Merkwürdige Interview- und Statement-Marotte im angloamerikanischen Raum

Hallo, liebe Anglistik-Kundige und ggf. Interessierte :smile: !

Mir fällt seit einiger Zeit in englischsprachigen Medien auf, dass diverse dort Sprechende oder Interviewte aus dem Britisch-Nordamerikanischen Raum eine merkwürdige Redetechnik verwenden, die mir so vorher nicht auffiel:

Sie neigen dazu, sich selbst Fragen zu stellen und diese kurz und knapp selbst zu beantworten und dies in regelrechten Ketten so abzufertigen. Vorzugsweise verwenden diese Statement-Technik amerikanische Politiker, aber mittlerweile auch andere in der Öffentlichkeit Redende wie Wissenschaftler und zum Teil auch Journalisten.

Das läuft in etwa so ab:
„Ist es in der Tat so, dass dieses oder jenes so oder so ist? Ja, das ist es. Ist es dann nicht so, dass dieses oder jenes so oder so ist? Ja, das ist es. Können wir daraus folgern, dass dieses oder jenes dann so oder so ist? Ja das können wir!“ Ende der Durchsage :smile: *Keine* der Fragen kam von einem Fragesteller!

Mir erscheint es so, dass diese „Technik“ während der Regierungszeit von George W. Bush zu Anfang der 2000er Jahre aufkam, insbesondere Donald Rumsfeld beherrschte das „in Perfektion“. Mir scheint die Technik auf den englisch-sprachigen Raum beschränkt, in Deutschland habe ich das sehr selten „in deutsch“ gehört und da klang es sehr bemüht. Gelegentlich wird es so 1:1 übersetzt, während man im Hintergrund den englischen Originalton in dieser Weise hört.

Gehört das im englischen Sprachraum zum „rethorischen Elementarbaukasten“ entsprechend Geschulter oder ist das tatsächlich dort gängige Alltagssprache und mir bislang nie aufgefallen?

Danke sehr und Gruß vom
Schnabel

Guten Abend!

Das läuft in etwa so ab:
„Ist es in der Tat so, dass dieses oder jenes so oder so ist?
Ja, das ist es. Ist es dann nicht so, dass dieses oder jenes
so oder so ist? Ja, das ist es. Können wir daraus folgern,
dass dieses oder jenes dann so oder so ist? Ja das können
wir!“ Ende der Durchsage :smile: *Keine* der Fragen kam von einem
Fragesteller!

Ist ein hierzulande altbekanntes rhetorisches Mittel. Nicht zu häufig genutzt, fällt es Zuhörern kaum auf.

Gruß
Wolfgang

Hallo,
also, ich hatte in den letzten 15 Jahren mindestens ein halbes Dutzend Rethorikseminare udgl. hinter mir und dieses Mittel ist mir da nicht vermittelt worden :wink: Im Gegenteil würde ich hier als Gegenüber eher vermuten, dass sich da jemand „die richtigen Fragen“ lieber selber stellt als die „falschen gestellt zu bekommen“ und dann bewusst darin herum bohren :wink:

Ist das „Mittel“ im deutschsprachigen Raum etwa ggf. schon „verbraucht“ und wurde dann mal ganz frech in den angloamerikanischen exportiert ? :wink:

Gruß vom
Schnabel

Hallo!

… würde ich
hier als Gegenüber eher vermuten, dass sich da jemand „die
richtigen Fragen“ lieber selber stellt als die „falschen
gestellt zu bekommen“…

Die beschriebene Art der Rhetorik kann ein Lenkungsmittel sein. Man kann damit auch gezielt provozieren. Je nachdem.

Gruß
Wolfgang

Hi,

ist Dir die rhetorische Frage wirklich neu? Das erscheint mir komisch, ich habe das schon in der Schule gelernt. In was für Rhetorikseminaren warst Du denn? Gut können sie ja nicht gewesen sein. 'Du wirst sie uns wohl nicht verraten, oder? Ach lass es, ich will da eh nicht hingehen :smile:

die Franzi

1 Like

Hallo Franzi,

ist Dir die rhetorische Frage wirklich neu?

Nein. Die ist ihm nicht neu. Und bei einem Anwalts oder einer Werbung auch sehr gut bekannt.

Ihm geht es doch darum, dass diese Figur von Politikern, Sportlern oder anderen Interviewten verwendet wird und er hierfür im Deutschen keine analogen Beispiel aus dem Stegreif kennt (ich übrigens auch nicht. In der Regel stellt der Interviewer die Fragen, auch wenn sie abgesprochen sind)

Ich habe bei uns eher das (Bauch-) Gefühl, dass rhetorische Fragen von Politikern eher unbeantwortet bleiben. Oder das Fragen indirekt als Aussagen anderer Formuliert werden, die dann bestätigt oder widerlegt werden (beispiel unten aus manche mögens heiss:wink:

Gruß
achim

Na ja, manche sagen… …er ist ein bisschen zu groß für seine Gamaschen geworden! Aber ich sage… er wird es weit bringen. Manche sagen… …er ist zu weit gegangen! Aber ich sage… …einen guten Mann kann man nicht klein halten! Natürlich hat er noch eine Menge zu lernen. Der Riesenkrach, den er am Valentinstag gemacht hat… …war nicht sehr gut für unsere Public Relations! Und dass die Zeugen entkommen sind… das war besonders nachlässig! Keine Sorge wegen der beiden. Sie sind so gut wie tot. Ich habe sie heute fast geschnappt. Du hast sie wieder entwischen lassen… …zum zweiten Mal?! Manche würden sagen, das ist Schlamperei. Aber ich sage: Irren ist menschlich, vergeben ist göttlich. Ich möchte dir zeigen, was ich von dir halte, Spats… Die Jungs haben gesagt, du hättest bald Geburtstag. Also haben wir einen Kuchen gebacken. Mein Geburtstag? Der ist doch erst in vier Monaten. Dann sind wir etwas zu früh dran! Was machen ein paar Monate unter Freunden schon aus?

2 Like

Hallo,
doch doch, diese Art der Frage kenne ich sehr gut. Suggestiv-Fragen wie hier die deinige oder generell geschlossene Fragen meine ich nicht.

In den dargestellten Redepassagen antwortet der Fragesteller selbst auf seine eignen Fragen. Das ist was anderes. Es ist also eher ein Stilmittel für eine Rede oder ein Statement, die so im Deutschen nicht vorkommt.

Gruß vom
Schnabel

„Ist es in der Tat so, dass dieses oder jenes so oder so ist?
Ja, das ist es. Ist es dann nicht so, dass dieses oder jenes
so oder so ist? Ja, das ist es. Können wir daraus folgern,
dass dieses oder jenes dann so oder so ist? Ja das können
wir!“

Nicht wirklich neu:

„Im Grunde genommen hassen sie das soziale Deutschland! Denn was haben wir ihnen denn getan? Gar nichts! Was haben wir ihnen genommen? Gar nichts! Haben wir sie bedroht? Nicht einmal! Waren wir etwa nicht bereit, mit ihnen Abkommen zu treffen? Jawohl! Wir taten das auch. Haben wir uns nicht verpflichtet, selbst Begrenzungen unserer Rüstungen vorzunehmen? Wir haben das sogar vorgeschlagen. Nein, das hat sie alles nicht interessiert.“ - Adolf Hitler am 8.11.39 im Bürgerbräukeller

Gruß,
Max

Hallo!

Ui! Das ist wirklich interessant! Sollte es daran liegen, dass diese „Technik“ bei uns eher verpönt ist?

Danke und Gruß vom
Schnabel

1 Like