Moralische Zwickmühle im Job

Folgender Sachverhalt: A und U sind Kollegen in der gleichen Abteilung, in benachbarten Unterorganisationseinheiten. Alle zwei Jahre gibt es bei dem Arbeitgeber eine Beförderungsrunde. Hierzu werden alle Beschäftigen beurteilt.

In der Beförderungsrunde 2012 gehen A und U, die beide auf der gleichen Stufe sind, leer aus. Bei beiden ist die letzte Beförderung gar nicht so lange her, sodass das schon in Ordnung geht. Die Beförderungsquoten sind so eng, dass es höchtens einen von beiden treffen kann. Beide schielen also auf 2014. Nun deutet man U an, dass er beim nächsten Mal dran sein könnte. Das bringt ihn leicht in die Zwickmühle.

A arbeitet nicht ganz Vollzeit und zum Teil auch per Home-Office. Sie hat zwei Kinder und ist ein paar Jahre älter als U. U hätte ihr deswegen den Vorzug gewährt. Ihm wird aber entgegengehalten, was auch stimmt, dass er - mal vereinfacht gesprochen - die schwierigen, auffälligen „Kunden“ übernimmt. A ist etwas später hinzugekommen und betreut erstmal die Kartei mit den „kleineren Fällen“. Sie war aber vorher beim gleichen Arbeitgeber und ist intern gewechselt.

Warum nun die Zwickmühle? U versteht sich mit A sehr gut. Die beiden haben sozusagen ein Vertrauensverhältnis und halten eigentlich zusammen.

U könnte nun:

  • dem Arbeitgeber versuchen klar zu machen, dass A zuerst dran sei,
  • nichts machen und später ggf. sagen, dass der Arbeitgeber eben eine solche Einschätzung getroffen habe,
  • mit A über alles reden und auf ihr Verständnis hoffen, falls er tatsächlich beim nächsten Mal vorgezogen wird.

Wie sollte sich U verhalten? Anerkennung für die Arbeit möchte jeder haben, aber auch um den Preis, das gute Verhältnis zur Kollegin zu verlieren?

Guten Abend,
ich finde, es zeichnet dich irgendwie schon als Menschen und Kollegen aus, dass du das Gefühl hast, in einer Zwickmühle zu stecken.
Ich meine zu lesen, dass du schon grundsätzlich findest, dass du eine Beförderung 2014 „verdienst“ weil du mehr und härter arbeitest als deine Kollegin. Ich finde es gar nicht verwerflich, wenn du dir das eingestehst. Es macht dich nicht zum schlechten Kollegen oder Freund, wenn du deine eigenen Leistungen schätzt.

Solange deine Kollegin nicht in einer Notlage ist, in der sie die Beförderung umbedingt benötigen würde, fände ich es vollkommen korrekt, einfach abzuwarten wie sich euer Arbeitgeber entscheidet.
Wirst du befördert - sei stolz und freu dich drüber
Wird sie befördert - freu dich für sie und gräm dich nicht

Vielleicht mache ich es mir auch grad zu einfach, ich weiß nicht. Ich kenne euer Verhältnis ja auch nicht so genau. Aber so würd ich es wohl handhaben.

Alles Gute,
dummbatz

Frage
Hallo,

zu „Beförderung“: Bedeutet dies, dass der/die Beförderte direkter Vorgesetzte/r wird? Oder dahingehend in eine „neutrale“ andere Einheit wechselt und lediglich das höhere Einkommen hier das Thema ist?

Franz

Letztendlich geht es nur um mehr Geld. Theoretisch sollte auch die Verantwortung bei einer Beförderung wachsen, man macht aber im Prinzip das gleiche wie vorher. Ein Vorgesetztenstatus wird nicht erreicht, ein Arbeitsplatzwechsel findet nicht statt.

Hallo,

solche Entscheidungen (Beförderung) haben den Vorteil, daß eine Person „beglückt“ wird und den Nachteil, daß es mehrere Presonen geben kann, denen gesagt werden muss „Du bist es nicht“:

Warum nun die Zwickmühle? U versteht sich mit A sehr gut. Die
beiden haben sozusagen ein Vertrauensverhältnis und halten
eigentlich zusammen.

Wer entscheidet?
Sind die Entscheidungskriterien für beide Personen nachvollziehbar?

Haben A und U eine Einflußmöglichkeit auf die Entscheidung?
Wenn nein - was ich vermute - dann kann sich jeder der beiden auf die Position „ich kann nichts dazu“ zurückziehen. Damit würde keiner „das Gesicht verlieren“.
Beide können es „sportlich sehen“ und abwarten, wer „dran“ ist.

Gruß
Jörg Zabel

PS: Ist es sinnvoll, wenn sich beide vorher unter vier Augen mal unterhalten?

Hallo,

Letztendlich geht es nur um mehr Geld. Theoretisch sollte auch die Verantwortung bei einer Beförderung wachsen, man macht aber im Prinzip das gleiche wie vorher. Ein Vorgesetztenstatus wird nicht erreicht, ein Arbeitsplatzwechsel findet nicht statt.

Dann wäre das Brett Psychologie wohl wegen des Themas Neid und Strategien gegen Neid besser geeignet. Schwierig, aber weil du nun hier schon mal gefragt hast, ein zwei Gedanken/Ansätze auch aus philosophischer Richtung:

Ihr habt die allerbesten Voraussetzungen für ein „aufeinander neidisch sein“ oder dies zu werden:
Der Töpfer grollt dem Töpfer und der Zimmermann dem Zimmermann, es neidet der Bettler dem Bettler und der Sänger dem Sänger. [Hesiod, ca. 700 v.Chr.]
==> Weitgehend gleicher Arbeitsplatz, gleiche Tätigkeit. Und dann soll nur einer belohnt werden. Seufz.

Aber, und zum Glück: Du selbst bist ja nicht neidisch, wenn das Glück den anderen treffen würde. Du fürchtest nur den Neid von A, wenn du wohlverdient * belohnt wirst.

Für diesen Fall solltest du dich dann, wenn man Francis Bacon (16./17.Jhd.) Glauben schenken mag, darauf vorbereiten, dass Neid nicht nur von oben nach unten, sondern auch umgekehrt sehr wohl funktioniert:
Personen von edler Herkunft sind bekanntlich neidisch auf solche, die im Emporsteigen sind. Denn der Abstand ändert sich, und es ist wie eine Gesichtstäuschung, dass sie herunterzukommen glauben, sobald sie andere steigen sehen.

Deine Frage aber war eigentlich, wie solltest du dich jetzt im Voraus und dann bei deinem Gespräch verhalten.

Indem du andere beschwichtigst, die dir neidisch werden könnten. Schon Plutarch [Von Liebe, Freundschaft und Feindschaft] empfiehlt, den entgegengebrachten oder zu erwartenden Belohnungen und Vorzügen stets von sich aus mit eigenen kleinen Unvollkommenheiten und Fehler die Schärfe bei anderen zu nehmen. Sich und insbesondere anderen gegenüber Eingeständnisse zu machen. Man darf dennoch ein wenig die persönlichen Bemühungen und Anstrengungen, die zum Erreichen des Ziels notwendig waren, vorsichtig andeuten.

Eine zweite Möglichkeit (ein wenig nach Bertrand Russell, ok, ein wenig weit dahergeholt) ist, den Kooperationsgedanken im täglichen Miteinander stärker als früher hervorzuheben, zu fördern und zu leben. Um möglicherweise aufkeimende Missgunst oder Neid des anderen entgegenzutreten.

Und für dich selbst: Die möglichen Neid-Missgunst-Eifersuchts-Gedanken im Zaum halten, dich gelassen auf das bevorstehende Gespräch vorbereiten, auf das, was du gefragt wirst, was du antworten wirst. Du darfst ein wenig darauf vertrauen, dass die anderen im Falle deines Glücks mit diesem ebenso locker umgehen können wie du es von dir selbst erwartest und vermutest.

Sorge erst einmal dafür, dass es soweit kommen mag.

Franz

* Die Kennzeichen des Neids, auch wenn du dich anders siehst, liest und hinschreibst, gehen auch an dir nicht vorüber, denn du vergleichst sehr genau, unterscheidest, wägst Vor- und Nachteile ab und auf, und präsentierst am Ende deine Überlegenheit im Sinne von ==> eigentlich hättest du es schon irgendwie verdient. Sorge macht dir die gute Freundschaft.
Den Gedanken an die mögliche Belohnung schiebst du damit (bewusst/unbewusst) ein wenig zur Seite. Ein Schelm, wer böses denkt :smile:

Franz

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Vorher miteinander reden!
Hallo!

U könnte nun:

  • dem Arbeitgeber versuchen klar zu machen, dass A zuerst dran
    sei,

Das funktioniert nur, wenn du A die Beförderung VON HERZEN gönnst.
Sollte das nicht der Fall sein, fühlst du (bewusst oder unbewusst) immer, dass A eigentlich in deiner Schuld steht. Das kann zu höheren Erwartungshaltungen führen, dann zu Spannungen, und schließlich zum Bruch der Freundschaft.

  • nichts machen und später ggf. sagen, dass der Arbeitgeber
    eben eine solche Einschätzung getroffen habe,

Das halte ich nicht für die ideale Methode. Es könnten Zweifel bei A aufkeimen, ob das tatsächlich die alleinige Entscheidung des Arbeitgebers war.

  • mit A über alles reden und auf ihr Verständnis hoffen, falls
    er tatsächlich beim nächsten Mal vorgezogen wird.

Das finde ich gut! Sprich das Thema offen an! So leicht scherzhaft vielleicht: „Du weißt doch, einer von uns wird 2014 befördert! Darf ich dann immer noch „du“ zu dir sagen, wenn es dich trifft?“
Klärt gleich, dass sich zwischen euch nichts ändern soll. Vielleicht vereinbart ihr auch gleich, dass der „Gewinner“ den „Verlierer“ zum Trost in ein tolles Restaurant einladen wird?

Wie sollte sich U verhalten? Anerkennung für die Arbeit möchte
jeder haben, aber auch um den Preis, das gute Verhältnis zur
Kollegin zu verlieren?

Wer sagt denn, dass das gute Verhältnis damit beendet sein muss? Geht es im Leben immer nur ums Geld? Kann man das Thema nicht vielleicht mal ausblenden?

Hanna

Hallo,

auch wenn Du A die Beförderung von Herzen gönnst und Du sie nicht in Deiner Schuld siehst, wirst Du kaum vermeiden können, daß sie sich in Deiner Schuld fühlt, auch wenn ein Jahr später „die Vorzeichen umgedreht werden“, was ja vielleicht gar nicht sicher ist.

Es ist und bleibt doch die Aufgabe und Verantwortung des Chefs, über Beförderungen und Bezahlung zu entscheiden. Wenn ihr zwei einen Freundschaftsdeal macht (erst Du, dann ich), solltet ihr den Chef nicht zum Komplizen zu machen versuchen. Der könnte sich bedrängt und fremdbestimmt fühlen und darin vielleicht sogar den Versuch einer Seilschaft sehen und dann sehr unerwartet reagieren. Wenn er ein guter Chef ist, weiß er ohnehin, was er wann warum zu tun hat und wofür er am Ende die Verantwortung trägt, und wenn er klug ist, schafft er sich keinen Berufungsfall. Ist er kein guter Chef, produziert ihr ohnehin nur Scherben.

Meine Empfehlung: haltet das Geld aus der Freundschaft heraus, sonst ist es bald damit vorbei. Laßt den Chef nach seiner Sicht entscheiden und verzichtet auf eine Einflußnahme. Was immer passiert, ihr könnt euch in die Augen schauen, und es war ja dann die unbeeinflußte Entscheidung eines Dritten (=Schicksal).

Gruß
Cassius

Hallo,

wenn du die schwierigeren Fälle hast, warum solltest du nicht zuerst befördert werden?

A könnte älter sein, hat sie auch genausoviele aktive Dienstjahre hinter sich?

grüße
miamei

Was hat das eigentlich mit Philosophie zu tun? owt
.

Schau dir die Def. von Ethik an. owt.
.

Und dann? owt.

.

Hallo,
Es ist leider tatsächlich so,daß das Philosophie-Brett um die
Thematik Ethik erweitert wurde so daß jede Plauderei sich hier
breit machen kann(war vorher ja oft schon so)ohne daß man das
beanstanden darf.
Gruß VIKTOR

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Noch nicht so viel
Hi.

So richtig philosophisch ist der Thread natürlich (noch) nicht. Philosophische Ethik befasst sich zunächst mal mit den Grundlagen möglicher Ethikmodelle, von denen ausgehend man Fälle wie den thematisierten dann analysieren kann. Was bisher größtenteils erfolgt, liegen auf einer gänzlich unreflektierten Ebene: Es werden keine Handlungs- oder Entscheidungsprämissen genannt. Solche Prämissen aber entstehen erst auf der Basis von Grundlagenmodellen, wie es sie in der Ethik schon reihenweise gibt, als da wären:

* Konsequentialistische Ethiken: 1) qualitativer Utilitarismus (Mill), - 2) quantitativer Utilitarismus = Hedonismus (Bentham): 1) sozial orientiert, 2) egoistisch orientiert, - 3) Präferenzutilitarismus (Singer)

* Deontologische Ethik (Pflichtethik)

* Tugendethik (Kant)

Solange das alles bei der Erörterung der UP-Frage keine Rolle spielt, geht es nicht um Philosophie, sondern um philosophisch unreflektierte Lebensberatung.

Chan

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Hi,

hier wird eine Situation dargestellt und jmd. fragt wie man sich verhalten soll.

„Was soll ich tun?“ ist die 2. kantische Frage, welche auf die Ethik abziehlt.

Das Brett heißt Philosophie und Ethik.

Wenn wir uns jetzt auf das Verhalten der einzelnen Personen beschränken, wäre es mehr eine Frage für das Brett Psychologie.
Da nun aber gefragt wird, was man nun tun soll, ist es philosophisch.

mfg,

Hanzo

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[MOD]Re^2: Was hat das eigentlich mit …
Hi,

das Brett wurde nicht um Ethik erweitert, es sollte mit Ethik genauer beschrieben werden.
Es gibt einige Fragen die u.a. im Psychobrett gelandet sind, die einen Rat gesucht haben und nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen.

Das „Was soll Ich tun?“ bzw. „Wie soll Ich mich verhalten?“ ist die Grundfrage der Ethik.

Da Ethik nun ein Teil der Philosophie ist, warum sollten die Leute sich keinen Rat einholen?
Auch wenn es für einige hier mehr „Plauderei“ ist, ist sowas u.a. praktische Philosophie.

So sehe Ich das zum. und wenn ihr wollt, können wir uns ja über den Begriff Ethik in einem neuen Thread unterhalten.

mfg,

Hanzo

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