Musik zu Weinverkostung/Weinabend

Moin Moin!
Ich plane zu Freitag eine Weinverkostung bei mir mit Freunden (Altersdurchschnitt ca. 26 Jahre). Das ganze soll natürlich nicht zu spießig oder gar einschläfernd ablaufen… Daher die Frage: welche Musik? Am besten etwas ausfüllender, sprich ein Album, Interpret oder gar Genre.

Was ich mir vorstellen könnte:

  • Interpreten wie Moderat, Bonobo oder Parov Stelar,
  • Klassische Musik als „Remix“, in Richtung Indie oder Electronic,
  • grundsätzlich nicht langsam oder eintönig

Würde mich sehr über Vorschläge freuen :wink:

Hallo,

hol dir Amazon Prime (49,00 € im Jahr). Dort gibt es 1000e von Playlists zu allen möglichen Themen.
Ansonsten ist deine gewünschte Musikrichtung schon ziemlich „nichtmainstreamig“, sodass du wohl oder übel in den sauren Apfel beißen musst und die Playlist allein zusammenstellen wirst.
Die meisten User hier werden mit den genannten Interpreten nicht groß was anfangen können. Bonobo-Mixes z.B. gibt es bei youtube zuhauf, genauso wie Moderat-Mixes.

Data

Ei Hallo,

damit das nicht zu einem Fahrstuhl- oder Warteschleifen-Gedudel wird, das dem schönen Wein nur schaden kann, sollte zu jedem einzelnen der verkosteten Weine ein Musikstück oder der Teil eines Musikstücks gesucht werden, der dazu passt.

Barock und Romantik geben dazu viel her, teils auch Volksmusik und volkstümliche Musik, Chansons auch und Blues und Jazz sowieso (wenn man sie mag).

Wenn Du einen kleinen Überblick zu den Weinen geben magst, die Du vorhast, fällt mir und sicher auch anderen wahrscheinlich Konkreteres dazu ein.

Schöne Grüße

MM

dem Du jetzt einen Floh ins Ohr gesetzt hast in Gestalt der Frage, ob die 3. Symphonie in Es-Dur von Robert Schumann wirklich „die Rheinische“ oder nicht doch besser „die Rheingauer“ heißen sollte

coole idee!

hi, habe ich auch schon gemacht. ich hatte mich dann für „jazz lounge“ und „cafe del mar“ entschieden. finde die idee von @Aprilfisch jedoch cool, so werde ich es demnächst auch machen. man braucht halt nur zeit dazu, die passenden stücke pro wein oder flasche raus zu suchen. müssten ja ggf. mehrere songs sein, man weiss ja nicht wie lange man an so einem glas bzw. falsche rumsüffelt :smile:

Zunächst erstmal vielen Dank für die Mühen und Antworten :smile:
„Cafe del mar“ sagt mir was und kann vielleicht ganz gut kommen.
Es soll zur „Auftakt-Veranstaltung“ deutsche Weine (weiß und rot) geben.

Die Situation stelle ich mir wie folgt vor:

  • Viele werden sich sicherlich schicker als sonst anziehen,
  • kleine Snacks (Brot, Käse, Cracker) werden bereitstehen,
  • Wein-Fakten und Infos plus ein Quiz liegen aus,
  • während man sitzt (Couch) oder auch steht (Stehtisch) und
    …zu Musik lauscht, die stilvoll, aktivierend und facettenreich wirkt.

Hab’ nun über Soundcloud eine Playlist (http://bit.ly/2d3pXMc) angefangen, welche durchaus später durch ein Album ersetzt werden kann, damit es doch alles bisschen einheitlicher klingt.

Bin weiterhin für Anregungen offen :wink: Danke!

Hi Fantoe,

unsere Hörgewohnheiten bei Musik liegen glaube ich ziemlich weit auseinander. Es kann also nicht mehr als eine Anregung sein, wenn ich Dir jetzt mal ein paar Musiken zu deutschen Weinen vorstelle, wie sie mir passend erscheinen.

Erstmal ein Chardonnay aus der Mittelhaardt. Der hat alles - Nase, Körper und Abgang. Schöne Harmonie, ein klasse Wein, aber man merkt ihm halt doch irgendwie an, woher er kommt: Aus der Haardt stammt das Dubbeglas, das deswegen so aussieht, weil man es leicht am Tisch weitergeben kann, ohne dass es aus der Hand rutscht. Da kommen auch die ‚Hüttenschorle‘ her, die nach dem Prinzip BMW (= bissi meh Woi) eingeschenkt werden, und dort ist es auch keineswegs verwerflich, einen hochkarätigen Riesling oder Chardonnay 1:1 mit Sprudel zu taufen. Jedenfalls trägt der Chardonnay, der hier auf dem Tisch steht, einerseits den Gedanken an eines der wenigen in Deutschland erhaltenen eingefriedeten ‚Clos‘ in Herxheim am Berg, andererseits aber im Hintergrund auch den an das Riesenrad und die Schubkärchler vom Dürkheimer Wurstmarkt.

Hier die Musik, die ich dazu hätte. Die ist übrigens wie ich finde gar nicht spießig, sondern für ihre Zeit modern - eine Art sehr früher Techno - die Konzertorgeln aus der Zeit um 1900 liefen mit Lochstreifen gesteuert vollautomatisch:

So, dann kommt ein Wein, der dazu in einem Winkel von fast 180 Grad steht: Ein Sylvaner aus Iphofen, fränkisch forzdrogge. Zu diesem braucht man nicht viele Worte zu machen - die Franken tun es auch nicht. Brillant, jubilierend, barock:

Und wenn wir grad bei trockenen Weißen aus Deutschland sind: Jetzt kommt einer aus der Ecke, wo der Riesling Klingelberger heißt. Ein Durbacher Klingelberger: Riesling at its best - ich erinnere mich, wie ich in einem früheren Leben mit meinem Bruder zusammen dort bei der Lese geholfen habe. Ich, im Milchviehrhytmus des vorderen Allgäus an die Landwirtschaft gewöhnt, fand es schon eher unverschämt, dass wir erst um neune dort angekommen sind - und die ganze versammelte Mannschaft noch in der Stube vorfanden, wo sie - „bis der Tau abgetrocknet ist“ sich gemeinsam mit einem Chriesewasser auf die kommenden Taten vorbereiteten. Obwohl die Ortenau ein ganz feines Rieslingland ist und den Unfug mit halbtrockenem und lieblichem Ausbau nie recht mitgemacht hat, und dort auch jeder Weinbauer zwar an die (nicht schlechte) Genossenschaft liefert, aber parallel auch seinen eigenen Stoff ausbaut (an die Flaschen ohne Etikett, die wir fürs Helfen bekommen haben, habe ich mich sehr lange erinnert!), bleibt sie eben doch „terre à terre“ mit den Füßen auf dem Boden. Zu einem Durbacher Klingelberger täte ich die ‚Bauernhochzeit‘ aus Smetanas Moldau auflegen:

Jetzt ein Niersteiner „Roter Hang“ - boaah, was für ein Wein! ‚Zum Augenblicke möcht‘ ich sagen (etc.)’ - Auf den zweiten Schluck allerdings merkt man, dass es dort den Reben richtig gut geht: Da sind keinerlei Dissonanzen, keine mineralischen Ecken und Kanten - ein Mozart-Divertimento:

Aber, obwohl sie die Nase so hoch tragen - irgendwie haben die Winzer in Hochheim, Kiedrich, Oestrich usw. schon auch Recht. Strahlende Weine - der Boden passt, die Südexposition passt, alles passt. Deutscher Gewürztraminer? Ja, schon, durchaus - wenn man ihn recht auszubauen weiß. Hier einer aus Hochheim - strahlend, mit Frucht, Körper und Fülle:

Die schon angesprochene ‚Rheinische‘ von Robert Schumann würde ich übrigens nach etwas Überlegen doch nicht dem Rhein, sondern der Mosel widmen. Konkret einem Reiler Sorentberg vom Rotschiefer, trocken - stahlig wie es der Mosel gehört - von einer Steillage, die aufgegeben war und jetzt von zwei jungen befreundeten Winzern (einer von dort, einer aus Südtirol!) wieder zu dem Charakter gebracht wurde, der leider an der Mosel immer noch gar zu oft von halbgaren, halbtrockenen, banalen Kegelklub- und Chefsekretärinnenweinchen überdeckt wird. Aber hier ist ein Moselwein, wie et mut: Mit allen Zwischentönen, mit der asketischen Dürre an den Steillagen im Sommer, mit der stahligen Strenge, die entsteht, wenn sich die Wurzeln der Rebstöcke durch wenig verwitterten Fels arbeiten müssen, um ihren Stock zu ernähren, aber auch mit der Fülle, die entstehen kann, wenn jedes Quäntchen Kaltluft sofort nach unten abfließt - ein deutscher Wein!:

Soweit ein paar Splitter; wenn Du damit ein wenig Zugang zu Musiken gefunden hast, die Du sonst gar nicht magst, täte es mich freuen.

Sehr zum Wohle!

MM

Wow, eine bahnbrechend ausführliche Antwort. Vielen Dank!
Ich werde mich die Tage (nun ohne Wein) mal durcharbeiten und für das nächste mal planen. Ich hoffe und denke, dass viele von diesem Post profitieren können und mit ähnlichen Problem eine Vorstellung vom Möglichen verschaffen können. Danke nochmals!

Viele Grüße