Merkur

Hallo Experten!

Ich müsste ein Referat über Merkur schreiben. Bei meinen recherschen bin ich auf einen Gedanken gestoßen der mir irgendwie keine Ruhe lässt!

Bei Merkur wurde durch „Mariner 10“ ein globales Magnetfeld gemessen wie es, unter den inneren Planeten, nur die Erde aufweist. Dieses könnte man relativ leicht durch die Annahme eines flüssigen Kerns erklären. Allerdings ist die Nähe Merkurs zur Sonne wohl dafür verantwortlich, dass er sich bereits kurz nach seiner Entstehung begann abzukühlen (durch die fehlende Atmosphäre, so das die Wärme ungehinder entweichen kann!).

  1. Wenn nun dieser Planet im innersten wirklich kalt ist, wie ist dann die Annahme von manchen Wissenschaftler zu verstehen die vermuten, dass das Magnetfeld seinen Ursprung im Oberflächenmaterial hat?

  2. Wenn man nun den Jupitermond „Io“ als Vergleich nimmt, der gewaltigen gravitativen Störungen unterliegt und seinen regen Vulkanismus und seine Tektonik betrachtet, könnte man das nicht auch in irgendeine Form von Merkur vermuten? Da Merkur ja auch noch eine sehr exzentrische Bahn um die Sonne beschreibt, addiert mit der hohen gravitativen Störung durch diese, müssten doch gewaltige Gezeitenkräfte auf den Planet wirken, der ihn nicht so schnell abkühlen läßt, oder!?

Für Eure Antworten besten Dank!

Gruß,
betadex

Hallo betadex,

Bei Merkur wurde durch „Mariner 10“ ein globales Magnetfeld
gemessen wie es, unter den inneren Planeten, nur die Erde
aufweist.

Zunächst mal: das globale Magnetfeld des Merkur ist nur 1/100 so „stark“ wie das Feld der Erde-

  1. Wenn man nun den Jupitermond „Io“ als Vergleich nimmt, der
    gewaltigen gravitativen Störungen unterliegt und seinen regen
    Vulkanismus und seine Tektonik betrachtet, könnte man das
    nicht auch in irgendeine Form von Merkur vermuten? Da Merkur
    ja auch noch eine sehr exzentrische Bahn um die Sonne
    beschreibt, addiert mit der hohen gravitativen Störung durch
    diese, müssten doch gewaltige Gezeitenkräfte auf den Planet
    wirken, der ihn nicht so schnell abkühlen läßt, oder!?

Ohne die Schwerkräfte im einzelnen berechnet zu haben, denke ich, daß im System Io-Jupiter größere Gezeitenkräfte (differentielle Schwerkräfte, die auf den Planetenkörper/den Mond wirken) erzeugt werden als im System Merkur-Sonne. Das hängt einfach mit der Entfernung der Attraktoren zusammen. Außerdem: damit Wärme entsteht, reichen Gezeitenkräfte allein nicht aus, diese müssen Reibung erzeugen, was eine Rotation des Himmelskörpers voraussetzt. Auch mit der Letzteren ist der Merkur nur bedingt ausgestattet. Fazit: die Wärmequelle „Gezeiten“ funktioniert beim Merkur nicht so recht mit der Folge, daß Innere des Planeten ist ein Feststoff oder jedenfalls nur in einem sehr geringeren Maße flüssig wie das Erdinnere. Es bleibt jedoch die Wärmequelle „Radioaktivität“. Wenn ein flüssiges Erdinneres in Verbindung mit der Rotation für das Magnetfeld der Erde verantwortlich ist, dann trifft diese Erklärung für den Merkur sicher nur sehr begrenzt zu.

Gruß

Ewald

Dank! Du hast mich in manchen Punkten überzeugt!

Gruß,
betadex

Hallo,

eines flüssigen Kerns erklären. Allerdings ist die Nähe
Merkurs zur Sonne wohl dafür verantwortlich, dass er sich
bereits kurz nach seiner Entstehung begann abzukühlen (durch
die fehlende Atmosphäre, so das die Wärme ungehinder
entweichen kann!).

Nunja, ob der Eisenkern wirklich komplett erkaltet ist, ist fraglich. Ein Teil könnte z.B: immer noch flüssig sein, wofür mehrere Indizien sprechen:
Der Merkur erfuhr in seinen „jungen Tagen“ eine extrem starke Gezeitenreibung durch die Sonne, weswegen er nun auch fast eine gebundene Rotation hat. Diese Reibung könnte zu einer verlangsamten Abkühlung beigetragen haben, da im Inneren ja Hitze erzeugt wurde.
Daneben könnte er im Inneren einen relativ hohen Anteil von radiokativen Stoffen haben, die durch ihren Zerfall ebenfalls Wärme entwickeln. Auch könnte der Kern Stoffe enthalten, die einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt haben und die für Kovektion und damit ein Magnetfeld verantwortlich sind. Als Kandidat wird hier v.a. Schwefel gehandelt.
Vulkanismus ist am Merkur aufgrund der dicken Kruste zwar nur spärlich zu erkennen, aber es gibt Anzeichen dafür, dass es relativ jungen Vulkanismus auf dem Merkur gab, der vermutlich durch Einschläge begünstigt wurde. Trotzdem deutet dies darauf hin, dass das Innere nicht komplett erkaltet ist. Die dicke Kruste (die sich vermutlich sehr früh gebildet hat) besitzt daneben natürlich auch noch eine gute Isoliereigenschaft, wodurch das Innere ebenfalls länger zur Auskühlung gebraucht haben könnte, denn so konnte kaum Wärme aus dem Inneren mittels Lava an die Oberfläche gebracht werden.
Also ob der Merkur noch einen flüssigen Kern besitzt ist keinenfalls geklärt und immer noch ein Gegenstand heutiger Forschung.

  1. Wenn nun dieser Planet im innersten wirklich kalt ist, wie
    ist dann die Annahme von manchen Wissenschaftler zu verstehen
    die vermuten, dass das Magnetfeld seinen Ursprung im
    Oberflächenmaterial hat?

Sollte er wirklich komplett erkaltet sein, dann kommen natürlich Konvektionsströmungen als Ursache für das Magnetfeld nicht in Frage. Eine andere Erklärung ist daher, dass der Magnetismus durch magnetische Gesteinsschichten verursacht wird. Gestein kann durch Magnetfelder magnetisiert werden und dieser Zustand kann beim Abkühlen des Materials „eingefroren“ werden. Ein Beispiel dafür gibts auch auf unserer Erde: Das Lava-Material dass aus dem mittelatlantischen Rücken austritt und dort erstarrt ist magnetisiert und so lässt sich an diesem Material ablesen, wie stark das Erdmagnetfeld zu einem bestimmten Zeitpunkt war und v.a. wie herum es gepolt war.
Da das Magnetfeld - wie Ewald schon sagte - nur sehr schwach ist, könnte dies eine mögliche Erklärung sein.

  1. Wenn man nun den Jupitermond „Io“ als Vergleich nimmt, der
    gewaltigen gravitativen Störungen unterliegt und seinen regen
    Vulkanismus und seine Tektonik betrachtet, könnte man das
    nicht auch in irgendeine Form von Merkur vermuten?

Klar. Aber Merkur und Io sind komplett verschieden. Io ist - wie du ja schon selbst sagst - charakterisiert durch extrem starken Vulkanismus. Ich hab mal schnell nachgerechnet und das ergibt (ohne Garantie auf Richtigkeit), dass die Gezeitenkräfte zwischen Jupiter/Io knapp fünf mal stärker sind, als die bei Sonne/Merkur. Und dabei ist Io auch noch kleiner, die Auswirkungen der Kräfte sind also hier auch noch zusätzlich größer. Würde man z.B. nur rein gedanklich Merkur an Io’s Stelle setzen, dann würde Merkur von Jupiter eine fast 20x so große Gezeitenwirkung erfahren, als er das jetzt von der Sonne erfährt. Ein Vergleich mit Io ist deshalb IMO wenig aussagekräftig, da hier eine ganz andere Situation vorliegt.

ja auch noch eine sehr exzentrische Bahn um die Sonne
beschreibt, addiert mit der hohen gravitativen Störung durch
diese, müssten doch gewaltige Gezeitenkräfte auf den Planet
wirken, der ihn nicht so schnell abkühlen läßt, oder!?

Naja, das Problem ist, dass hier sehr viele verschiedene Faktoren zusammenspielen: Gezeitenreibung, Größe des Planeten, Zusammensetzung im Inneren, radioaktive Zerfallsprozesse, usw usf.
Eine Begründung nur mit einem Faktor trägt IMO der Realität keine Rechnung, da die anderen Faktoren überwiegen könnten. Genauere Erkenntnisse werden hier wohl erst mehr Beobachtungen und neue Sonden bringen. Zusammengefasst kann man also sagen, dass es nicht geklärt ist, woher das Magnetfeld von Merkur stammt. Sowohl ein flüssiger Kern wie auch magnetisierte Gesteine können dafür verantwortlich sein.

mfg
deconstruct