Methode mit Methode

Hallo,

Ziel wissenschaftlicher Methoden ist es, ausgehend von einer oder mehreren Hypothesen eine tragfähige Theorie zu entwickeln.

Meine Frage : welche wissenschaftlichen Methoden gibt es denn ? Gibt es eine Liste, und wenn ja wo ? Wenn nein würde mir eine Aufzählung der wichtigsten wissenschaftlichen Methoden schon sehr weiterhelfen.
Insbesondere geht es mir um Methoden für den technischen Bereich.

Ratlos aber freundlichst,

Uwe P.

Hallo Uwe P.: Eine wissenschaftliche Methode ist es für einen Beweis mindestens zwei voneinander unabhängige Messmethoden zu verwenden. Eine andere generelle Methode im naturwissenschaftlich/technischen Bereich ist es Versuchspläne (z.B. nach Box-Wilson) durchzuführen um statistisch gesicherte Messresultate zu erhalten. Bei Versuchsplänen werden mindestens 2 bis 3 oder mehr Faktoren systematisch variiert, wobei alle anderen nicht variierten Faktoren streng konstant gehalten werden. Im übrigen gibt es neben der schon erwähnten Statistik für jedes Wissensgebiet unzählige wissenschaftliche Methoden. Schau mal in ein Lehrbuch über Chemie, Biologie, Psychologie, Genetik und Du wirst bezüglich wissenschaftlicher Methoden fündig. Gruss

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

was genau meinst du mit (natur-)„wissenschaftliche Methoden“?

Allgemein gilt in etwa:

  • Beobachtungen
  • Verallgemeinerung -> Hypothese
  • Versuch, die Gültigkeit der Hypothese zu widerlegen -> Experiment
  • Versuch, anhand der Hypothese Vorhersagen zu machen
  • Versuch, die Vorhersagen experimentell zu bestätigen -> Experiment
  • Einarbeitung der (im Rahmen der Nebenbedingungen bestätigten) Hypothese in ein Modell, evtl. Änderung/Anpassung eines bestehenden Modells oder gar die Entwicklung eines neuen Modells

Wahrscheinlich meinst du die Experimente. Ein Experiment ist ein Versuch unter gut definierten Bedingungen, bei dem ein interpretierbares Ergebnis gemessen wird. Im Prinzip sollte ein Experiment so durchgeführt werden, dass es wiederholbar ist und die Ergebnisse die Hypothese auch falsifizieren (=widerlegen) können. Die Ergebnisse müssen dabei immer mit ihrem Gültigkeitsbereich und der erreichten Genauigkeit (bzw. Unsicherheit) angegeben werden. Die ergeben sich zum einen aus dem Experiment-Design selbst (inkl. stochastischer Effekte) und der Güte (Eignung/Genauigkeit/Präzision) des Messverfahrens.

Eine Messung ist ein Vorgang, der eine Beobachtung in irgendeiner Form quantifiziert. Das kann im einfachsten Fall einfaches Auszählen sein („5 von 12 Birnen sind bei diesem Versuch kaputtgegangen…“) oder eine physikalische Größe (Strecke, Zeit, Wellenlänge, Frequenz, Strom, Spannung, Masse, …).

Um zu einem Ergebnis zu kommen, müssen die Daten meist analysiert werden. ZB. kann mit statistischen Methoden quantifiziert werden, wie wahrscheinlich eine beobachtete Wirkung ist, wenn die wissenschaftliche Hypothese _nicht_ richtig wäre (so eine Art „Irrtumswahrscheinlichkeit“). Sie gibt ein handhabbares Maß dafür, inwiefern man die Hypothese als widerlegt ansehen kann. Andere Analysen sind komplexer. So können zB. Korrelationen verschiedener Größen bestimmt werden. Das gibt meist einen Anhaltspunkt, welche Größen in einem funktionellen Zusammenhang stehen können (ist aber entgegen landläufiger Meinung kein Beweis für einen solchen Zusammenhang. Bsp: Die Zahl der Geburten und der Störche in Deutschland korrelieren tatsächlich, aber es gilt in Biologenkreisen als recht gut gesichert, dass die Babies nicht von Störchen gebracht werden…). Bei noch komplexere Auswertungen müssen die gemessenen Daten evtl. transformiert werden und/oder gehen in ein mathematisches Modell ein, welches z.B. die Wirkung in Abhängigkeit anderer Bedingungen quantifiziert (Bsp: U=R*I oder E=mc² oder T²=4*Pi²*a³/(G*M)…)

Ich hoffe, dass hat etwas Licht ins Dunkel gebracht, wenn auch nicht die große Erleuchtung…

LG
Jochen

Hallo!

Ziel wissenschaftlicher Methoden ist es, ausgehend von einer
oder mehreren Hypothesen eine tragfähige Theorie zu
entwickeln.

Da Du die Frage ins Brett „Naturwissenschaften allgemein“ gehängt hast, gehe ich davon aus, dass Du _natur_wissenschaftliche Methoden meinst.

Mich wundert etwas der Plural. Was man unter naturwissenschaftlicher Methodik versteht, wurde ja schon von anderen beschrieben. Betonen sollte man vielleicht noch, dass eine Hypothese zwar durch das Experiment widerlegt werden kann, aber niemals bewiesen. Experimente bestätigen höchstens Vorhersagen einer Theorie. Eine Theorie, die vielfach bestätigt wurde, jedoch nie widerlegt, gilt als „gute“ Theorie. Ob sie „wahr“ ist, kann man niemals mit Sicherheit sagen. Wenn zwei ansonsten gleichwertige Theorien konkurrieren, ist jene vorzuziehen, die von weniger bzw. einfacheren Grundannahmen ausgeht. („Ockhams Rasiermesser“)

Das Gesagte gilt aber für alle Naturwissenschaften. In der Mathematik gibt es sehr wohl den Beweis, aber Mathe ist halt auch keine Naturwissenschaft.

Prinzipiell kann man zwei Vorgehensweisen unterscheiden (vielleicht meinst Du das mit „Methoden“):

  • Induktion: Aus einer Reihe von Messwerten versucht man, einen übergeordneten Zusammenhang zu erraten. Beispiel: Gregor Mendel entdeckte die Vererbungsgesetze, indem er hunderte von Kreuzungsexperimenten durchführte und quantitativ auswertete.

  • Deduktion: Aus einem allgemeinen Prinzip versucht man, auf den Spezialfall zu schließen. Beispiel: Maxwell entwickelte eine allgemeine Theorie der elektrischen und magnetischen Felder. Daraus ließ sich die Exisitenz von elektromagnetischen Wellen und deren Ausbreitungsgeschwindigkeit vorhersagen, was von Heinrich Hertz experimentell bestätigt wurde.

Michael

P.S.: Manchmal führen beide Wege zum Ziel: Hätte Mendel seine Entdeckung nicht induktiv gemacht, so hätte man seine Gesetze später auch deduktiv aus der Chromosomentheorie der Vererbung ableiten können.

Anmerkung
Hallo,

Gregor
Mendel entdeckte die Vererbungsgesetze, indem er hunderte von
Kreuzungsexperimenten durchführte und quantitativ auswertete.

grade Mendel hat sich nicht an die naturwissenschaftliche Methodik gehalten, indem er nicht passende Ergebnisse schlicht unterschlagen hat.
Auf Deutsch: er hat betrogen!

Gruß
Axel

Hallo Paul,

vorsicht mit dem Wort „Beweis“. Es ist prinzipiell unmöglich, naturwissenschaftlich etwas zu beweisen (prinzipiell verbleiben immer Unsicherheiten, meßtechnisch und im Modell selbst!). In der Mathematik kann man etwas beweisen - aber Mathe ist keine Naturwissenschaft.

Es ist gute Praxis, mehrere unterschiedliche Meßmethoden anzuwenden, um eben methodisch bedingte Fehler („bias“) zu erkennen. Wenn mehrere Methode zu ähnlichen Ergebnissen kommen, hat man mehr und gewichtigere Hinweise auf die _Brauchbarkeit_ der Hypothese (nicht zu verwechseln mit Richtigkeit!), als wenn man nur das Ergebnis einer Messung hätte.

In vielen Disziplinen setzen sich aber für die Messung bestimmter Größen sog. „Goldstandards“ durch. Bei ihnen ist in tausenden von vergleichenden Experimenten gezeigt worden, dass sie keine groben systematischen Fehler produzieren. Meist reicht dann die Messung nach dem „Goldstandard“ aus (sofern es für das Problem auch einen gibt).

Es ist wichtig, dass Experimente tatsächlich auch reproduziert werden. Von anderen Leuten an anderer Stelle. Erst wenn mehrere Gruppen zu ähnlichen Ergebnissen kommen, kann man guten Gewissens den Ergebnissen auch Vertrauen. Leider werden viele Studien/Experimente nicht wirklich wiederholt. Teils aus Mangel an Zeit & Geld, vor allem aber aus Mangel an Publikationsfähigkeit. Wer etwas neues findet, dem ist eine Publikation in einem guten Journal sicher. Wer alte Ergebnisse bestätigt, schafft es damit idR kaum nur in die „Bäckerblume“. Schade, denn das ist ein sehr wichtiger Teil der Naturwissenschaft.

Ebenso tragisch: Stehen die Ergebnisse trotz guten experimentellen Designs einer Hypothese entgehen (die womöglich durch publizierte Ergebnisse anderer Gruppen schon „bestätigt“ wurde), so ist es nur schwer möglich, das (gut) zu publizieren. Ganz oft werden solche „nicht statistisch signifikanten“ Ergebnisse verworfen - ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso zum Erkenntnisgewinn beitragen und der erste Stein sein könnten, eine sich anderweitig festsetzende Hypothese zu erschüttern.

LG
Jochen

Hi Axel,

davon habe ich gehört, konnte aber keine bestätigte Quelle dafür finden. Hast Du zufällig eine parat?

LG
Jochen

Hallo,

davon habe ich gehört, konnte aber keine bestätigte Quelle
dafür finden. Hast Du zufällig eine parat?

Leider nichts als Gerüchte :frowning:
Gruß
Axel

Hallo!

Mendel entdeckte die Vererbungsgesetze, indem er hunderte von
Kreuzungsexperimenten durchführte und quantitativ auswertete.

grade Mendel hat sich nicht an die naturwissenschaftliche
Methodik gehalten, indem er nicht passende Ergebnisse schlicht
unterschlagen hat.

Ich kenne derlei Gerüchte auch. Ich habe auch schon gehört, dass ihnen widersprochen wurde. Ich will mir nicht anmaßen, darüber ein Urteil bilden zu können.

Nichtsdestotrotz: Mendel hielt sich an die naturwissenschaftliche Methodik, wenn auch vielleicht nicht an den naturwissenschaftlichen Ehrenkodex

Michael

davon habe ich gehört, konnte aber keine bestätigte Quelle
dafür finden. Hast Du zufällig eine parat?

Leider nichts als Gerüchte :frowning:

Für mich riecht das ganz stark nach kreationistischer Propaganda.

Hallo!

Mendel entdeckte die Vererbungsgesetze, indem er hunderte von
Kreuzungsexperimenten durchführte und quantitativ auswertete.

grade Mendel hat sich nicht an die naturwissenschaftliche
Methodik gehalten, indem er nicht passende Ergebnisse schlicht
unterschlagen hat.

Ich kenne derlei Gerüchte auch. Ich habe auch schon gehört,
dass ihnen widersprochen wurde. Ich will mir nicht anmaßen,
darüber ein Urteil bilden zu können.

Nichtsdestotrotz: Mendel hielt sich an die
naturwissenschaftliche Methodik, wenn auch vielleicht
nicht an den naturwissenschaftlichen Ehrenkodex

Ich empfehle in dem Zusammenhang das Buch „Der Golem der Forschung“ von H. Collins und T. Pinch. Neue Ergebnisse sind demnach selten wirklich eindeutig und fast immer kontrovers. Das Problem scheint ein prinzipielles zu sein, die Autoren nennen es den „experimentellen Regress“: Der Experimentator muss entscheiden, ob das Experiment „funktioniert“ hat, also ob die Apparatur korrekt gearbeitet hat und ob Störeinflüsse hinreichend eliminiert wurden. Das Problem ist, dass unter Umständen das einzige Kriterium für ein „Funktionieren“ die noch nicht bestätigte Hypothese selber ist.

Der Forscher kann also nie ganz vermeiden, das Experiment durch die Brille seiner Hypothese zu betrachten - die Grenzen zum echten „Betrug“ sind fließend. Inwieweit Mendel wirklich betrogen oder in bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat, wird sich wohl nicht mehr rekonstruieren lassen. Jedenfalls stützen sich seine Gesetze mittlerweile auf viele unabhängige Experimente und sind deshalb vertrauenswürdig.