Merkwürdiger Satz: Dem Freund ist ein Haus

Tach,

Anscheinend ist das korrektes deutsch, wenn man sagt: „Dem Freund ist ein Haus“. Wem ist ein Haus? Dem Freund. Anscheinend bedeutet es das hier: Der Freund besitzt/hat ein Haus. Wobei ich das an dem reinen Satz „Dem Freund ist ein Haus“ nicht erkennen konnte, dass der Freund ein Haus besitzt und auch jetzt versteh ich das nicht. Woran liegt das?

Und warum kommt mir das als ein in Deutschland geborener als völlig falsch vor bzw. als total merkwürdig, sonderbar und seltsam?

Thank y’all

Hallo,

Anscheinend ist das korrektes deutsch, wenn man sagt: „Dem
Freund ist ein Haus“. Wem ist ein Haus? Dem Freund.

Nein. Nicht mehr.

Anscheinend bedeutet es das hier: Der Freund besitzt/hat ein
Haus. Wobei ich das an dem reinen Satz „Dem Freund ist ein
Haus“ nicht erkennen konnte, dass der Freund ein Haus besitzt
und auch jetzt versteh ich das nicht. Woran liegt das?

Weil wir „sein“ hochsprachlich nicht mehr in diesem Sinn gebrauchen.

Und warum kommt mir das als ein in Deutschland geborener als
völlig falsch vor bzw. als total merkwürdig, sonderbar und
seltsam?

s.o.
Zumindest zu Kleists Zeiten war das aber noch anders. Da war’s noch üblich.
Für genauere Belege müssen wir wohl auf Kreszenz warten.
Grüße
Olgu

Hallo, Olgu,

Anscheinend bedeutet es das hier: Der Freund besitzt/hat ein
Haus. Wobei ich das an dem reinen Satz „Dem Freund ist ein
Haus“ nicht erkennen konnte, dass der Freund ein Haus besitzt
und auch jetzt versteh ich das nicht. Woran liegt das?

Weil wir „sein“ hochsprachlich nicht mehr in diesem Sinn
gebrauchen.

hochsprachlich nicht, aber in verschiedenen (v. a. oberdeutschen) Mundarten sind Fügungen wie „Wem ist das?“, „Das ist mir!“ durchaus noch gebräuchlich.

Grimm schreibt zu diesem Phänomen:

  1. eine weitere gruppe für sich bilden die ausdrücke für ein besitz- oder eigenthumsverhältnis. hier verwendet die deutsche sprache den genitiv und den dativ. ich stelle letzteren voran.

a) den zuerst behandelten verwendungen steht am nächsten die reine subjects-construction mir ist etwas, es ist für mich da, vorhanden = ich habe etwas, … diese nicht gerade häufige fügung entspricht genau der lat. mihi est und ist wol dadurch beeinfluszt …

[…]

d) andrerseits steht sein mit dativ in prädicativer fügung, um einen genannten oder bekannten gegenstand einem bestimmten eigenthümer zuzuweisen. die redeweise ist häufig belegt in der älteren litteratur, später in poetischer rede und in oberdeutschen mundarten, z. b. schweiz

Es gibt auch im hiesigen Archiv Beiträge zu diesem Thema:

/t/das-ist-mir-hessische-sprach-unart/764978

/t/ich-habe-hier-ein-blatt-zu-liegen/466965/13

Gruß
Kreszenz

Hallo,

danke!
Auf dich ist halt Verlass.
Schönen Restsonntag!

Tach,

hochsprachlich nicht, aber in verschiedenen (v. a.
oberdeutschen) Mundarten sind Fügungen wie „Wem ist das?“,
„Das ist mir!“ durchaus noch gebräuchlich.

nicht nur oberdeutsch, auch im Ripuarischen Sprachraum ist das völlig normal.

Wem ist der [sic!] grün Auto
Misch! Oder ‚Dat is misch‘ oder ‚Dat is de ming‘

Gandalf

hochsprachlich nicht, aber in verschiedenen (v. a.
oberdeutschen) Mundarten sind Fügungen wie „Wem ist das?“,
„Das ist mir!“ durchaus noch gebräuchlich.

Allo hehr,

des iss awwer ned bloß in de owwerdeitsche Dialegde so. Des hämmer ach grad so im Pälzer Dialegd. Unn do duhd die Schbrochgrenz jo am Roi endlang laafe.
Awwer des is jedzd bloß so e bissle Dibbelschisserei. :smile:

MFG Cleaner

Hallo

Ich musste auch erst deine Erklärung lesen um den Satz zu verstehen. Ich kenne das als umgangssprachlichen Ausdruck, aber nur mit Bezug auf einen konkreten Gegenstand und in der Reihenfolge Subjekt, Prädikat, Objekt. Also „Das Haus ist meinem Freund.“ Wenn nicht bekannt ist, um welches Haus es geht, dann würde ich sagen: „Mein Freund hat ein Haus.“

Gruß, sigterm

Moin,

es wäre interessant zu wissen, ob Du den Satz gehört oder gelesen hast, und in welchem inhaltlichen Zusammenhang.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand zusammenhanglos sagt „dem Freund ist ein Haus“ wenn er sagen will, dass der Freund Hausbesitzer ist. Ich mach mal ein Beispiel.
Ich beame mich zurück in meine saarländische Sprachherkunft und stelle mir vor, ich wäre ein Immobilienhai; ich habe einen Freund, der ein ebensolcher Hai ist. Nun will ich vor anderen Leuten protzen um zu zeigen, was für ein toller Hecht ich doch als Hai bin. Dann ist folgender Satz völlig normal:
„Seht ihr die Häuserzeile da drüben? Dem Freund ist ein Haus, aber mir sind vier.“

Pit

Hallo,

Des hämmer ach grad so im Pälzer Dialegd.
Unn do duhd die Schbrochgrenz jo am Roi endlang laafe.

Gibt es wirklich eine Sprachgrenze zwischen Ludwigshafen und Mannheim?
Des glaawisch awwer net!

Gruß

Des hämmer ach grad so im Pälzer Dialegd.

Unn do duhd die Schbrochgrenz jo am Roi endlang laafe.

Gibt es wirklich eine Sprachgrenze zwischen Ludwigshafen und
Mannheim?

Des glaawisch awwer net!

Hallo,

Okee, vielleischd ned uhbedingd zwische Lumbehafe unn Monnem, awwer onnerschdwuh schun.

Solche Sprachgrenzen lassen sich meist nur ungefähr umreissen und sind natürlich nicht mit Schlagbaum und Zollkontrolle gekennzeichnet.
Sie Orientieren sich aber oft an georgraphischen Gegebenheiten. Im Mittelalter konnte der durchschnittliche Ludwigshafener halt nicht mal schnell „niwwer, iwwer die Brick“ - es kam nicht zum Sprachaustausch (ja, ich weiß, dass LU erst im 18. Jhd gegründet wurde - ist aber auch nur ein Beispiel)

Ähnliches findet man auch im Pfälzerwald oder Hunsrück, wo sich solche Grenzen an Tälern oder Bergrücken orientieren. Da dachte sich der Mittelaltermann dann eben auch: „Was soll ich denn über den blöden Berg klettern? ist doch viel zu anstrengend, da bleib’ ich doch grad hier“.

MFG Cleaner

Der Zusammenhang/Kontext
Moin,

Also der Zusammenhang ist, dass ich lateinische Grammtik ein wenig studiere und da gibt es in einem Grammatikbuch eben so eine Satzkonstruktion beim dativus possessivus:

Mariae equus est.

Das wurd dann u.a. so übersetzt:
Der Marie ist ein Pferd.

Oder: Marie hat ein Pferd.

.

Aha!
Ave,

jetzt wird die Sache klar: es handelt sich um eine „Hilfsübersetzung“. So etwas findet man häufiger bei Selbstlernkursen oder Sprachreiseführern für Sprachen, die in ihrer grammatischen oder syntaktischen Struktur stark vom Deutschen abweichen.
Die Verfasser tun dies damit der Lernende versteht, dass sich in den Sprachen die Strukturen und der Ausdruck von grammatischen Beziehungen nicht 1:1 entsprechen. Durch diesen „Umweg“ soll er lernen, Sätze in der Fremdsprache zunächst zu sezieren, diese Elemente zu verstehen und dann einen korrekten Satz in seiner Muttersprache daraus zu machen.

Wenn Dein Satz sofort richtig übersetzt worden wäre
Mariae equus est - Maria hat ein Pferd
dann hätte sich jemand fragen können, wieso est nun mit hat übersetzt wird, wo es doch ist bedeutet.
Durch die Hilfsübersetzung Der Marie ist ein Pferd versteht er, wie der besitzanzeigende Dativ funktioniert.

Noch zwei Beispiele für Chinesisch aus einem uralten Band der Kauderwelsch-Reihe (die Zeichen für die Tonakzente spare ich mir):
Ni xihuan chi zhongcan ma?
Du mögen essen China-Essen Fragepartikel
-> Magst Du die chinesische Küche?

Zheli you mei you pijiu?
Hier-in haben nicht haben Bier?
Gibt es hier Bier?

Und wenn’s Bier gibt: Bring’n Se dem Mann am Klavier, noch’n Bier, noch’n Bier … :wink:

Salve!
Pit