Hallo!
Kann bitte jemand mitteilen, welches Erbrecht (Teilung, oder an wen geht das Ganze ungeteilt?) Koran/Scharia vorsehen?
(Die Aussicht auf eine Antwort erscheint mir hier wahrscheinlicher als auf dem Rechtsbrett.)
Gruß!
H.
Hallo Hannes,
es eine Teilung üblich. Einen ersten Überblick gibt http://www.eslam.de/begriffe/e/erbe.htm. Das sind die Grundzüge - die Einzelheiten können nach Region durchaus unterschiedlich sein.
Wichtigste q’ranische Grundlage ist Sure 4, 11-12, vgl. http://www.islaminstitut.de/uploads/media/Erbrecht.pdf
Freundliche Grüße,
Ralf
Hallo!
es eine Teilung üblich. […]
Besten Dank schon mal.
Eine Nachfrage:
Bei der Bodenreform Sultan Mehmets II. war neben der Besitzform „mülk“ (uneingeschränkter Privatbesitz) auch die Errichtung Frommer Stiftungen möglich: Aus dem mülk konnte Besitz in solche Stiftung überführt werden (der dann ja doch ungeteilt bleiben musste?), und dann konnte jemand (nur Nachkommen?) als Nutznießer der Erträge dieser Stiftung eingesetzt werden (also unter Umgehung des Erbrechts?). Solche Frommen Stiftungen hatten vermutlich außerdem steuerliche Vorteile.
Besteht die Möglichkeit solcher Einrichtungen noch?
Ferner: Ist es auf die Regelungen zur Erbteilung zurückzuführen, wenn der schon genannte Sultan Mehmet II. in seinem Gesetzbuch es für angebracht hält, dass derjenige seiner Nachkommen, an den das Sultanat fällt, seine Brüder ermorden lassen soll? (Wir sind noch im Mittelalter klar, wenn auch im ausgehenden.)
Auf diese Weise würde ja eine Reichsteilung vermieden.
Beste Grüße!
H.
Hallo Hannes,
Aus dem mülk konnte
Besitz in solche Stiftung überführt werden (der dann ja doch
ungeteilt bleiben musste?)
wenn dies per Testament geschah, musste dies gemäß nach Scharia wohl auf das frei testierbare Vermögensdrittel beschränkt bleiben (meine Vermutung).
und dann konnte jemand (nur
Nachkommen?) als Nutznießer der Erträge dieser Stiftung
eingesetzt werden (also unter Umgehung des Erbrechts?).
Der Verwalter (Mütevelli) konnte vom Stifter frei bestimmt werden. Ersatzweise bestimmte der zuständige Kadi einen Verwalter. Wurde das evkâf nicht per Testament sondern zu Lebzeiten des Stifters eingerichtet, konnte der Stifter auch sich selbst als Verwalter einsetzen. Das dürfte der Normalfall gewesen sein. In diesem Fall konnte wohl auch die Beschränkung der Testierfreiheit durch das islamische Erbrecht umgangen werden.
Das unter Vorbehalt - historisches türkisches Stiftungs- und Liegenschaftsrecht sind nun wirklich keine Gebiete, auf denen ich firm wäre .
Besteht die Möglichkeit solcher Einrichtungen noch?
Davon gehe ich aus - 2002 und nochmals 2008 gab es große Diskussionen um die Restituierung christlicher Stiftungen, die auf ‚kaltem Weg‘ enteignet worden waren. Das war eine der Vorbedingungen der EU für Beitrittsverhandlungen. Da nichtislamische Religionsgemeinschaften keinen Körperschaftsstatus haben, waren (und sind) Stiftungen das Mittel der Wahl, Kirchen mit einem Vermögen auszustatten, das ihren Unterhalt gewährleisten soll.
Ferner: Ist es auf die Regelungen zur Erbteilung
zurückzuführen, wenn der schon genannte Sultan Mehmet II. in
seinem Gesetzbuch es für angebracht hält, dass derjenige
seiner Nachkommen, an den das Sultanat fällt, seine Brüder
ermorden lassen soll? (Wir sind noch im Mittelalter klar, wenn
auch im ausgehenden.)Auf diese Weise würde ja eine Reichsteilung vermieden.
Da sehe ich keinen Zusammenhang. Staatsland (Miriye) wurde nicht nach Scharia-Recht vererbt. Es wurde verpachtet oder es wurde vom Sultan ein Nießbrauch eingeräumt - es blieb aber stets unveräußerliches Eigentum des Staates, kein vererbares Privateigentum des Sultans.
Das Sultanat ist von seiner Konzeption her unteilbar, es beruht (der Theorie nach jedenfalls) der Ernennung eines Regenten durch den Kalifen. Da das Amt seine Legitimation vom Kalifat bezog, war es nur logisch, dass sich Selim I. nach Zerschlagung des Mamelucken-Sultanats von Kairo selbst zum Nachfolger des letzten Abbasiden Kalifs Al-Mutawakkil III. machte. Selim und seine Nachfolger waren nicht nur Sultan, sondern auch Kalif - und dieser Titel konnte schon gar nicht geteilt werden.
Eine Reichsteilung kam also grundsätzlich nicht in Betracht - die Beseitigung möglicher konkurrierender Prätendenten sollte Bürgerkriege um die alleinige Macht verhindern, nicht die Teilung der Macht. Und tat dies auch recht zuverläsig.
Freundliche Grüße,
Ralf
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