Hallo Arndt,
erstmal vielen Dank. Leider hatte ich in den letzten Tagen zu wenig Zeit, um Dir ein kleines Feedback zu liefern.
…zumal seit das mit dem
Clonen auch beim Menschen keine Utopie mehr ist, dass wir
quasi als Erwachsener aus dem Ei schlüpfen. Frage an dich: Was
wäre anders?
Naja, der Mensch (Neugeborenes) müßte nicht immer wieder von Null anfangen. Es wäre eine enorme Zeitersparnis.
Beispiel: Der Vater spricht perfekt Englisch u. Französisch, die Mutter perfekt Spanisch. Es wäre doch praktisch, wenn das Kind diese Sprachen auch automatisch beherrschen würde und könnte dann gleich mit weiteren Fremdsprachen beginnen. Das Wissen würde sich so immer weiter akkumulieren.
Mir ist klar, dass die Natur das aus bestimmten Gründen nicht so geregelt hat, sonst wäre es ja so. Die Natur ist genial.
Habe z. B. mal in einer Fachzeitschrift gelesen, dass der Mensch nur deshalb nicht Fliegen kann (wie ein Vogel), weil er es nicht können muss. ES war für das Überleben und für die Entwicklung der menschlichen Spezies im Laufe der Evolution offenbar nicht notwendig, dass der Mensch fliegen kann. Rein theoretisch kann man sich schon vorstellen, dass der Mensch Flügel hätte. Es würde sich niemand etwas dabei denken, wenn dem so wäre. Man wüßte es nicht anders.
Unendlich viele Sachen, die erst bei heutigem Stand der
Entwicklung selbstverständlich sind, müssen die meisten von
uns ja dank Spezialisierung überhaupt nicht mehr lernen, weil
andere das für sie tun, und können trotzdem von deren
Vorteilen profitieren.
Das sehe ich auch so. Der Mensch fliegt ins Weltall, ich könnte aber keine Raumfähre fliegen oder auch keine Rakete bauen, etc. Es gibt aber Menschen, die das können.
Gedankenexperiment:
Stelle Dir vor, Du würdest mit einer Zeitmaschine in die Steinzeit reisen. Angenommen, Du könntest Dich mit den damaligen Menschen tatsächlich verständigen und würdest behaupten, Du kämest aus der Zukunft aus dem Jahr 2011. Du hättest keine Chance, diese Behauptung zu beweisen. Wie denn? Du könntest kein Auto bauen, keinen Fernseher, hättest keinen elektrischen Strom, Du könntes auch kein Elektrizitätswerk bauen, Du könntest kein Buch vorlesen, Du könntest auch keines schreiben, Du hättest keinen Füller und keine Stift, Du könntest auch keinen bauen, etc. Du hättest zwar das theoretische Wissen, könntest aber nix damit anfangen.
Informationen gehen heute weniger verloren, das Problem ist
vielmehr, sie sind so reichlich vorhanden, dass die
Verschwendung darin besteht, dass sie niemand nutzbar machen
kann, geschweige denn gänzlich integrieren. Die Bibliotheken
stehen voll mit ungelesenen Büchern, das Internet wird nur zu
Bruchteilen genutzt, und ob zum Besten?
Da stimme ich Dir ebenfalls zu. Ich glaube aber, dass alles, was wir heute wissen, ich meine die Menschheit als Ganzes, im Prinzip schon immer wissbar war. Dieses Wissen war aber noch nicht entdeckt. Theoretisch wäre es auch in der Steinzeit möglich gewesen, ein Raumschiff zu bauen, es wußte aber noch niemand wie es geht und es wollte auch niemand eines bauen, weil man gar nicht wußte, was ein Raumschiff ist, etc. Aber es gab in der Steinzeit schon alles an Ressourcen, was zum Bau einer Raumfähre notwendig ist, nur eben nicht das Know How.
Das Wissen wurde immer weiter ent-deckt und hat sich immer feiner verzweigt. Die Gefahr liegt darin, dass man inzwischen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Alles Wissen war usprünglich eine Einheit und gehört zusammen (Synthese), es wurde aber künstlich katalogisiert und systematisiert. Es gibt inzwischen keinen einzigen Menschen mehr auf der Erde, der einen Überblick über das gesamte Wissen hat. Zudem ist uns heute noch nicht bekannt, was es denn noch alles zusätzlich zu wissen gibt. Wir wissen zwar, was wir wissen, aber wir können nicht negativ abgrenzen, was wir nicht wissen.
Und doch haben gerade auch Leute wie Hilegard von Bingen, die
noch heute gelesen werden und inspirieren, durch ihr Schreiben
den Grundstein gelegt zu vielem, auf das kommende Generationen
aufbauen konnten, ohne wieder scheinbar von Null anfangen zu
müssen.
Einspruch. Das mit den Büchern ist so eine Sache. Wenn wir sagen wir mal eine Autobiographie von Napoleon lesen würden, dann spiegelt dies nicht genau die Erfahrung wider, die Napoleon subjektiv gemacht hat, sondern wir interpretieren das Gelesene vor dem Hintergrund unseres Wertesystems, unserer Erfahrungen.
Erfahrungen können durch schriftliche oder mündliche Weitergabe nicht genauso erhalten werden, wie sie ursprünglich erlebt worden sind.
Erkenntnisse gibt es übergenug, man wird nur nie fertig damit,
neue machen zu wollen, und der Prozess also ist das
Entscheidende.
Viel wichtiger als Erkenntnisse ist die Frage, was wir mit unseren Erkenntnissen anfangen, welche Schlüsse und Folgerungen wir daraus ziehen sollen.
Und hier sind wir wieder bei der Interpretation, bei der Bewertung. Wir können zutreffend oder unzutreffend interpretieren und bewerten und es kann sehr lange dauern, bis wir feststellen können, ob unsere Annahmen richtig oder falsch waren, etc.
Schönen Tag, Hilde