Mindestlohn, wer bekommt ihn?

Hallöchen, mich würde mal interessieren, ob es hier irgendjemanden gibt, der durch den zum Jahresanfang eingeführten Mindestlohn tatsächlich mehr Geld hat. Ich selber bin ja nun Taxifahrer. Da ich selbständig bin, kann ich da jetzt selber keine Erfahrungen machen. Angestellte Kollegen berichten mir jedoch, sie hätten keinerlei finanzielle Vorteile. Auch in meinem Bekanntenkreis profitiert niemand wirklich davon. Wie sieht es bei euch aus? Danke!

Gruss Goetz

Die Zahl der Aufstocker die durch den Mindestlohn mehr haben ist irrelevant niedrig. Liegt schlichtweg daran das kaum ein Single in Vollzeit aufgestockt hat, sondern das es meist Familien waren (da muss man bedeutend mehr haben als den Mindestlohn um nicht mehr aufstocken zu müssen) oder Teilzeit waren.

Mehr haben jetzt vor allem Minnijobber in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet. In Süddeutschland würden nicht mal Schüler für so wenig arbeiten.

War es nicht eigentlich Ziel des ML, die Aufstocker generell „auszurotten“?

Servus,

das ist durch den Mindestlohn nicht möglich. Denk alleine an die vielen Aufstocker, die mit Teilzeitverträgen im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind - da ändert der Mindestlohn nichts an sowas wie 17,35 Wochenstunden.

Schöne Grüße

MM

Hallo,
wenn der Mindestlohn eine Einkommenserhoehung fuer viele bedeutet haette haette die Politik diesen nicht beschlossen - nun gibt es so viele Ausnahmeregelungen dass ich mich frage ob man den bundesweit einheitlichen Mindestlohn ueberhaupt Mindestlohn nennen sollte.

Gruss
Desperado

Hallo!

In Mecklenburg-Vorpommern arbeiten etliche Betriebe überwiegend und auf Dauer mit Zeitarbeitern. Das Lohnniveau lag bei 6 € und ein paar Zerdrückten. Wer mit solchem Lohn 165 Stunden pro Monat arbeitet, ist zwar ein armer Teufel, erhält aber i. d. R. keine aufstockenden Leistungen vom Jobcenter. Die Betroffenen erhalten durch den Mindestlohn für sie spürbar mehr Geld. Der Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche Ostdeutschlands wird nur stufenweise erhöht und hat die sonst üblichen 8,50 € noch nicht erreicht.

Das trifft zu. In Einzelfällen gab es Stundenlöhne von 4 € brutto. Hätten Betroffene den Mund aufgemacht, wären sie gefeuert worden und das Jobcenter sorgte mit Sanktionsdrohungen dafür, dass die Beschäftigten in solchen Jobs blieben. Das Zusammenspiel zwischen dubiosen Arbeitgebern und Jobcentern funktionierte reibungslos. In die Kategorie der fragwürdigen Gestalten gehören natürlich nicht alle Arbeitgeber, aber in Ostdeutschland gibt es von der Sorte auffällig viele. Ursache ist der während der DDR-Zeit zerstörte Mittelstand. Nach 1990 drängten Leute in die Lücke, die in der Region nicht ansässig waren, an langfristiger Entwicklung kein Interesse hatten, mit Fördergeldern Standorte eröffneten und einfach nur billig arbeiten lassen wollten. Die Förderungen laufen aus, das Lohnniveau steigt und etliche windige Gestalten wandern zu neuen Standorten mit neuen Fördergeldern weiter nach Polen. Um solche Plünderer der Kassen des Gemeinwesens ist’s nicht schade.

Die Aussage entspricht nicht den traurigen Tatsachen. In Hotellerie und Gastronomie - flächendeckend zwischen Sylt, Heiligendamm und Garmisch - wurden Bruttolöhne sehr deutlich unter 8,50 € gezahlt. Schicke Fassaden und Edelambiente hatten eine widerwärtige Kehrseite, gegen die sich Betroffene vor Einführung des Mindestlohns nicht wehren konnten. Wo Personal Menüs für 100 € servierte und Zimmer reinigte, die ab 200 € aufwärts pro Nacht kosten, war es angeblich schier unmöglich, den Leuten ein paar Cent mehr zu bezahlen, weil die Arbeitsplätze andernfalls gefährdet wären. So wurde vor Einführung des Mindestlohns von Vertretern aller einschlägigen Verbände dümmlich gelogen argumentiert.

Auch außerhalb von Zeitarbeit und Gastro-Gewerbe sah es vor Einführung des Mindestlohns in weiten Teilen der dünn gesäten Industrie Ostdeutschlands kaum besser aus. 8 € kamen in Regionen nahe der alten Bundesländer vor und je weiter man nach Osten kam, desto deutlicher näherte sich das Lohnniveau an 6 € und darunter.

Gruß
Wolfgang

Liegt vielleicht daran, dass man die Arbeitszeiten „angepasst“ hat. Ungefähr so nach dem Schema vorher 8,5h x 6€ jetzt 6h x 8,50€, wobei natürlich die gleiche Arbeit gemacht wird.
Dann würde es mich gar nicht wundern, wenn es unter den Nutznießern des Mindestlohnes viele gibt, die eine oder mehrere der vielen einkommensabhängigen Sozialleistungen beziehen, wobei dann schon mal für einen € netto mehr 0,80€ weniger Sozialleistungen gewährt werden. Zusammen mit einem Teilzeitarbeitsverhältnis führt dann möglicherweise die Anhebung auf den Mindestlohn in der Wahrnehmung des Einzelnen zu einer Wahrnehmung/Bewertung alá nicht wirklich. Das ist ja nun dehnbar wie Kaugummi, wo wirklich anfängt.
Wenn man mal von bisher 6€ und 176h im Monat ausgeht, dann würde eine Anhebung auch 8,50€ erstmal 440€ mehr bedeuten. Davon gehen schon wieder Pi mal Daumen 20% für SV weg. Wenn dann noch Sozialleistungen in einer Entzugsrate von 80% wegfallen, bleiben am Ende 70,40€ mehr übrig. Bei Teilzeit entsprechend weniger.

Grüße