Merkfähigkeit

Hallo,

ich betätige mich ehrenamtlich als Lernpartner für Schüler.
Mein zu betreuender Schüler besucht die 9. Klasse Werkrealschule (BW). Die 8. Klasse hat er bereits freiwillig wiederholt. Er ist der Einzige, der nicht dieses Jahr an der Hauptschulabschlußprüfung teilnimmt, sondern erst im nächsten Jahr mit der Hoffnung auf ein besseres Ergebnis.
Zum eigentlichen Problem: Zum Üben/Prüfungsvorbereitung bringt er eine Broschüre mit Prüfungsaufgaben der Vergangenheit mit. In Deutsch wird z.B. das Vorkommen von Tornados in Deutschland geschildert. Der Schüler liest den Text laut vor, ich lese mit. Danach folgen Multiple Chois Fragen. Der Schüler konnte die richtigen Antworten nur finden, indem er den Text nochmals durchlas - allerdings auch nur mit Einschränkung. Ich selbst hatte mit meinen 69 Jahren keine Probleme, die richtige Antwort zu finden. Beim Lautlesen des Schülers fiel mir auf, dass er nicht in der Lage war, die Satzgestaltung wahrzunehmen. Satzzeichen führten nicht zu Sprechpausen. Sprechpausen erfolgten dagegen mitten Satz/Nebensatz. Daraus schließe ich, dass man so auch nicht einen Text verstehen und folglich diesbezügliche Fragen auch nicht beantworten kann.
Was kann ich tun, um diesem Schüler zu helfen?

Gruß
Otto

Hallo,

das Problem das du beschreibst, haben viele Schüler im unteren Leistungsbereich:
Sie „können“ zwar lesen, verstehen aber wenig davon.
Mit Gedächtnis hat das weniger zu tun.
Du hast ganz richtig beobachtet: Der Schüler nimmt die Satzzeichen nicht als Hilfen wahr, so wird es schwer, sinnentnehmend zu lesen. Besonders, wenn es längere Sätze mit komplizierteren Formulierungen gibt. Auch sprachliche Bilder, Vergleiche, Metaphern werden oft nicht richtig verstanden.

Zu den Ursachen gehört, dass diese Schüler oft wenig Erfahrung mit geschriebenen Texten haben und nicht viel lesen.

Schlimm ist das, weil es das Lernen in vielen Fächern beeinträchtigt - das bemerkst du ja gerade.

Das Hilft:
Beginnt mit Sachtexten oder Prosa, die ihn interessieren und eher für eine Altersgruppe unter ihm gedacht sind.
Abwechselnd könnt ihr immer einen Abschnitt lesen, den Sinn kurz wiedergeben und eine Vermutung formulieren, wie es weitergeht.
Abwechselnd deshalb, weil du dann auch als Modell dienst.

Wenn der Junge etwas nicht versteht, soll er eine Frage formulieren, und zwar möglichst konkret. Also nicht „ich habe nix verstanden“ sondern etwa: „was bedeutet das Wort xxx“.

Das macht ihr so oft es geht. Toll wäre natürlich, wenn du (Jugend) Bücher findest, die ihn interessieren, so dass er auch in seiner Freizeit etwas liest.

Viel Erfolg!
wünscht Bixie