das gechannelt oder gibtt es dazu Näheres?
Gruß
vV
Hallo vV
… dass der JHWH ursprünglich eine Aschera, eine Frau Göttin, an seiner Seite hatte,
hast du das gechannelt oder gibtt es dazu Näheres?
Das weiß doch jeder:
Zitat aus; http://de.wikipedia.org/wiki/Aschera
_Archäologische Funde lassen vermuten, dass Aschera in Israel als Ehefrau von JHWH verehrt wurde. So fand sich in der Karawanenstation Kuntillet 'Adschrud ein Vorratskrug (Krug A) aus dem 8. bis 7. Jahrhundert mit folgender Inschrift:
… Ich habe Euch gesegnet durch JHWH und seine Aschera.
Amaryo sprach zu seinem Herrn: …
Ich habe dich gesegnet durch JHWH und seine Aschera.
Er möge dich segnen,
und er möge dich behüten,
und er möge sein mit meinem Herrn_
Zitat Ende
Gruß merimies
Hi
Wenn es matriarchalisch geprägte Gesellschaften mit Monotheismus gäbe, bestimmt. Mir sind in „meinen“ Kulturkreisen jedoch keine bekannt. Oft gibt es eine stärkere Betonung auf die Urmutter der jeweiligen Gruppe. Ob das jetzt exzeptionell ist oder ob, wie z.B. bei chinesischen Gruppierungen, einfach nur weniger patriarchalisch-normative Überschreibung stattgefunden hat (die Literaten des Hofes haben sich eher weniger für die Glaubensvorstellungen der Minderheitenvölker interessiert) ist eine andere Frage, die heute wohl nicht mehr zu beantworten ist.
Es gibt einzelne an der Spitzedes Pantheons (und fast alleinig verehrte) Muttergottheiten von nicht-matriarchalisch geprägten Gruppen bekannt, z.B. in Indien.
lg
Kate
Gott ist weder Mann noch Frau. Wenn Menschen sich ihn männlich oder weiblich vorstellen, entspricht das ihrer Sichtweise, d.h. welche Erwartungen sie mit Männern oder Frauen verbinden. Da die meisten Völker im Mittelmeerraum und in Europa patriarchalisch geprägt waren/ sind, reden sie zumeist von Gott als Vater oder Schöpfer. Aber schon in biblischer Zeit gibt es hier und da Anspielungen auf weibliche Sichtweisen, z.B. sagt Gott Jes. 66,13; „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“. Entsprechend heißt es im Choral 326: „Mit Mutterhänden leitet er die Seinen stetig hin und her“ (Str. 5), um gleich darauf in Str. 6 fortzufahren: (Gott) „neiget die Vateraugen denen zu, die sonsten nirgends finden Ruh“.
In den christlichen Kirchen hat in den letzten Jahrzehnten die „feministische Theologie“ in vieler Hinsicht deutlich gemacht, wie einseitig unsere traditionell männliche Sicht ist. Entsprechend ist es in den wenigen matriarchalischen Gesellschaften sicher so, dass ihr Gottesbild eher weibliche Züge trägt. Aber es bleibt dabei: Wir Menschen erleben uns als Frauen und Männer, Gott ist weder dieses noch jenes.
Klaus
kein weiblicher Monotheismus
Mich würde interessieren, ob in matriarchalich geprägten Gesellschaften auch die Vorstellung eines monotheistischen Gottes eher eine weibliche ist oder ob Gott auch dort weiblich ist.
Mir geht es so wie Kate: Ein radikal weiblicher Monotheismus ist mir nicht bekannt. Und ein Monotheismus überhaupt in matriarchalen Ethnien auch nicht. Allerdings sollte man mit dem Begriff „matriarchal“ Vorsicht walten lassen, er ist nicht eindeutig. In matrilinearen Ethnien gibt es jedoch fast immer exponierte Göttinen, die sich aus mythischen Stammesgründerinnen rekurrieren. Die sind dann aber nicht „mono“.
Und sehr wohl gibt es zahlreiche Kulte (oft Mysterienkulte mit spezifischen Initiationsriten), die thematisch gebunden sind („Erdboden-Fruchtbarkeit“, „Jagd“, "Liebe/Ehe/Sexualtiät, „Tod“ usw.), in denen eine Göttin das Kultzentrum bildet. Die bekanntesten z.B. aus dem Mittelmeerraum: Demeter, Isis, Agaue, Kybele, Artemis, Astarte, Hathor, Hestia, Inanna/Ishtar usw. … Aber auch bei ihnen gehören zu ihrem jeweiligen Fundamental-Mythos immer auch andere Götter. Immerhin könnte man das ggf. zumindest als Monolatrie (nur 1 Gestalt ist Objekt der kultischen Verehrung) auffassen.
Allgemein läßt sich sagen, dass isolierte Göttinnen immer nur für einen jeweiligen Lebensbereich, für ein Naturphänomen oder für ein Abstraktum (Epona, Hestia, Semele, Aurora, Tyche …) „zuständig“ sind, niemals aber Weltschöpferinnen sind. Allerdings können weibliche Gestalten eine wesentliche Rolle in einem Weltschöpfungsmythos spielen. Beispiel die akkadische „Tamtu“ (= babylonisch „Tiamat“, die noch in einem der jüdischen Schöpfungsmythen als „Tehom“ ihre Spuren hinterließ).
Gruß
Metapher
Hi
Danke für das Stichwort der Weltschöpferin. Eventuell gibt es (oder besser gesagt: gab) es da eine: Nü Wa.
Nü Wa ist heute zwar vor allem Fu Xi untergeordnet aus der Neo-Konfuzianischen Weltneuordnung bekannt, ursprünglich ist sie aber eine Hauptgottheit der Miao gewesen und dort ganz unabhängig vom erst später dazutretenden Fu Xi verehrt worden. Ich kenne mich allerdings zu wenig mit der Nationalität der Miao aus um beurteilen zu können ob Nü Wa in der frühsten Geschichte der Miao-Kultur auf einem Podest jenseits anderer Götter stand. Da Nü Wa aber nach aktueller Lager keine urchinesische Göttin ist, sondern eben wahrscheinlich aus dem Kreis der Miao übernommen wurde, wäre dies möglich.
Interessant finde ich unter praktischen Aspekten, dass in gemeinsamen Schreinen Nü Wa oft intensiver verehrt wird und teilw. doppelt so große Ikonen erhält, wie ihr Bruder/Gatte. In wiefern das mit der Differenz zwischen praktischem Nutzen und auferlegtem Nationalkult zusammenhängt untersuche ich noch.
lg
Kate
Fräulein Wa
Hallo,
das nenne ich mal einen spannenden Hinweis! Danke dir!.
Da mir das erstaunliche Volk der Miao schon bekannt war (zuerst wegen ihrer interessanten Musik und der Tatsache, daß sie, in China weit verbreitet bzw verstreut, weder ethnisch noch sprachlich „chinesisch“ sind), aber ich leider über die leicht zugänglichen Informationen nicht weit hinausgekommen bin, war mir das hübsch schlangen-feurige „Fräulein Wa“ zwar bekannt,
http://zh.wikipedia.org/wiki/File:Xiaoyuncong_nvwa.jpg
aber ich habe nicht realisiert, dass Fräulein Wa ja tatsächlich eine Schöpferin (zumindest des Menschengeschlechtes) war. Bezgl. „quasimenschliche Urgestalten“ hatte ich sie mit ihrem Bruder/Mann unter dem Mythem „primordiales Pärchen“ (Zwillinge, Geschwister, Liebespaar) verstanden.
Aber wenn du nun erwähnst, dass ihr männlicher Partner erst konfuzianisch dazugetreten ist (die Miao- bzw. Hmong-Kultur ist ja sicher älter laut archäologischem Befund), dann wäre das ja besonders interessant - und tatsächlich ein Gegenbeispiel (wenn natürlich auch nicht eine monotheistische Gottheit).
Wenn du Näheres findest (zum Beispiel auch über Inhalte und Formen des Kultes der Lady), würde ich mich über gebeamte Hinweise sehr freuen,
Gruß
Metapher
Hi
Ich habe mich Ende meines Studiums intensiv mit weiblichen Wassergottheiten und ihrer Überschreibung beschäftigt, da ist sie mir auch untergekommen.
Sie hat ja nicht nur die Menschen geschaffen, sondern auch die Welt gerettet. Die war zwar irgendwie schon da, brach aber zusammen. Sie stellte Säulen auf die Schildkröten (die wir heute von den ao-Stelen kennen obwohl der Ao sonst ein Fisch ist) und so das Himmelszelt gestützt.
Leider sind uns unter den Chinesen nur wenige frühe Bruchstücke überliefert, die gehen dafür aber auch schon bis zur Zhou Dynastie zurück.
Nü Wa und Fu Xi kamen erst zusammen, als sie die Prinzipien des Zerbrochenen Ureinen, des Yin und Yang darstellen sollten - also zu einer Zeit als die YinYang Lehre schon in den Konfuzianismus eingegangen sein muss, somit befinden wir uns frühstens in der Han-Dynastie.
Ihr reichhaltiger Kult erlaubte es ihr sich über diverse Nationalitäten zu erstrecken, besonders wichtig ist sie eben für die Miao aber auch für die Bahnar (was gut passt, auch Vietnam gründet sich primär auf weibliche Wassergottheiten). Da sie überall in China (weitgefasst) andere Göttinnen absorbierte muss sie einmal eine sehr starke Position gehabt haben. Allerdings erhielt ihr Kult bereits in der Tang-Dynastie starke Gegenschläge und die Konfuzianer lehnten sie aufgrund ihres Geschlechts und ihrer halbtierischen Gestalt immer mehr ab, so dass die Konfuzianer sich mehr auf Fu Xi konzentrierten. Spätestens mit den Neo-Konfuzianern wurde Fu XI zum Alleinschöpfer erhoben und Nü Wa spielte keine einflussreiche Rolle mehr.
Ich arbeite da gerade an einem Tempel für meine Doktorarbeit… ist nur ein Beispiel von vielen aber Fu Xi hat eine normale, leicht überlebensgroße Ikone.
Die von Nü Wa ist ca. 4-5 m groß, extrem groß jedenfalls, und erhält mehr Rauchopfer als ihr Brudergatte.
Leider gibt es nur wenige ausführliche Abhandlungen über sie, das meiste was ich gelesen habe ich verstreut über diverse Werke unterschiedlicher Qualität. Julia Chings „Chinese Religions“, ein Einführungswerk, geht auf ihre Schöpferrolle ein - ist aber alles recht kurz.
der einzige der sich mit ihr näher auseinander gesetzt hat (und, nach seiner Ausbildung, vor allem literaturgeschichtlich) ist leider immer noch Schafer. Was nicht heißen soll, dass ich ihn nicht sehr schätze - nur schade, dass sich seitdem niemand mehr darum gekümmert hat.
Schafer, Edward. H. The Vermilion Bird. T’ang Images of the South.
Berkeley, University Press, 1967.
Schafer, Edward H.: The Divine Woman. Dragon Ladies and Rain
Maidens in T’ang Literature. Berkley, University Press, 1973.
lg
Kate
verdängte weibliche Gottheiten
Hi
Ich habe mich Ende meines Studiums intensiv mit weiblichen Wassergottheiten und ihrer Überschreibung beschäftigt
Das interessiert mich sehr. Hast du da auch Schriftliches verfaßt und zusammengetragen? Im europäischen Raum bin ich dem Mythem ebenfalls nachgegangen (siehe Mail an dich).
Leider sind uns unter den Chinesen nur wenige frühe Bruchstücke überliefert, die gehen dafür aber auch schon bis zur Zhou Dynastie zurück.
In welche? 東周? oder sogar bis in 西周? D.h. lange vor einen möglichen konfuzianischen Einfluß?
für die Miao aber auch für die Bahnar (was gut passt, auch Vietnam gründet sich primär auf weibliche Wassergottheiten).
Die Hmong-Miao-Kultur reichte ja ebenfalls bis in Vietnam hinein.
Allerdings erhielt ihr Kult bereits in der Tang-Dynastie starke Gegenschläge und die Konfuzianer lehnten sie aufgrund ihres Geschlechts und ihrer halbtierischen Gestalt immer mehr ab, so dass die Konfuzianer sich mehr auf Fu Xi konzentrierten.
Mir fällt auf, dass ihre Abbildungen oft in eindeutig daoistischem Stil gehalten sind. Wie z.B. in der im vorigen Post verlinkten Abbildung.
Die Verdrängung vormaliger weiblicher Konnotationen durch männliche - und manchmal auch wieder zurück - scheint eine anthropologische Konstante in den Religionshistorien zu sein. Auch in der jüdischen Tradition finden sich solche Entwicklungen: Die weibliche Chokmah, „Weisheit“, die in der kanonischen und apokryphen sog. Weisheitsliteratur eine Rolle als Schwester, Tochter, Geliebte des Gottes hatte, schon vor dem Schöpfungswerk, dann durch den Einfluß des Philo Alexandrinus in den männlichen Logos metamorphosierte und dann in der rabbinischen Literatur ganz ausgeblendet wurde, bis sie in den kabbalistischen Traditionen (besonders im Sefer haBahir) als weibliche Schechina wieder ihren Platz „zur Rechten auf dem Thron Gottes“ bekam.
Auch in der Geschichte der christlichen Mariologie gibt es diese Bewegung: Von der völligen Unbedeutendheit Marias in den ersten Jahrhunderten, über die Kultentstehung im 5. Jhdt, bis zur Vergöttlichung „auf dem Thron der Trinität“ und Braut Gottes (und sogar Jesu) bei Hermann v. Tournay, Bernhard v. Clairvaux, Hildegard v. Bingen …
Ich arbeite da gerade an einem Tempel für meine Doktorarbeit…
Man darf gespannt sein.
eine normale, leicht überlebensgroße Ikone. Die von Nü Wa ist ca. 4-5 m groß, extrem groß jedenfalls, und erhält mehr Rauchopfer als ihr Brudergatte.
Gibt dazu eine Abbildiung?
Schafer, Edward H.: The Divine Woman. Dragon Ladies and Rain Maidens in T’ang Literature. Berkley, University Press, 1973.
Schon notiert! Danke für die interessanten Infos.
Gruß
Metapher
Hallo!
Wir dürfen uns Gott als vollkommen vorstellen. Das beinhaltet sowohl den männlichen als auch den weiblichen Aspekt.
Ich kenne keine nur weibliche monotheistische Religion.
Lieber Gruß!
Prähistorische Muttergottheit
Hi.
Mich würde interessieren, ob in matriarchalich geprägten Gesellschaften auch die Vorstellung eines monotheistischen Gottes eher eine weibliche ist oder ob Gott auch dort weiblich ist.
Auf die Fragwürdigkeit des Matriarchatsbegriffs wurde zu Recht schon hingewiesen. Dass es matrilineare und matrifokale Gesellschaften (eine der bekanntesten ist die minoische) gab, daran besteht kein Zweifel, aber das bedeutet nicht zwingend „Herrschaft der Mütter“, wie der Begriff in seiner Funktion als Pendant zu „Patriarchat“ suggeriert, welcher ganz klar die soziale Herrschaft des Männlichen über das Weibliche konnotiert. Der M.-Begriff kam im 19. Jh. als Gegenbild zu P. ist Mode und war eine tendenziöse Umdeutung von Bachofens Mutterrecht-Begriff. Die äußerst verdienstvolle Forscherin Marija Gimbutas prägte den Ausdruck „matrizentrisch“, um matrilinear und matrifokal zusammenzufassen. Was die prähistorischen Gesellschaften betrifft, gehen die ernstzunehmendsten FeminismusforscherInnen, angelehnt an Gimbutas, heute von einer egalitären Sozialstruktur aus, bei der keine Hierarchie zwischen Frauen und Männern bestand. Der Mythos einer von Frauen politisch beherrschten Gesellschaft kam in der griechischen Antike auf, z.B. im Medea-Mythos (Kolchis als matriarchale Gesellschaft), und hat sich im M.-Begriff hartnäckig bewahrt. Er ist also die Schöpfung eines patriarchalischen Denkens, dass nur in Mustern von Herrschaft denken kann. Dass dieser Begriff auch von Feministinnen verwendet wird, ist ein wesentlicher Grund für die vielen Missverständnisse, die um ihn bzw. seine Bedeutung ranken. Gimbutas` „Matrizentrismus“ wäre sinnvoller.
Die Statements von Kate und Metapher, welche die Existenz eines weiblichen Monotheismus verneinen bzw. in Frage stellen, beziehen sich allein auf religiöse Phänomene aus historischer Zeit. Das ist meines Erachtens zu kurz gegriffen, da hinreichende Indizien für prä-historische Gottheits-Kulte vorliegen, die sich ausschließlich auf eine weibliche Gottheit fokussierten (die Große Mutter bzw. Urmutter allen Lebens, deren eigener Ursprung wohl nicht hinterfragt wurde). Natürlich kann man diese Vorstellungen nicht problemlos mit dem modernen Monotheismus-Begriff charakterisieren, da dieser in ganz anderen sozialen Kontexten steht.
Besagte Fokussierung entsprang einem prähistorischen Analogieschluss von der Fruchtbarkeit der Frau (die als unabhängig von Sexualität, also von männlicher Teilhabe, galt) auf „die Natur“, die gleichfalls immer wieder neues Leben hervorbringt. Diese „Natur“ wurde in Gestalt einer Frau imaginiert und als Ur-Mutter kultisch verehrt. Natürlich gibt es auch Zweifler an dieser nicht vollständig beweisbaren Theorie (ich sprach oben von „hinreichenden Indizien“). Da keine schriftliche Zeugnisse vorliegen, können die Gedanken der damaligen Menschen nur aus bildlichen und skulpturalen Hinterlassenschaften geschlossen werden, was keine Eindeutigkeit zulässt. Allerdings müssen sich diese Zweifler (darunter auch Frauen) den Verdacht gefallen lassen, die archäologischen Indizien (z.B. weibliche Figurinen) wegen der eigenen unbewussten Fixierung auf patriarchalische Vorstellungen tendenziös misszudeuten, z.B. als „Pinup“-Figuren aus männlicher Produktion. Solche Deutungen sind denn doch sehr anachronistisch. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass das Weibliche mit kultischer Absicht dargestellt wurde, weil es die Fruchtbarkeit der Welt symbolisierte. Die früheste Darstellung eines Sexualaktes datiert aus dem 8. Jt. vuZ., die ersten Phallusdarstellungen aus dem 6. Jt. Das legt den Schluss nahe, dass die männliche Fruchtbarkeit erst kurz davor bekannt wurde (im Kontext der Haustierzüchtung, siehe auch meinen kürzlichen Artikel im Philosophiebrett). Im Fahrwasser dieser Erkenntnis entstanden die ersten männlichen Götter, zunächst in Gestalt eines Stiergottes (Beispiel Catal Hüyük). Dieser Stier wurde zu Beginn als Gefährte der Urmutter gedacht, die von ihm befruchtet wird, blieb ihr aber eine Zeitlang noch untergeordnet.
Spätere Mythen um Re, Zeus, Apis, El und Baal enthalten noch Überreste des Stiermotivs. Re z.B., der ägyptische Sonnengott, befruchtete als „Kamutef“ (Stier seiner Mutter) die Muttergöttin Hathor und zeugte so sich selbst, was der oben angedeuteten Logik der Urmutter-Befruchtung entspricht, freilich mit dem Unterschied, dass Re der Hathor übergeordnet ist.
Polytheismus entstand historisch also erst nach der Erkenntnis der männlichen Fruchtbarkeit, d.h. Jahrzehntausende nach Beginn der Urmutter-Verehrung, da „der Mann“ erst aufgrund dieses Wissens sakralen Status erlangte (in Form der Projektion eines männlichen Gottes). All die weiblichen Gottheiten, wie sie von Metapher aufgelistet werden, sind Überreste prähistorische Vorstellungen einer Urmutter, die im Zuge der fortschreitenden Patriarchalisierung der Gesellschaften nach und nach ihrer Kompetenzen beraubt wurden, bis schließlich, in dem abrahamitischen Monotheismen, das Wiebliche ganz aus dem Sakralen herausgedrängt wurde.
Deine Frage…
ob in matriarchalich geprägten Gesellschaften auch die Vorstellung eines monotheistischen Gottes eher eine weibliche ist oder ob Gott auch dort weiblich ist.
ist also, mit der genannten Einschränkung, dass es um egalitäre matrizentrische Gesellschaften geht, sowie der weiteren Einschränkung, dass die vorgebrachten Argumente Teil einer sehr plausiblen, aber nicht 100prozentig beweisbaren Theorie sind, zu bejahen.
Chan