Die Produktion einzelner Proteine ja, mit Risiken, mehr nicht!
Hallo,
Ich hab gerade zufällig eine Aussage von Stephen Hawking
gelesen. Da meint er, dass es erforderlich wäre den Menschen
genetisch zu verbessern, intelligenter zu machen, damit er
intelligenter als Computer bleibt.
er ist ein kauziger Physiker, der von sehr extremen und sehr polarisierenden Lebenerfahrungen geprägt wurde. Es ist zu erwarten, dass er zu allgemeinen Fragen des Lebens ziemlich verschrobene Ansichten hat.
Gibt es aktuell konkrete Überlegungen den Menschen genetisch
zu verbessern?
Klar, die haben sicher viele Menschen. Das sind nicht nur solche Spinner (oder Visionäre) wie Hawking, sondern auch ernsthafte Biologen und Mediziner die damit schwerkranken Menschen helfen wollen. Stichwort Gentherapie: dabei soll durch das Einbringen funktionierender DNA in Körperzellen betroffener Menschen der angeborene Mangel eines (lebens)wichtigen Protein ausgeglichen werden um die daraus resultierende Erkrankung damit zu heilen. Der Mensch wird dadurch nicht schlauer und da es sich um eine wahllose Transfektion somatischer Körperzellen handelt, birgt solch eine Veränderung des Erbgutes erhebliche Risiken und kann auch nicht weitervererbt werden. Also letztlich ist die Gentherapie nicht das, was Hawkings sich vorstellt, aber es ist eine genetische Verbesserung des Menschen.
Wäre das zur Zeit überhaupt machbar?
Technisch ja. Man ist heute in der Lage, mit Enzymen das Erbgut aufzuschneiden und neue DNA-Abschnitte mehr oder minder gezielt einzubauen.Teilweise geht das schon recht gezielt, teilweise eher mit der Holzhammermethode. Bringt man z.B. mit viralen Vektoren ein Gen ein, wird dieses relativ wahllos ins Erbgut integriert. Es kann dann sein, das es entweder gar nicht funktioniert oder die Funktion anderer Gene verändert, so dass im schlimmsten Fall sogar Krebs entsteht.
Was noch (sehr, sehr lange) fehlt, ist ein ausreichendes Verständnis über die Funktion des Erbgutes, seine komplexen Regelungsmechanismen und das Zusammenspiel der gebildten Genprodukte bei der Entstehung des Menschen und der Regelung seiner Körperfunktionen. So wird man - an deinem Beispiel erklärt - in den nächsten 5000 Jahren sicher die Intelligenz des Menschen nicht genetisch verbessern können, da man ja noch nicht einmal auch nur ein bischen verstanden hat, wie Intelligenz organisch und elektrochemisch determiniert ist. Keiner weiß, was im Gehirn man wie verbessern müsste, um einen Menschen intelligenter zu machen. Und wenn man es wüsste, käme man direkt zu dem Problem, dass Intelligenz mit Sicherheit durch ein extrem komplexes Zusammenspiel vieler Gene entsteht, die zum einen die körperliche Entwicklung, zum anderen die biochemischen Hirnfunktionen steuern. Bei der Hirnleistung spielen sicher 1000e biochemische Regelkreise auf vielen Ebenen als komplexes biologisches Programm zusammen, das man in einer denkbaren Zeit ganz sicher nicht durchschauen wird. Und selbst wenn man das prinzipiell täte: Wenn es von jedem an Hirnfunktion und Hirnentwicklung beteiligten Gen 30 oder 40 potentielle Normvarianten gibt, gegen die man die angeborene wahlweise austauen könnte, ergäben sich schlagartig Milliarden möglicher Varianten, die Intelligenz zu beeinflussen. Und 99% der Möglichkeiten würden das Ergebnis sicher nicht verbessern… 
Welche (technischen) Schwierigkeiten gäbe es dabei?
Momentan wie gesagt die, das man Gene noch nicht genau genug an die gewünschte Stelle im Erbgut einbauen kann und danach wird man vielleicht erkennen, dass man die gene nicht so einfach in der benötigten epigenetischen Variante einbringen kann. Aber die technischen Probleme wird man sicher in den nächsten hundert Jahren lösen können. Das größte Problem ist das mangelnde Verständnis dafür, wie der menschliche Körper auf biochemischer Ebene funktioniert und in welcher Weise die Gene dabei exakt funktionieren und zusammenwirken. Dieses Zusammenspiel ist so komplex, dass es wahrscheinlich einer detailierten Kartographie des ganzen Weltraums mit den aktuellen Positionsdaten jedes Sandkorns auf jedem Planeten darin gliche. Ich weiß nicht, wann Hawking damit fertig ist… 
Was könnte schief gehen?
So ziemlich alles. Schwer zu sagen, was schief gehen kann, wenn man etwas tut das man nicht versteht.
Bekanntlich werden ja bereits Pflanzen gezielt manipuliert um
sie resistenter und ertragreicher zu machen.
Ich hab auch mal im TV gesehen, dass man Hausschweinen das
Wachstumsgen von Elefanten „eingefügt“ hat.
Solche Manipulationen betreffen immer nur ein einziges Gen, welches mehr oder minder wahllos in das Genom eingeschleust wird und mit etwas Glück auch funktioniert und dann ein einziges Eiweiß mit einer ganz bestimmten Funktion herstellt. Wenn ein Bakterium ein Protein besitzt, welches Insekten tötet und man von dem dafür zuständigen Gen zufällig beim 1000sten Versuch 100m Kopien so in eine Pflanzenzelle bekommt, dass 30 davon funktionieren und eine ausreichende Menge von diesem Protein auch dort exprimieren, produziert die Pflanze das Insektizid und ist dadurch vor dem Insekt geschützt. Das geht ganz sicher zu Lasten der allgemeinen Fitness der Pflanze, weil die ungeregelte Produktion des Insektizides ja auch Energie verbraucht, die der Pflanze denn nicht mehr für Wachstum und Fruchtbildung zur Verfügung steht. Aber wenn das Insekt die Pflanze normalerweise mehr schädigen würde, als die zusätzlichen Gene das tun, bringt sie halt - nur unter diesen spezifischen Bedingungen - einen höheren Ertrag. Langfristig geht das meist in die Hose, weil die Insekten irgendwann resistent gegen das gebildete Gift werden und die Pflanze trotzdem befallen. Dann ist sie doppelt geschädigt.
Um die Visionen von Stephen Hawking zu realisieren, reichen solche primitiven Holzhammertechniken nicht und selbst diese würden beim Menschen nicht mal funktionieren, da man zwar aus einer einzigen manipulierten Pflanzenzelle eine neue Pflanze ziehen kann, aber aus einer Menschenzelle keinen Menschen. Da müsste man zunächst einmal das Klonen richtig beherrschen. Um dann einen (nur in einem Gen) komplett genetisch veränderten Menschen zu erschaffen, müsste man sicher 100000 menschliche Zellen genetisch manipulieren, von denen vielleicht 1000 den Gentransfer lebend überstehen würden. Diese 1000 Zellen müsste man in 1000 entkernte menschliche Eizellen einsetzen und von Leihmüttern austragen lassen. 980 davon würden durch die entstandenen genetischen Schäden während der Schwangerschaft sterben und 20 würden vielleicht durchkommen. Von den Kindern währen 15 schwerbehindert, 4 ganz normale Babys ohne die neue gewünschte Eigenschaft und ein Baby wäre ein bisschen mickriger und nicht so helle, aber dafür gegen Insektenfraß geschützt…
Bei Pflanzen ist das alles kein Problem, aber beim Menschen wirft das schon auch schwerwiegende ethische Probleme auf.
Gruß, Jesse