Moin,
Wieso denkst du, dass sicher der technische Fortschritt
zwischen 1980 und 2000 rasanter beschleunigt hat, als zwischen
1960 und 1980 ?
Weil ich mit Technik und dem technischen Umfeld mein Geld
verdiene kann ich das sehr gut beurteilen. Es gab gerade im IT
Bereich in den letzten 20 Jahren sehr große Veränderungen an
denen auch die Gesellschaft teilnimmt (z.B. Internet).
Ja, im IT-Bereich, aber sonst ? Technischer Fortschritt umfasst numal wesentlich mehr, als den IT-Bereich. Dies hängt mit den unterschiedlichen Lebenszyklen zusammen. Der IT-Bereich ist relativ jung, daher ist es normal, dass in diesem Bereich die Fortschritte besonders groß sind. In anderen technischen Bereichen hat es in den letzten 20 Jahren jedoch (zum Leidwesen vieler Unternehmen) kaum größere technische Innovationen gegeben.
Hast du vor 20 Jahren davon gehört, dass sich Leute über einen
Chat kennengelernt haben? Gab es vor 20 Jahren das Phänomen,
dass man sein ganzes Leben über den PC regeln kann und quasi
nicht mehr vor die Tür müsste, wenn man nicht will. Nein, das
gab es nicht, denn vor 20 Jahren war die Technik noch nicht so
weit.
Das mag schon sein, aber ich kenn auch heute niemanden, der sein ganzes Leben über den PC regelt. Es mag sein, dass dies als eine weitere Möglichkeit der Lebensführung hinzu gekommen ist, allerdings ist dies beileibe keine Notwenigkeit. Wer keine Lust auf PC und Internet hat, der kommt auch heute noch bestens klar.
Ich versteh nicht, warum eine Ausweitung der Möglichkeiten zur Folge haben sollte, dass Menschen depressiv werden. Ich würde eher eine Restriktion der Lebensvielfalt oder eine Einschränkung der Möglichkeiten als Ursache für Depressionen vermuten.
Vor 20 Jahren ist die persönliche Kommunikation
zwischen den Menschen deutlich größer gewesen als heute. Heute
gibt es Chats, Mails, sms usw., der direkte persönliche
soziale Kontakt ist geringer geworden. Das ist nur ein
Beispiel. Glaubst du soetwas geht an einem Gesellschaftsgefüge
ungemerkt vorbei.
Die Art der Kommunikation sagt meiner Meinung nach noch nichts über die Anzahl oder die Qualität der Kommunikation aus.
Gleiche Frage wie oben.
Das bekomme ich ebenfalls in meinem Beruf deutlich mit. Was
ich heute lerne ist morgen schon wieder veraltet.
Klar, aber das war in Berufen früher auch nicht viel anders, insbeondere dann, wenn Technik mit im Spiel war. Frag doch mal einen Arzt, was sich in den Jahren zwischen 1960 und 1980 so alles getan hat.
Soweit ich weiß, hat sich weder die Lebenserwartung, noch die
Anzahl der Kinder in den letzen 20-30 Jahren großartig
verändert.
So wie ich mitbekommen habe, war die Geburtenrate vor 20 oder
30 Jahren wesentlich höher als heutzutage.
Die größten Einbrüche beim natürlichen Bevölkerungswachstum (Geburtenrate im Verhältnis zur Sterberate) gab es Mitte bis Ende der 70er Jahre, die dramatischsten Einbrüche bei der Geburtenrate gab es Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre vermutlich im Zuge der Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln, Mitte der 80er stieg die Geburtenrate hingegen wieder.
Die meisten Paare
bekommen doch nur noch 1 Kind oder gar keins. Vor 20 oder 30
Jahren war das noch deutlich anders. In meiner Klasse waren
Einzelkinder eine Seltenheit.
Vielleicht lässt du dich hier von der Statistik täuschen, die von Durchschnittswerten an Kindern pro Familie ausgeht. Wenn der Durchschnittswert 0,8 Kind pro Familie ist, dann heißt das keineswegs, dass es vielleicht mehr Einzelkinder gibt. Das kann auch schlicht heißen, dass es viele Paare ohne Kinder gibt.
Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau ist zumindest in Westdeutschland jedenfalls seit den 80er Jahren relativ konstant:
http://www.bib-demographie.de/images/bib_broschuere2…
Die Lebenserwartung ist ebenfalls gestiegen und sie steigt
weiter an.
Das stimmt, diese ist leicht gestiegen und zwar von Mitte 70 bis etwas über 80. Aber darin sehe ich keine dramatische Veränderung der Gesellschaft mit Anpassungsprobleme für den Menschen.
- Veränderung der sozialen Werte wie Familie
Gleiche Frage wie oben. Auch 1980 hatte die Familie IMHO
keinen großartig anderen Stellenwert als heute.
Hatte sie nicht? Ich würde sagen doch. Als ich in der Schule
war gab es kaum Scheidungskinder oder Kinder von
Alleinerziehenden. Heute ist das doch völlig normal. Da sind
die Kinder aus intakten Familien eher in der Minderheit.
Gut, die Scheidungsrate ist gestiegen. Aber auch hier sagt das IMHO nichts über die Qualität des Familienlebens und somit die Zufriedenheit der Menschen aus. Man kann diesen Wert auch durchaus so interpretieren, dass der Zwang, in unerträglichen Familiensituationen verharren zu müssen, abgenommen hat, und somit die Entwickung eher positiv war.
- …ein Wandel des geschlechtsspezifischen
Rollenverständnisses
Inwiefern ? Die entscheidenden Anstöße z.B. aus der
Frauenbewegung kamen bereits in den 70er Jahren. Unsereiner
gehört in den 80ern bereits zu denjenigen, die davon
profitierten.
Dieser Wandel hat sich weiter fortgezogen. Oder glaubst du in
den 80ern war plötzlich damit Schluss? Natürlich nicht. Und
dieser fortschreitende Wandel macht sich natürlich in der
Gesellschaft bemerkbar.
Ja, ich hab tatsächlich seit den 80er Jahren keine dramatischen Veränderungen beim geschlechtsspezifischen Rollenverständnis bemerkt. Was diesen Punkt angeht, würde ich sogar sagen, dass die 80er hier wesentlich „revolutionärer“ waren als die 00er, sprich: das Rollenverständnis wurde in den 70ern und 80ern wesentlich mehr erschüttert als heute.
- Kinder wachsen nicht mehr so „behütet“ auf wie noch vor 20
Jahren, da inzwischen oft beide Elternteile berufstätig sind
Einen Zusammenhang zwischen „behütet aufwachsen“ und
„Berufstätigkeit der Eltern“ vermag ich nicht so recht zu
erkennen.
Ich schon. Es gibt viel zu viele Kinder, die den ganzen Tag
über tun und lassen können, was sie wollen, da die Eltern
keine Zeit haben sich um sie zu kümmern.
Ja sicher, während die nicht berufstätigen Mütter beim Friseur sitzen. Sorry, aber hier machst du doch nichts anderes als alte Klischees von den bösen berufstätigen Rabenmüttern aufwärmen, die sich nicht um die Kinder kümmern. Meistens haben aber gerade die berufstätigen Mütter (aus einem Zwang heraus, die Kinder gut untergebracht zu wissen) die Kinderbetreuung wesentlich besser und professioneller geregelt, als die Nur-Hausfrauen.
Frage wie oben. Ich kann mich noch erinnern, dass sich der
Wert eines Menschens u.A. daran bemaß, wieviel seine
Stereoanlage hergab und wie groß seine Plattensammlung war
*g*.
Dieser Konsumdrang ist deutlich angestiegen, da es ständig
technische Neuerungen gibt, die unbedingt besessen werden
müssen. Das geht doch schon bei den Kindern los: PC, Handy,
Fernseher, Playstation, MP3 Player usw usw.
Das war früher nicht anders, auch da ging es schon um Stereoanlage, eigenes Auto, Markenjeans, Mofa, Reisen etc.etc.
Nur früher wie heute gab es Leute, die sich diesem Konsumterror widersetzten und Leute, die sich diesem auslieferten.
Meinst du wirklich, dass diese Beispiele für gesallschaftliche
Veränderungen innerhalb deiner persönlichen
Lebensspanne sind ? Ich hab da so meine Zweifel.
Es geht nicht um meine persönliche Lebensspanne, sondern um
die gesellschaftliche Veränderung in den letzten 20 Jahren,
die du ja inzwischen auf 30 Jahre ausgedehnt hast 
Vielleicht hast du das Ausgangsposting nicht aufmerksam genug gelesen, aber hier geht es um gesellschaftliche Veränderungen, an die sich ein Mensch im Laufe der Zeit anpassen muss, das kann also nur die jeweilige Lebensspanne sein, da Veränderungen, die vor deiner Zeit stattfanden, dich wohl kaum tangieren werden. Und klar ist diese Lebensspanne in diesem Fall für mich länger als für dich, ich bin nämlich, wenn man deiner Vika glauben schenken darf, locker 10 Jährchen älter als du (daher wundern mich auch ein wenig deine vermeintlichen Kenntnisse der 80er Jahre, 1980 warst du vermutlich grade erst 5.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass du mit Scheuklappen oder
ähnlichem durchs Leben läufst. Das ist nicht persönlich
gemeint.
Nunja, deine Gefühle in Ehren, wir reden hier aber über gesellschaftliche Entwicklungen (ist jetzt auch nicht persönlich gemeint).
Einen gesellschaftlichen Wandel hat es im Laufe der
Jahrtausende, Jahrhunderte und Jahrzehnte immer schon gegeben
und es wird ihn weiterhin geben. Oder meinst du, dass die
Gesellschaft still steht?
Das war aber nicht der Punkt, Es ging hier darum, dass die vermeintlich höhere Anzahl von depressiven Erkrankungen heutzutage im Vergleich zu anderen Zeiten mit einer vermeintlich schnelleren gesellschaftlichen Veränderung heutzutage im Vergleich zu anderen Zeiten korreliert.
Gruß
Marion