Hallo!
Ich versteh nicht, warum eine Ausweitung der
Möglichkeiten zur Folge haben sollte, dass Menschen
depressiv werden. Ich würde eher eine Restriktion der
Lebensvielfalt oder eine Einschränkung der Möglichkeiten als
Ursache für Depressionen vermuten.
Ich meine, einmal gelesen zu haben, dass die Selbstmordrate vor allem dann hoch ist, wenn der Lebensstandard einer Bevoelkerung isgesamt sehr hoch und die Zeiten relativ unbeschwert und problemlos sind. In Zeiten von Krieg und Krisen sinkt sie ganz schnell ab.
Leute bringen sich also nicht um (oder werden depressiv), wenn sie arm, hungrig und vom Krieg bedroht sind, sondern wenn es ihnen zu gut geht.
Ansonsten glaube ich auch, dass sich die Gesellschaft seit 1980 stark veraendert hat. Ich war zwar 1980 erst sieben Jahre alt, aber wenn ich z.B. mein Leben mit dem meiner Eltern vergleiche - mein Vater hat fast dreissig Jahre in der selben Firma gearbeitet. Der hat nach dem Studium einen Job gesucht, gefunden, und fortan darin gearbeitet. Manchmal musste er Ueberstunden machen, aber im Grossen und Ganzen hatte er geregelte Arbeitszeiten, ging dem Beruf nach, den er studiert hat, und hatte die Aussicht, so lange zu arbeiten, bis er pensioniert wird. Wo gibt es sowas heute noch? Die Arbeitsmarktsituation hat sich doch voellig veraendert. Wer einen Fuenfjahresvertrag bekommt, kann singen und tanzen und sich dann halb tot arbeiten - und zwar ohne Garantie, ohne Sicherheit, nur fuer die naechsten fuenf Jahre (oft ja nicht einmal das). Woher soll ich wissen, wo (und ob ueberhaupt?!) ich in zwei Jahren eine Stelle finde - ganz davon zu schweigen, wo und ob ich in zehn Jahren arbeite. Ohne jegliche Wertung: Das ist nicht nur eine andere Lebenssituation, sondern ein voellig anderes Verstaendnis von Lebensplanung. Diesen Weg konnte man vor zwanzig Jahren auch schon gehen, wenn man wollte. Aber man hatte auch die Wahl, einen anderen zu gehen. Und die hat man heute nicht mehr.
Das ist etwas anderes, als sich (im Privatleben) dem technischen Fortschritt zu entziehen - da gebe ich Dir Recht, das ist nicht sehr schwer. Ich habe z.B. noch nie ein Handy besessen, und ich wuesste auch nicht, wozu ich mir eines kaufen sollte. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wie ich ohne Internet, schnelle Computer und High-End Technik arbeiten sollte.
Schoenen Gruss, Gnlwth
Was den technischen Fortschritt angeht: da gilt doch wohl nach wie vor Moore’s Law…