Das hat uns der Kompaniechef auch erklärt, um dann anzufügen
„Wehe einer von euch grüßt mich militärisch, wenn ich in Zivil
bin“.
Was ich im Grunde nicht okay finde, da Vorgesetzte wechseln können. Und dann bekommt der Gefreite Soundso einen Einlauf, weil er daran gewöhnt ist, dass er seinen zuvorigen Chef ja auch nicht grüßen brauchte, wenn dieser in Zivil war. Und nicht nur das. Denn für viele Soldaten ist der Einheitsführer die Respektperson schlechthin. Wenn nun diese Respektperson den Anschein erweckt, Vorgesetzte vorschriftgemäß zu Grüßen sei im Grunde ja nicht so wichtig, dann wird sich mancher Soldat fragen, warum er dann noch andere Vorgesetzte - unterhalb des Chefs - grüßen sollte, wenn es doch sogar vom Chef nicht erwünscht ist.
Der militärische Gruß ist ja nicht nur eine einfache Ehrbezeugung als solche. Der militärische Gruß bedeutet für den Soldaten auch, dass die Person, welcher er den Gruß schuldet, von ihm beachtet werden muss, nicht einfach ignoriert werden kann - ob nun bei der einfachen Begegnung oder in einer Gefechtslage. Der Soldat kann sich also nicht aussuchen, wann und wie er welchen Vorgesetzten beachten möchte, sondern diese Beachtung ist ein Muss und dabei an eine geregelte Form gebunden, denn es gibt eben auch Zeitgenossen, in deren Sozialisation ein gegenseitiges Anrülpsen als Gruß und Ehrbezeugung durchaus anerkannt ist. Der Gruß hat daher auch einen erzieherischen Effekt.
Ich finde es daher falsch, Dienstvorschriften zu untergraben. Die Dienstvorschriften sind keine freundlichen Tipps, Ratgeber oder Empfehlungen, sondern Befehle von sehr hochrangiger Stelle. Daher hat jeder Vorgesetzte sicherzustellen, dass die Dienstvorschriften durchgesetzt werden. Wer sie untergräbt oder ihren Sinn aushöhlt, indem er seinen Soldaten vermittelt, der eine oder andere Inhalt sei nicht so wichtig, verzichtbar oder - zwecks Vereinfachung - aussetzbar, verletzt damit nicht nur seine eigenen Dienstpflichten, sondern stellt auch das gesamte System von Befehl und Gehorsam infrage.
Wenn das wechselseitige Disziplinverhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen aus dem Gleichgewicht gerät, kommt nicht selten der Wehrbeauftragte auf den Plan.
Mike