O mei,
ich schildere die Spielregeln bei den Kaufleuten. In den letzten Jahren habe ich einige Lehrlinge ausgebildet (Bürokommunikation). Zudem bin ich als Prüfer (ich bin Freiberufler) bei einer IHK. Ich legte großen Wert darauf, daß meine Lehrlinge das Berichtsheft führten. Meine (weibl.) Lehrlinge schrieben (anfangs handschriftlich, später mit dem PC) täglich auf, was im Büro getan wurde („Besprechung, Reise nach, Datenbankauswertung…“). Die Themen der Berufsschule (Office, BWL, Religion) wurden ebenfalls taggenau eingetragen. So wurde es auch von der IHK gewünscht. Es gab nie eine Beanstandung. Für Prüfer hat das Berichtsheft zwei Bedeutungen. Einmal zur Beurteilung, ob der Lehrling eine gute Heftführung hat, dann pickt man sich Themen heraus, die dann ggf. mündlich abgefragt werden. Das kann sich lohnen. Bei zwei meiner Lehrlingen wurde Berichtsheftthemen abgefragt, die von anderen Prüfern in der mündlichen Prüfung mit „sehr gut“ bewertet wurden. Eine Andere bekam eine „Zwei“, die leider kein Berichtsheftthema hatte (trotzdem Gesamtdurchschnitt EINS in der IHK-Prüfung)
Was meine Azubinen erlebten? Jeder Lehrling wurde von mir dazu „verdonnert“, u.a. Seminare zur Ergonomie am Arbeitsplatz (Veranstalter: die zuständige Berufsgenossenhaft) zu besuchen. Das bedeutet, drei Tage ohne Chef, in einem Spitzenhotel bei sehr gutem Essen. Bei einem Lehrling wurde nach der „Ergonomie am Arbeitsplatz“ gefragt = Note Eins. Beim anderen Lehrling wurde gefragt, wie man ein Seminar vorbereitet. Die Azubine hat während der Lehrzeit über zehn externe Seminare besucht. Da kann man erwarten, daß sie weiß, wie man ein solches Seminar vorbereitet… Note Eins.