Mücken = Bremsen = Migge = Bremsen
Ein Versuch zu Migge/Micke, Bremse, Bremse und Mücken!
Martin hat im Grunde schon gesagt, was zu sagen ist.
Die Bremse an fahrbaren Untersätzen und dieses unangenehme Insekt haben weder semantisch noch etymologisch etwas miteinander zu tun.
Bei Kluge können wir lesen:
Breme
(siehe auch: Bremse1) Substantiv Femininum (Name verschiedener stechender Fliegen) erweiterter Standardwortschatz obd. (8. Jh.), mhd. brem(e), ahd. brema f., bremo m., as. bremo m Stammwort. Aus vd. *brem-on m. „Bremse, Stechfliege“ zu der ig. Schallwurzel *bhrem- (z.B. in l. fremere „brüllen, tosen“, ahd. pram „rugiebam“), hier offenbar in der Bedeutung „summen“, also „Summer“. Vgl. ai. bhramará- m. „Biene“, bulg. brbmbar „Hummel, Käfer“. Zur gleichen Wurzel mndd. bromete, mndl. breemse, ahd. brimissa, das im 16. Jh. aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche übernommen wird (die althochdeutsche Form ging ohne Nachfolger unter; sie hätte *Brimse ergeben müssen). Nicht auszuschließen wäre auch eine Vorform *mrem- (vgl. murmeln für entsprechende Schallwörter).
Bremse 1 siehe Breme
Bremse 2
Substantiv Femininum „Hemmschuh“ Standardwortschatz (14. Jh.), spmhd. bremse „Klemme, Maulkorb u.ä.“ Stammwort.
Zu einem Verb, das „zwängen, klemmen“ bedeutet, mhd. pfrengen und (lautlich genauer) mndd. pramen. Weitere Herkunft unklar. Bremse war auch die Nasenklammer zur Bändigung störrischer Pferde, von dort aus übertragen auf die Vorrichtung zum Anhalten von Fahrzeugen. Verb: bremsen.
Seibicke, W. MS (1964), 253
Zur zweiten Bremse gibt es das oberdeutsche Wort: die Micke, dialektal d´Migge geschrieben und ebenso gesprochen; auch als Mickel, Mickete, Mecke, Mickenie Mekenie, Mickeneiing und Mucke ist es anzutreffen, ebenso in Verbindungen mit Micken-backe, Micken-kette und Micken-prügel (alles Namen für Teile der Bremse/Micke) ist es anzutreffen, vgl. Schwäbisches Handwörterbuch von Fischer.
Ich habe inzwischen auch einen Beleg für das Seealemannische gefunden, wo es als „Miki“ auftritt. Diese Schreibung erscheint mir laienhaft, also nicht von einem Sprachwissenschaftler erhoben, sondern von einem Feuilletonisten. Aber als Beleg für den Bodenseeraum mag es gelten.
Es fehlt aber immer noch der Beleg für den nördlichen Teil Badens.
Wie Martin schon sagte, gibt es dort – also bei Fischer – keine etymologischen Angaben. Und natürlich fehlt das Wort bei Wahrig und im Duden, und auch bei Kluge, bei Pfeifer und Wasserzieher fehlt das Wort selbstverständlich. Bei Grimm kann ich zur Zeit nicht nachschauen, da ich keine Verbindung zur Uni Trier bekomme. „Webside reagiert nicht!“
Wegen des Bremsklotzes oder der zwei Bremsklötze habe ich mir selber ausgedacht, dass das Wort mit: „Mockel“ verwandt sein könnte, was „Klotz, Brocken, Trumm, Stück, (Tannen)zapfen“ bedeuten kann, in weiteren Ableitungen: „Kopf“, Dickkopf“, „Trotzkopf“, dann noch – vor allem männliches – „Kalb“. Aber für diese Hewrleitung habe ich keinen Beweis, nicht mal einen Beleg.
Und wie kommen wir jetzt zu Mugge/Mücke/ Micke/. Die hochdeutsche Mücke heißt in weiten Teilen Süddeutschlands: Mugg/Mugg(a) und hat den Plural Mugga. Das ist aber ein sehr ländlicher Tonfall.
Eine Stuttgarter Volkshochschullehrerin – es war meines Wissens Thaddäus Troll, der als erster behauptete, diese – an sich überhaupt nicht tadelswerten – Damen häben (schwäbischer Konjunktiv I 1/2) das „Schduagadar Honoratiorenschwäbisch“ erfunden; und zwar bei der Lektüre Schillers.
So klingt z. B. der Anfang der 2. Szene das 1. Aktes der „Räuber“ im Munde gebildeter Stuttgarterinnen:
„Mich äggelt vor disäm tentenkläggsenden Säggulum!“
Und so sprechen eben die Honoratioren!
Ein anderes Muster dafür ist auch: „Geschdern sinnt wir in S-tuddkart kewäsen. Dort sinnt wir auf dem Trootowar gelaufen und dann beni näbanaadabbd.“
Mit diesen Worten berichtet man von einem Fehltritt, bei dem man sich die Knöchelsehne überdehnt hat. Aber ich schweife ab.
Wenn nun also die genannten Stuttgarter Volkshochschullehrerinnen nach einem Bad im Leuzebad von einem schmerzhaften Insektenstich berichten, klang (klingt?) das so: „Mich hat ein Micke geschdochen.“
Das „ü“, das wirst du mir zugestehen, lieber Martin, bereitet den Schwaben bisweilen etwas Mihe. ;-}
Jetzt klingt auf einmal die Micke am Wagen wie die Mücke, die sticht und da ficht es einen Schwaben, dessen Unerschrockenheit wir aus den Schwabenstreichen von Uhland und der Geschichte der sieben Schwaben kennen, nicht an, die biologischen Unterschiede zwischen einer Stubenfliege, einer Stechfliege und der großen Pferdefliege einfach beiseite zu wischen und sie mit einem mechanischen Teil zu vermischen und so werden Mücke und Micke eins.
Aus dem phonetischem Gleichklang ward mit List und Ticke – denn mit List und Ticke fangt man eine Micke und mit Geduld und Spucke fangt man eine Mugge - semantische Identität.
So wird es wohl oder könnte es gewesen sein.
Beste Grüße Fritz