Mindestlohn und konsequente Durchsetzung

Hallo,

einige Parteien werben derzeit tüchtig mit dem Mindestlohn, aber keine gibt an, wie sie diese konsequent durchsetzten will. Siehe Mindestlohn bei Leiharbeit - kaum gibt es ihn, gibts auch die Werksverträge, die ihn umgehen.
Wenn auch die Werksverträge unter die Mindestlohnregelung fallen, wird sich die Wirtschaft ganz schnell etwas Neues überlegen oder hat es vorsorglich schon getan, um drum rum zu kommen (lauter Ich-AGs wären z.B. eine Möglichkeit, aber es gibt sicher noch mehr) - kann man sich an zwei Fingern abzählen.
Keine Partei sagt konkret, wie sie derlgeichen vermeiden will.
Keine Partei sagt, wie sie z.B. Ikea und Starbucks oder die Lufthansa von den recht fragwürdigen Steuerumgehungspraktiken abhalten will.

Ist der Mindestlohn nur ein Wahlkampffake, den die nicht Betroffenen nach Politikerhoffnung in zwei Jahren vergessen haben?

Soll ich Politikern vor der Wahl glauben???

Gruß, Paran

Keine Partei sagt, wie sie z.B. Ikea und Starbucks oder die
Lufthansa von den recht fragwürdigen Steuerumgehungspraktiken
abhalten will.

Auch das sehe ich als technisch kaum möglich an. Die Unternehmen werden zurecht immer versuchen zu vermeiden Steuern zu zahlen, siehe das achso soziale Skandinavien, wo man das Kapital als mobilen Faktor kaum mehr besteuert.

Hallo,

einige Parteien werben derzeit tüchtig mit dem Mindestlohn, aber keine gibt an, wie sie diese konsequent durchsetzten will.

Weil dann jeder sehen würde, dass es nicht viel bringt. Das geht schon damit los, dass niemand deswegen einen Arbeitsplatz bekommt oder auch nur behält. :Siehe Mindestlohn bei Leiharbeit - kaum gibt es ihn, gibts auch die Werksverträge, die ihn umgehen.
Dann sollte man mal drüber nachdenken, warum Leiharbeit so attraktiv ist und nicht versuchen Symptome zu behandeln.

Wenn auch die Werksverträge unter die Mindestlohnregelung fallen, wird sich die Wirtschaft ganz schnell etwas Neues überlegen oder hat es vorsorglich schon getan, um drum rum zu kommen (lauter Ich-AGs wären z.B. eine Möglichkeit, aber es gibt sicher noch mehr) - kann man sich an zwei Fingern abzählen.

So ist es. Und wenn es keinen Ausweg gibt, könnte es sein, dass manche Arbeiten eben im Ausland oder in der Schwarzarbeit stattfinden.

Keine Partei sagt konkret, wie sie derlgeichen vermeiden will.

Weil es nicht geht bzw. nur ein Kurieren an Symptomen ist.

Keine Partei sagt, wie sie z.B. Ikea und Starbucks oder die Lufthansa von den recht fragwürdigen Steuerumgehungspraktiken abhalten will.

Na doch, Steinbrück will die Kavallerie hinschicken. Aber Angriffskriege sind ja verboten.

Ist der Mindestlohn nur ein Wahlkampffake, den die nicht Betroffenen nach Politikerhoffnung in zwei Jahren vergessen haben?

Die nicht Betroffenen haben doch jetzt schon kaum Interesse daran.

Soll ich Politikern vor der Wahl glauben???

Man darf durchaus seinen Kopf anstrengen und einfach mal drüber nachdenken.

Grüße

So ist es. Und wenn es keinen Ausweg gibt, könnte es sein,
dass manche Arbeiten eben im Ausland oder in der Schwarzarbeit
stattfinden.

In der Schwarzarbeit sicherlich, im Ausland eher unwahrscheinlich. Niedrige Löhne werden vor allem im Service bezahlt, die Industrie zahlt ja meist viel viel viel mehr.

Hallo,

In der Schwarzarbeit sicherlich, im Ausland eher unwahrscheinlich. Niedrige Löhne werden vor allem im Service bezahlt, die Industrie zahlt ja meist viel viel viel mehr.

Meist ist eben nicht immer. Da wo mehr bezahlt wird, ist es ja auch kein Problem.
Als Beispiel, dass auch in der Industrie ausgelagert wird: http://www.ngg.net/presse_medien/pressemitteilungen-…
Da gibt es also in anderen Ländern Mindestlöhne und plötzlich werden solche Tätigkeiten nach Deutschland verlagert. Nun frag mal den arbeitslosen Fleischzerleger, was er vom Mindestlohn hat. Statt vorher 900€ Einkommen, weiß er jetzt, dass er keine 1200€ Mindestlohn bekommt. (Die Zahlen dienen nur der Veranschaulichung)
So ganz banal ist das also nicht. Natürlich kann der Friseurbesuch oder das Dachdecken nicht so ohne weiteres ins Ausland verlagert werden. Aber dann kommen eben ausländische Arbeiter zum Einsatz. Diesen Wettlauf wird der Staat immer verlieren.
Der sollte sich lieber darum kümmern, dass die Leute so gut ausgebildet und flexibel sind, dass sie eine Arbeit haben, von der sie leben können.

Grüße

So ganz banal ist das also nicht. Natürlich kann der
Friseurbesuch oder das Dachdecken nicht so ohne weiteres ins
Ausland verlagert werden. Aber dann kommen eben ausländische
Arbeiter zum Einsatz. Diesen Wettlauf wird der Staat immer
verlieren.

Polnische Saisonarbeiter in der Landwirtschaft sind unter 7€ eigentlich kaum zu bekommen. Netto. Die nehmen in 6 Wochen Arbeit meist über 3.000 Netto heim. Auch da steigen die Löhne und das macht kaum jemand mit.

Als Beispiel, dass auch in der Industrie ausgelagert wird:
http://www.ngg.net/presse_medien/pressemitteilungen-…

Nach Schätzungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) arbeiten an den Schlachthöfen der vier Großkonzerne Tönnies, Vion, Westfleisch und Danish Crown teilweise nur noch zehn Prozent inländische Arbeitnehmer.

Lustig - auch in Giesereien hab ich noch fast keinen Deutschen gesehen. Die sind sich für Drecksjobs halt meist zu schade, obwohl dort eher über 15€ die Stunde bezahlt wird (soll jetzt nicht heißen dass das ein guter Lohn ist, aber weit weg vom geforderten Mindestlohn).

Attraktivität der Leiharbeit
Hallo

Dann sollte man mal drüber nachdenken, warum Leiharbeit so attraktiv ist und nicht versuchen Symptome zu behandeln.

Was ist denn der Grund? Ich bin noch nicht ganz dahinter gekommen.

Weil man da genau die Leute austauschen kann, mit denen man nicht so zufrieden ist, und nicht nach einem Sozialplan vorgehen muss? - Allein die Tatsache, dass man AN leichter wieder los wird, kann es doch nicht sein. Oder ist es für einen AG wirklich so schwierig, einen Mitarbeiter zu entlassen, für den er keine Arbeit hat?

Oder wird dadurch u.U. auch die Bildung eines Betriebsrates verhindert?

Was gibt es noch für Gründe? - Billiger für den AG wird sie doch kaum sein?

Viele Grüße

Hallo

Und dann kommt noch die Leistungsbereitschaft hinzu.
Ich hatte früher einen grossen fleischverarbeitenden Betrieb als Kunden , die angefangen haben vietnamesische Leiharbeiter zu beschäftigen.
Die haben im einen Betrieb ihre 8 Stundenschicht gearbeitet , und wurden dann in die 25 km entfernte Niederlassung gefahren um da nochmal 6 stunden zu arbeiten.

Die haben sich nicht einmal beschwert, die waren froh arbeiten zu dürfen.

Ich komme selbst aus der Lebensmittelbranche und als ich 1981 meine erste Stelle als Geselle antrat war der Durchschnittsarbeitstag 11 Stunden bei der 6 Tagewoche.

Manche Tage kam man unter 14 Stunden nicht aus der Backstube raus .

Die Geschichte mit den Mindestlöhnen wird man nicht mehr in den Griff kriegen.
Und wer heute noch glaubt daß die Politik die Spielregeln bestimmt ist blauäugig und naiv.

Outsourcing und Weksverträge werden uns die nächsten Jahre noch einige Kopfschmerzen bereiten.
Und wenn unsere Politiker versuchen das einzudämmen fällt den Managern und ihren Anwälten was neues ein.

Nicht umsonst heisst es - die Spitzenkräfte gegen in die Wirtschaft , die zweite Wahl in die Politik.

Düstere Grüße

Hallo,

sollten dann normale Bürger / Arbeiter nicht das gleiche Recht, die gleiche Möglichkeit zur Steuerhinterziehung haben?

Gruß, Paran

Moin,

Hallo,

einige Parteien werben derzeit tüchtig mit dem Mindestlohn,
aber keine gibt an, wie sie diese konsequent durchsetzten
will. Siehe Mindestlohn bei Leiharbeit - kaum gibt es ihn,
gibts auch die Werksverträge, die ihn umgehen.

Eigentlich gibt es klare Bedingungen für Werkverträge. Es ist wohl eher ein Problem der Kontrolle.

Wenn auch die Werksverträge unter die Mindestlohnregelung
fallen, wird sich die Wirtschaft ganz schnell etwas Neues
überlegen oder hat es vorsorglich schon getan, um drum rum zu
kommen (lauter Ich-AGs wären z.B. eine Möglichkeit, aber es
gibt sicher noch mehr) - kann man sich an zwei Fingern
abzählen.

Werkverträge haben per se keine Möglichkeit für Mindestlöhne, weil sie normalerweise ein Ergebnis einkaufen. Und wenn jemand ein Ergebnis mit 100 Stunden anbietet und dann 200 Stunden benötigt, kommt so ein Stundensatz zustande.

Keine Partei sagt konkret, wie sie derlgeichen vermeiden will.
Keine Partei sagt, wie sie z.B. Ikea und Starbucks oder die
Lufthansa von den recht fragwürdigen Steuerumgehungspraktiken
abhalten will.

Warum sollte ein Unternehmen nicht ein für sie günstiges Steuerrecht nutzen. Das macht doch jeder Arbeitnehmer mit seinem Lohnsteuerjahresausgleich auch.

Ist der Mindestlohn nur ein Wahlkampffake, den die nicht
Betroffenen nach Politikerhoffnung in zwei Jahren vergessen
haben?

Soll ich Politikern vor der Wahl glauben???

Naja, zumindest einer kann ich jetzt glauben, sie war bei Abgeordnetenwatch sehr ehrlich:

http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/…

Das Problem mit dem Mindestlohn ist, dass man eben nicht weiss, ob er, wie in dem Fall der Linke-Kandidatin, nicht u. U. Arbeitsplätze vernichtet. Und dann ist ein voller ALG1 Fall teurer als ein Zuschuss.

Kompliziertes Thema…

Grüße

ALex

Hallo,

Soll ich Politikern vor der Wahl glauben???

Man darf durchaus seinen Kopf anstrengen und einfach mal
drüber nachdenken.

Ja um Gotts willen - was glaubst Du denn, warum ich diese Frage stelle!

Wundere mich über soviel gut begründete Zustimmung; dachte eher, hier kommt braves Demokratie-lößt-alle-Probleme Geschwafel.

Gruß, Paran

Hallo,

Dann sollte man mal drüber nachdenken, warum Leiharbeit so attraktiv ist und nicht versuchen Symptome zu behandeln.

Was ist denn der Grund? Ich bin noch nicht ganz dahinter gekommen.
Weil man da genau die Leute austauschen kann, mit denen man nicht so zufrieden ist, und nicht nach einem Sozialplan vorgehen muss? - Allein die Tatsache, dass man AN leichter wieder los wird, kann es doch nicht sein. Oder ist es für einen AG wirklich so schwierig, einen Mitarbeiter zu entlassen, für den er keine Arbeit hat?

Einer der wichtigsten dürfte in der Tat der Kündigungsschutz bzw. dessen Ausgestaltung in Deutschland sein. Der ist eine feine Sache für Leute, die drin sind. Für Leute die rein wollen, kann sich das als Einstellungshürde erweisen. Das wäre der klassische Fall von Gut gemeint, schlecht gemacht. Die Kündigungsschutzfrsiten wachsen mit Dauer der Beschäftigung, im Zweifel muss der AG vielleicht besseren Leuten kündigen, und das ausgerechnet in einer Krise. Außerdem sind Kündigungen häufig mit einer gewissen Rechtsunsicherheit verbunden. Kündigungsschutzklagen und Abfindungen sind damit letztlich ein weiteres Kostenrisiko, dass der AG mit der Einstellung eines Arbeitnehmers eingeht.

Oder wird dadurch u.U. auch die Bildung eines Betriebsrates verhindert?

Aus AG-Sicht kann das wohl kaum vermieden werden. Aber natürlich hat da ein AG aus reinen Kostenerwägungen erstmal kein allzu starkes Interesse dran, dass er immr größer wird, gerade wenn man sich da an einer Grenze bewegt. Wenn man da gerade bei 900 Arbeitnehmern ist, dann würde mich der nächste Angestellte gleich doppelt soviel kosten.

Was gibt es noch für Gründe? - Billiger für den AG wird sie doch kaum sein?

Kommt drauf an. Am Anfang schon. Mit der Zeit werden die teuerer. Hinzu kommt, dass vom Verleiher meist ja noch eine Vorauswahl stattfindet. Der AG spart sich da also auch solche Kosten in der Personlabteilung. Dann ist auch noch jeder Arbeitnehmer bei irgendeiner Krankenversicherung, Steuern soll er auch bezahlen, bei der Berufsgenossenschaft versichert werden. Vielleicht auch noch regelmäßig irgendwelche Bescheinigungen für ARGE, Wohngeldstelle etc. pp. ausfüllen. Wenn sie krank werden erstmal 6 Wochen ohne Gegenleistung den vollen Lohn samt SV-Beiträgen bezahlen. Da kommt für jeden Arbeitnehmer ein Haufen Verwaltungsaufwand dazu, den kein Arbeitnehmer auf seinem Lohnzettel sieht. Und andauernd ändert sich etwas. Der AG will sich aber vielleicht lieber auf seine Leistungserstellung konzentrieren.
Das alles zusammen oder in unterschiedlichen Gewichtungen kann für einen Arbeitgeber der Grund sein, sich einer Verleihfirma zu bedienen.
Das sind alles Stellschrauben, an denen der Staat gedreht und damit vielleicht nicht absichtlich Leiharbeit attraktiv, aber eben normale Arbeitsverträge unattraktiver gemacht hat. Da könnte er also an mehreren Stellen etwas ändern ohne zu versuchen nun noch eine weitere Gängelung einzuführen.

Grüße

Hallo,

Polnische Saisonarbeiter in der Landwirtschaft sind unter 7€ eigentlich kaum zu bekommen. Netto. Die nehmen in 6 Wochen Arbeit meist über 3.000 Netto heim. Auch da steigen die Löhne und das macht kaum jemand mit.

Wen meinst Du hier mit kaum jemand? Ich versuche gerade den Bezug zum Thema zu finden.

Grüße

Hallo,

Als Beispiel, dass auch in der Industrie ausgelagert wird: http://www.ngg.net/presse_medien/pressemitteilungen-…

Nach Schätzungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) arbeiten an den Schlachthöfen der vier Großkonzerne Tönnies, Vion, Westfleisch und Danish Crown teilweise nur noch zehn Prozent inländische Arbeitnehmer.

Lustig - auch in Giesereien hab ich noch fast keinen Deutschen gesehen. Die sind sich für Drecksjobs halt meist zu schade, obwohl dort eher über 15€ die Stunde bezahlt wird (soll jetzt nicht heißen dass das ein guter Lohn ist, aber weit weg vom geforderten Mindestlohn).

Ja, man sollte eben beim Thema Mindestlohn darauf achten, warum es geht. Es geht nicht darum, was der Einzelne gerne für seine konkrete Arbeit hätte, sondern lediglich um den zunächst anerkennenswerten Ansatz, dass jemand, der voll arbeiten geht, davon ein Mindesteinkommen erzielen können soll.
Ansonsten ist der Lohn eben ein Preis wie jeder andere der sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergibt.
Nun kann man dieses Ergebnis schlecht finden und versuchen einen höheren Preis festzulegen. In der Landwirtschaft gab es dann eben mal Milchseen oder Butterberge. Auf dem Arbeitsmarkt heißt ein solches Überangebot eben Arbeitslosigkeit.

Grüße