Hi Christian,
bei der Frage mit dem Mindestlohn geht es um eine ideologische
Frage.
das ist nicht richtig. Die einen machen daraus eine
ideologische Frage, wie Du in Deinem Artikel demonstrierst.
Z.B. Frau v.d.L., sonst hätte sie auf die Frage hin, warum sie
einen flächendeckenden Mindestlohn so kategorisch ablehnt,
auch sachliche Argumente vorlegen können. Aber da kam nichts
als der Mindestlohn von Lettland.
Ich kann den Bezug zu meinem Artikel nicht erkennen.
Es geht um Deinen Beitrag zur Ideologie, den ich da oben zitiert habe. Damit meine ich, dass Frau v.d.L. einfach nur die Vorstellung hat, ein flächendeckender Mindestlohn sei Blödsinn, ohne das aber stichhaltig belegen oder die Gegenargumente widerlegen zu können.
Wie Carlos schon sagte ist dieser Vergleich stark zweifelhaft.
Es stimmt, dass es gewisse Parallelitäten gibt.
Aber der Grundcharakter, dass Arbeit (vor allem bei immer
stärker wegbrechendem Sozialstaat) (über-)lebenswichtig ist
und damit die Existenz der Marktteilnehmer (nicht nur am Markt
sondern auch als Person und damit Teil des Staates) bedroht,
unterscheidet den Arbeits"markt" grundsätzlich von
Handelsmärkten.
Nein, darin liegt kein relevanter Unterschied. Der von Dir
genannte Sachverhalt spiegelt sich lediglich in einer
teilweise unelastischen Angebotskurve wieder. Unterhalb des
gesetzlichen Mindestlohnes (=Grundsicherung) verläuft die
Kurve dann eher waagerecht.
Gut, nachdem ich heute nochmal darüber nachgedacht hatte, muss ich Dir zustimmen, dass man auch den Arbeitsmarkt von der Definition her als Markt einordnen kann.
ABER: ich bin aus o.g. Grund der Meinung, dass man ihn trotzdem nicht so behandeln, vor allen ihm nicht freien Lauf lassen darf. Eine Arbeit muss einen Menschen ernähren und sollte ein angemessenes Leben ermöglichen können. Wenn das nicht gegeben ist, und das wird bei Nichterreichen des Existenzminimums als „nicht gegeben“ angesehen, dann sollte man schon in Betracht ziehen dürfen, ob nicht vielleicht der Arbeitgeber zu unflexibel oder zu anspruchsvoll ist.
Ich gewinne allmählich den Eindruck, daß diejenigen, die sich
hier zum Wesen des Arbeitsmarktes im speziellen und der Märkte
im allgemeinen zu Wort melden, mit Angebots- und
Nachfragekurven nicht übermäßig intensiv beschäftigt haben.
Das hilft nicht unbedingt bei der Diskussion.
Das stimmt wohl (in meinem Fall) für die spezielle Diskussion um den Arbeitsmarkt. Darum geht es hier aber nur nebensächlich. Hauptsächlich geht es darum, warum Frau v.d.Leyen hier in Deutschland einen Mindestlohn von 2-3 Euro zitiert und was sie damit bezwecken möchte.
Setze ich den Preis staatlich über dem Gleichgewichtspreis
fest, ist die nachgefragte Menge nun einmal niedriger. Davon
profitiert niemand, sondern es bleibt ein Teil der Nachfrage
unbefriedigt.
Doch, davon profitieren die Millionen von Jobs, die trotzdem besetzt werden müssen und die Binnenwirtschaft. Nicht nur durch höhere Kaufkraft, damit man sich mal wieder in ein Cafe setzen kann. Sondern auch durch Verringerung der Schwarzarbeit, wenn man sich z.B. mal wieder einen legalen Haarschnitt leisten kann.
Hast Du beim Schreiben gemerkt, dass da etwas nicht stimmen
kann? Verbessere mich, wenn ich falsch liege. Aber es gibt in
der BRD wesentlich weniger Arbeitsnachfrage als -angebot.
Es dürfte kaum einen Markt geben, auf dem Nachfrage und
Angebot exakt gleich sind. Insofern liegt es in der Natur der
Sache, daß Teile von Nachfrage und Angebot unbefriedigt
bleiben.
Du selbst sprachst von einem Gleichgewicht, das sich einstellen würde. Wir haben keinen Mindestlohn, aber das Verhältnis von Arbeitssuchenden (also alle, nicht nur die schöngerechneten, nicht privat vermittelten, unter 55-Jährigen, in einer Maßnahme steckenden, …) zu Arbeitsstellen ist meines Wissens ein Vielfaches zu 1.
Ein Mindestpreis kann diese Situation nur verschärfen.
Wie schon von anderen gesagt: es handelt sich nicht um ein Almosen, sondern um die Sicherung der Existenz. Eigentlich finde ich jede Diskussion, darunter zu gehen, sinn- und verstandlos.
Natürlich hat die Wirtschaft automatisiert, Leute eingespart,
wenn es möglich war, und Schwarzarbeiter beschäftigt. Bis auf
letzteres ist das auch Aufgabe der Wirtschaft, nämlich ihre
Leistung effizient zu erbringen.
Wenn das für Dich so selbstverständlich ist, was soll dann aus den Leuten werden, deren Arbeitskraft durch die Maschinen oder Effizienzsteigerungen plötzlich weggefallen ist? Sollen die einfach ausradiert werden? Entschuldige die zynische Aussage, aber wenn die Gegner des Sozialstaates immer argumentieren „woher soll das Geld kommen?“, dann wüsste ich gern, wie sie auf die Frage antworten „wohin mit den geschaffenen Arbeitslosen“?
Nur macht halt ein
Mindestlohn Rationalisierung und Automatisierung wieder ein
Stückchen interessanter, weil eben die Kosten für Arbeit
steigen und sich damit die Investitionen in Technik
relativieren.
Eine ganz andere Frage: warum ist es das scheinbar weitgehend unbestrittene Grundbestreben der Ökonomie, in jedem Fall nach maximalem Gewinn zu streben, auch wenn dadurch die Bevölkerung des sie umgebenden Staates unter ein Existenzminimum gepresst wird?
Der Mindestlohn in den USA und in etlichen anderen Ländern ist
niedriger als der umgerechnete Hartz IV-Satz.
Was hat das mit dem umgerechneten Hartz IV-Satz zu tun
„Hartz IV“ ist der Mindestlohn, den man bekommt, wenn man
nicht arbeitet.
Wenn Hartz IV dem Mindestlohn entspräche, dann wäre dabei aber das Lohnabstandsgebot außer acht gelassen. Der Mindestlohn muss also mindestens so viel höher sein, dass es nach allen Abzügen gewahrt bleibt.
bzw. wie hoch ist der?
Für einen 2 Personen-Haushalt in etwa 1150 Euro, für einen 1
Personen-Haushalt rd. 750 Euro (immer in Abhängigkeit von den
Kosten für Wohnung und Heizung). Diese Zahlungen für ALG 2
kann man problemlos in einen Mindestlohn umrechnen, der beim 2
Personen-Haushalt bei etwa 7,30 liegt (37,5 Stunden-Woche und
21 Arbeitstage unterstellt).
Gut, danke. Deiner Rechnung zufolge müsste der Mindestlohn also 7,30 Euro betragen, damit man bei Vollzeitarbeit ebenso wie ein ALG2 Empfänger ein Existenzminimum behält?
Automatisierung findet, wie oben geschrieben, aus reinem
Eigennutz der Unternehmen jederzeit statt und ist Hauptgrund
für die Arbeitslosigkeit, und nicht umgekehrt!
Ohne Automatisierung wäre die Arbeitslosigkeit in Deutschland
viel höher oder die Löhne wären viel niedriger. Beides scheint
mir kaum erstrebenswert.
Oder die Profite wären geringer bzw. würden „anders“ verteilt werden. Aber sowas zu sagen oder gar als Alternative zu erwägen, scheint hier ja völlig absurd und fehl am Platz.
Die Unternehmen, die im Schnitt 12% an Wirtschaftsleistung zulegen und davon vielleicht 2% an ihre Arbeitnehmer weitergeben, stehen bestimmt nicht kurz vor dem Ruin.
Aber GERECHT für
die betroffenen Arbeitsbietenden finde ich das nicht.
Es geht nicht um Gerechtigkeit und Ideologie, sondern um
volks- und betriebswirtschaftliche Sachverhalte.
Es geht beim Kampf und die eigene Existenz sehr wohl um Gerechtigkeit, die in diesem Land aber schon lange hinter die Interessen der Wirtschaft gestellt wird.
Gruß,
Michael