Montessori, Jenaplan oder Waldorf?

Hallo zusammen,

mein Sohn ist derzeit noch im Kindergarten aber langsam beschäftige ich mich mit dem Gedanken einer passenden Grundschule. Sehr interessant finde ich die Angebote der reformpädagogischen Schulen. Aber einen genauen Unterschied der oben geannten Schulformen kann ich nicht erkennen. Kann mir jemand sagen, wann ich mein Kind auf welche reformpädagog. Schule schicken sollte?

Danke schon mal und viele Grüße!

Hallo,

eher intellektuelle Kinder würde ich zu Montessori schicken, eher verträumte Kinder zu Waldorf (dort waren auch meine Söhne). Bei Waldorf kommt noch hinzu, dass man zumindest ein wenig mit der Anthroposophie sympathisieren sollte! Übrigens sagt meine Unterscheidung zwischen intellektuell und verträumt nichts aus über die spätere Ausrichtung der Absolventen. Einer meiner Söhne ist zum Bsp. Mathematiker.
Jena-Plan Schulen kenne ich nicht so gut.

HG, Dieter Lotz

Hallo Nikita86,

wenn noch Unschlüssigkeit besteht würde ich doch Informationsveranstaltungen der Schule nutzen und Lehrer vor Ort über die Pädagogik fragen. Der Leitsatz der Montessori ist „Hilf dem Kind es selbst zu tun“. Die Waldorfschulen möchten die Seelenkräfte des Kindes ansprechen, damit die in ihm angelegten Fähigkeiten zum Tragen kommen. Diese Schulen brauchen, im Gegensatz zur staatlichen Schule, viel Engagement der Eltern weil man sich dort als Gemeinschaft versteht, in der jeder das einbringt, was er am besten kann und vieles in Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit gemacht wird. Jenaplan entzieht sich meiner Kenntnis. In der Schule, wo das Herz am meisten ja sagt würde ich versuchen noch einen Platz zu bekommen. Denn oftmals gibt es Wartelisten. Mit dem Zeitpunkt der Einschulung gibt es ja leider nicht mehr so viel Spielraum. Ich plädiere dafür lieber später, denn jedes Kind braucht noch genügend Zeit einfach nur zu spielen. Viele Grüße

Hallo
das ist nicht so einfach zu beantworten. Es gibt natürlich erhebliche Unterschiede zwischen den Pädagogik-Ideen. Ein wichtiger Unterschied von Waldorf zu den anderen ist, dass Woldorf die antroposophische Lehre von R. Steiner vertritt. Für die Montessori-Pädagogik steht als wichtigster Punkt, „Die Pädagogik muss sich nach der Entwicklung des Kindes richten!“
Es ist auch nicht eine Schul-Pädagogik, sonder fü+r mein Gefühl ein gesamt Bildungskonzept vom Kleinkind bis zu Erwachsenen. Für alle Kinder und Zubildende gilt der Gedanke der Selbstständigkeit. Montessori sagte: „Das Kind ist der Baumeister seiner selbst!“
Die Erziehungspersonen sind zur Hilfe aufgerufen, aber nicht zum „Erziehen“ in eine Richtung. Das heißt, der Schulunterricht in der bekannten Form, der Lehrer spricht und alle anderen sind still, ist völlig out. Bei Montessori soll die Aktion vom Kind ausgehen, nach dem Motto, das wir in unserem Verein haben, „Hilf mir es selbst zu tun!“ http://www.Montessori-LA.de
Über den Jenaplan kann ich nur wenig sagen, der Unterricht findet Jahrgangs-übergreifend statt, meist in Gruppen von 3 Jahrgängen. Weiteres über den heutigen Stiel kann ich nicht sagen, ich war vor 55 Jahren in eine Jenaplan-Schule in Hamburg und fand das damals gut.
Mit freundlichem Gruß
Reiner Wieland

Hallo Nikita86,

meines Erachtens es gibt keinen Patenttipp für eine solch schwierige Entscheidung. Es ist eine Sache der Einstellung und Überzeugung und der Abwägung einiger begleitender Faktoren, würde ich sagen.

Sehr wichtig finde ich, dass ein Kind in dem Umfeld in die Schule geht, in welchem es auch lebt. Je älter das Kind wird, umso wichtiger werden die Kontakte, die es in der Freizeit pflegen kann. Den intensivsten Konktakt haben Kinder meist zu ihren Mitschülern. Das bedeutet unter Umständen viel Fahrerei für die Eltern oder aber auch eine mehr oder weniger große Isolation des Kindes. Viele Eltern berücksichtigen diesen Gedanken bei der Entscheidung für eine Schule nicht, weil es, wie gesagt, nicht von Anfang an von größerer Bedeutung ist. An vielen Regelgrundschulen werden heute übrigens Elemente der Reformpädagogik in den Unterricht implementiert, Freiarbeit, Werkstattunterricht, Gruppen- und Partnerarbeiten… Das sehen heute die Bildungspläne sogar so vor. D.h. vielleicht könnten Sie sich bei der für Ihr Kind zuständigen Grundschule über deren Leitbild und Konzeption erkundigen. Das wäre sicher das Einfachste.
Abgesehen davon kann ich Ihnen zur Montessori-Pädagogik sagen, dass hier von dem Bestreben des Kindes ausgegangen wird, sich zu entwickeln und bestimmte Fertigkeiten und Fähigkeiten zu erwerben (wie z.B. das Lesen- und Schreibenlernen). Montessori glaubte, dass ein Kind weiß und zeigt, wann es welche Fertigkeit erwerben möchte. In einer Montessori-Schule liegen für die verschiedenen schulischen Inhalte eine Vielzahl an interessanten, logisch aufgebauten Lernmaterialien bereit. Das Kind bestimmt selbst, wann es sich mit welchem Material beschäftigt. Der Lehrer unterstützt es in seinem Lernprozess, beobachtet es, bietet Lernangebote an und demonstriert deren Handhabung. Vielleicht können Sie einmal an der Montessori-Schule, die für Ihr Kind in Frage käme, fragen, ob Sie für ein paar Stunden hospitieren können. Manche Schulen lassen sich darauf ein. Ich selbst habe schon viele Montessori-Schulen kennen gelernt. Es gibt natürlich Unterschiede. Allen gemeinsam ist jedoch die Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes und natürlich der Einsatz der sehr handlungsorientierten und kindgerechten Lernmaterialien.

Über Jenaplan- und Waldorfschulen kann ich Ihnen nicht viel sagen. Vielleicht haben Sie auch Experten auf diesen Gebieten angeschrieben.

Ich wünsche Ihnen eine für Sie und vor allem für Ihren Sohn sehr zufriedenstellende Entscheidung.

Beste Grüße
finug

Hallo,

mit Jenaplan habe ich mich bisher nicht beschäftigt, vermute dass Jenaplan ähnlich wie Freinet o. Freie Schule ist.

Die Unterschiede/Ähnlichkeiten zw. Montessori und Waldorf werden in versch. Büchern ausführlich dargestellt.

Hier die Hauptunterschiede kurz und knapp, wie ich sie sehe:

Waldorf fußt auf einem esoterischen (antroposophischen) Weltbild. Z.B. gehen seine Anhänger davon aus, dass bestimmte Stoffe/Materialen, die Kinder in die Hand nehmen, die Entwicklung positiv oder negativ beeinflussen. (Darum sollen Waldorf-Kinder nicht mit Plastik-Spielzeug - wie Legosteinen - spielen, sondern nur mit Naturprodukten aus Holz, Wolle, Eisen usw.
Waldorf hält wie Regelschlen an altershomogenen Klassen fest - also Jahrgänge, die gemeinsam eingeschult werden bleiben im Klassenverband bis zur 10ten oder bis zum Abi, es gibt kein Sitzenbleiben!
Das Schulfach Eurythmie (bestimmte Art des Tanzes) soll heilende Wirkung haben; Farben haben bestimmte (heilende) Wirkung. (Sehr esoterisch, finde ich)

Das wichtigste Merkmal der Montessori Schulen ist zweifellos die Freiarbeit der SchülerInnen mit Montessori-Material. Lesen, Schreiben, Rechnen, kosmische Erziehung (Erdkunde, Phsysik, Bio, alle naturwissenschaftlichen Fächer eben) erarbeiten sich die Schüler selbständig - nach einer ausführlichen Einführung in das jeweilige Montessori-Material. Die Materialien bauen systematisch aufeinander auf - Ziel ist, z.B. beim Multiplizieren von Zahlen im TAusenderbereich, mit dem Arbeitsmaterial solange zu arbeiten, bis das Prinzip verstanden wurde und die Kinder die Aufgaben im Kopf lösen.
Alle Arbeitsmaterialien sind so aufgebaut, dass SchülerInnen selbst überprüfen können, ob sie die Aufgabe richtig gelöst haben.
Es ist das Lernen mit der Hand - was ich in die Hand nehme, nehme ich ins Herz und den Verstand
Es findet möglichst wenig Frontalunterricht statt (bei Fremdsprachen, Musikunterricht ist das zeitweilig notwendig, bei Mathe u. Rechnen, Deutsch nicht).

Es steht kein Lehrer vorne und die Schüler sitzen in Reihen und werden mit dem Wissen berieselt, sondern, jedes Kind arbeitet seinem Wissens- und Entwicklungsstand gemäß allein mit dem Montessori-Material (zu Zweit oder in der Gruppe). Es wird leise gearbeitet während der Freiarbeit. Die Persönlichkeitsentwicklung steht im Vordergrund. Durch die selbständige Arbeit lernen die Kinder sich selbst und ihr Können einzuschätzen - es steht kein Erwachsener hinter ihnen und tadelt oder lobt -
Das Kind bestimmt sein Lerntempo - wiederholt solange wie es das braucht. Die LernbegleiterIn (LehrerIn) beobachtet die SchülerInnen und führt sie an weitergehendes Material heran, wenn die Kinder so weit sind oder wartet ab, dass sich die Kinder an sie wenden

Regelschulen versuchen Montessori-Methoden zu übernehmen, wie z.B. Lernstationen. Teilsweise funktioniert das gut. Manche SchülerInnen von Regelschulen sind aber zuweilen das freie Arbeiten (Freiarbeit) nicht gewöhnt - suchen die Bestätigung vom Lehrer oder brauchen mehr Betreuung, Anleitung, einen Auftrag („Du machst jetzt das und das…“)
Da Montessori-Pädagogik ganz stark auf dem Montessori-Material beruht, ist die Übernahme einzelner Elemente in Regelschulen nur bedingt erfolgreich.

Unsere Tochter ist an der Montessori-Schule Mühlheim und ich kann sagen, dass für sie die Schule und die Montessori-Pädagogik genau das richtige ist.

Falls Du noch mehr erfahren möchtest, sende mir eine Mail oder schau hier vorbei:

www.montessori-muehlheim.de

Habe noch einen Nachtrag zu meiner Antwort:

Montessori-Schulen haben in der Regel altersübergreifende Klassen, d.h. erste bis dritte und vierte bis sechste Klasse bilden jeweils eine Lerngruppe. Die Kleinen lernen von den Großen, die Großen übernehmen Verantwortung, helfen den „Kleinen“, erklären ihnen das Montessori-Material usw.

Ein Kind, das gut in Mathe ist, arbeitet dann mit den Großen und wenn es in Deutsch seinem Alter entsprechend entwickelt ist, lernt es mit den Kleinen.

Ich denke, diese Frage hast du schon einmal gestellt.

In meinen Augen ist es egal, welche reformpädagogische Schule du aussuchst, ausschlaggebend ist immer der Lehrer, mit entscheidungstragend ist auch der Standort der Schule in Bezug zu deinem Heimatort.

Als Montessori Lehrerin spreche ich natürlich für die Montessori Schule. aber Achtung, da gibt es 2 Richtungen - die eine, welche nur Montessori Material zulässt, und sich streng an Dogmen hält, die andere, die den Gedanken der Frau Maria Montessori hochhält:

Hilf mir es selbst zu tun

also auf die Eigenständigkeit der Kinder eingeht, sehr differenzierend arbeitet, aber alles an Material zulässt, was die Selbsttätigkeit , das Denken, die Entwicklung und innere Wachstun des Kindes unterstützt und fördert.

Meine Freundin hatte ihre Kinder alle in der Waldorf Schule, war sehr zufrieden, allerdings wird enorm viel Mitarbeit von den Eltern eingefordert, und ist, wie die sture Montessori Schule eine Art Religion…

Ich wünsche dir/euch die beste Entscheidung fürs Kind
Herzliche Grüße Monika

Hallo,
für die Konzepte der Waldorf- und Jenaplan-Schulen kann ich nicht sprechen. Die Montessori-Schulen arbeiten in der Regel nach folgenden Prinzipien:

  • wertschätzender Umgang - Lehrer, die nach den Montessori-Prinzipien arbeiten beschämen Schüler nicht oder stellen sie bloß.
  • Lehrer als Lernbegleiter und Beobachter; er hilft so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Machbar wird dies durch die speziellen Lernmaterialien, die in der Regel eine Selbstkontrolle beinhalten, so dass der Lehrer sich - nach der Unterweisung in den richtigen Gebrauch der Materialien - zurückziehen kann.
  • Jahrgangsmischung (in der Regel mindestens 3 Jahrgänge in einer Klasse gemischt)
  • Montessori-Material (spezielles Entwicklungsmaterial)
  • 12-14 Stunden Freie Wahl der Arbeit pro Woche und dadurch sehr individualisiertes Lernen
  • „kosmische Erziehung“ (das Lernen über die Umwelt und die Zusammenhänge darin, insbesondere auch die Veranwortung die der Mensch dabei zunehmend hat…)
  • Friedenserziehung, Erziehung zu demokratischem und sozialem Handeln (viele Montessori-Schulen haben Projekte zur Unterstützung von Hilfsprojekten in Enwicklungsländern o.ä., haben einen „Klassenrat“, ein Schülerparlament etc.).
  • in vielen Montesssori-Schulen werden die Schüler in kleinen Klassen (ca. 20 Schüler)unterrichtet (in Waldorfschulen sind die Klassen deutlich größer).
  • es gibt kein „Sitzenbleiben“ - Kinder, die mehr Zeit brauchen, verbleiben in ihrer Gruppe entsprechend länger.
  • in den meisten Schulen werden auch Kinder mit Förderbedarf unterrichtet (Inklusion/Integration, je nach Schule und Bundesland)
  • Lernen ohne Notendruck, stattdessen individuelle Entwicklungsberichte und Rückmeldungen sowie regelmäßige Eltern-Lehrer-Schüler-Gespräche

Am besten einmal einen „Tag der offenen Tür“ besuchen oder bitten, ob man einmal hospitieren kann - egal bei welcher Schule!
Eine gute Entscheidung
wünscht
Y. Sommer

Sei gegrüßt,
die Frage lässt sich per Mail sehr schwer beantworten ohne dass es ein Buch wird. :smile:
Kann ich Dich telefonisch erreich?
Viele Grüße
Mathias
(01733561820)

Hallo!

Da ich mich mit Montessori nicht wirklich gut auskenne und von „Jenaplan“ noch nie gehört habe, kann ich in diesem Bezug nur wenig weiterhelfen.

Montessori arbeitet so weit ich weiß aber nach einem festen Lehrplan, den sich die Kinder selbst über das Jahr gestalten können und sind auch während den Unterrichtszeiten freier, sich Pausen zu nehmen.

Die Schwerpunkt der Waldorfschule liegt weniger auf der „momentanen Freiheit“, es wird viel mehr auf die Entwicklung der Eigenständigkeit, der seelischen Festigkeit und des Selbstdenkens.

In einem Aspekt muss ich allerdings vor der Waldorfschule warnen:
Die ersten fünf Jahre kann man nicht viel falsch machen.

Später ist allerdings definitiv ein Lehrstoffdefizit gegenüber einem Gymnasium vorhanden, da die Schwerpunkt anders liegen.
Diese werden in den letzten ein bis zwei Jahren aufgearbeitet, was erstens eine Menge Arbeit ist und zweitens FREI erfolgen muss.
Gelernt wird für sich selbst und nicht für gute Noten.
Das ist gerade für Jungen manchmal schwierig zu realisieren.

Trotzdem: Ich bin inzwischen (wieder) heilfroh und sehr stolz darauf auf einer Waldorfschule zu sein, weil ich die Qualitäten die gefordert und gefördert werden mag.

Fazit: Für die ersten fünf Jahre kann ich die Waldorfschule auf jeden Fall empfehlen, für die weitere Schullaufbahn sollte man dann aber noch einmal überlegen.