Molkereien: Andechser - "Unsere Heimat"

Hallo @Aprilfisch und gern auch andere Molkereikenner/-innen,

unser Edeka hat seit kurzem außer der Andechser H-Milch auch die von „Unsere Heimat“. Beide Bioland, aber die Hausmarke kostet viel weniger (40 Cent Differenz, glaube ich). Die Höhe des Preisunterschieds erstaunt mich, und ich wüsste gern, woher sie kommt.

Wo landen die 40 Cent mehr? Bei der Andechser Molkerei, die möglicherweise kleiner ist als Wer-auch-immer-„Unsere Heimat“-beliefert und dadurch höhere Kosten hat? Abfüllort der „U-H“-Milch war Freiburg, wenn ich mich recht entsinne.
Bei den Milchbauern? „Unsere Heimat“ gibt an, einen Aufschlag von 10% auf den Handelspreis zu zahlen. Wie ist das bei Andechser?
Ist da noch ein Zwischenhändler dazwischen, und wieviel machen die längeren Transportwege von Andechs aus?

Bei Frischmilch und Joghurt vertreibt „Unsere Heimat“ offenbar die Schrozberger Produkte, nur mit eigenem Etikett. Da konnte ich aber keine Preise vergleichen.

Viele Grüße,

Jule

Hallo Jule,

Andechser hat zusammen mit anderen Molkereien dieser Gegend die höchsten Auszahlungspreise. Schwarzwaldmilch (ex Breisgau-Milch) hat sich mit den Bauern ziemlich um die Auszahlungspreise gestritten, weil sie stärker nachgegeben haben, als nach Ansicht der Erzeuger notwendig gewesen wäre.

Der Trick bei „Unsere Heimat“ ist, dass zehn Prozent von z.B. 25 Cent eben nur 2,5 Cent sind, während zehn Prozent von 35 Cent schon stattliche 3,5 Cent ausmachen. „Unsere Heimat“ wird als Edeka-Marke von verschiedenen Molkereien hergestellt, bei Abfüllort Freiburg iBr ist es Schwarzwaldmilch (die beiläufig Milch nicht nur von den schönen Schwarzwälder Hinterwälder-Kühen verarbeitet, sondern u.a. auch von württembergischem Fleckvieh aus der Gegend von Güglingen, sozusagen vor den Toren von Landliebe).

Zusammen mit dem „Unsere Heimat“-Zuschlag dürfte Schwarzwaldmilch nicht so sehr weit unterhalb der Auszahlungspreise von Andechser liegen.

Schrozberg ist wie der ganze Hohenloher Raum unter der Führung der Schwäbisch-Hällischen Schweinerassenretter eine Hochburg von erträglichen Auszahlungspreisen (und gehobener Qualität) in allen Zweigen der Viehhaltung - auch wegen der Nähe zu Landliebe Heilbronn. Wir liefern den relativ höchsten Anteil des relativ teuren „Non-GVO“-Futters aus österreichischem, ungarischem, rumänischem „Donau-Soja“ und anderen Leckereien in diese Gegend.

Vor ungefähr hundert Jahren, als meine Mutter in Wolpertsdorf im Praktikum war, war sie dort beeindruckt von den Extremen, die sich dort zwischen den gut gestellten Bauern „vou der Ewwe“ (= von der Hohenlohischen Hochebene) und den „Dôlhewwerlich“ (= den Talgeißlein, kleinen hungrigen Krautern, die nichts zusammenbrachten) spannten. Wie auch immer: Die Dôlhewwerlich gibt es nicht mehr, und die Betriebe „vou der Ewwe“ sind es immer noch und trotz allem wert, von Konsumentenseite ein wenig unterstützt zu werden: Nach heutigen Maßstäben und verglichen mit z.B. Brandenburgischen Betrieben am unteren Ende der existenzfähigen Formate, aber immerhin Bauern - älleweil no!

Wegen konkreter Auszahlungspreise meld ich mich nochmal - ich hab mal eine veröffentlichte Übersicht gesehen, in der alle bedeutenden deutschen Milchverarbeiter enthalten sind, aber ich finde sie grad nicht mehr.

Von den 40 Cent Verbraucherpreisdifferenz landen schätzungsweise (aber ich kann mich hier auch täuschen) maximal fünf beim Erzeuger.

Schöne Grüße

MM

Hallo liebe @Jule,

das erklärt sicherlich nicht die Preisgestaltung konkret von Andechser und Unsere Heimat, aber in diesem Beitragsmanuskript (zum Download) gibt es einige ganz gute Ansätze, die allgemein die Preisunterschiede bei der Milch erklären: http://www.br.de/radio/bayern2/service/manuskripte/manuskripte-notizbuch-3858.html

An dieser Liste von foodwatch lässt sich übrigens ablesen, wie viel die Bauern pro Liter Milch erhalten und für wie viel sie im Laden angeboten wird: http://www.foodwatch.org/fileadmin/Themen/Milch/2016-05-30_Marktcheck-Milchpreise.pdf
Und laut dem Internetangebot von Bioland erhalten die Bauern für Biomilch im Süden Deutschlands durchschnittlich 47,8 Cent pro Liter, im Norden 46,6 Cent.

Insgesamt lässt sich aber sagen, dass ein höherer Preis bei konventioneller Milch im Laden meist nicht bei den Bauern ankommt (es gibt eher Ausnahmen bei Bio-Milch-Molkereien, wie z.B. „Unsere Heimat“), sondern anscheinend häufig nur den Molkereien zugute kommt. Große Molkereien, die beispielsweise viel in Werbung für ihre Produkte investieren (z.B. Landliebe o.ä.) können es sich so leisten, ihre Milchprodukte wegen des „guten Namens und des tollen Images“ oft viel teurer zu verkaufen - auch wenn die Milch eventuell qualitativ nicht besser ist, als im Discounter das NoName-Produkt.

Viele Grüße
Stefanie

Hallo MM,

danke für die detaillierte Antwort!

Schrozberger kaufe ich gern. Zum einen ist das Demeter, das hat wahrscheinlich noch die besten Chancen auf tierfreundliche Haltung. Und dann schmeckt der Joghurt einfach am besten.
Nur H-Milch bekomme ich von denen nicht - verträgt sich wahrscheinlich nicht mit dem Demeter-Ansatz.

Sprich, der Rest bleibt in der Molkerei? Auch das kann u.U. ja sinnvoll sein. Wobei Andechser als sehr großer Anbieter wahrscheinlich nicht so sehr am Hungertuch nagt, vermute ich mal.

Mit Deiner Aussage, dass der Abfüller Schwarzwaldmilch ist, habe ich deren eigene Angaben zur Auszahlung gefunden. Sprich, sie selbst zahlen eigentlich gut (51,22 Cent brutto), aber wenn sie für „Unsere Heimat“ abfüllen, zahlen sie auch nur deren Preise. Richtig?

Immerhin müssten sich die 10% ja auch auf den Preis für Biomilch rechnen, da sie auch als solche verkauft wird. Kennst Du den derzeitigen regulären Preis für Bio(land)-Milch?
Ich habe diese Angaben (im Süden knapp 48 Cent netto) gefunden, aber das sind Durchschnittswerte.

Hier habe ich für Andechser die Angabe von 47,2 bzw. 47,5 Cent gefunden (Juli 2016 - netto?).

Da hat eine Freundin mal gewohnt! Aber die ist kein Fleckvieh.

Für meine Kaufentscheidungen brauch ich mir wahrscheinlich bald nicht mehr so viele Gedanken zu machen. Es würde mich wundern, wenn sich Andechser bei dem Preisunterschied im Edeka-Sortiment hielte.

Aber über Schwarzwaldmilch habe ich jetzt was gelernt. Hab ich bisher als Ausweichprodukte gesehen, scheint aber doch ganz sinnvoll zu sein. (Deren Bio-Fruchtjoghurt schmeckt allerdings scheußlich.)

Danke!! und viele Grüße,

Jule

Hallo Stefanie,

danke, ja, das weiß ich im Prinzip. Ich stand nur gestern etwas überrascht vorm Regal und fragte mich, was nun sinnvoll ist. Ich mag diese Preisdrückerei für Bioprodukte nicht. Und MM deutete ja an, dass es bei Schwarzwaldmilch Ärger mit den Bauern wegen der Zugeständnisse an die Abnehmer gab. Andererseits der beworbene 10%-Aufschlag - ich kann das nicht einschätzen, und da wir hier einen Milchexperten haben, ist’s mir recht, hier zu fragen.

Viele Grüße,

Jule

Hallo Jule,

Aber immerhin eine von den ganz wenigen Molkereien, die noch Sauerrahmmilch machen comme il faut.

Sie versuchen halt, ein bissle „haut de gamme“ zu bleiben, weil sie zu klein sind, um beim Preisrennen mitzulaufen. Können sie ja auch, genauso wie die oberbayrischen Milchverarbeiter, weil sich (und das ist jetzt kein lokalchauvinistischer Traum) die Zusammensetzung des Grünfutters halt schon dem Geschmack der Milch mitteilt. Und da haben die Molkereien im Süden halt den Vorteil, dass ganz unabhängig von Wirtschaftsweise und Betriebsorganisation der Anteil von Gräsern am Grünland von Süden nach Norden sukzessive zunimmt: Es ist nicht zufällig, dass Grünland schon ab Höhe etwa Köln - Aachen deutlich mehr in Richtung blaugrün aussieht als im Süden. Und dementsprechend sind die Aromen in Milch, Butter und Käse auch bei den modernsten Betrieben, die nur noch Silage bei reiner Stallhaltung füttern, ein wenig reichhaltiger.

Schöne Grüße

MM

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Servus,

nein, dafür ist diese Liste untauglich.

Die dort genannten Preise sind uralt - Mai 2016 hat mit der aktuellen Situation nicht viel mehr zu tun als September 1985.

Außerdem geht es in der vorgelegten Frage um Auszahlungspreise der einzelnen Molkereien, - falls Du Dich darüber nicht informiert hast: diese schwanken zwischen DMK (im September 22,2 Cent / L) und Andechser (im September 49 Cent / L) um über hundert Prozent! So allgemein gehaltene Aufstellungen wie die von Dir verlinkte haben zwar den Anschein von irgenwelcher Präzision, aber ihre Aussage ist ungefähr Null.

Und nochwas: „Unsere Heimat“ ist keine Molkerei, sondern eine Handelsmarke von EDEKA. Und eine „Bio-Milch-Molkerei“ ist das im Leben nicht! Informier Dich mal.

Moral: Erst Schlaumachen - dann Mitreden.

Schöne Grüße

MM

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  • wegen der Auszahlungspreise: Schwarzwaldmilch zahlt für „Bio“ derzeit (September 2016) 51,22 Cent / kg inkl. USt bei 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß, also etwa einen Cent mehr als Andechser (ich hoffe, ich habe den Bezug auf Eiweiß und Fett richtig umgerechnet - da setzt jeder einen anderen „Standard“, das macht das Vergleichen schwierig) und für konventionell erzeugte Milch 33,10 Cent / kg, d.h. im September ungefähr zehn Prozent mehr als Schlusslicht DMK, das sozusagen die Schmerzgrenze auf dem Markt festsetzt, für November zu zahlen angekündigt hat.

Worauf genau sich die „Unsere Heimat“-Werbeaussage „zehn Prozent mehr“ bezieht, weiß ich nicht. Vielleicht schreib ich denen mal, wenn ich mag und Zeit habe.

Schöne Grüße

MM

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Erratum

Sauerrahmbutter

natürlich. Alt werden ist einfach plöd, auch wenn man auf dem Weg dahin ein bissle was kapiert.

– MM

Hallo,

darauf hätte ich ja auch mal kommen können. Brauchst Du nicht mehr, ich hab’s gemacht, es sei denn, Du hast noch andere Wege als einfach nur deren Kontaktformular.

Schwarzwaldmilch ist in meiner Einkaufsrangliste gestiegen. Da das kein reiner Bio-Anbieter ist, rangierten sie für mich bisher eher unter „naja, kann man auch mal kaufen“. Gegenüber Andechser scheint es für mich aber sinnvoller zu sein, allein schon von den Transportwegen her.
Aber „haut de gamme“ ist eine Frage der Perspektive - wenn man von Schrozberger her schaut, eher „un peu plus bas“.

(Ja, die Sauerrahmbutter hatte ich stillschweigend innerlich als solche gelesen.)

Viele Grüße,

Jule

Servus,

falls ein bissle Allotria erlaubt sind: Für mich schwingt bei Schwarzwaldmilch auch ein bissle Nostalgie mit - ihn einem anderen Leben habe ich auf einem Betrieb gearbeitet, der Bullenmütter aus Herdbuchzucht von Allgäuer Braunvieh hielt, und aus der Sicht von diesem kleinen und schon ein bissle speziellen Herdbuch waren (und sind auch noch nach Zusammenlegung) die Mini-Herdbücher von Schwarzwälder Vorderwälder- und Hinterwäldervieh, das dem Braunvieh nicht äußerlich, aber genetisch ziemlich ähnelt, sozusagen die Extra-Freaks.

Diese kleinen, geländegängigen Kühe aus dem Schwarzwald, die ähnlich wie Galloways überall zurechtkommen und wenn es drauf ankommt auch Brombeerranken fressen, erzeugen zwar keinen besonderen „Nutzen“ im Sinn der ordoliberalen Theorie, aber ich finde es schon schön, dass es sie noch gibt:

http://www.kuh-projekt.de/Kuehe/hinterwaelder.html

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Allotria immer gern. Nun weiß ich, dass ich bei Schwarzwäler oder Andechser immer ein bisschen Deiner Familiengeschichte mitkaufe.
Und gestern wurde mir klar, woher mir die Schwarzwälder Bio-H-Milch vertraut ist (Frischmilch konnte ich gleich dem entsprechenden Supermarkt zuordnen): Der hiesige Gemüsehändler + Brotverkäufer hat auch ein kleines Sortiment an Notprodukten (Mehl, H-Milch, Tomatenpassata). Ich hab ihn auf die Schwarzwälder angesprochen, und er sagte, dass er sehr bewusst gerade die führt. Eben wegen der Auszahlungspreise.

Sollte „Unsere Heimat“ mich noch einer Antwort würdigen, gebe ich sie kund.

Viele Grüße,

Jule