Moralische Frage

Hallo. Es geht um folgendes. Hat jemand das moralische Recht eine Meinung zu haben ob der Krieg in Afghanistan richtig ist oder nicht, wenn derjenige nie bei der Bundeswehr war, weil er z.B: ausgemustert wurde?

Ich sage immer: "Wie viele Astronomen waren auf dem Mond?!
Aber andere würden eben trotzdem so etwas sagen wie: „Das kannst du nicht beurteilen!“

Wenn man also eine Meinung zu etwas hat, was man nur durch Medien (Internet, TV, Bücher etc.) kennt. Wie würden Sie sich dann in einer Situation verhalten in der wir annehmen Sie sind für den Afghanistan Einsatz, haben nie gedient und werden nun gefragt: „Waren Sie bei der Bundeswehr?“

Wie würden Sie es konkret formulieren dass sie zwar nie beim Bund waren aber dennoch ein Urteil bilden können und dürfen? Der Fragesteller will ja darauf hinaus dass man dabei gewesen sein sollte um ein umfassendes Urteil abgeben zu können. Wie würden Sie ihr Recht auf eine Meinung rhetorisch professionell durch setzen?

Wie würden Sie es formulieren nicht gedient zu haben aber dennoch berechtigt zu sein ein Urteil über Afghanistan fällen zu können?

Danke!

Hallo Biebelleser,

Jeder hat das Recht über Alles seine Meinung zu sagen. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist ein hohes Gut der Demokratie was wir uns nicht nehmen lassen sollten. Auch diejenigen die in Afghanistan waren, haben die Weißheit nicht mit Löffeln gegessen.

Gruß
Andree

Moin,

Jjedermann hat das Recht auf eine eigene Meinung, auch wenn er nicht jedes Detail kennt. Man muss seine Meinung nur begründen können und wenn man mit jemandem diskutiert, der auch selbst einmal da war nicht unbelehrbar daran festhalten. Ich selbst bin als Marinesoldat auch nicht in Afghanistan gewesen und komme nur auf Antrag dahin. Ich stehe da zwar näher an der Quelle und hab vermutlich mehr Informationen als die meisten Zivilisten, würde mir aber kein entgültiges Urteil erlauben. Ich habe natürlich auch eine Meinung die auf diesem Wissen beruht, würde mich allerdings von einem Soldaten, der schon mal da war, eines Besseren belehren lassen.
Auf die Frage, wie man dazu steht kann man also gerne seine Meinung kund tun, sollte dann aber sagen, worauf diese Meinung beruht.

Ich hoffe, diese Sichtweise der Dinge hilft bei dem Problem weiter,

Gruß.

Sehr geehrte/r Herr/Frau Bibelleser,

vielen Dank für Ihre Frage. Um es gleich vorweg zu schicken: ich versuche, mich in diese spezielle Frage hineinzuversetzen, da ich aber selbst aktiver Soldat bin, gelingt mir das nicht zu 100%. :smile:

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass wir aufgrund der Staats- und Gesellschaftsform, die wir in unserem Land haben, JEDER das Recht und auch die Freiheit hat, seine Meinung zu sagen. Nicht alles, wozu man eine Meinung hat, muss man selber erlebt/durch- oder überstanden haben. Natürlich ist es (auch im eigenen Interesse) durchaus sinnvoll, sich vorher mit verschiedenen Meinungen auseinanderzusetzen, um auch unterschiedliche Sichtweisen kennenzulernen.

Natürlich ist es von Vorteil, wenn man Dinge, zu denen man eine Meinung vertritt, auch tatsächlich kennengelernt hat. Gerade im Bereich des Afghanistan-Einsatzes ist es meines Erachtens sehr erstaunlich, dass viele Rückkehrer nach Hause kommen und sagen, dass sie wieder runtergehen würden, um ihren kleinen Teil zum Aufbau beizutragen. Auch wenn in ihrem Kontingent Todesfälle zu betrauern waren. Die Angehörigen und Freunde können dies oftmals nicht wirklich verstehen… hier fehlt einfach die Erfahrung, die die Soldaten vor Ort gemacht haben, die Erlebnisse, die sie hatten, die Bilder, die sie gesehen haben und und und.
Ich denke, gerade im Bezug auf den Afghanistan-Einsatz sollte man sehr vorsichtig sein, welche Meinung man aus welchen Gründen wirklich vertritt.
Es fällt natürlich sehr einfach zu sagen: kein Krieg in Afghanistan. Doch was ist mit den Hintergründen? Wie sehen es die Menschen vor Ort? Ist das, was in unseren Medien veröffentlicht wird, wirklich die Meinung der einfachen Menschen da unten? Was passiert dort wirklich? Reicht es wirklich, wenn wir uns so schnell wie möglich wieder zurückziehen? Können die Menschen, die hier in diesem Land leben, die seit über 50 Jahren die Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit, … um es kurz zu machen: unser Grundgesetz und somit Demokratie haben und leben und noch nie ein Land im Kriegszustand erlebt haben (damit meine ich natürlich nicht alle, aber einen Großteil unserer Bevölkerung), erahnen, was in so einem Land, das dieses Glück nicht hat, tatsächlich passiert?
Wir müssen uns hier schließlich keine Sorgen machen, wenn wir mal über ein Feld laufen, dass dort eine Mine liegen könnte. Wir sehen es als selbstverständlich an, dass in der Schule Mädchen und Jungen nebeneinander sitzen… dort werden Menschen verstümmelt und/oder umgebracht, weil sie Mädchen unterrichten… und die Beispiele ließen sich beinahe unendlich lange fortsetzen.

Jeder, der sich wirklich eingehend mit dem Thema beschäftigt darf und sollte seine Meinung kundtun. Um aber wirklich eine ernsthafte Diskussion darüber führen zu können, muss man versuchen, sich in die Situation der Menschen vor Ort hineinzuversetzen, sich damit auseinandersetzen,… denn mit der Wiedergabe von Stammtischparolen („dann sollen sie halt die Minen wegräumen, schon ist es sicherer“, „die Soldaten gehen doch bloss wegen dem Geld dahin“ etc.) ist wirklich niemandem gedient.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort ein wenig weiterhelfen.
Wenn Sie noch Fragen haben sollten, stehe ich Ihnen gerne weiter zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für ein langes Wochenende,
DieKo

Hallo und guten Tag,

meine Ansicht zu dieser Frage ist ganz simpel:

Man muss nicht selbst auf den Strich gehen, um eine Meinung zur Prostitution zu haben.

Selbstverständlich eröffnet die unmittelbare Kenntnis durch eigene Teilnahme durchaus Aspekte, die sich sonst wahrscheinlich nicht erschließen können, aber streng genommen müsste man auch jedem BW-Soldaten dann ebenfalls die Fähigkeit absprechen, sich eine eigene Meinung zu bilden, wenn er nicht schon einmal an einem Auslandseinsatz teilgenommen hat.

Die typischen Fragen: „Sind Sie denn dabei gewesen?“ oder „Welche persönlichen Erfahrungen können Sie denn zu diesem Thema beisteuern?“ sind ein häufig verwendetes Totschlag-Argument um einen Diskussiongegner hinsichtlich seiner Meinungskompetenz schlecht dastehen zu lassen.
Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Sie muss ja nicht richtig sein. :smile:
Also lassen Sie sich Ihr Recht auf eine eigene Meinung nicht durch rhetorische Spitzfindigkeiten kaputt reden.

Schönes Wochenende